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Kapitel 3

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Die Sonne brannte, als ich aus dem Flugzeug stieg. Die Luft flimmerte. Ich wusste nicht, was heißer war, die von der Sonne aufgeheizte Luft oder der Flughafenasphalt. Die Hitze kam von überall gleich her, von unten, von oben, von allen Seiten. Das war eigentlich recht ungewöhnlich für diese Jahreszeit. Es war erst Frühling und wahrscheinlich hatte ich bei unseren langen Wintern vergessen, wie heiß es sein kann.

Luftflimmern, dachte ich, während ich mit den anderen Passagieren noch ein Stück über das Rollfeld gehen musste, bezeichnet das Phänomen, welches an den Grenzen von sich bewegenden Luftschichten mit unterschiedlichen Temperaturen entsteht.

Der Flughafen von La Palma, Santa Cruz, war nicht groß. Er hat sogar die kürzeste Landebahn Europas, das hatte ich schon gelesen. Der Landeanflug hatte mich nervös gemacht, denn sollte die Bahn für eine Landung nicht ausreichen, hätte auf die Insassen des Flugzeugs eine seichte Meerwasserlandung gewartet. Darauf war ich natürlich nicht besonders scharf. Trotzdem hatte ich die ganze Zeit fasziniert aus dem Fenster geblickt und beobachtet, wie die Insel, die Steilküsten, die Stadt und der Flughafen langsam näher kamen.

Sowie ich aus dem Flughafengebäude trat, überkam mich absolute Urlaubsstimmung. Der Himmel war wolkenlos und strahlend blau. Ich setzte meine Sonnenbrille auf, atmete tief die warme Luft ein und stieg in den nächsten Shuttlebus, der nach Santa Cruz fuhr. Ich wollte mir zuerst die Stadt ansehen, bevor ich zum Observatorium musste. Im Bus holte ich meinen Reiseführer aus der Tasche und las noch einmal die Beschreibung der Insel:

La Palma, eigentlich San Miguel de la Palma, ist die nordwestlichste der sieben großen Kanarischen Inseln im Atlantischen Ozean, die eine der siebzehn Autonomen Gemeinschaften Spaniens bilden. La Palma hat bei einer Fläche von 708 Quadratkilometern eine Länge von etwa 42 Kilometern und eine Breite von etwa 28 Kilometern. Sie ist die fünftgrößte Insel der Kanaren. La Palma gehört zur spanischen Provinz Santa Cruz de Tenerife. Hauptstadt ist Santa Cruz de La Palma auf der Ostseite. Auf der Westseite La Palmas befindet sich die größte Stadt der Insel, Los Llanos de Aridane. Die Landessprache ist Spanisch mit lateinamerikanischem Einfluss. Die üppige Vegetation und die natürliche Schönheit der Insel führten zu den Beinamen Isla bonita („die schöne Insel“) und Isla verde („die grüne Insel“).


Ich war nicht lange gefahren, bevor ich an einem kleinen Platz in Santa Cruz ausstieg. Mir fielen besonders die sehr großen Palmen auf, die den Platz beschatteten. Hier in der Stadt gab es überall Schatten und die Wärme war angenehmer als am Flughafen.

Ich ging ein wenig durch die Straßen und sah mich um. Solche großen Palmen, wie auf dem Platz, waren hier an vielen Orten zu sehen und dazu hübsche weiße Häuser. Einige waren jedoch auch pastellfarben gestrichen, in gelb, rosa und hellblau. Hölzerne Balkone, die sich über die ganze Hauswand hinzogen, zierten die meisten der Häuser, aufwendig gestaltet und verschnörkelt, in brauner oder grüner Farbe. Es war ein sehr buntes Durcheinander. Ein wenig erinnerte mich die Atmosphäre an Piratenfilme. Enggeschlungene Gassen trennten die Häuser voneinander. Es roch nach Meer und eine frische Brise wehte mir um die Nase.

Die Sonne brannte jedoch etwas in meinem Gesicht und mir wurde langsam zu warm in meinem Anzug. Ich öffnete mir den Hemdkragen, mein Jackett zog ich aus und warf es mir lässig über die Schulter. Ich fühlte mich wie James Bond in einer geheimen Mission. Meinen kleinen Koffer hinter mir herziehend hatte ich überlegt, mir einen schönen Platz in dieser idyllischen Atmosphäre zu suchen, an dem ich in Ruhe ankommen und vielleicht einen Kaffee trinken konnte.

Das Zentrum von Santa Cruz de La Palma war nicht weit. Auf dem Weg dorthin wurden die Häuser größer. der Verkehr dichter, Hotels und breite Straßen taten sich auf, die der Stadt etwas Touristenflair verliehen.

