Читать книгу Die Göttliche Komödie - Dante Alighieri - Страница 5

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Neunter Gesang

Weil ich vor Angst und banger Furcht erblich,

Als ich den Herrn sah sich zurückbewegen,

Verschloß Virgil die eigne Furcht in sich.

Aufmerksam stand er dort, wie Horcher pflegen,

Denn, weit zu schaun, war ihm die Dunkelheit

Der schwarzen Luft und Nebelqualm entgegen.

Er sprach: "Wir siegen doch in diesem Streit—

Wenn nicht—doch hab ich nicht ihr Wort vernommen?

Er säumt fürwahr doch gar zu lange Zeit."

Ich sah es deutlich ein, zurückgenommen

Sei durch der Rede Folge der Beginn,

Da beide mir verschieden vorgekommen.

Drum lauscht ich sorgenvoll und zagend hin,

Denn ich erklärte mir vielleicht noch schlimmer,

Als er es war, des halben Wortes Sinn.

"Kommt wohl ein Geist in diese Tiefe nimmer

Vom ersten Grad, wo nichts zur Qual gereicht,

Als daß erstorben jeder Hoffnungsschimmer?"

So fragt ich ihn, und jener sprach: "Nicht leicht

Geschiehts, daß auf dem Weg, den wir durchliefen,

Ein andrer meines Grads dies Land erreicht.

Wahr ists, daß ich vordem in diesen Tiefen

Durch der Erichtho Zauberein erschien,

Die oft den Geist zum Leib zurückberiefen.

Kaum war mein Geist vom Fleisch entblößt, als ihn

Die Zauberin beschwor in jene Mauer,

Um eine Seel aus Judas Kreis zu ziehn.

Dort ist die tiefste Nacht, der bängste Schauer,

Am fernsten von des Himmels ewgem Licht.

Ich weiß den Weg—drum scheuche Furcht und Trauer.

Der Sumpf hier, welcher Stank verhaucht, umflicht

Die qualenvolle Stadt, durch deren Pforten

Man ohne Zorn die Bahn sich nimmer bricht."

Mehr sprach er, doch mich zog von seinen Worten

Der hohe Turm und bannte mit Gewalt

Den Blick ans Feuer auf dem Gipfel dorten.

Drei Höllenfurien sah ich dort alsbald,

Die, blutbefleckt, grad aufgerichtet, stunden,

Und Weibern gleich an Haltung und Gestalt,

Mit grünen Hadern statt des Gurts umbunden,

Mit kleinern Schlangen aber, wie mit Haar,

Und Ottern rings die grausen Schläf umwunden.

Und jener, dem bekannt ihr Anblick war,

Der Sklavinnen der Fürstin ewger Plagen,

Sprach: "Nimm die wilden Erinnyen wahr.

Zur linken Seite sieh Megären ragen,

Inmitten ist Tisiphone zu schaun,

Und rechts Alecto in Geheul und Klagen."

Die Brust zerriß sich jede mit den Klaun,

Und sie zerschlugen sich mit solchem Brüllen,

Daß ich mich an den Dichter drängt aus Graun.

"Medusas Haupt! auf, laßt es uns enthüllen,"

Sie riefens, niederbückend, allzugleich.

"Was wir versäumt an Theseus, zu erfüllen."

"Wende dich um, die Augen schließe gleich!

Wenn sie bei Gorgos Anblick offenständen,

Du kehrtest nimmer in des Tages Reich!"

Er sprachs und eilte, selbst mich umzuwenden,

Verließ sich auch auf meine Hände nicht

Und schloß die Augen mir mit seinen Händen.

Ihr, die erhellt gesunden Geistes Licht,

Bemerkt die Lehre, die, vom Schleir umgeben,

In dich verbirgt dies seltsame Gedicht.

Ich hört ein Krachen mächtig sich erheben

Auf trüber Flut, mit einem Ton voll Graus,

Daß die und jene Hüfte schien zu beben.

Nicht anders war es, als des Sturms Gebraus—

Wild durch der kalten Dünste Kampf mit lauen,

Stürzt er durch Wälder, Äste reißt er aus,

Durch nichts gehemmt, jagt Blüten durch die Auen;

Stolz wälzt er sich in Staubeswirbeln vor,

Und Hirt und Herden fliehn voll Angst und Grauen.

