Читать книгу Alte Anker rosten nicht - Dagmar Maria Toschka - Страница 7

2. Karten lügen nicht

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»Du hast nicht zufällig ein schönes Parfüm dabei?«, rief Maike durch die halb offene Badezimmertür.

Ich zog einen Flakon aus meinem Reisenecessaire, reichte ihn ihr und sah mir unsere Bleibe an, die mich an meine Studentenbude erinnerte. Die war ähnlich klein, alles befand sich auf engstem Raum. Damals spielte das keine Rolle, denn ich besaß nicht viel. Wozu sollte ich jetzt mehr benötigen? Trotzdem war ich froh, gleich neben dem Bett meinen roten Koffer stehen zu sehen, den offenbar einer der jungen Polohemdmänner an Bord gebracht hatte.

Maike kam aus dem Bad, zog etwas aus dem gegenüberliegenden Kleiderschrank und verschwand wieder.

Anders als in meiner Studentenbude dominierte diese Kabine ein immenses Doppelbett in Himmelblau. Wir zwei Frauen würden es uns teilen müssen. Und wir waren beide nicht ganz schlank. Auf den Kopfkissen lagen zwei kleine Cellophantütchen, in ihnen je ein Plätzchen in Ankerform und eins in Form eines Fisches. Dazu ein Hinweis: »Herzlich willkommen an Bord der ›River Diamond‹. Solange wir in Köln sind, bieten wir Ihnen eine ganz besondere Spezialität unseres Chefkochs an: Bierplätzchen. Achtung, enthält Spuren von Alkohol.«

Ich sah mich um. Der ganze Raum war in blauen Farbnuancen gehalten. Auf dem Teppich sprang hier und da der Kugelfisch, das Logo der Reederei, umher. Mit ihm und dem vielen Blau im Raum kam man sich vor wie im Aquarium.

Maike betrat jetzt frisch duftend in einem karminroten Kaftan den Raum. Dazu schlang sie sich ein Tuch in gleicher Farbe wie eine Beduinenfrau um den Kopf. Um den Hals hängte sie sich eine Kette aus Federn, auf deren Innenseite etwas geschrieben stand. Man sah es nur, wenn sie sich bewegte. Lesen konnte ich es nicht.

»Komm, wir genießen das Essen«, lud sie mich ein, »das soll hier super lecker sein. Und es ist alles schon bezahlt.«

Schwankend erhob ich mich aus dem Sessel. Seegang? Nicht auf dem Rhein. Die Cocktails? Das Leben? Wahrscheinlich eine Mischung aus allem. Maike hakte mich unter und öffnete die Tür. Im Gang brausten Hugo und Bosse auf kleinen bunten Rollern vorbei, und ich hoffte, dass sie an die Stufen am Ende des Flurs dachten. Wir folgten ihnen weniger rasant entlang der cremeweißen Kabinentüren, vorbei an der Rezeption, in den Gang zum Restaurant. Dort reihten wir uns in die Schlange vor dem Eingang ein. Gleich hinter einer aufgebrachten Mittvierzigerin, die ihren Partner anfauchte:

»Wie oft habe ich dich gefragt, ob ich etwas mitnehmen muss, und du hast mich jedes Mal beruhigt, jetzt haben wir den Schlamassel.« Sie zog ein Taschentuch aus ihrer Jackentasche und schnäuzte hinein.

»Britt-Marie, bitte!« Der Mann an ihrer Seite klang entnervt und rollte mit den Augen. Es ging um glutenfreie Kost. Man holte den Koch und der zählte auf, was er alles dafür an Bord hatte. Erst jetzt stellte sich heraus, dass ihr Partner diese Kostform brauchte, nicht sie.

Ganz vorne in der Schlange stand Enni Flichs. Wir folgten ihr in einen abgeschiedenen Restaurantbereich. Dort besetzte sie bereits einen Fenstertisch für vier Personen, gleich an der Glasfront mit Blick aufs Wasser. Wir setzten uns zu ihr. Auf den Stuhl neben sich hatte sie eine bunte Plastiktüte gelegt. Hinter ihr war Wand, sie überblickte den Rest des Raumes und schaute, als würde sie nach jemandem suchen, während sie ihr Glas erhob. »So, Kinder, lasst die Korken knallen. Seid ihr auf all inclusive?«

Keine Ahnung, worauf ich war. Ich wusste nur eines: Ich war auf Liebesentzug. Sie griff nach meiner Schlüsselkarte, winkte damit eine junge Kellnerin herbei und zeigte sie ihr. »Hübsches Fräulein, ist das hier all inclusive?«

Die nickte.

