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Unerklärliche Phänomene

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Ich blickte in Jennifers entsetzte Miene, als eine kräftige Männerstimme hinter ihr sagte: »Wo wollen sie beide denn so schnell hin?«

Giller, dieser Vollidiot, ging es mir durch den Kopf, kommt im falschen Moment.

»Wir wollten gerade gehen«, sagte ich ernst.

»Sie sind verhaftet, Clayton!«, sagte Giller in einem scharfen Ton.

Mir blieben die Worte im Hals stecken. Was sollte ich darauf antworten?

Jennifer runzelte die Stirn und betrachtete Giller gründlich, dann sagte sie in einem scharfen Ton: »Sie können nicht einfach jemanden verhaften!«

Die beiden Gäste am Tisch sahen schon zu uns herüber. Dieser dämliche Giller hielt wohl nichts von Diskretion.

»Haben Sie einen Haftbefehl?«, fuhr Jennifer den Polizeibeamten an.

Toll! Ganz toll! Das war mir jetzt aber wirklich peinlich. Damit hatten wir auch die Aufmerksamkeit des Barkeepers auf uns gezogen. Dieser Zwischenfall würde sich im ganzen Hotel herumsprechen. Ich malte mir schon aus, dass wir sicherlich bald von einer Flutwelle hungriger Reporter attackiert würden, die alles über Andor den Außerirdischen erfahren wollten. Ein Fressen für die Geier.

Jennifers stechender Blick, ließ Giller einen langen Augenblick zögern, doch dann sagte er mit fester Stimme zu Jennifer: »Meine Kollegen kommen gleich und bringen den Haftbefehl mit.« Giller wandte sich mir zu und zischte: »Was ist in meinem Büro passiert?«

Ich dachte in diesem Augenblick, dass es keinen Sinn machte, Giller die Wahrheit zu erzählen, denn ich ahnte, dass er mir eh nicht glauben würde, also schwieg ich.

»Sie haben alles demoliert«, fuhr Giller mich an. »Warum?«

Was konnte er schon machen? Er hatte keine Beweise, dass ich damit etwas zu tun hatte. Giller konnte mir nichts anhängen, davon war ich fest überzeugt.

»Sie sind für die Verwüstungen in meinem Büro und«, Giller holte Luft und beugte seinen Kopf vor, »in der Herrentoilette verantwortlich, Clayton.« Giller rümpfte die Nase.

Warum sollte ich die Tat gestehen und allein die Verantwortung für diesen ganzen Mist übernehmen? Schließlich war dieser Horyet an allem Schuld. Wäre er nicht aufgetaucht, wäre auch nichts passiert.

»Sie überlegen sich ein Geständnis«, mutmaßte Giller.

»Wer? Ich?«, stutzte ich und schäumte leicht vor Wut.

Der Typ hatte ja wirklich nicht mehr alle Tassen im Schrank.

»Ich weiß zwar noch nicht, was hier gespielt wird, aber ich werde es herausfinden«, drohte Giller mir mit einem eiskalten Blick.

Hoffentlich nicht, dachte ich und sagte: »Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden.«

Giller schwieg. Dennoch bemerkte ich, dass meine Antwort ihn nicht überzeugt hatte. Giller würde mich und Jennifer abführen lassen. Ich dachte nach. Aber von wem? Giller war allein gekommen. Sollten wir einfach davonlaufen? Ich überlegte kurz. Natürlich, ich konnte vom Stuhl aufspringen, mir Jennifers Hand schnappen, und wir flohen zusammen aus der Bar wie Bonnie und Clyde. Aber was dann?

»Kommen Sie nicht auf dumme Gedanken«, warnte Giller mich eindringlich.

Hatte er etwa meine Gedanken gelesen?

Sein langjähriger Instinkt als Polizeibeamter, dachte ich. Verflucht! Dieser Giller weiß genau, dass ich etwas verschweige.

Ich wandte meinen Blick von Giller ab und Jennifer zu. Sie zuckte nur leicht mit den Schultern und verwickelte Giller rasch in ein Streitgespräch. Sie protestierte und forderte Giller auf, uns in Ruhe zu lassen, weil wir absolut nichts mit der Sache zu tun hatten, die er uns vorwarf.