Die Augen löst er mir. "Jetzt schau empor,

Dorthin, wo du den schärfsten Rauch entquellen

Dem Schaume siehst auf diesem alten Moor."

Wie Frösche, sich zerstreuend, durch die Wellen

Vor ihrem Feind, der Wasserschlange, fliehn,

Bis sie am Strand in Scharen sich gesellen,

So sah ich schnell, als einer dort erschien,

Das Tor von den zerstörten Seelen leeren

Und ihn mit trocknem Fuß den Styx durchziehn.

Er schien den Qualm vom Antlitz abzuwehren,

Vor sich bewegend seine linke Hand,

Und dieser Dunst nur schien ihn zu beschweren.

Ich sahs, er sei vom Himmel hergesandt.

Zum Meister kehrt ich mich, doch, auf sein Zeichen,

Neigt ich mich schweigend, jenem zugewandt.

Mir schien er einem Zornigen zu gleichen.

Er kam zum Tore, das sein Stab erschloß,

Und ohne Widerstreben sah ichs weichen.

"O ihr verachteter, vestoßner Troß!"

Begann er an dem Tor, dem schreckensvollen,

"Woher die Frechheit, die hier überfloß?

Was seid ihr widerspenstig jenem Wollen,

Das nimmermehr sein Ziel verfehlen kann?

Wird er die Qual, wie oft, euch mehren sollen?

Was kämpft ihr gegen das Verhängnis an,

Obwohl eur Zerberus, ihr mögts bedenken,

Mit kahlem Kinn und Halse nur entrann?"

Dann sah ich ihn zurück die Schritte lenken.

Uns sagt er nichts, und achtlos ging er fort,

Als müsst er ernst auf andre Sorgen denken,

Als die um kleine Ding am nächsten Ort.

Worauf wir beide nach der Festung schritten,

Nun völlig sicher durch das heilge Wort.

Auch ward der Eingang uns nicht mehr bestritten;

Und ich, des Wunsches voll, mich umzusehn

Nach dieser Stadt Verhältnis, Art und Sitten,

Ließ, drinnen kaum, das Aug im Kreise gehn,

Und rechts und links war weites Feld zu schauen,

Von Martern voll und ungeheuren Wehn.

Gleichwie wo sich der Rhone Wogen stauen,

Bei Arles, und bei Pola dort am Meer,

Das Welschland schließt und netzt der Grenze Gauen,

Grabhügel sind im Lande rings umher,

Wo auf unebnem Grunde Tote modern;

So hier, doch schreckte dieser Anblick mehr,

Denn zwischen Gräbern sieht man Flammen lodern,

Und alle sind so durch und durch entflammt,

Daß keine Kunst mehr Stahl und Eisen fodern.

Halboffen ihre Deckel allesamt,

Und draus erklingen solche Klagetöne,

Daß man erkennt, wer drinnen, sei verdammt.

Und ich: Verkünde, Meister, wer sind jene,

Die, hier begraben, sonder Ruh und Rast

Vernehmen lassen solches Schmerzgestöhne?

Und er: "Hauptketzer hält der Ort umfaßt,

Und die den Sekten angehangen haben,

In größrer Zahl, als du gerechnet hast-

Denn Gleiche sind zu Gleichen hier begraben,

Und mehr und minder glüht jedwedes Mal"—

Er sprachs, worauf wir rechtshin uns begaben,

Fortschreitend zwischen hoher Maur und Qual.

Zehnter Gesang

Fort ging nun, hier die Mauer, dort die Pein,

Auf einem engen Pfad der edle Weise,

Er mir voraus und ich ihm hinterdrein.

Der du mich führst durch die verruchten Kreise,

Sprach ich, ich wünsche, daß, wenn dirs gefällt,

Dein Wort auch hier mich ferner unterweise.

Darf man die sehn, die jedes Grab enthält?

Die Deckel, offen schon, sind nicht dawider,

Auch ist zur Wache niemand aufgestellt.

"Iedweder Deckel sinkt geschlossen nieder,"

Sprach er, "wenn sie gekehrt von Josaphat,

Mitbringend ihre dort gelassnen Glieder.

Wiss, Epicurus liegt an dieser Statt

Samt seinen Jüngern, die vom Tode lehren,

Daß er so Seel als Leib vernichtet hat.