»Dann mal her mit der Runde Sekt für drei durstige Kehlen.« Sie zwinkerte mir zu. »Ist alles schon bezahlt in diesem Tarif. Du kannst hier an Bord trinken, bis der Ast bricht.«

Es näherte sich eine Gruppe von vier Frauen, etwa Anfang 40. Alle gepflegt, manche im Cashmere-Twinset, mit dezentem Make-up, schlichten Frisuren und unaufdringlichem Goldschmuck. Sie nippten an ihren Wassergläsern und wirkten auffallend unamüsiert. Bevor sie sich an einen Nachbartisch setzten, taxierten sie uns drei mit kurzen Seitenblicken. Als unser Sekt gebracht wurde, klatschte Enni vor Freude so laut in die Hände, dass die Twinset-Truppe ihre Hälse in unsere Richtung reckte.

Enni prostete ihnen zu. »Noch nie saufende Frauen gesehen?« Nach einem kurzen Moment der Schockstarre wandten die sich ab. Maike stieß mit ihr an: »Auf schöne Tage hier an Bord.«

»Und ein paar Mordsnächte«, fügte Enni hinzu. Beide lachten eine Spur zu laut, um noch angenehm zu klingen.

Links von uns brachte sich Frau Glutenfrei in Stellung. Auf den Tischen waren Ständer platziert, an denen das Besteck wie an einer Wäschespinne hing. So konnte man sich bei jedem Gang einfach das passende vom Haken nehmen. Teller standen am Buffet. Unsere neue Tischnachbarin aber deckte ihren Tisch ein, holte Teller, arrangierte dazu zwei Servietten, die in einem Halter neben den Besteckhaken steckten. Dann holte sie ein Tellerchen mit Obst und schnitt es in kleine Stücke. Ihr Gesicht wirkte merkwürdig angespannt, so als ließe es keine Mimik zu. Irgendwas schien wie festgezurrt an ihr. Sie holte Kaffee und schaute unruhig in Richtung Gang. Sicher rechnete sie jeden Augenblick mit der Erscheinung des Herrn. Dieser betrat endlich die Bühne, setzte sich zu ihr, würdigte sie aber kaum eines Blickes, sondern griff zur bereits gefüllten Kaffeetasse. Sie sah ihn an und fragte: »Suppe?« Er nickte, ohne aufzuschauen. Sofort stand sie auf und lief in Richtung Buffet.

»Die wird es auch noch lernen«, sagte Enni. »Männer kann man nicht halten, indem man sie betüttelt wie ein Kind. Das finden sie bequem, aber nicht sexy. Ganz gleich, wie viel Zucker man ihnen in den Hintern bläst. Wenn er weg ist, wacht sie auf«, fügte sie fachmännisch hinzu. »Jetzt bettelt sie noch um Liebe. Aber je mehr sie für ihn macht, desto mehr zieht er sich zurück, und je mehr er sich zurückzieht, desto mehr wird sie sich um ihn bemühen. Irgendwann geht er doch, und sie fragt sich, warum. Schließlich habe ich alles für ihn getan.«

Ich dachte daran, wie viel Tonnen Zucker ich Adi seit Jahren in den Allerwertesten geblasen hatte. Den Marsch hätte ich ihm blasen sollen. Wer weiß, was ihm gerade … Ich verbat mir weiterzudenken.

»Woher wissen Sie das alles?«, fragte ich sie.

»Kindchen, ich kenn mich aus mit den Kerlen. Ich hab schon einige durch. Aber wir sind per Du, merk dir das.«

Draußen regnete es, das Rheinufer wirkte düster und menschenleer. Wir fuhren am Zündorfer Hafen vorbei, »Rheinkilometer 677« stand auf einem großen Schild. Hier sahen die Bäume aus wie in die Höhe gezogene Kopfweiden.

