Читать книгу Gina Keck - Daniela Dittel - Страница 5

3. Kapitel

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Gina verstand das alles nicht. Vor ihr stand leibhaftig der Sommer in Gestalt eines hübschen, aber sehr traurigen Mädchens, das bestimmt nicht viel älter als Gina selbst war. Die roten Augen zeigten deutlich, dass sie viel geweint hatte. Außerdem war ihr verängstigtes Verhalten auffallend, denn wer würde sich schon vor einer Neunjährigen verstecken? Die Geschwister des Mädchens, der Frühling, Herbst und der Winter waren ebenfalls da, aber versteinert. Was hatte das alles zu bedeuten?

Eine Weile schwieg Gina nachdenklich. Alles zusammen ergab keinen Sinn und gerade deshalb schien eine Sache noch unverständlicher, darum fragte sie: «Warum bist du noch hier? Es müsste längst Herbst sein und dein Bruder sollte die Blätter der dicken Bäume hier zum Fallen bringen?»

Um ihre Worte zu unterstreichen, klatschte sie mit der flachen Hand auf die alte Eiche, die neben ihr stand.

Das Mädchen nickte bedächtig und ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen.

«Er ist nicht da. Alle... alle sind sie weg.»

Ihr Blick hing an den drei Statuen, während sie weitersprach: «Nur ich bin noch da. Mich haben sie nicht mitgenommen. Ich musste hier bleiben, denn ohne mich, würde die Welt in Dunkelheit und Kälte versinken.»

Schweigend setzte sich Gina auf den Moos bewachsenen Waldboden und hörte dem Mädchen gespannt zu.

Leise sprach Sommer weiter: «Ich wollte mit... habe mich an meine Geschwister geklammert, aber die gemeinen Männer stießen mich weg... traten mich mit den Füßen und sagten, ich müsse hier bleiben...».

Sie senkte ihren Kopf und flüsterte: «Sie haben recht. Ihr braucht mich, denn ohne Sonne kein Licht, ohne Licht keine Pflanzen, ohne Pflanzen keine Tiere und Menschen. Ihr würdet sterben.»

Wütend sprang Gina auf und schrie: «Wer sind die Kerle? Warum haben sie das getan? Ich verstehe das nicht.»

Aufgebracht marschierte sie auf und ab und versuchte hinter das Geheimnis des Geschehenen zu kommen.

«Ich weiß es nicht», seufzte Sommer.

«Ich weiß nur, dass sie vor etwa drei Monaten plötzlich da standen. Sie tauchten wie aus dem Nichts auf – drei große, fürchterlich drein blickende Männer. Sie trugen grüne Gewänder und besaßen Waffen, wie man sie beim Jagen oft benutzt – keine Gewehre, sondern Pfeil und Bogen und scharfe Jagdmesser, die in der Sonne blitzten, als sie uns damit bedrohten. Ehe wir wussten, wie uns geschah, hatten sie uns überwältigt und gefesselt.

«Du Narr! Das ist Sommer, die bleibt hier!», hatte einer zu dem gesagt, der mich und meine Schwester festhielt. Er schleuderten mich in die Büsche und als ich mich wieder aufgerappelt hatte, waren sie weg.»

«Weg? Wohin weg? Wo sind sie hingegangen?», fragte Gina ungehalten.

Sie atmete heftig vor Wut.

«Ich weiß nicht, wohin sie gegangen sind... Ich weiß nur, dass ich sie dort, wie durch Zauberhand, verschwinden sah. Zurück blieben diese drei Statuen.»

Das Mädchen deutete auf die grauen Geschwister-Felsen.

Gina trat näher an die Steine heran und während ihre Finger aufmerksam über die raue Oberfläche glitten, war ihr selbst nicht klar, wonach sie eigentlich suchte. Es fand sich nicht der kleinste Hebel oder Schalter, der ein Geheimfach hätte öffnen können und somit einen Blick in das Innere der Statuen ermöglicht hätte. Immer und immer wieder schritt sie um die Steine herum, fand jedoch keinen brauchbarer Hinweis, was mit den restlichen Gezeiten passiert war.

«Gina, es ist vergebens. Tag für Tag stehe ich davor und suche nach einer Möglichkeit meinen Geschwistern zu folgen. Aber es gelingt mir nicht.»

Sommer zuckte resigniert mit den Schultern, ließ sich erschöpft und müde zwischen den Felsen nieder und begann leise zu weinen.

Gina Keck

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