Читать книгу Schweizer Erinnerungen an die Zukunft - Cyrill Delvin - Страница 4

Оглавление

›Das eben ist der Fluch der bösen Tat, dass sie, fortzeugend, immer Böses muss gebären.‹

Friedrich Schiller

Aufzug

1815 und 1847 veränderten die Schweiz. Danach galt sie als hoch industrialisiertes und freiheitlichstes Land im Herzen Europas. Sie hatte an den französischen und amerikanischen Revolutionen Anteil genommen, ohne mitzumachen. 1815 konsolidiert, entwickelte sich die Alpenrepublik zum wirtschaftlichen, technischen und politischen Zufluchtsort liberaler Kräfte aus ganz Europa. Sie repräsentierte das Beste aller Welten. Sie überstand alle Wirren, äußere wie innere, ohne den Kopf zu verlieren. Das ist das wahrhaftige Gründungswunder.

Die dem Land von den Großmächten Mitte des 19. Jahrhunderts verordneten Industrialisierung und Ökonomisierung riefen große, aber auch zwielichtige Figuren auf den Plan. Erschaffen wurden fantastische Bahnen genauso wie bizarre Finanzkomplexe. Unausweichlich damit verzahnt waren die in immer engeren Schlaufen wiederkehrenden, Gesellschaften und Länder verzehrenden Börsenkrisen. Eine Elite nach der anderen zerbrach. Dennoch entstand ein System, das, sich andauernd fortzeugend, ewigen Reichtum verhieß.

Der Glaube an den Fortschritt ersetzte den Glauben an die Herkunft. Die Progressiven besiegten die Konservativen. Zwar blutig, doch ohne eigentliche Verlierer. Ein Oberst Ochsenbein spielte eine verbindende Rolle. Ein Wilhelm Tell ebenso. Als Schweizer Freiheitskämpfer von einem deutschen Dichter inszeniert, um eine liberale, demokratische und auf naturalistischen Pfeilern gründende Revolution im Bedarfsfall auch durch Tyrannenmord zu bewahren: »… wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden … zum letzten Mittel, wenn kein andres mehr verfangen will, ist ihm das Schwert gegeben. Der Güter höchstens dürfen wir verteid’gen gegen Gewalt – Wir stehn vor unser Land …«

1804 niedergeschrieben, als in Frankreich der nächste Kaiser sich selbst krönte und damit das vermeintlich Liberale und Demokratische der Revolution mit deren eigenen Waffe, der Guillotine, enthauptete.

So zog sich die Schweiz immer wieder am eigenen Schopf aus dem Sumpf, und es entstand 1848, in der Folge des Sonderbundskrieges von 1847, der moderne Bundesstaat. Gerne vergessen wir heute, wie fest dabei doch fremde Hände mitgezogen haben. In der Folge rankten Mythen um Selbstbehauptung, Freiheit, Neutralität, Frieden und fortwährende Prosperität. Diese wahrhaft geglaubten Gefühle waren Zutaten des Amalgams, das die Schweiz zum fortwährenden Sonderfall verschmolz.

Für immer? Wir werden sehen.

Schweizer Erinnerungen an die Zukunft

Подняться наверх