Giller mein Vertrauen zu schenken, hielt ich für keine gute Idee. Ich könnte ihm sagen: Warten Sie, Giller! Hören Sie mir nur kurz zu. Also, mein Name ist Andor, und vermutlich komme ich von einem anderen Planeten. Natürlich war ich für die Verwüstung in Ihrem Büro mitverantwortlich. Schuld an allem ist aber Horyet. Wer ist Horyet?, würde er mich fragen. Er verfolgt mich schon eine ganze Weile und versucht mich zu töten. Ich habe ihn schon aus dem Flugzeug geworfen. Wie ich das gemacht habe, fragen Sie mich? Horyet ist durch die Flugzeugwand gefallen und hinabgestürzt, auf der Erde aufgeschlagen, hat überlebt und ist mir am Flugplatz auf der Herrentoilette wieder über den Weg gelaufen. Giller alles in Ordnung? Glauben Sie mir etwa nicht?

Also hielt ich es für das Beste den Mund zu halten, wollte ich nicht in der Klapsmühle landen.

Mist, das Brummen in einem Kopf geht wieder los, dachte ich.

Jennifer wandte sich von Giller ab.

»Ist dir nicht gut, Bill?«, fragte Jennifer besorgt, die wohl bemerkt hatte, dass mit mir etwas nicht stimmte.

»Kopfschmerzen«, antwortete ich nur und warf einen Blick auf meine Armbanduhr.

»Haben Sie noch einen wichtigen Termin?«, fauchte Giller mich an.

»Ja«, nickte ich. »Wenn Sie kurz erlauben, würde ich gerne mein Raumschiff umparken. Ich stehe nämlich im Halteverbot.«

»Die dämlichen Bemerkungen werden Ihnen in der Zelle vergehen«, drohte Giller mir mit einem finsteren Blick, der einen Zombie hätte töten können.

»Denken Sie daran, Clayton, bevor Sie den Warp-Antrieb einschalten«, hörte ich eine bekannte und ruhige Stimme hinter mir sagen, »hier gibt es eine Geschwindigkeitsbegrenzung.«

Na, das ist ja super. Schlimmer kann es ja wohl nicht mehr kommen, dachte ich. Berger und Zink kommen mit dem Haftbefehl.

»Wie ich sehe, haben Sie schon mit dem Verhör angefangen, Giller«, sagte Berger missgelaunt.

»Ja«, stotterte Giller. »Ich dachte, dass wäre in Ihrem Interesse.«

Berger zog die Augenbrauen hoch, während Zink vorwurfsvoll sagte: »Natürlich war das in unserem Interesse, Giller.«

Das hörte sich für mich so an: Das hast du wirklich gut gemacht, Giller, du Idiot.

»Sie wollten doch nicht gerade gehen?«, sprach Berger mich an.

Ich überlegte kurz und sagte: »Hatten wir eigentlich vorgehabt.«

»Wir hatten gerade vorgehabt, in ein thailändisches Restaurant zu gehen«, sagte Jennifer.

Berger horchte.

»Das YUM«, sagte ich kurz. »Hat uns der Barkeeper empfohlen«, ergänzte ich.

»Eine sehr gute Wahl«, sagte Berger.

»Daraus wird ja wohl jetzt nichts mehr«, warf Giller ein.

Berger ignorierte die Bemerkung und sagte: »Ich habe noch ein paar Fragen an Sie, Clayton.«

Ich horchte.

»Ich nehme dann mal kurz an Ihrem Tisch Platz«, sagte Berger. »Kannst du bitte mit Giller an die Bar gehen?«, wandte sich Berger seinem Kollegen Zink zu.

»Okay«, sagte Zink.

»Was soll denn das?«, empörte sich Giller.

»Ich habe mit Herrn Clayton etwas zu bereden.«

»Ja, aber ...«, fing Giller an. »Kommen Sie!«, forderte Zink Giller auf.

Natürlich war ich in diesem Augenblick etwas verwirrt. Warum wollte Berger mit mir reden? Warum wollte er mich nicht festnehmen und verhören?

Giller und Zink gingen zur Bar. Ich hätte niemals gedacht, dass Berger in der Position war, Giller Befehle zu erteilen. Wie man sich doch irren konnte. Als der Barkeeper Zink ein Glas Wasser servierte, sah ich, wie die beiden Gäste am Tisch aufstanden, uns noch einen kurzen Blick zuwarfen und die Bar verließen.

»Auch Sie, Frau Parker, darf ich bitten, mich mit Herrn Clayton kurz allein zu lassen«, sagte Berger höflich.

»Das kommt nicht in Frage!«, zischte Jennifer ihn mit festem Blickkontakt an.

»Ich habe nicht vor Herrn Clayton zu verhaften«, erwiderte Berger mit gelassener Stimme.

Jennifer sah mich an. Ich nickte ihr zu.

»Okay«, sagte Jennifer und ging zur Bar.

Ich sah, wie sie zögerte, bevor sie sich neben Zink auf einem Barhocker niederließ.

