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Sie blinzelte und sah zuerst verschwommen und dann klar eine dreckige Zimmerdecke, die weiße Kalkfarbe blätterte in breiten Streifen von der Decke herunter und gaben den Blick auf roten Stein frei. Auf das und auf die herunterhängenden Spinnweben, in denen sich Flocken von Staub verfangen hatte. Die Kellerdecke erinnerte an einen Film, den sie im Kino gesehen hatte. Als wenn sie in einem Schloss von einem irren Grafen gefangen wäre. Victoria drehte die Augen nach rechts, die schmalen Kellerfenster waren mit sperrigen Holzbrettern vernagelt und Streifen aus grünlichem Licht fielen durch die Spalten und erzeugte lindgrüne tänzelnde Schatten auf alles, was es traf. Der Stummfilm hieß Nosferatu, war 1927 vor zehn Jahren gedreht worden, da war Vic siebzehn. Annie ihre Freundin erzählte nach der Kinovorstellung, dieser irre Graf lebte im Mittelalter hieß aber in Wirklichkeit Bram Stoker und war Engländer. Komisch jetzt fiel ihr der Name des Films ein. Aber so ging es ihr oft, erinnerte sich nicht an Sachen, Namen oder Gesichter und später fiel es ihr plötzlich ein. Dann, wenn sie es längst nicht mehr brauchte, wie der Name von dem Film. Warum nannte er sich Nosferatu, Bram war ein guter Name der Nachname war nicht so gut Stoker, dachte sie. Irre Grafen hießen im Kino immer ausländisch wie Dracula und Frankenstein oder Nosferatu, und seit Japan China angegriffen hatte und nach Hongkong schielte irgendwie japanisch. Englische irre Grafen gab es seitdem Mittelalter nicht mehr, waren ausgestorben, wie die Dinosaurier, wie sie, wenn sie nicht bald hier raus kam. Victoria konnte ihren Kopf kaum bewegen. Um ein größeres Stück aus dieser Welt zu sehen, musste sie ihre Augen hin und her rollen und das gab ihr ein Gefühl als platze ihr der Schädel. Als zerreißen ihre Sehnerven, wie überlastete Stahlseile Strang für Strang. Sie blinzelte, die Panik kehrte zurück die Erinnerung an einen Kinofilm hatte das Mädchen kurz abgelenkt. Sie wünschte sich sie hätte öfters ins Kino gehen können würde sie auch tun Louis hin oder her, wenn das Mädchen hier raus kam. Lieber Gott bitte bitte bitte Jesus heiliger Christophorus, bitte, wenn ihr mir helft, hier lebend herauszukommen gehe ich so oft ins Kino wie ihr es wollt. Sie hauchte das Gebet in die eisige Kälte, das Mädchen hatte Angst und ihre Zähne schlugen im Takt der Todesangst aufeinander. Klack klack klack klack und Victoria konnte nicht das Geringste dagegen tun. Sie kannte die Angst aber alles vorher war Nichts im Vergleich zu dem Grauen hier. Es war nicht spät gestern, sie hatte einen Drink in einer Bar und ging los, um nach dem Geld zu suchen. Ohne Geld würde Louis sie übel verdreschen, kein Freier würde sie in der nächsten Woche ansehen und das Spiel ging von vorne los. Nein Victoria brauchte zwei Pfund, brauchte Geld um ihn ruhig zu stellen und zu verhindern, dass er sie verprügelte und Beschimpfte als sei er verrückt: Ha als wäre, er war es. Es regnete gestern Abend in Strömen die ganze Zeit pladderte Wasser auf sie als wolle der Himmel die Huren auf den Straßen ertränken. Sie trug nur ein dünnes blaues Wollkleid und das war durchnässt, sie war durchnässt und brauchte das Geld. Victoria suchte Schutz vor dem Wind und der Nässe unter den nach Pisse stinkenden Pfeilern der U-Bahn Brücke Aldgate vierzig Meter vom erleuchteten U-Bahn Eingang entfernt. Zwei andere Mädchen standen tiefer in dunkle Schatten gehüllt unter dem stinkenden Viadukt, ihr hexenhaftes Gekreische schallte verstärkt von den Eisenpfeilern und der Backsteinmauer zu ihr. Es hatte zunächst wie ein Glücksfall ausgesehen, der Mann, der aus dem Auto stieg, sah gut aus, ein pummliger Mann wie ein Buchhalter und das Beste war er trug teure Kleidung. Keiner dieser betrunkenen groben Mistkerle, die alles begrapschten und blaue Flecken hinterließen egal, was ihre Hände berührten. Grölende Misthaufen, die wenn die Pubs geschlossen hatten die Straßen in Gruppen bevölkerten und manchmal eines der Mädchen beraubten. Stinkhaufen, die manchmal zu viert nebeneinander unter dem Viadukt standen und lachend an die Backsteinmauer pissten, bis der Urin auf den Gehweg lief und sie einfach durch marschierten als spazierten sie durch Regenwasser. Er druckste verlegen herum, war knallrot im Gesicht und fragte mit sanfter Stimme, wie viel es kosten würde in einem Hotel. Er wirkte richtig unschuldig und seine abstehenden Ohren waren noch röter als seine Wangen. Er sah auf den Boden, als gehe er nie zu einer Hure. Victoria sah, dass er seine Schuhe geputzt hatte, das Laternenlicht von draußen reflektierte sich in den schwarzen ledernen Schuhkappen. Sie mochte Männer mit sauberen Schuhen, Männer die ihr Schuhwerk pflegten behandelten Frauen nicht wie Fleisch. Sie streichelte mit ihrer Hand über seine Brustwarze und nannte ihm den Preis, zwei Pfund. Er nickte zog sein Portemonnaie und gab ihr das Geld in zerknitterten schweißfeuchten Scheinen. Victoria dachte aus dem