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Einleitung

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Was brauchen Kinder und Jugendliche von ihrer Schule? Ein Klima, in dem sie lernen und wachsen können, vertrauensvolle Beziehungen mit Menschen, die an sie glauben, unterstützende Gemeinschaften sowie Herausforderungen, die ihrer Reife und ihren Interessen entsprechen und durch die sie lernen, eigenständig zu denken, sich mit anderen auszutauschen und zu handeln. Und sie sollen die Gelegenheit bekommen, jene Kompetenzen zu erwerben, die sie in ihrem Erwachsenen- und Berufsleben lebens- und arbeitsfähig machen.

Arbeitskräfte von morgen müssen nicht standardisiertes Wissen abrufen können. Es reicht auch nicht mehr aus, Produktionsroutinen blindlings zu beherrschen, wie dies in einer überwiegend landwirtschaftlichen und industriellen Gesellschaft noch verlangt wurde. Jugendliche müssen sich heute keine Stelle fürs Leben mehr suchen, sondern sich durch Individualität und kreatives Gestaltungsvermögen eine Startposition in einer Berufswelt sichern, die ganz anders funktioniert als noch eine Generation davor. Das zunehmende öffentliche Interesse an der Leistungsfähigkeit der Schule veranlasst politische wie wirtschaftliche Entscheidungsträger zu Reformen. Die in den letzten Jahren geschaffenen Steuerungsinstrumente, wie das Gestalten neuer, kompetenzorientierter Lehrpläne, lenken die Schule weg vom ehemaligen Auftrag einer kanonischen Wissensvermittlung hin zur deutlich vielschichtigeren Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler auf die selbstständige Lösung komplexer, sich schnell ändernder Situationen vorzubereiten, wie sie ihnen später im Leben begegnen. Sie sollen lernen, kompetent zu handeln.

Bildung ist ein Menschenrecht. In Deutschland wird es mittels Schulpflicht durchgesetzt, in anderen europäischen Ländern wie der Schweiz und Österreich, zumindest teilweise, durch Unterrichtspflicht. Der Anteil von Kindern, die zu Hause oder in alternativen Schooling-Systemen unterrichtet werden, ist verschwindend klein. Es ist also in erster Linie die (öffentliche) Schule, die Kinder und Jugendliche beim Kompetenzerwerb unterstützen muss. Entsprechend sind Politik, Bildungsverantwortliche, Institutionen und Lehrbeauftragte gefordert. Es braucht passende Unterrichtsmethoden, Bildungszielsetzungen und Lehrpersonal, das über eine dialogische Beziehungshaltung und über das Know-how kompetenzorientierten Lehrens verfügt.

Kompetenzorientierung erfüllt nicht nur wirtschaftliche und gesellschaftliche Voraussetzungen, sie dient – und das ist hier zentral – Kindern und Jugendlichen in ihrem natürlichen Lernprozess. Kompetenz mag als Begriff durch undurchsichtige politische Steuerungsprozesse und populistischen Journalismus zu einer leeren Formel geworden sein. Wer sich aber frei von bildungspolitischen Zwängen darauf konzentriert, was Kinder und Jugendliche nun wirklich von ihrer Schule brauchen, was sie also in ihrer Entwicklung unterstützt und sozial wie intellektuell weiterbringt, stößt auf genau dies: auf kompetenzorientiertes Lehren und Lernen. Der Mensch lernt von Geburt an durch eigenen Antrieb, durch Nachahmen und vor allem durch Handeln. Was er braucht und ihm die Gesellschaft – und damit auch die Schule – schuldet, sind die nötigen Anreize und Handlungsmöglichkeiten. Ein Kind soll nicht unbedingt bekommen, was es will. Aber es muss von der Schule zwingend bekommen, was es braucht.

Schule dient also immer der Gesellschaft ihrer Zeit und dem Kind selbst. Sie muss ein Lernumfeld bieten, das seiner Entwicklung sowie dem Menschenrecht nach Bildung gerecht wird. Dieses Buch spannt einen Bogen von Forderungen der Gesellschaft respektive der Arbeitswelt an die Schule zu einer Übersicht kindlicher Entwicklungsbedürfnisse und zu Erkenntnissen der modernen Hirnforschung über effektives Lernen. Von oben verordnetes, kompetenzorientiertes Lehren und Lernen kann bestens funktionieren – nämlich von unten, aus dem Lernbedürfnis der Kinder und einem darauf abgestimmten Lehrverständnis heraus. Voraussetzung ist, dass sich Lehrpersonen nicht nur als Wissensvermittler, sondern auch als Lernbegleiter oder -coach verstehen.

Dieses Buch soll Schulen Mut machen, hinzuschauen, umzudenken und Veränderungsprozesse beherzt anzupacken. Es geht nicht nur um die Handlungsfähigkeit von Kindern und Jugendlichen, sondern auch um diejenige der Lehrpersonen und Schulleitungen. Das Buch enthält einen Kompetenzatlas, mit dem sich kompetenzorientierter Unterricht konkret gestalten lässt. Das Buch dient Lehrpersonen als Orientierungshilfe auf dem Weg zu einer zeitgemäßen Schule, die ihren Auftrag der modernen Dienstleistungsgesellschaft erfüllt und zugleich den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen gerecht wird.

Hokuspokus Kompetenz?

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