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1. Doppelfunktion der Grundrechte
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Zumindest die meisten Grundrechte haben eine Doppelfunktion, nämlich eine subjektiv-rechtliche und eine objektiv-rechtliche Funktion.
Hinweis
„Funktion“ der Grundrechte ist die herkömmliche Bezeichnung. Gemeint ist damit die rechtliche Wirkung der Grundrechte zugunsten ihres Schutzguts.[8] Zurückzuführen ist die Bezeichnung „Funktion“ wohl auf die sog. Statuslehre von Jellinek. Nach dieser Lehre sind drei Kategorien von Grundrechten zu unterscheiden: der status negativus (die Grundrechte als Abwehrrechte), der status positivus (die Grundrechte als Leistungsrechte) und der status activus (die Grundrechte als Rechte zur aktiven Teilnahme).[9]
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In ihrer subjektiv-rechtlichen Funktion sind die Grundrechte subjektiv-öffentliche Rechte (s.o. Rn. 4 f.). Dies ist verfassungsrechtlich festgelegt. Als subjektiv-öffentliche Rechte enthalten die Grundrechte eine konkrete Begünstigung des Einzelnen. Die subjektiv-rechtliche Funktion der Grundrechte zeigt sich oft schon am Wortlaut eines Grundrechts: Manche Grundrechte werden ausdrücklich als „Recht auf“ (Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 GG) oder als „Recht“ (Art. 5 Abs. 1 S. 1, Art. 7 Abs. 4, Art. 8 Abs. 1, Art. 9 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 S. 1, Art. 17 GG) gewährleistet. Andere Grundrechte verwenden den Begriff der „Freiheit“ (Art. 2 Abs. 2 S. 2, Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG), der ebenfalls ein rechtliches Dürfen zum Ausdruck bringen soll.[10]
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Die objektiv-rechtliche Funktion der Grundrechte ist demgegenüber maßgeblich das Produkt der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. Das Bundesverfassungsgericht hat eine auch objektiv-rechtliche Funktion der Grundrechte früh und seitdem in ständiger Rechtsprechung[11] anerkannt. Nach seiner Auffassung enthalten die Grundrechte, genauer die Freiheitsrechte, „nicht allein Abwehrrechte des einzelnen gegen die öffentliche Gewalt, sondern stellen zugleich objektiv-rechtliche Wertentscheidungen der Verfassung dar, die für alle Bereiche der Rechtsordnung gelten und Richtlinien für Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung geben.“ In ihrer objektiv-rechtlichen Funktion enthalten die Grundrechte damit objektive Gewährleistungen, die den Staat allgemein, d.h. unabhängig vom Einzelnen, binden und i.d.R. durch den Gesetzgeber zu konkretisieren sind.[12]
Beispiel
Das Grundrecht auf Leben aus Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG begründet nicht nur ein Abwehrrecht des Bürgers gegen Eingriffe der öffentlichen Gewalt in das Rechtsgut Leben, sondern konstituiert das menschliche Leben auch als einen zentralen „Wert“ der Verfassung, an den der Staat allgemein gebunden ist.[13]