Einen Strand mit hübschen Bikinis und ein paar kurze Röcke hätte ich jetzt gerne auch bestaunt. Die Einwohner trugen aber leider noch nicht so richtige Sommerkleidung. Auch hatte ich noch kein passendes Café entdeckt, in dem ich verweilen wollte und setzte meinen Weg durch Santa Cruz fort.

Mein Koffer holperte ratternd hinter mir her. Dieses aufdringlichste aller Geräusche zog die Blicke der Leute an und ich wurde unfreundlich angeglotzt. Leichter Fluchttrieb überkam mich. Vielleicht sollte ich doch lieber sofort ein Taxi nehmen, um direkt zum GranTeCan zu fahren, überlegte ich.

Es war schon nach Mittag und ich hatte noch einen langen Weg bis zum Teleskop vor mir. Man erwartete mich dort am späten Nachmittag. Auf dem Gelände des Teleskops befand sich auch die Unterkunft, eine Übernachtungsmöglichkeit, die vom Institut bereitgestellt wurde, und die man als Gast der Eröffnungsfeier nach Anmeldung in Anspruch nehmen konnte.

Natürlich hatte ich sofort nach dem Gespräch mit Herberts telefonisch Kontakt zum GranTeCan aufgenommen. Zuerst musste ich mit der Administration des ORM, also dem Büro des Observatorio del Roque de los Muchachos, in Santa Cruz de La Palma telefonieren. Dort verband man mich direkt weiter mit dem Observatorium und eine sehr freundliche, junge Frauenstimme mit starkem spanischem Akzent vereinbarte mit mir auf Deutsch die Ankunft und Unterkunftsmöglichkeit direkt vor Ort.


Die Taxisuche gestaltete sich schwierig, denn keiner der Fahrer in ihren rot-weißen Taxis wollte mich fahren. Die hatten es wohl nicht nötig. Sie blieben lieber in der Frühlingssonne sitzen als zu arbeiten. Es fuhr auch ein Bus, aber in der Hitze und für den weiten Weg konnte ich mir das nicht vorstellen. Endlich fand ich einen Taxifahrer, der sich überreden ließ. Er hieß Antonio, war Einheimischer und sagte, er hätte an diesem Tag nichts weiter vor.

Die Fahrt war angenehm. Ich hatte das Fenster etwas heruntergekurbelt. Mit dem Fahrtwind ließ sich die Temperatur im Auto aushalten. Antonio sprach sogar einigermaßen Deutsch. Wir redeten ein bisschen über dies und das, als ich ihn gespannt danach fragte, warum mich keiner seiner Kollegen hatte fahren wollen.

Er ging nicht darauf ein sondern antwortete, „Mein Freund, ich fahre dich wohin du willst. Aber am liebsten plane ich große Ausflugstouren. Zeige die ganze Insel an einem Tag.“

Ich lehnte dankend ab.

„Aber du bezahlst auch die Rückfahrt?“, fragte er mich energisch. Ich nickte ihm eifrig zu. Das war nicht das Problem für mich. Das konnte Herberts übernehmen.

Ich lehnte mich zurück und genoss den Ausblick. Wir fuhren an großen Bananenplantagen vorbei in die Berge. Die Vegetation hier war sehr üppig. Die Berge waren überwachsen mit Kiefernwäldern, soweit das Auge reichte, und ergaben ein Panorama aus hohen Gebirgsketten und tiefen dichtgrünen Tälern. Manchmal führte die Straße an Steilhängen vorbei, die wie in einem Dschungel mit unterschiedlichsten Pflanzen bewachsen waren, die teilweise bis auf die Straße herunterhingen. Die Insel war sehr schön.

Wir fuhren von Santa Cruz de la Palma aus auf der LP-1 Richtung Norden. Nach ca. 1 km bogen wir nach links auf die LP-103 nach Mirca. Von dort folgten wir der LP-1032, der Straße zum Roque de los Muchachos. Danach ging es zum höchsten Punkt der Insel, wo sich das astrophysische Observatorium befand.

Je höher wir fuhren, umso stärker änderte sich der Charakter der Landschaft. Die Höhen waren übersäht mit Geröllfeldern und kleineren, grün- und gelbfarbenen, buschartigen Pflanzen. Es ergab für das Auge eine Mischung aus frischgrüner Flora auf trockener, roter und schwarzer Vulkanerde.

Der Roque de los Muchachos ist mit 2436 Metern Höhe der höchste Punkt der Insel La Palma. Zusammen mit 12 weiteren, um die 2000 m hohen Gipfeln bildet er ein imposantes Gebirgsmassiv am nördlichen Rand des Vulkankessels, der Caldera.

