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AEinleitung: Entdecken, arbeiten und lernen mit diesem Buch

Wofür sich Medienlinguistik interessiert, wie sie vorgeht, zu welchen Ergebnissen sie gelangt und was dies der Wissenschaft und der Praxis bringt – damit befasst sich dieses Buch. Das Lehrmittel verortet die Medienlinguistik als eine Teildisziplin der Linguistik, erfasst systematisch das Besondere des Sprachgebrauchs im Umfeld publizistischer Medien und schlägt die Brücke zum medienlinguistischen Wissenschaftsbetrieb. In seinen fünf Teilen führt das Buch ein in das Vorgehen, den Gegenstand und den Fachdiskurs der Medienlinguistik:

 Der Teil A umreißt das Thema und erklärt die Logik des Buchs. Wer diesen kurzen Teil ganz durcharbeitet, kann später zum Beispiel die Querbezüge zwischen Theorie und Praxisfällen besser nutzen.

 Der Teil B beschreibt Medienlinguistik als wissenschaftliche Teildisziplin mit eigenem Gegenstand, eigenen Erkenntnisinteressen und typischer Methodik.

 Der Teil C erklärt den Sprachgebrauch in medienvermittelter öffentlicher Kommunikation systematisch aus drei Blickwinkeln: Sprachumwelt, Sprachfunktion, Sprachstruktur.

 Der Teil D schlägt die Brücke vom gedruckten Einführungsbuch zu exemplarischen Projekten und zum laufenden Fachdiskurs, greifbar im Internet >> www.medienlinguistik.net und darüber hinaus.

 Der Serviceteil E zeigt, wie die Sprachdaten dieses Buchs transkribiert wurden, beschreibt die Datenkorpora und verzeichnet die Fachbegriffe und Quellen.

Der Bogen spannt sich also vom Profil über den Gegenstand bis zum Nutzen der Medienlinguistik, zur Anwendung medienlinguistischen Wissens in den forschenden Disziplinen und der beforschten Berufspraxis. Während das Buch so das Hauptthema Medienlinguistik möglichst weit fasst, stellt es beim Teilthema Mediensprache scharf auf journalistische Textproduktion. Diese Produktionsperspektive wird in den anderen Einführungen kaum bezogen. Bislang wenig diskutiert wurden auch das wissenschaftliche Profil der Medienlinguistik und ihre Bedeutung für die Kommunikationspraxis und den Forschungsbetrieb.

Die MEDIENLINGUISTIK richtet sich an Studierende der Linguistik und der Kommunikations- und Medienwissenschaft, die sich interessieren für Theorie und Praxis des sprachgebrauchs in medialer öffentlicher Kommunikation – weil sie zum Beispiel eine reflektierte Tätigkeit in Kommunikationsberufen anstreben.

Das Buch eignet sich zur Vor- und Nachbereitung von Lehre an der Hochschule, aber auch zum Selbststudium. Die Lehr-/Lernziele umfassen • Wissen, • Methoden und • Haltungen – also auch die Fähigkeiten, medienlinguistisches Wissen anzuwenden und einzuschätzen:

 Wissen: Sie verstehen den Sprachgebrauch im Zusammenhang mit publizistischen Medien als Schnittstelle kognitiver und sozialer Praktiken.

 Methoden: Sie können Werkzeuge der Medienlinguistik anwenden, um Kommunikation zu analysieren, zu reflektieren und zu optimieren.

 Haltungen: Sie entwickeln eigene, begründete Einstellungen zum wissenschaftlichen und praktischen Nutzen medienlinguistischer Reflexion.

Was das bedeutet? – Dazu als Kostprobe ein erster praktischer Fall (Kapitel A|1) und ein theoretisches Werkzeug (A|2) samt Aufgaben (A|2|?a?d), dann der Blick auf das didaktische Konzept (A|3), auf das ganze Lehrmittel (A|4) und darüber hinaus (A|5).