Es duftete nach Essen. Jemand freute sich, dass er Himmel un Äd met Blootwoosch, jenes typisch Kölsche Gericht aus Kartoffelpüree, Apfelmus und Blutwurst auf dem Buffet entdeckt hatte. Noch waren wir ja auch so gut wie fast in Köln. Die Tische füllten sich. Dem unseren näherte sich eine akkurat gekleidete Dame. Ihr Gesicht glänzte. Vielleicht hatte man ihr als Kind zu viel Lebertran gegeben. Bedächtig ihr Umfeld beobachtend, mit einer Tasse Kaffee in der Hand, steuerte sie auf uns zu. Zuerst schaute sie auf den leeren Stuhl, dann zu Enni, die ihrem Blick auswich und den Kopf zur Seite drehte. Gerade so weit, dass sie die Fremde nicht ganz aus den Augen verlor. Die blieb stehen. Schließlich zog Enni die Augenbrauen zusammen, senkte den Kopf wie ein Stier vor dem Angriff und schaute von unten auf: »Is was?«

Die Dame streckte ihre Kaffeetasse vor, bereit, sie auf unserem Tisch abzustellen. »Ist hier noch frei?«

Enni beugte sich vor. »Nein.«

»Aber ich sehe niemanden auf diesem Platz.«

»Sie vielleicht nicht.«

Zögernd zog die Frau ihre Kaffeetasse wieder zurück. »Was meinen Sie damit?«

Enni verschränkte beide Arme vor der Brust. »Nicht jeder sieht alles, meine Liebe.«

»Hier liegt nur eine Tüte.«

»Fräulein Hochglanz, Sie müssen lernen, zwischen den Zeilen zu lesen.«

»Ich will nicht lesen, ich will sitzen.«

»Können Sie aber nicht, weil hier jemand sitzt. Merken Sie das nicht?«

Enni öffnete ihre verschränkten Arme und stützte ihre Hände auf dem Tisch ab. »Ach, meine Kleine, du musst noch viel lernen.«

Mir reichte es. Ich stand auf und bot der Dame meinen Platz an. Pikiert zog die jedoch ab. Zu Recht, wie ich fand.

Maike beugte sich über den Tisch. »Auf wen wartest du?«

»Auf den Mann meines Lebens.« Enni senkte ihre Stimme. »Eine 1A Kartenlegerin hat es mir geweissagt. Auf dieser Reise treffe ich mein Glück. Und ich glaube, da kommt es schon.«

Maike und ich drehten uns um und sahen einen Mann im dunklen Anzug, groß und elegant, braun gebrannt, seine Haare von der Sonne blond gebleicht. Als er uns drei sah, lächelte er und nickte uns andeutungsweise zu. Enni nahm unauffällig die Plastiktüte vom Stuhl und deutete an, dass dieser Platz noch frei sei. Kurz zögerte er, blickte sich noch einmal um, nahm dann aber Kurs auf unseren Tisch.

»Einen schönen guten Abend, die Damen.« Seine Stimme klang leise und sanft. Er setzte sich und faltete seine Hände vor sich auf dem Tisch. Mir fiel auf, wie gepflegt sie waren. Als hätten sie in ihrem Leben noch nichts Unangenehmes berührt. Er trug einen goldenen Siegelring, an seinem Hemd Manschettenknöpfe, die aussahen wie kleine Bücher. Ich ging davon aus, dass er um sein gutes Aussehen wusste. Dennoch gab er sich bescheiden, fast zurückhaltend, fragte sogar, ob es uns recht sei, wenn er unsere Gesellschaft suche. Sollte er ahnen, dass mindestens eine von uns ihn bereits als den Mann ihres Lebens identifiziert hatte, so ließ er es sich nicht anmerken.

Er orderte Wein und stand auf, um sich etwas vom Buffet zu holen. Enni schob ihre Lesebrille, das Diadem der bürgerlichen Frau, in ihr Haar, um ihm nachzublicken. Sobald unser Salonlöwe außer Hörweite war, instruierte sie uns, so schnell wie möglich zu Ende zu essen und den Tisch zu verlassen, damit sie diesen schönen Mann für sich alleine hatte.

