Читать книгу Gina Keck - Daniela Dittel - Страница 6
4. Kapitel
ОглавлениеZur selben Zeit in Autum, dem Reich des mächtigen Grafen von Eberstein, rannte ein schmächtiger Junge, bedeckt mit einer gelb-roten Laubhose, behände die scharfen Steine des Donnerbergs hinauf, gleich so als würde er vom Wind getragen.
Gehetzt wie ein wildes Tier, hüpfte er leichtfüßig von einem Fels zum Nächsten, im Zick-Zack-Kurs die steile Bergwand hinauf.
Seine kupferfarbenen, bis zu den Schultern reichenden Haare wehten ihm ins Gesicht, als er zurückblickte, um zu sehen, wie dicht ihm seine Verfolger auf den Fersen waren.
Sie trugen leichte Rüstungen, waren mit Schwert und Armbrust bewaffnet und folgten dem Entflohenen keuchend, knurrend und mit bitterbösem Blick, um ihn auf die Burg Eberstein zurückzubringen, von der er geflohen war.
Dort herrschte Graf Eberstein, der letzte seiner Ahnenreihe. Seine Gattin war bei der Geburt der gemeinsamen Tochter Helena gestorben und so blieb ihm ein männlicher Erbe versagt, der den ruhmreichen Namen seines uralten Geschlechts hätte fortpflanzen können.
Dieser Gedanke betrübte den Grafen sehr, dennoch war ihm seine liebliche Tochter eine Freude und erfüllte sein Herz jeden Tag mit väterlichem Stolz und Wonne. Sie wuchs mit den Jahren zu einer wahren Schönheit heran. Deshalb bekümmerte ihn die Vorstellung, dass er sie eines Tages verlieren würde, wenn sie einem geliebten Manne als Gattin folgte. Dann würde er als einsamer Mann sterben mit dem Wissen, dass niemand in seine Fußstapfen treten und in seinem Namen über das Land Autum herrschen würde.
Allein mit der Jagd vermochte er diese trüben Gedanken kurzweilig zu verscheuchen. Deshalb liebte er den Herbst mehr als all die anderen Jahreszeiten. Denn erst wenn er die Jagdhörner durch die Wälder tönen hörte; wenn er die scheuen Hirsche und Rehe zwischen den Bäumen davon preschen, sie mit pochendem Herzen in die Enge getrieben und mit ängstlichen Augen auf ihr ungewisses Ende blicken sah; wenn er die kläffende Hundemeute vernahm, die mit wildem Gebell verängstigte Kaninchen aus ihrem Bau scheuchten; wenn er die Rebhühner aufgeregt in die Lüfte steigen sah, obwohl sie ihre Nester bis zur letzten Sekunde zu beschützen gedachten; erst dann wenn er die Macht besaß, über das Leben und den Tod zu richten; erst dann vergaß er seinen Kummer.