Zur Kennzeichnung der Kapitel in den Überschriften und Querverweisen: Die fünf Teile des Buchs sind mit Großbuchstaben gekennzeichnet, die Kapitel und Unterkapitel mit Ziffern, die Aufgaben mit Fragezeichen und Kleinbuchstaben. A|2|?c ist also die Aufgabe c in Kapitel 2 des Teils A.

A|1Zum Beispiel der Fall RISIKEN

„The situation is serious and we do have to take some risks.“ – Diese Worte gehen als Zitat des EU-Ratsvorsitzenden Josep Piqué um die Welt. Piqué hat so etwas Ähnliches gesagt, während einer Medienkonferenz, in einer langen Antwort auf eine lange Frage eines Journalisten. Übersetzer, Nachrichtenagenturen und Medienredaktionen haben dann aber die Äußerung in immer neue Zusammenhänge eingebettet.

Dabei hat sich der Sinn der Äußerung verändert: In einer Meldung der Nachrichtenagentur Associated Press zum Beispiel scheint sich Piqué mit den „Risiken“ auf schnelles Handeln zu beziehen (_1), bei der DEUTSCHEN Presse-Agentur darauf, hilflos zu wirken (_2), und bei REUTERS darauf, einen bestimmten Machthaber vielleicht nicht treffen zu können (_3):

Derweil betonten die EU-Außenminister ihre Entschlossenheit zu schnellem Handeln: „Die Situation ist ernst, wir müssen Risiken eingehen, und dazu sind wir bereit“, sagte der spanische Außenminister […] Joseph Piqué.

_1Piqués Äußerung, wiedergegeben von ASSOCIATED PRESS. Quelle: ap_020404_0703

So will die EU zunächst vor allem zur Beruhigung beitragen – mit allen reden, die dabei helfen können, wie Solana sagt. Ohne Vorbedingungen, auch wenn das hilflos wirkt. „Wir müssen Risiken eingehen“, meint der Ratsvorsitzende Piqué.

_2Piqués Äußerung in einer Meldung der DEUTSCHEN PRESSE-AGENTUR. Quelle: dpa_020404_1157

Piqué räumte ein, noch sei unklar, ob Israel es der Delegation ermöglichen werde, mit Arafat zu sprechen. „Wir müssen Risiken eingehen.“ Davon hänge ab, wie hochrangig die EU-Delegation sein werde.

_3Nochmals Piqués Äußerung, in einer Meldung von REUTERS. Quelle: rtr_020404_0126
Zur Herkunft der Sprachdaten in den Fallstudien: Die Textkette zur EU-Meldung (_1 bis _3) wurde untersucht für SWISS VIRTUAL CAMPUS (Perrin, Dörig, & Vervoort, 2005). Auch alle anderen Analysebeispiele in diesem Buch greifen zurück auf Sprachdaten aus Forschungsund Transferprojekten: Die Radio-Beispiele stammen aus dem Forschungsprojekt STRATEGIEN DER NACHRICHTENPRODUKTION für das Schweizer Bundesamt für Kommunikation BAKOM (Perrin, 2001b). Die Fernseh-Beispiele gehen zurück auf ein Beratungsprojekt, ausgewertet in der Vorstudie des NATIONALFONDS-Projekts IDÉE SUISSE (Teil D|1 in diesem Band). Die Print- Beispiele entstammen einem ethnografischen Projekt zum redaktionellen Qualitätsmanagement (D|2). Alle Sprachdaten wurden von den Beforschten zur Publikation in diesem Lehrmittel freigegeben. Die Datenkorpora sind beschrieben im Anhang (E|1) und abrufbar im Internetangebot zum Buch: >> www.medienlinguistik.net

A|2Zum Beispiel der Begriff Rekontextualisieren

Die Redaktionen haben die ursprüngliche Äußerung des Außenministers Josep Piqué so verarbeitet, dass der Wortlaut bleibt, der Sinn aber sich ändert. Sie haben die Äußerung rekontextualisiert (_1). Das bedeutet: Sie haben einen Text (_3) in einen neuen Kontext (_2) gestellt.