»Woher willst du wissen, dass er sich nicht vielleicht für mich interessiert?«, wollte Maike wissen. Aber Enni schien sich ihrer Sache sicher. Dieser Mann war ihr Schicksal, Kartenlegerinnen irrten nicht. Ich für meinen Teil hatte schon Schicksal genug und keinen Appetit. Am Dessertbuffet, auf dem unzählige Puddingschüsselchen und Kuchenstücke auf ihren Verzehr warteten, nahm ich mir einen Kaffee und ging in den Salon. Dort setzte ich mich wieder auf das Sofa mit Blick aus dem Fenster, um alleine zu sein. Von hier aus hatte man den besten Blick auf den Rhein, man saß in Fahrtrichtung, die Ufer glitten gemächlich rechts und links an einem vorbei. Regentropfen liefen über die schrägen Glasscheiben und versahen alles mit einem kleinen Schleier. Hier war es ruhig. Die meisten Gäste gingen zum Essen ins Restaurant hinter mir.

Es dauerte jedoch nicht lange, und unser Traumprinz setzte sich neben mich. Er roch nach teurem After Shave und orderte Espresso. Seine Hände, die er vor sich auf seinem Hosenbein ablegte, zeigten eine golden schimmernde Bräune und sahen jünger aus als er selbst. Ich schätzte ihn auf Mitte 50.

Er hielt mir einen kleinen Teller mit Gebäck hin. »Darf ich Ihnen ein Rheingestein anbieten? Eine Spezialität des Hauses, oder sollte ich besser sagen des Schiffes?«

Das Gebäck erinnerte entfernt an einen Stein und sah einem Stück Braunkohle ähnlich. Also eher einem Urgestein. Als ich hineinbiss, war es krachend knusprig, mit einer nussig-süßen Note. Es schmeckte wesentlich besser, als es aussah. Er reiste offensichtlich nicht das erste Mal über den Rhein auf diesem Schiff.

Wir aßen den Teller mit Rheingestein leer, sprachen über die gute Sicht von dieser Stelle und das schlechte Wetter dort draußen. Wie nass und gleichzeitig warm es für April schon war. Er trug einen dunkelblauen Anzug aus teurem Stoff, dazu ein weißes Hemd. Beides nun mit braunen Gebäckkrümeln bedeckt.

»Eigentlich hatte ich mich Ihretwegen an diesen Tisch gesetzt«, sagte er dann zu meiner Überraschung. Weil ich nicht wusste, wie ich reagieren sollte, ging ich über seine Bemerkung und mein Erröten hinweg, versuchte, ein unverfänglicheres Gespräch in Gang zu bringen. Wie ihm die Reise bisher gefalle und ob er alleine reise, fragte ich, obwohl ich davon eigentlich ausging. Aber mir fiel auf die Schnelle nichts Besseres ein.

Er nickte mit dem Kopf. »Leider. Ich wäre lieber in guter Gesellschaft unterwegs. Aber was soll ich machen? Ich bin allein. So ungern wie unfreiwillig.« Seine Stimme klang nun tiefer. »Und Sie?«

»Ich? Auch.«

Er nickte und schenkte mir ein Lächeln, das sich gut anfühlte. Es wirkte sexy auf mich. Zu meiner Überraschung.

»Sind Sie in der Buchbranche?«, fragte ich.

»Wie kommen Sie darauf?«

»Wegen der Manschettenknöpfe.«

Er griff nach einem der kleinen Bücher an seinem Ärmel.

»Ich schreibe. Darf ich mich vorstellen: Gunnar Behorn.« Er stand auf und reichte mir ganz offiziell die Hand.

»Sehr angenehm, Linda Weißenberg.«

»Was machen Sie beruflich, Linda?«

»Nichts. Rein gar nichts. Schrecklich, nicht wahr? Ich bin und kann … nichts.«

»Jeder ist etwas und kann etwas.«

»Ja, vielleicht, aber ich kann wirklich nichts.«

Behorn erklärte, wie schwierig es war, vom Dichten zu leben, dass er trotzdem daran festhalten musste, weil er sich das schuldig war. Schließlich hatte er sein Leben lang davon geträumt.