Portemonnaie und aus dem Buchhalter ist noch mehr zu holen und folgte ihm mit einem Lächeln und koketten Hüftschwung zu seinem blauen Auto. Dort unter dem Laternenlicht am Straßenrand vierzig Meter vom U-Bahn Eingang entfernt sah sie das erste Mal in seine Augen, er mochte süß gewirkt haben doch seine Augen waren alles andere als süß. Es waren die Augen eines hungrigen Wolfes der Beute sieht, sie kannte solche Augen. Louis hatte solche glitzernden polierten Kieselstein Augen, wenn er das Geld aus ihren Händen riss und mit seinen rot geäderten Glupschaugen starrte als habe das Morphium und Heroin ihn verrückt gemacht. Freitag war ein guter Tag in Whitechapel. Freitags bekamen die Männer aus den Fabriken und den Schlachthöfen ihr Geld. Jetzt, hier dachte Victoria sie hätte nicht mit ihm zum Auto gehen sollen hätte warten können schließlich war gestern Freitag, noch nicht einmal zehn Uhr die Pubs, aus denen das Gebrüll der Besoffenen kam, hatten noch nicht geschlossen. Sie dachte sie hätte sich stärker wehren sollen, als er ihr ein Tuch auf den Mund presste und sie wegknickte als habe er die Beine unter ihr weggetreten. Sie hätte schreien sollen, als der Kofferraumdeckel mit einem Knall über ihr geschlossen wurde. Victoria blinzelte die salzigen Tränen, die aus ihren Augenwinkeln heraus tropften und die Wange entlang rollten kitzelten und sie konnte sich nicht kratzen. Und sie konnte nicht schreien aus Angst der Mann mit den Wolfsaugen kommt zurück. Klaren Kopf behalten Mädchen, einen klaren Kopf es wird nicht schlimm, wenn du mitspielst, betete sie wenig überzeugt. Das Mädchen war in einem muffig riechenden Keller und starrt an die weiß getünchte Kellerdecke. Mit aller Kraft gelang es ihr den Kopf zu heben und sich umzusehen, zu erkennen, dass sie entsetzlich nackt war. Sah die Gänsehaut und die dünnen blonden Härchen auf ihren Armen. Ihre dünnen Arme mit den blauen Adern sind an eine Liege, ein Ding wie es die Ärzte benutzen gebunden ihre Beine sind ebenfalls gefesselt und weit gespreizt. Gefesselt, gespreizt und gebogen, dass die Muskeln fast reißen. Victoria spürt, wie sich ihr trockener Mund von alleine öffnet und kann den Schrei der brennend aus ihrem panisch schlagenden Herzen kommt nur unterdrücken, indem sie sich auf die Zunge beißt. Vor der Liege, auf einem Stativ, das Objektiv wie ein riesiger widerlicher Phallus auf sie gerichtet steht, eine Kamera. Aus dem Augenwinkel sieht das Mädchen das die Wand mit Fotografien behängt ist, Fotografien von Toten und von Lebenden. Victoria kann nicht sagen, ob sie eine der Frauen auf den Fotos erkennt, sie hat ihre Brille nicht auf. Über den Fotos hängen schwarze ausgebreitete Schwanenflügel, die langsam verrotten. Ein Berg langer schwarzer Schwanenfedern liegt auf dem Boden. Sie dreht unter höllischen Schmerzen den Kopf nach rechts. Neben der Liege steht ein ramponierter Schreibtisch, auf dem ein Messer und Schraubenzieher und ein Schlauch liegen. Mehrere Kerzenstummel sind aufgeklebt und haben große Flecken getrockneten Wachses auf der Tischplatte hinterlassen als brannten dort Hunderte Kerzen, als wäre der Tisch sein Altar der Raum seine Kathedrale. Eine Axt mit Holzschalengriff und einer abgerundeten Klinge, wie sie Fleischer benutzten um Knochen durchzuhauen steckt in einem Holzklotz, der mit braunroten Flecken bedeckt war. Daneben liegt etwas das wie eine mumifizierte Hand aussieht. Der Schrei, der sich in ihr aufbaut und ihr die Luft zum Atmen nimmt, ist lautlos und gellt in ihrem Hirn, lauter als alles, was Victoria bisher gehört hat. Alle hatten die Gerüchte mitbekommen, die auf der Straße die Runde machten, Frauen waren wie vom Erdboden verschluckt. Am Abend standen sie noch auf der Straße und eine Stunde später verlor sich jede Spur. Victoria schreit lautlos und zerrt und reißt mit aller Kraft die sie aufbringen kann an den Fesseln die ihr tief und brennend ins Fleisch schneiden. Es fühlt sich an als säge ein Holzfäller Fleischspäne aus ihr. Sie denkt, dabei kann ich nicht mitspielen das ist kein normaler Irrer keines der Arschlöcher, das einem später am Leben lassen würde. Sie versteht die Angst die Tiere dazu treibt sich die Pfoten abzubeißen, um aus einer Falle zu fliehen. Sie hat dieselbe Angst denn das ist einer über den in den Zeitungen steht er ist ein Schreckgespenst er hat nicht vor sie zu vergewaltigen und dann gehen zu lassen. Der Mistkerl bezieht seine Befriedigung aus den Schmerzen den er anderen zufügen kann. Er kicherte, ein kleines bösartiges Kichern als stehe ein Kobold und kein Mensch hinter ihr. So klang Louis, wenn er den anderen Mädchen erzählte, was er mit ihnen macht, wenn sie versuchen abzuhauen oder viel schlimmer noch, zu den Bullen liefen. Jeder Muskel, Muskeln von den sie nicht wusste, dass sie existierten zittern. Deutlich hört sie die platschenden Schritte des Irren, der über den Steinboden durch den Keller latscht und sich in seinem verdrehten Hirn ausmalt, was er Furchtbares mit ihr anstellen kann.