Rekontextualiseren: sprachliche Tätigkeit, bei der ein Textteil aus einem früheren Textumfeld und Kommunikationszusammenhang herausgelöst und neu eingebettet wird, was den Kontext beim Verstehen ändert.

_1R. wird in der Medienlinguistik ausführlich diskutiert. ■ Ekström, 2001 beispielsweise stellt fest, dass viele Äußerungen von Politikern in Fernsehnachrichten so rekontextualisiert sind, dass die Kommunikationsabsicht der Quelle kaum mehr auszumachen ist.
Dieses Buch arbeitet durchgehend mit solchen Arbeitsdefinitionen (schwarz hinterlegt) und Diskursverweisen (klein gedruckt darunter). Die Definitionen erfassen medienlinguistisch zentrale Fachbegriffe möglichst einheitlich, dicht und anschlussfähig. Die Fachbegriffe sind zusammengestellt im Glossar am Ende des Buchs (E|4). Die Diskursverweise sind knapp gehalten, weitere sind im Internet-Glossar aktuell abrufbar.

Kontext: dynamische Umwelt, auf die sich Äußerungen beziehen, wenn sie verarbeitet werden.

_2Der K. ist dynamisch: Er entsteht und verändert sich beim Herstellen und Verstehen sprachlicher Äußerungen. Je mehr man von einem Text oder Gespräch bereits verarbeitet hat, desto mehr Wissen daraus kann mit einfließen in die Wahrnehmung der weiteren sprachlichen Äußerungen und der Kommunikationssituation. ■ Diese Dynamik des K. betonen etwa Drew & Heritage, 1992, Fritz & Hundsnurscher, 1994, Roberts, 2003, Feilke, 2003, 219, González Rodríguez, 2006 oder Kecskes, 2008. ■ Catford, 1965 oder D. Franck, 1996 unterscheiden den K. und den (statischen) Kotext – den Text vor und nach einer bestimmten Textstelle. ■ Tracy, 2012 beschreibt die „newsphere“ als K. journalistischer Nachrichten.

Text: fixierter sprachlicher Zeichenkomplex, der gemeint und verstehbar ist als sinntragende Einheit.

_3Ein T. ist gemeint und verstehbar als Einheit mit kommunikativem Sinn und eigenem Thema. Er hängt in sich stark zusammen und ist nach außen abgegrenzt. Je nach Theorie besteht er aus Zeichen aller Art, aus fixierten Zeichen, sprachlichen Zeichen, fixierten sprachlichen Zeichen oder schriftsprachlichen Zeichen. Hier gilt: Ein T. besteht aus fixierten und primär sprachlichen Zeichen. Piqués gesprochene Äußerung, eine Antwort auf die Frage eines Journalisten in einer Medienkonferenz, ist also nach dieser Definition kein T.; eine Aufzeichnung oder Niederschrift der ganzen Antwort dagegen ist ein T., und die Agenturmeldungen dazu sind ebenfalls Texte. Mehr dazu im Kapitel zur Textebene (C|3.4).

Die nächsten Seiten bringen vier Aufgaben zur Rekontextualisierung: zuerst eine Aufgabe zum Fall RISIKEN mit der Äußerung von Piqué, dann drei Aufgaben zu Fällen, die das Buch später vertieft.

A|2|?aFall RISIKEN: Hinter die Oberfläche

Die Äußerung von Josep Piqué in der Agenturnachricht ist nicht die Äußerung von Piqué in der Medienkonferenz. Jede Wiedergabe rekontextualisiert die ursprüngliche Äußerung. Hier sehen Sie zwei Rekontextualisierungen der Äußerung von Piqué: eine Niederschrift der Interviewantwort und eine Wiedergabe in einer Agenturnachricht (_1).