Berger saß mir gegenüber. Sein Blick verriet mir, dass er neugierig war.

»Gab es in den letzten Tagen außergewöhnliche Vorfälle, über die Sie mir berichten möchten?«, fragte er freundlich.

»Was wollen Sie denn hören?«

»Die Wahrheit.«

»Wahrheit?«

»Soll ich Giller zurück an den Tisch bitten?«

Ich wandte mich kurz der Bar zu.

»Nein«, sagte ich nur.

»Gut«, sagte Berger gelassen, »dann fang ich mal an.« Ich erfuhr von Berger, dass er und sein Kollege Zink für den Militärischen Abschirmdienst arbeiteten.

»Ein Geheimagent?«, fragte ich erstaunt.

»Ja, kann man so sagen. Ich und mein Kollege sind in der Abteilung II: Extremismus-, Terrorismus-, Spionage- und Sabotageabwehr tätig«, erklärte Berger mir und musterte mich dabei.

»Sollten wir uns dann nicht ein geheimeres Örtchen für unsere Unterhaltung suchen?«, scherzte ich.

»Außer dem Barkeeper ist ja niemand mehr hier«, sagte Berger mit ernster Miene. »Und er kann uns von hieraus nicht verstehen.«

Seine Stimme klang ruhig. Wenn ich so darüber nachdachte, machte er auf mich einen ehrlichen Eindruck. Berger erzählte, dass beide Blutanalysen aus Gillers Büro nicht menschlichen Ursprungs waren und eine der Blutanalysen nahezu mit der Blutanalyse von meinem damaligen Krankenhausaufenthalt übereinstimmte. Dann sagte er: »Sie sind nicht von hier.«

Natürlich bin ich nicht von hier, dachte ich. »Ich komme aus London«, sagte ich.

»Das meine ich nicht, Clayton«, sagte Berger und beugte seinen Oberkörper vor. »Sie kommen nicht von der Erde.«

Bums.

Ein Schlag ins Gesicht hätte nicht schlimmer sein können. Ich wusste nicht so recht, was ich auf diese Bemerkung antworten sollte. Berger glaubte also, dass ich ein Außerirdischer war. Waren die Blutanalysen wirklich ein Beweis dafür? Eine der Blutanalysen gehörte zu Horyet, und er war ganz bestimmt ein Außerirdischer. Im Moment fühlte ich mich gar nicht wohl in meiner Haut.

»Sprachlos?«, fragte Berger.

»Tja.«

Meine Träume. Die Begegnungen mit Horyet. Andor. Vielleicht hatte Berger ...

»Sie wissen es nicht?«, unterbrach Berger meine Gedanken.

»Ich hab keine Ahnung, wer ich bin«, sagte ich schließlich.

»Dann erzählen Sie mir, was Sie wissen, Herr Clayton.«

Konnte ich Berger und seinem Kollegen wirklich vertrauen? Was wäre, wenn ich ein Außerirdischer wäre, würden Berger und Zink mich dann ...

»Irgendjemandem müssen Sie vertrauen, Herr Clayton«, sprach Berger mich an. »Wenn ich Sie hätte einsperren wollen, wäre ich hier mit einer Einheit aufgetaucht.«

Okay, das klang irgendwie plausibel, ging es mir durch den Kopf.

»Sie würden mir sowieso nicht glauben. Das können wir uns alles sparen«, erwiderte ich.

»Hat sie Ihnen geglaubt?«, fragte Berger und deutete auf Jennifer.

»Wie kommen Sie darauf, dass ich ihr etwas erzählt haben könnte?«

»Nur so ein Gefühl von mir, als ich Sie beide eben zusammen gesehen hatte.«

Dieser Berger war mir ein wenig unheimlich.

»Ich kann Ihnen etwas über meine seltsamen Träume erzählen.«

Berger hob die Augenbrauen. Dann warf er den Kopf in den Nacken und lachte.

»Ich meinte über meine ... wie soll ich es sagen ... meine unerklärlichen Träume.« Ich holte Luft, und mir wurde klar, dass ich wieder nicht die richtigen Worte gefunden hatte. »Ich kann Ihnen etwas über Horyet erzählen und berichten, was wirklich in Gillers Büro passiert ist.«

»Okay, das ist doch schon mal ein Anfang«, sagte Berger mit erwartungsvollem Blick.

Da wir immer noch ungestört und keine Gäste nachgekommen waren, erzählte ich Berger alles, was ich eben auch Jennifer berichtet hatte. Berger war ein aufmerksamer Zuhörer. Er unterbrach mich nur selten.