Ians Hand streichelte zärtlich im vorbei gehen die Kamera. Wenn es etwas auf dieser Welt gab, dass er liebte, dann war es dieses künstliche Auge, das alles schön machen konnte. Er hatte nicht viel im Leben bis auf die Fotos und seine Träume und diesen Keller. Wenn sie es wüssten, die würden nicht mehr lachen. Sie Lachten über ihn, wenn er die Straßen entlangging. Er spürte die Verachtung, die sie ihm entgegen schleuderten, die Herablassung tief in seinen Knochen. Alle dachten er sei Dreck und nichts wert. Darum konnte er niemanden in die Augen sehen und starrte auf seine Schuhe. »Schwänlein Schwänlein warum willst du kein Entlein sein?«, sang er mit heiserer Stimme und zog sich, auf das gefangene Schwänlein starrend ungeduldig aus. Er war wütend sein ganzer Körper zitterte vor Hass und Wut und seiner Gier sie schreien zu lassen damit es ihm besser ging. Er fühlte was für ein ausgebuffter was für ein gigantischer Mann er sei. Ian, schleuderte mit dem linken Bein die Hose und Unterhose weg. Mit Ehrfurcht und Angst sah er kurz auf seinen Penis und starrte wieder sie an. Kleines dreckiges Miststück, wie alle dreckigen Huren er würde ihr das lachen schon austreiben. Ian war speckig, seine Brüste, in deren Brustwarzen er jetzt schmerzhaft kniff, waren zwei Speckwülste, die herabhingen. Ha sollten sie Lachen, hier unten war es nur einer der Lachte. Er hatte rote Haare und einen Topfhaarschnitt und Ians Haut war, blass als litte er an Anämie oder als lebe er unter der Erde. Er setzte seine große, altmodische Brille ab und legte sie, auf den Tisch auf dem das Spielzeug lag. Wenn das Miststück schrie, sich vor Schmerz wand und winselte würde sich sein Penis aufrichten. Und wenn er sie zum Schweigen gebracht hatte, er zog die buschigen roten Augenbrauen zusammen würde er die Teile ins Badewasser tun und ein erfrischendes Bad nehmen. »Schwänlein Schwänlein warum willst du kein Entlein sein?« Er starrte auf den festgebundenen Körper und fragte sich, wie viel Schmerz sie aushalten würde, mehr als die anderen Huren? Ehrfürchtig nahm er eine braune Ledermaske vom Tisch, die wie ein lederner Kartoffelsack aussah und mit stümperhaften Nähten zusammengehalten wurde, und setzte sie wie eine Krone auf und zog sie von wohligem Schauer überzogen auf seinen kleinen eiförmigen Kopf. Er würde sie zum Schreien bringen, er freute sich auf das Spektakel freute sich auf die Panik in ihren Augen, wenn er mit der Zange ihre Brustwarzen malträtieren würde. Er fühlte sich, als ob er bis untere Decke wachsen würde als würde er die Welt von oben sehen. Die Wut macht ihn riesig. Die Wut und der Hass, die er nur hier zeigen und herauslassen konnte in seinem Königreich der Schwäne. Er steht über ihr und schaut ihr ins Gesicht. Er lächelt und in diesem Lächeln und in seinen kalt glitzernden Kieselstein Augen ist sein ganzer Irrsinn gezeichnet kalt und scharf und sabbernd und unglaublich arrogant.