▶ Worin unterscheiden sie sich? Finden Sie die Unterschiede, zuerst hier und dann mit der deutschen Übersetzung. >> www.medienlinguistik.net

Was der spanische Außenminister nach der EU-Sonderkonferenz vom 2. April 2002 sagte:Was der spanische Außenminister nach der EU-Sonderkonferenz vom 2. April 2002 sagte:
Vamos a ver. Yo creo que todo el mundo puede entender que la visita del presidente Aznar tiene que … pues tener unas … unas condiciones determinadas. Pero creo que todo el mundo puede estar de acuerdo también en que hay muchos interlocutores, mucha gente con la cual hablar, mucha gente con … a la cual transmitirle los mensajes de la Unión Europea, y creo que no debemos desperdiciar esta oportunidad. En este sentido tiene razón y es que la posibilidad de ver al presidente Arafat pues va ser una posibilidad en el tiempo lejana. Debemos por tanto evitar cualquier tipo de contacto con los diferentes interlocutores de la zona. Esto es el planteamiento que nos estamos haciendo, planteamiento si se quiere pragmático, práctico, pero que nos parece que puede ser útil, conscientes de los riesgos que todos corremos; pero es cierto también, que la situación es suficientemente grave como para que asumamos determinados riesgos.Wir müssen Risiken eingehen.
_1Äußerung (links) und Wiedergabe (rechts). Quelle: ebs_020403_2300 und dpa_020404_1157
Zu allen Fällen sind elektronisch gespeicherte Daten abrufbar: Transkripte, Produktionsdaten, Scans, Audio- und/oder Videodateien. >> www.medienlinguistik.net

A|2|?bFall WAHLKAMPF: Bruchstück einkopiert

Eine zweite Aufgabe zur Rekontextualisierung, ein weiterer Denkanstoß zum Einstieg in die Medienlinguistik: Ein Rundfunkjournalist löst zwei Ausschnitte aus der Wahlkampf-Rede eines Österreicher Lokalpolitikers und baut sie in den Anfang eines eigenen Beitrags ein (_1). Der erste dieser Ausschnitte (Akteur A1, Zeile 13) lautet „sehr geehrter Herr Landeshauptmann-Stellvertreter“, daraufhin ordnet der redaktionelle Sprecher die Äußerung ein (Redaktioneller Sprecher R, Zeilen 14–18).

▶ Wie empfinden Sie die Äußerung des Politikers im Licht dieser redaktionellen Einordnung? ▶ Auf welche sprachlichen Mittel führen Sie Ihren Eindruck zurück?

13A1:sehr geEHRter herr LANdeshauptmann stell Vertreter
14R:der SP-BÜrgermeister der geMEINde
15be↓ grüsst die honora tiONen
16es gehe_um MENschen·!NICHT! um AKtien
17meint_er weltgewandt
18und DAher solle man SP wählen•(•)
_1Fall WAHLKAMPF, Quote und Einordnung. Quelle: sr_echo_980319_1800_wahlkampf_1. Den Fall Wahlkampf greift das Buch wieder auf im Kapitel zur Progressionsanalyse (B|3.2).
Notiert sind die meisten Transkriptionen nach den Regeln des Gesprächsanalytischen Transkriptionssystems GAT (Selting, et al., 1998; Selting, et al., 2009). Die verwendeten Zeichen sind im Anhang zusammengestellt (E|2).

A|2|?cFall FLUGHAFEN: Vorweg werten

Nächste Aufgabe, zum Durchspielen oder Überspringen: Ein Flughafen, der wegen Fluglärms, hoher Kosten und fraglicher Marktperspektive öffentlich kritisiert wird, eröffnet ein neues Terminal. Zur Eröffnungsfeier sind die Medien geladen. Der Einladung folgt unter anderem das Team des Schweizer TV-Nachrichtenmagazins 10 VOR 10. Dieses Magazin will sich durch Infotainment, unterhaltsames Informieren, abheben von der TAGESSCHAU, dem klassischen Nachrichtengefäß des gleichen Senders.