»Träume sind wichtig«, sagte er, »unser Wesen offenbart sich in dem, wovon wir träumen.« Er beugte sich zu mir herüber. »Wovon träumen Sie?«

Ich versuchte, seinem Blick standzuhalten, und schaute in das kühle Grau seiner Augen. Im Augenblick träumte ich davon, dass die letzten Tage nicht stattgefunden hatten, nur ein Albtraum waren, aus dem ich endlich erwachen durfte. So gesehen sehnte ich mich danach, dass jede Sekunde der Wecker klingelte.

Er strich mir sanft über den Arm. »Jeder träumt von etwas.«

»Vorige Woche träumte ich noch von einer Kreuzfahrt in die Karibik mit einem aufmerksamen, mal nicht arbeitenden Ehemann.«

»Und nun sind Sie auf dem Rhein gelandet, dem Nil des kleinen Mannes.«

Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.

»Was immer Ihnen gerade zusetzt«, sagte er und rückte noch ein wenig näher, »ich wünschte, ich könnte Sie trösten. Es gibt immer einen Weg heraus. Selbst wenn man gerade keinen sieht.«

Er klang liebevoll, beruhigend geradezu. Sollte er allerdings noch näher rücken, saß er auf mir.

Den Gedanken, dass sich unser Wesen durch das ausdrückte, wovon wir träumten, fand ich interessant. Aber wer waren wir, wenn wir keine Träume hatten? Und hatte ich wirklich keine? Die Karibikkreuzfahrt war im Grunde unwichtig.

»Träumen Sie denn nicht auch von der Liebe?«, fragte er, lehnte sich zurück und seufzte. »Ich tue das unentwegt.«

»Man kann auch zu viel lieben«, warf ich ein.

»Ach was, man muss sich dieser Welt mit seiner Liebe vorbehaltlos entgegenwerfen.« Zart, fast vorsichtig, legte er seine Hand auf meine. »Sie inspirieren mich. Darf ich ein Gedicht über Sie schreiben?«

»Dazu brauchen Sie doch nicht meine Erlaubnis.«

»Ohne die würde ich es nicht tun.«

Er sah mich auf eine Weise an, die ich so noch nicht kannte. Etwas darin brannte, begehrte, machte mir Angst, machte mich an. Während ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen, nahm er meine Hand hoch, küsste sie und flüsterte: »Ich möchte nichts tun, was Sie nicht wollen.«

Etwas bewegte sich in mir, als er das sagte. Und zwar unterhalb der Gürtellinie. Wärme schoss in meine Wangen. Und in meinen Schoß.

»Da sitzen sie«, hörte ich Maike sagen.

»Lassen Sie mich das übernehmen«, sagte Gunnar, stand auf und lief mit weit ausgebreiteten Armen auf Enni und Maike zu, die uns offensichtlich suchten. Er hakte beide unter, um sie in Richtung Bar zu führen. Dabei drehte er den Kopf zurück und zwinkerte mir zu.

Ich schaute durch die Glaskuppel hinaus in das verwaschene Blau des Himmels und fühlte mich wie in einer Waschmaschine, die mich mit meinen Gefühlen umherschleuderte. In meinem Kopf klingelte es wie am Freitagabend, meinem Geburtstag. Dem letzten mit einer Vier voran. Dort klingelte es auch. An meiner Haustür. Als ich sie öffnete, stand diese fremde, stark geschminkte Frau Anfang 50 vor mir, in einem kurzen, ananasgelben Mantel und mit schulterlangem schwarzem Haar. Sie streckte mir ihre rechte Hand entgegen, an der ein lila Plastikring steckte. In der linken hielt sie eine goldene Zigarettenspitze mit rotem Mundstück.

»Wie schön, dich endlich kennenzulernen«, sagte sie lächelnd, und ich hatte keine Ahnung, wer sie war.

»Dies hier ist Hausnummer 38«, erklärte ich, denn ich war sicher, sie hatte sich verirrt.

»Richtig«, meinte sie, »du musst Linda sein.«

Sie trat einen Schritt auf mich zu. Ich wich zwei zurück.

Alte Anker rosten nicht

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