»Bitte, Bitte, bitte ich, will nicht sterben Bitte Bitte Mister.«

Seine Erwiderung war ein Lachen so bösartig das die ohnehin kalte Temperatur in dem Keller tatsächlich spürbar abnimmt. Ihr Körper ist mit einer Gänsehaut überzogen. Sie weint und das scheint ihm zu gefallen ihn zu erregen. Er springt, nackt Victoria denkt noch, warum ihm nicht kalt ist, sofort hinter die Kamera und verschwindet unter dem Tuch. »Eins zwei drei das Vögelchen kommt«, säuselt der Irre unter der hässlichen braungelben Ledermaske. Ein grelles weißes Blitzlicht zischt auf und brennt wie Säure in ihren Augen. Er hält diesen Moment der Erkenntnis was ihr bevorstehen wird fest. Er liebt die Fotos von panischen weit aufgerissenen Augen. Er denkt es wird ein schönes Foto von ihr an der Wand werden. Halb von der Kamera verborgen durch dessen Linse er starrt und sabbert, wirkt er wie eine kopfloses fette Made.

»Es wird dir wehtun, sehr wehtun, nur wenn du still bist und keinen Mucks machst, werde ich dich leben lassen. Ich werde dich, wenn ich mit dir fertig bin, dahin bringen, wo man dich findet und in ein Krankenhaus bringen wird, nur wenn du still bist.«

Victoria dachte, das diese sanfte Stimme richtig gebildet klang, wäre nicht dieses schreckliche Kichern das seine Sätze begleitet.

»Ich habe meinen eigenen Traum mein Schwan und ich träume, seit ich ein Kind bin vom Schlachten.«

Er betont das Wort Schlachten liebevoll, als verbinde er mit dem Zerhacken und Zersägen und Schneiden Erinnerungen an wunderbare Erlebnisse. Sie sein Opfer, Victoria Atwell betonte das Wort Stockton on Trent ähnlich liebevoll, dort wollte sie sein im Haus ihrer Eltern zusammen mit der Schwester und deren Ehemann, dort! Nicht in diesem graurotem Steinungetüm London, nicht im Bauch eines Hauses das solche Monster gebiert. Sie fröstelt und der Blick der aufgerissenen Augen wird magisch von den schwarzen Schwingen an der Kellerwand angezogen. Victoria sieht nicht länger das, was er zu sein scheint, sondern das Spiegelbild eines kleinen bösen Mannes, der die Welt hinter einer biederen Maske aus Fleisch und Knochen und guter Kleidung anstarrt und sich lächelnd ausmalt, die Menschen zu zerreißen. Eine spießige Maske, die er nur hier in diesem Folterkeller abnehmen kann. Nur hier und hinter einer Fotokamera hat er das Gefühl jemand zu sein. Nur hier hat diese jämmerliche nackte Kreatur mit den Speckwülsten das Gefühl Macht auszuüben, Macht zu besitzen. Sie starrt ihn an, das Atmen schmerzt die Angst hat sie wie betäubt. Alte und frische Narben bedecken seinen Brustkorb und jetzt steht er mit den kalten leuchtend blauen Augen da und fügt sich Schmerzen zu. Zieht sich langsam die Klinge seines Messers über seine zernarbte Brust, aus deren Schnitten sofort das Blut rinnt, während er lacht, und mit seiner blutigen pummligen Hand nach seinem baumelnden Schwanz greift und laut und hysterisch lacht. Victoria denkt, wie ungeheuer verrückt sein Lachen klingt.

»Wenn du tapfer bist, mein Schwan, wenn du mucksmäuschenstill bist, lass ich dich Fliegen, aber machst du ein einziges Geräusch schneide ich dir die Zunge heraus und lass dich zusehen, wie ich sie esse«, sagte Ian. Er gab sich keine Mühe beim Lügen und fragte sich gerade, wie Menschenfleisch schmecke.

Gesang der Schwäne

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