Das Kamerateam gibt dem sichtlich stolzen Bauprojektleiter Gelegenheit, sein Werk im Detail vor laufender Kamera zu erklären. Diese Szene ist im fertigen Nachrichtenbeitrag fast 50 Sekunden lang zu sehen. Man erfährt zum Beispiel, dass die Sitzgruppen in den Warteräumen geschützt sind gegen Schläge von Putzmaschinen und eigens neu entwickelt worden sind.

▶ Welchen Eindruck können solche Darstellungen hinterlassen, je nachdem, ob dem Auftritt des Bauleiters die Einleitung (_1) oder die Einleitung (_2) vorausgeht? – ▶ Nennen Sie den Unterschied ▶ und begründen Sie ihn mit der Wahl der sprachlichen Mittel in den beiden Einleitungen.

02JÜRG ROSenber.(--) °h der LEIter des BAUprojektes?
03zeigt uns die EIenschaften des ebäudes.
_1Fall FLUGHAFEN, Variante 1 (Bearbeitung: DP). Quelle: sf_zvz_030121_2150_flughafen_rahmen
02JÜRG ROSenberg. (--) °hder LEIter des BAUprojektes?
03zeigt uns die SCHÖnen a↑ber ↑TEUren Eigenschaften des gebäudes.
_2Fall FLUGHAFEN, Variante 2 (Originalbeitrag). Quelle: sf_zvz_030121_2150_flughafen_rahmen. Den Fall FLUGHAFEN greift das Buch wieder auf im Kapitel zur Variationsanalyse (B|3.3).

A|2|?dFall RÄTSELTITEL: Auf den ersten Blick

Die vierte Aufgabe, nochmals zum Thema Rekontextualisieren: Die Tagespresse berichtet über Rinderwahnsinn. Ein Journalist des Schweizer TAGES-ANZEIGERS interviewt den Schweizer Landwirtschaftsminister. Die Zeitung druckt das Interview ab. Über dem Beitrag steht als Titel eine Äußerung in Anführungszeichen: „Kein Rindfleisch vor der Kamera“. Ein Bild zeigt groß Gesicht und Hand des gestikulierenden Ministers (_1).

▶ Welche Geschichte erwarten Sie im Text? ▶ Was denken Sie über den abgebildeten Minister? ▶ Auf welche schrift- und bildsprachlichen Mittel führen Sie Ihre Erwartung und Ihre Einschätzung zurück?


_1Fall RÄTSELTITEL, Quote und Geste. Quelle: ta_print_010215_07_rindfleisch. Diesen Fall greift das Buch wieder auf im Kapitel zur Metadiskursanalyse (B|3.4).

A|3Noch mehr Aufgaben – Das didaktische Konzept

Worum ging es bei diesen vier Aufgaben? – Viermal hatten Sie Problemlösungen aus der journalistischen Praxis einzuschätzen: Sie haben beschrieben, wie ein Text in einer bestimmten Situation auf Sie wirkt, haben diese Einschätzung auf sprachliche Mittel zurückgeführt und sich dabei auf Ihr bisheriges Wissen gestützt, zum Beispiel auf Ihr Alltagswissen als Mediennutzerin oder auf Linguistik-Grundwissen.

