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II. Bundes- und Landesgrundrechte
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Die Bundesrepublik Deutschland ist ein Bundesstaat. Neben dem Bund gibt es 16 Länder. Bund und Länder sind jeweils eigenständige Staaten. Dies hat zur Folge, dass der Bund und die 16 Länder jeweils eigene Verfassungen besitzen, die auch Grundrechte enthalten. Grundrechte sind somit nicht nur im Grundgesetz, sondern auch in den Landesverfassungen verbürgt. Dabei decken sich die grundrechtlichen Gewährleistungen im Grundgesetz und in den Landesverfassungen oftmals. In manchen Landesverfassungen gibt es aber auch grundrechtliche Gewährleistungen, die das Grundgesetz nicht enthält.[2] So begründet z.B. Art. 141 Abs. 3 S. 1 Verf. Bayern ein Recht auf Genuss der Naturschönheiten und auf Erholung in der freien Natur.
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In diesem Skript konzentrieren wir uns auf die im Grundgesetz garantierten Grundrechte. Sie bilden den Prüfungsmaßstab in den examensrelevanten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.
JURIQ-Klausurtipp
Sofern sich aus dem Bearbeitervermerk nichts Gegenteiliges ergibt, brauchen Sie Landesgrundrechte in der Fallbearbeitung daher in der Regel nicht zu prüfen. Etwas anderes gilt aber dann, wenn ein Landesgrundrecht ausnahmsweise für die Auslegung eines Bundesgrundrechts herangezogen werden kann. So hat das Bundesverfassungsgericht unter Berufung auf die Vorschriften von acht Landesverfassungen seine Auffassung begründet, der Gesetzgeber selbst sei auch an den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebunden.[3] In Ihrer Fallbearbeitung dürfte eine solche Vorgehensweise allerdings nur ganz ausnahmsweise notwendig sein.
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Vor dem Hintergrund, dass Grundrechte nicht nur im Grundgesetz, sondern auch in den Landesverfassungen gewährleistet werden, stellt sich prinzipiell das Problem, in welchem Verhältnis die Bundes- und Landesgrundrechte zueinander stehen. Zur Lösung dieses Problems merken Sie sich zwei Grundsätze:[4]
1. | Soweit Landesgrundrechte enger als Bundesgrundrechte gefasst sind oder im Widerspruch zu ihnen stehen, gehen die Bundesgrundrechte gemäß Art. 31 GG vor. |
Beispiel
Art. 29 Abs. 5 Verf. Hessen enthält ein Verbot der Aussperrung. Diese Bestimmung widerspricht Art. 9 Abs. 3 GG und ist deshalb unwirksam.[5]
2. | Soweit Landesgrundrechte mit Bundesgrundrechten inhaltlich übereinstimmen oder hinsichtlich ihrer Gewährleistungen über die Bundesgrundrechte hinausgehen, sind sie gemäß Art. 142 GG gültig und binden die öffentliche Gewalt des Landes entsprechend. |
Beispiel 1
Art. 141 Abs. 3 S. 1 Verf. Bayern (s.o. Rn. 6) begründet ein subjektiv-öffentliches Recht, das auf Bundesebene grundrechtlich nicht gewährleistet ist.
Beispiel 2
Art. 4 Abs. 2 S. 1 Verf. Nordrhein-Westfalen gewährleistet ein Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten und damit ein subjektiv-öffentliches Recht, das das Grundgesetz nicht (ausdrücklich) garantiert.
Beispiel 3
Das in Art. 78 Abs. 2 Verf. Sachsen verbürgte Recht auf rechtliches Gehör deckt sich inhaltlich mit dem grundgesetzlich gewährleisteten Recht auf rechtliches Gehör in Art. 103 Abs. 1 GG.[6]
In allen drei Beispielen sind die grundrechtlichen Gewährleistungen der Landesverfassungen daher gemäß Art. 142 GG gültig und binden die öffentliche Gewalt des jeweiligen Landes.
Hinweis
Art. 142 GG schränkt Art. 31 GG teilweise ein. Die Formulierung „. . . auch insoweit . . ., als . . .“ ist leichter zu verstehen, wenn Sie statt dessen „. . ., soweit . . .“ in den Verfassungstext hineinlesen.
2. Teil Grundlagen › A. Allgemeine Grundrechtslehren › III. Rang der Bundesgrundrechte innerhalb der (inländischen) Normenhierarchie