Ich konnte es kaum glauben und schaute Berger verwundert an. Machte Berger mir etwas vor, oder glaubte er mir tatsächlich? Er hatte immerhin meine Verhaftung verhindert. Als ich Berger alles erzählt hatte, was ich wusste, sagte ich: »Ich hoffe, Sie halten Ihr Wort.«

»Ich kann Ihnen versichern, Herr Clayton, dass niemand etwas hierüber erfahren wird.«

Ich warf einen skeptischen Blick zur Bar.

»Meinen Kollegen muss ich einweihen«, gestand Berger mir, »aber Giller erfährt kein einziges Wort von unserem Gespräch.«

Gut! Ich konnte verstehen, dass er seinem Kollegen meine Geschichte nicht verschweigen konnte.

»Es ist klar, dass ich meinen Vorgesetzten auch informieren muss«, sagte Berger.

»Einverstanden«, sagte ich.

»Aber sonst wird niemand von unserem Gespräch etwas erfahren«, bestätigte Berger mir mit einem festen Blick.

Ich nickte.

»Ich denke, wir sollten zusammenarbeiten. Was halten Sie davon?«, fragte Berger und wartete auf meine Antwort.

»Wieso glauben Sie mir?«, fragte ich.

Irgendwie kam mir das seltsam vor.

»Ich habe Ihnen noch nicht alles erzählt.« Er rückte ein Stück näher. »Ich bin kein Wissenschaftler, deswegen versuche ich es mal mit meinen Worten zu erklären. Also, in der Nähe des Saturns haben unsere Wissenschaftler eine ungewöhnliche Erscheinung entdeckt.« Jetzt hörte ich gespannt zu. »Dort wird an einem Punkt im Weltraum Licht angezogen. Man hat mir erklärt, dass sich dort ein Schwarzes Loch oder ein Wurmloch befinden könnte. Dann tauchte aus diesem Punkt ein Lichtstrahl auf, und danach verschwand das Phänomen wieder. Etwas später haben Wissenschaftler eigenartige Messwerte in der oberen Erdatmosphäre erhalten. Nach all diesen seltsamen Ereignissen, glaube ich Ihnen, Herr Clayton. Sonst wäre ich wohl ein überaus großer Dummkopf.«

Mir fiel ein Stein vom Herzen. Mit Berger und Zink an meiner Seite, konnte ich mich glücklich fühlen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn Giller das Sagen gehabt hätte.

Berger überreichte mir eine Visitenkarte.

Cool! Eine Visitenkarte vom Geheimdienst, dachte ich. Ob ich sie geheim halten muss?

»Ach, noch etwas Herr Clayton.« Ich hörte ihm wieder aufmerksam zu. »Verdrücken Sie sich nicht! Ich finde Sie, darauf können Sie sich verlassen, und dann behüte Sie Gott.«

Warum sollte ich das tun? Aber irgend so eine oder andere Bemerkung musste ein Geheimagent wohl loswerden.

»Dann werde ich mal gehen«, sagte Berger.

»Äh ... okay.«

Berger stand auf und ging an die Bar. Ich folgte ihm schnell. Jennifer sah erwartungsvoll zu mir herüber. Ich konnte ihr die Aufregung ansehen.

»Herr Clayton wird sich wieder mit uns in Verbindung setzen«, sagte Berger, als er seine Kollegen erreicht hatte.

»Nehmen wir ihn nicht mit aufs Revier?«, fragte Giller und machte einen verstörten Eindruck.

»Nein«, antwortete Berger höflich, »das ist nicht mehr nötig.«

Ich sah Giller an, dass er mit dieser Aussage nicht zufrieden war, dennoch gab er keine Widerworte.

Zink schien weniger überrascht zu sein. Er griff in aller Ruhe nach seinem Glas Wasser und trank es aus. Dann verabschiedeten sich Berger und Zink von mir und Jennifer. Giller schwieg.

Bevor sie die Bar verließen, ermahnte Berger mich nochmals: »Vergessen Sie nicht, mich anzurufen!«

»Wie kommt es, dass Berger dich einfach so gehen lässt?«, fragte Jennifer.

»Wir beide haben ein intensives Gespräch geführt«, antwortete ich.

Jennifer sah verwundert aus.

»Ich werde dir beim Essen alles erzählen«, sagte ich.

Sie nickte einverstanden.

»Übrigens, Berger und Zink arbeiten für den Militärischen Abschirmdienst.«

Jennifer machte große Augen.

»Oh!«, sagte sie erstaunt. »Bin gespannt, was du mir zu berichten hast.«

Andor - Reise durch das Weltentor

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