Dahinter liegt ein Grundmuster handlungsorientierter Didaktik: Zu einem bestimmten Problem gibt es unterschiedliche Lösungen. Deshalb sind Kriterien zu entwickeln, um die Lösungsvarianten einzuschätzen. Erst danach ist die passendste Lösung zu bestimmen und umzusetzen (_1):

SchrittDenkprozessBeispiel aus Aufgabe A|2|?C
1 ProblemZu einem bestimmten ProblemMit Nachrichten unterhalten
2 Lösungengibt es unterschiedliche Lösungen.Textakteur (nicht) wertend einleiten
3 KriterienSie sind nach bestimmten KriterienFairness? Unterhaltungswert? …
4 Bewertungeinzuschätzen. Dies führt zurLösung × ist fair, Lösung y unfair, …
5 EntscheidungWahl der passendsten Lösung.Lösung × passt
Einzubringen sind Wissen, Methoden, HaltungenAlltagswissen über TV-Magazine, …
_1Das Grundmuster der Aufgaben im Buch: Problemlösen, nach Dörig, 2003, 503 ff.

Nach diesem Grundmuster funktionieren alle Aufgaben im Buch. Im Lauf des Buchs werden sie aber anspruchsvoller und vielfältiger:

 Zum Wissen aus Alltagserfahrung kommt spezifisch medienlinguistisches Wissen. So werden Sie etwa praktische Probleme und Lösungen auch aus dem Blickwinkel bestimmter theoretischer Ansätze erörtern – oder theoretische Überlegungen im Licht anderer Ansätze diskutieren.

 Erörtern und diskutieren bedeutet zum Beispiel: Probleme erkennen und beschreiben; zu bestimmten Problemen eigene Lösungen finden und beschreiben; die Lösungen aufgrund bestimmter Kriterien bewerten; selbst Kriterien für die Wahl einer passenden Lösung formulieren.

 Zu solchen Aufgaben sind, je nach Kriterien, oft mehrere passende Lösungen denkbar. Lösungsvarianten, eingereicht auch von Nutzerinnen und Nutzern dieses Lehrmittels, und weitere Aufgaben sind in der Datenbank im Internet abrufbar (nächste Seite, A|4).

A|4Und die Lösungen? – Das Lehrmittel im Medienverbund

Das Lehrmittel MEDIENLINGUISTIK besteht aus • diesem Buch und • dem Internetangebot. Die Inhalte und Funktionen sind so verteilt, dass sich die zwei Angebote in ihren medialen Stärken ergänzen (_1):

 Das Buch erleichtert fortlaufendes Arbeiten überall und jederzeit. Es bietet einen linearen Lernweg mit dosiert eingebauten Erklärstücken, empirischen Daten, Ausschnitten aus dem Fachdiskurs und Aufgaben.

 Das Internetangebot >> www.medienlinguistik.net lässt zugreifen auf die multimodalen Sprachdaten der fünf Übungskorpora. Zudem funktioniert es als offenes System, als ausbaubare Datenbank für Lösungen – und weitere Aufgaben, zum Beispiel zum aktuellen Fachdiskurs.


_1Buch und Internetangebot im Verbund. Hervorgehoben sind die Schwerpunkte der Angebote, markiert sind die didaktisch aufbereiteten Auszüge () aus der offenen Datenbank (+).

A|5Die Ausrichtung im Diskurs

Mit ihren Fragestellungen, Fallstudien und Arbeitsaufgaben zur journalistischen Textproduktion zeigt die vorliegende Einführung in die Medienlinguistik eine eigenständige Ausrichtung im medienlinguistischen Diskurs. Theoretisch abgestützt ist die Einführung dagegen breit. Sie knüpft zum Beispiel an folgende Diskursbeiträge an:

Aktuelle Einführungen: ■ H. Burger & Luginbühl, 2014 bieten eine germanistisch und textlinguistisch verankerte „Einführung in Sprache und Kommunikationsformen der Massenmedien“. ■ Durant & Lambrou, 2009 führen ein ins systematische Studium von Mediensprache. Cotter, 2010 verbindet linguistisches und berufspraktisch-journalistisches Wissen in ihrer Einführung in „news talk“, den Sprachgebrauch im Journalismus. ■ O’Keeffe, 2006 hebt in ihrer Einführung die Bedeutung der Analysemethoden hervor. ■ Schmitz, 2004 und Schmitz, 2015 führen ein in die „Sprache in modernen Medien“ bzw. in eine sehr breit verstandene Medienlinguistik. Mit Prozessen journalistischer Textproduktion und der wissenschaftspraktischen Bedeutung von Medienlinguistik befassen sich die sechs Einführungen nur am Rand.