Antonio erzählte mir während der Fahrt stolz von der Insel und deren Geschichte. Ich hatte aber irgendwann genug und las lieber im Reiseführer, während er mich weiter volltextete. Diesen konnte ich irgendwie besser verstehen:

Im 16. Jahrhundert bekam La Palma nach Antwerpen und Sevilla das Privileg mit Amerika Handel zu treiben. Schnell entwickelte sich Santa Cruz de La Palma zu einem der wichtigsten Häfen des spanischen Reiches. So ist es nicht verwunderlich, dass Santa Cruz de La Palma im Laufe des 16. Jahrhunderts immer wieder Piraten anlockte, die sich der Reichtümer der Stadt bemächtigen wollten. Unter dem Befehl von François Le Clerc plünderten 1553 Franzosen die Hafenstadt. Was sie nicht mitnehmen konnten, brannten sie nieder. Nach dieser Katastrophe wurden Kirchen, Klöster und Häuser größer und prächtiger wieder aufgebaut. Neue Verteidigungsanlagen wurden errichtet. So konnte 1585 der Angriff des Engländers Francis Drake erfolgreich abgewehrt werden.


Das fand ich spannend. Für Piratengeschichten war ich immer zu haben. Ich war also auf einer echten Pirateninsel.

Wir fuhren über enge, sich windende, steile Bergstraßen. Endlich, nach eineinhalb Stunden Fahrt und gefühlten drei Stunden Inselvortrag von Antonio, war ich am Observatorium auf dem Gipfel des Roque de los Muchachos angekommen.

Man konnte von hier aus einen Teil des Vulkankraters überblicken. Ich sah mehrere runde, silbrig glänzende Observatorien, die einige hundert Meter voneinander entfernt standen, und verschieden große Häuser in deren unmittelbaren Umgebung. Der Kontrast zu der dunklen Erde erinnerte mich an Science-Fiction-Filme über den Mars. Hier oben befanden sich mehrere, verschiedene Teleskope, die eine Gesamtfläche von ungefähr zwei Quadratkilometern einnahmen. Man hatte diesen Standort aufgrund des fast immer wolkenlosen Himmels gewählt. Es gab kaum Luftverschmutzung und extrem wenig Beeinträchtigung durch Lichteinwirkung, die von großen Städten erzeugt wird.

Ich sah das GranTeCan zum ersten Mal in seiner vollen Größe. Es war riesig und beeindruckend hoch. Mit dem GranTeCan wollen Wissenschaftler einen Blick in bisher unerreichte Tiefen des Universums werfen. Die Daten, die sie zu sammeln beabsichtigen, könnten Aufschluss über den Urknall geben, der vor rund 14 Milliarden Jahren stattgefunden haben soll. Es wird auch Planetenjäger genannt, weil es damit möglich ist, Planeten außerhalb unseres Sonnensystems zu beobachten.

Die Aussicht war großartig. Über die gelbgrüne Vegetation hinweg, konnte man durch die dünne, klare Luft das Meer sehen. Die tiefstehende Sonne und der tiefblaue Himmel machten den Ausblick noch beeindruckender.

Ich vermutete, dass ich zu dem größten Haus musste, dass sich in der Nähe des Teleskops befand. Viele Türen und Laubengänge zeichneten das Gebäude aus. Sicher war es das Wohnhaus der vielen Angestellten und der Gäste dieser Einrichtung.

Es war fast wie ein Hotel eingerichtet. Eine kleine Lobby mit Rezeption fehlte auch nicht. Sandfarbene Bodenfliesen und große rechteckige Blumenkästen, bepflanzt mit kleinen Palmen, standen neben einigen Couchgruppen.

Die Senorita an der Rezeption war das Inbild einer südländischen Frau. Ich musste sie anstaunen. Sie hatte schwarz gelockte, lange Haare, dunkle Augen und rot geschminkte Lippen.

Mein Herz machte einen Aussetzer, zumindest fühlte es sich so an. Ich hasste es, wenn es das tat, aber ich konnte mich nicht dagegen wehren. Beim Anblick hübscher Frauen bekam ich immer einen kleinen Herzanfall. Sie saß in einem dunkelblauen Kleid, mit weißen Ornamenten verziert, auf einem Hocker. So, dass ich ihre braun gebrannten Beine gut sehen konnte.

Mist, ich traute mich nicht, sie anzusprechen. Ich wusste auch nicht in welcher Sprache ich das tun sollte.

„Hola, Senor!“, rief sie mir durch die Lobby zu und winkte mich zu sich. Ich schluckte und musste wohl dadurch.

„Hallo“, antwortete ich verlegen.

„Oh, wir haben gestern telefoniert? Wegen einer Übernachtungsmöglichkeit?“, fragte sie mich mit ihrem netten Akzent. Ihre Stimme erkannte ich wieder.

