Читать книгу Literatur im Berufsfachschulunterricht - Daniela Plüss, Saskia Sterel - Страница 5
Didaktische Vorüberlegungen
ОглавлениеWelchen Gewinn kann der Umgang mit Literatur den Lesern bieten? Und: Welche Folgerungen ergeben sich daraus für einen Literaturunterricht, der veränderlichen gesellschaftlichen Anforderungen und grundlegenden Bildungszielen der Gesellschaft verpflichtet ist? (Leubner/Saupe/Richter 2012, S. 26)
Das sind Fragen, die jede Lehrperson für sich klären muss, bevor sie im Unterricht ein literarisches Werk behandelt. Nur so wird sie überzeugend argumentieren können, wenn Lernende sich erkundigen, wozu der oder jener Text «nütze» sei, wenn man Polymechanikerin oder Koch lerne. Lehrpersonen, die in der Grundbildung oder in der Berufsmaturität unterrichten, müssen sich dieser Herausforderung stellen.
Im Unterricht dient Literatur als Wahrnehmungs-, Deutungs- und Sinnangebot:
Sie bietet Lernenden eine kognitive, soziale und emotionale Entlastung in Form von Projektion, Empathie und Perspektivenwechsel.
Sie konfrontiert Lernende mit den verschiedensten Lebensentwürfen und Charakteren.
Sie ermöglicht Lernenden, sich ihrer selbst zu versichern, eigene Lebenskonzepte aber auch zu hinterfragen und zu modifizieren.
Sie ermöglicht ein Probehandeln.
Sie präsentiert die «wirkliche» Welt in einer Weise, die die Aneignung von Informationen unterstützt und erleichtert.
Sie ermöglicht eine sowohl kognitive als auch affektive Aneignung der dargestellten Inhalte.
Sie bietet durch Anschlusshandlungen die Möglichkeit einer überindividuellen Sinndeutung.
Lernende sollen von literarischen Werken vor allem emotional angesprochen werden. Nun lassen sich Emotionen graduell unterscheiden: semantisch evozierte Emotionen nach einer Erstrezeption, kognitiv gelenkte Emotionen, die den Leser in seiner Aufmerksamkeit steuern; und das Vergnügen oder Missvergnügen, das die Leserin zu einer Interpretation motiviert (vgl. Arbeitskreis Literaturdidaktik 2012, S. 33 ff.).
Für den Unterricht wichtig scheint uns der Kommentar von Leubner, Saupe und Richter, die eine emotionale Annäherung an den Text für plausibel befinden, wenn sie im Text auch nachvollziehbar ist. Emotionale Unmutsäusserungen oder euphorisch bekundetes Gefallen der Lernenden sind also konstruktiv, sofern sich die Meinungen im vorgelegten Text nachweisen lassen.
Über Fragen oder kompetenzorientierte Aufträge lassen sich Emotionen in Erfahrung bringen und für die Texterschliessung lernwirksam verwenden. Denn darum geht es im Literaturunterricht an Berufsfachschulen – und zunächst also darum, in das Erschliessen von fiktionalen Texten einzuführen.
Dabei wollen wir die Lernenden mit didaktischen Vorgaben zur Erschliessung von Literatur nicht zum Schweigen bringen. Wir wollen vielmehr für sie Brücken schlagen. Im allgemeinbildenden Unterricht stehen sinnvolle Aktualitätsbezüge im Mittelpunkt; über den Lernbereich «Sprache und Kommunikation» soll eine Querverbindung oder Verknüpfung mit einem Thema aus dem Lernbereich «Gesellschaft» hergestellt werden. In der Berufsmaturität bietet Literatur im Fach Deutsch ein Sprungbrett für das interdisziplinäre Arbeiten in Fächern (IDAF).