Monografien zu Teilbereichen (Auswahl): ■ Hauser & Martin, 2015 analysieren Medien kontrastiv. ■ Machin & Van Leeuwen, 2007 führen ein in die kritische Analyse von „global media discourse“;Montgomery, 2007 in die linguistische Analyse der Sprache von Rundfunkmedien; ■ Conboy, 2010 in die Analyse der Sprache der Zeitung. ■ Hickethier, 2003 gibt eine medienlinguistisch aufgeschlossene „Einführung in die Medienwissenschaft“. ■ Straßner, 2000 beschreibt „journalistische Texte“. ■ Fairclough, 1995 diskutiert die Leistungen journalistischer Massenmedien aus dem Blickwinkel kritischer Diskursanalyse. ■ Fowler, 1991 fokussiert auf Sprache journalistischer Nachrichten. ■ Bell, 1991 untersucht journalistische Textproduktion als gesellschaftlich eingebetteten Prozess. ■ Van Dijk, 1988b erfasst „news as discourse“.

Sammelbände (Auswahl): ■ Bird, 2010b bündelt neue ethnografische Analysen journalistischer Textproduktion. ■ M. Burger, 2008 stellt scharf auf die Schnittstelle von Sprach- und Medienwissenschaft bei der Untersuchung von Mediensprache. ■ Aitchison & Lewis, 2003 stellen Beiträge zu „new media language“ zusammen; ■ Breuer & Korhonen, 2001 zur medienlinguistischen Forschung u.a. in Skandinavien; ■ Möhn, Roß, & Tjarks-Sobhani, 2001 zu einzelnen Ansätzen unterschiedlicher Disziplinen, Sprache in Medien zu untersuchen; ■ Biere & Henne, 1993 zur „Sprache in den Medien nach 1945“; ■ Bucher & Straßner, 1991 zu „Mediensprache, Medienkommunikation, Medienkritik“; ■ Van Dijk, 1985b zu Ansätzen, die über linguistische Diskursanalyse hinausgreifen.

Zeitschriften- und Buchbeiträge (Auswahl): ■ Perrin, 2014, O’Keeffe, 2011, White & Thomson, 2008, Thornborrow, 2006, Cotter, 2001, Bucher, 1999a, und Bucher, 1999b, erklären linguistische Analysen von Medienbeiträgen. ■ Catenaccio, et al., 2011 fordern programmatisch eine „linguistics of news production“. ■ Richardson, 2008 lotet die „research agenda“ im Schnittfeld von Journalismus und Sprache aus. ■ Bell, 2006 fasst Schlüsselwerke medienlinguistischer Forschung knapp zusammen. ■ Muckenhaupt, 1999 umreißt die „Grundlagen der kommunikationsanalytischen Medienwissenschaft“; ■ Von Polenz, 1999 die Geschichte der „Sprache in Massenmedien“; ■ Schrøder, 1994 „media language and communication“; ■ Straßner, 1980 „Sprache in Massenmedien“.

„Das Verhältnis der massendemokratischen Öffentlichkeit’ zu Sprachfragen ist fatalerweise kein Gegenstand der Linguistik. Das liegt daran, dass die Linguistik keine Kommunikationswissenschaft ist und schon gar keine Massenkommunikationswissenschaft. Eigentlich müsste sie das sein – nicht in erster Linie, sondern gleichsam ‚nebenberuflich‘.“

Knobloch, 2003, 103

Medienlinguistik

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