„Ja, kann sein“, sagte ich verlegen und übergab ihr meinen Ausweis und meine Anmeldebestätigung. Ihre Augen klebten an meinen. „Ich bin Jan Schuster und hatte mich für die morgige Konferenz angemeldet.“

„Ja, ich weiß wieder. Ich bin Vicenta. Ich habe ihren Zimmerschlüssel hier“, antwortete sie lächelnd.

Ich nahm ihn entgegen und sie erklärte mir noch den Weg zu meinem Zimmer. Dann vertiefte sie sich wieder in ihr Buch. Auf meinem Weg Richtung Laubengang musste ich mich aber noch einmal zu ihr umdrehen, um sie anzuschauen. Genau in diesem Moment strich sie eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und klemmte sie hinters Ohr. Mir wurde ganz warm ums Herz. Ich lenkte mich ab, indem ich daran dachte, was ich über Temperaturen gelernt hatte.

Wärme – ist nichts anderes als die Schwingung der Atome. Ein Sonnenstrahl oder eine Lichtwelle trifft auf ein Luftatom, ‚schubst‘ es an und gibt so seine Energie weiter. Es versetzt damit das Luftatom in eine stärkere Schwingung. Dieses stark vibrierende Luftatom trifft wiederum auf ein Hautatom und bringt es somit ebenfalls in stärkere Vibration. Das empfinden wir als Wärme.

Wenn Atome, die von Sonnenstrahlen in Schwingung gebracht werden, auf andere Luftatome treffen, stoßen sie diese wiederum an. Somit heizt sich die Luft auf. Gleichzeitig verliert das erste Atom wieder an Schwung und ‚kühlt‘ allmählich ab. So gleichen sich die Atome aus und pendeln sich auf eine Temperatur ein. Da Luftatome einen größeren Abstand zueinander haben als Wasseratome, leiten sie ihre Schwingung nicht so schnell weiter. Das ist der Grund dafür, dass zum Beispiel wir Menschen an der Luft nicht so schnell auskühlen, wie im Wasser. Viele langsam schwingende Wasseratome bremsen die schnelleren Körperatome ab, bis sich alle Atome auf eine Frequenz eingependelt haben. Je näher oder dichter die Atome zueinander stehen, umso besser leiten sie die Energie ab, oder besser gesagt, sie übertragen die Stärke ihrer Schwingung besser auf ihre Nachbaratome.


Mein Zimmer war ein sehr spartanisch eingerichteter, kleiner Raum. Es machte eher den Eindruck einer unvermieteten möblierten Studentenbude, weniger den eines einladenden Hotelzimmers. Bett und Bad sollten mir aber für diese eine Nacht reichen. Ich zog mir die von der Reise staubige und verschwitzte Kleidung aus. Schnell duschte ich und zog mich frisch an. Ich wollte wieder aus dieser vermieften Kammer raus an die frische Luft, um mich umzusehen.

Vicenta saß noch immer am Empfang und las in ihrem Buch. Als sie mich hörte, sah sie auf und nickte mir lächelnd zu.

„Wollen sie zu der Empfangsparty? Ich kann ihnen zeigen wo sie stattfindet“, rief sie mir entgegen.

Das hörte sich gut an. Davon wusste ich gar nichts. Ich sollte doch nur morgen bei der Pressekonferenz mit Anwesenheit glänzen und mich unters Volk mischen. Eine kleine Party war eine willkommene Abwechslung.

„Kommen sie auch dorthin?“, fragte ich sie spontan.

„Nein, ich habe da nichts zu suchen. Es ist nur für Gäste, Wissenschaftler und Journalisten gedacht“, antwortete sie. Das bedauerte ich sehr. Ich wünschte ihr noch einen schönen Abend und verabschiedete mich. Dann machte ich mich auf den von ihr beschriebenen Weg zu den etwas weiter liegenden Häusern. Ich spazierte entspannt durch die frische, abgekühlte Abendluft, über einen Parkplatz, zwischen Autos entlang und genoss die weite Aussicht bis zum Meer.

Mein Weg schlängelte sich am Rand einer Hügelkette entlang bis zu einem Plateau, auf dem ein Hubschrauber parkte. Es war schon früher Abend. Hunger machte sich bemerkbar. Ich bestaunte den rot glänzenden Hubschrauber. Ich war kurz stehen geblieben, da mir der Kontrast zwischen dem roten Lack und dem schwarzen Boden besonders ins Auge fiel. ‚Cooles Teil‘ dachte ich und sah dahinter mein Ziel auf der anderen Seite des Plateaus. Es war ein flaches Bürogebäude, hell erleuchtet, mit einigen Menschen hinter den Fensterscheiben. Es dämmerte bereits als ich das Gebäude betrat.

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