Читать книгу Komm, setz Dich zu mir ... - Daniela Noitz - Страница 5

Was bleibt von mir, wenn Du in mir bist?

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Noch einmal sehe ich zu Dir hinüber, bevor Du aufstehst und gehst, gedankenverloren, wortlos. Noch einmal folge ich Dir mit den Augen, als Du aufstehst und weggehst, ungläubig, vertraut. Ich weiß nicht wann Du wiederkommst. Ich weiß nicht ob Du überhaupt wiederkommst. Du hast Dich nicht gesprochen und ich habe Dich nicht gefragt. Hast Du nichts dazu gesagt, weil es dazu nichts zu sagen gab oder weil Du bereits wußtest, dass Du nicht mehr wiederkommst, weil Du mir die Offenlegung des Nie-wieder ersparen wolltest? Habe ich Dich nicht gefragt, weil ich Angst davor hatte eine Antwort zu bekommen oder weil ich die Antwort bereits kannte? Ich verliere Dich aus den Augen, und ich merke, es ist nicht richtig, dass Du gehst, denn in mir, da beibst Du. Bewahre das schöne und schmeisse alles andere weg, wie die Reste des letzten Mittagessens. So hatte ich es mir vorgenommen. So wäre es vernünftig gewesen, doch um jede Faser meines Leibes hat sich eine von Deinen gewunden. Wer vermag sie zu entwirren? Doch auf jeden meiner Gedanken antwortet ein Gedanke von Dir. Wer vermag mir meine Gedanken, als eigenständig, zurückzugeben? Doch zwischen jedem meiner Worte steht ein Wort von Dir. Wer vermag sie herauszustreichen? Ich, sage ich, immer und immer wieder, ich, ich, ich, mein Leib, meine Gedanken, meine Worte, mein Ich, und erwarte, dass es irgendetwas gibt, was sich damit verbinden läßt, irgendetwas, was diesen Begriffen Sinn verleiht, irgendetwas, was mir helfen könnte zu verstehen. Doch da gibt es keinen Sinn mehr und kein Verstehen, kein Unterscheiden und keine Ek-sistenz, nur noch Vereinigung, wo die Einheit längst verloren ging, nur noch Verwobenheit, wo der Stoff schon längst zerrissen ist. Ich habe es geopfert, und noch viel, viel mehr, weil ich dachte, nein, weil ich hoffte, dass es jedes Opfer wert wäre, weil ich ahnte, dass es nicht anders möglich wäre, mir nicht anders möglich wäre, das Begegnen. Ob möglich oder nicht, nun sitze ich vor dem Scherbenhaufen unserer einstigen Verbundenheit, doch was davon Ich war ist nicht mehr auffindbar. Gib mich mir zurück und mich zu mir frei! Ich will es Dir hinterherrufen, doch da kommt kein Laut zwischen meinen Lippen hervor, und alles, was ich vermag ist tonlos darum zu bitten, das alles so bleibt, wie es niemals war.

Komm, setz Dich zu mir ...

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