Befriedigung soll also dem Begehren,

Das du entdecktest, dies Begräbnis hier,

Sowie dem Wunsch, den du verschwiegst, gewähren."

Und ich: Mein Herz verberg ich nimmer dir,

Nur redet ich in bündig kurzem Worte,

Und nicht nur jetzt empfahlst du solches mir.

"Toskaner, du, der lebend durch die Pforte

Der Feuerstadt, so ehrbar sprechend, drang,

Verweil, ich bitte dich, an diesem Orte.

ich erkenn an deiner Sprache Klang,

Du seist dem edlen Vaterland entsprungen,

Dem ich, ihm nur zu lästig, auch entsprang."

Urplötzlich war dies einem Sarg entklungen,

Drum trat ich etwas näher meinem Hort,

Denn wieder war mein Herz von Furcht durchdrungen.

"Was tust du? Wende dich!" rief er sofort,

"Sieh grad empor den Farinata ragen,

Vom Gürtel bis zum Haupte sieh ihn dort!"

Ich, der auf sein Gesicht den Blick geschlagen,

Sah, wie er hoch mit Brust und Stirne stand,

Als lach er nur der Höh und ihrer Plagen.

Mein Führer, der mich schnell mit mutger Hand

Durch Gräber bis zu ihm mit fortgenommen,

Sprach: Was er fragt, mach offen ihm bekannt.

Er sah mich, als ich bis zum Grab gekommen,

Ein wenig an. "Wer deine Väter? Sprich!"

So fragt er mich und schien von Zorn entglommen.

Gern fügt ich dem Befehl des Meisters mich,

Ihm alles unverstellt zu offenbaren,

Da hoben etwas seine Brauen sich.

Er sprach darauf: "Furchtbare Gegner waren

Sie meinen Ahnen, mir und meinem Teil,

Und zweimal drum vertrieb ich sie in Scharen."

"Wenn auch vertrieben, kehrten sie in Eil",

Sprach ich, "zweimal zurück aus jeder Gegend.

Doch nicht den euren ward die Kunst zuteil."

Sieh, da erhob, sich neben jenem regend,

Ein Schatten sich urplötzlich bis zum Kinn,

Sich auf den Knien, so schiens, empor bewegend.

Er blickt um mich nach beiden Seiten hin,

Als woll er sehn, ob jemand mich begleite,

Doch floh der Irrtum bald aus seinem Sinn,

Und weinend sprach er dann: "Wenn dein Geleite

Des Geistes Hoheit ist durch diese Nacht,

Wo ist mein Sohn? Warum nicht dir zur Seite?"—

"Nicht eigner Geist hat mich hierher gebracht,

Der dort harrt, führte mich ins Land der Klagen.

Dein Guido hatte sein vielleicht nicht acht."

So ich—beim Wort und bei der Art der Plagen

Könnt ich wohl seines Namens sicher sein

Und drum ihm auch so sicher Antwort sagen,

Schnell richtet er sich auf mit lautem Schrein:

"Er hatte, sagst du? Ist er nicht am Leben?

Saugt nicht sein Auge mehr den süßen Schein?"

Und da ich nun, statt Antwort ihm zu geben,

Noch zauderte, so fiel er rücklings hin,

Um fürder sich nicht wieder zu erheben.

Doch jener andre mit dem stolzen Sinn,

Der mich gerufen, blieb auf seiner Stätte

Starr, ungebeugt und trotzig wie vorhin.

Er, wieder knüpfend des Gespräches Kette:

"Ward jene Kunst zuteil den Meinen nicht?

Dies martert mehr mich noch als dieses Bette.

Doch wird nicht fünfzigmal sich das Gesicht

Der Herrin dieses Dunkels neu entzünden,

So wirst du fühlen dieser Kunst Gewicht.

Sprich, willst du je zurück aus diesen Gründen,

Wie gegen mein Geschlecht mag solche Wut

Das Volk in jeglichem Gesetz verkünden?"

Ich sprach: "Das große Morden ists, das Blut,

Das rotgefärbt der Arbia klare Wogen,

Das eur Geschlecht mit solchem Fluch belud."

Er seufzt und schüttelte das Haupt: "Vollzogen

Hab ich allein nicht diese blutge Tat,

Und. alle hat uns triftger Grund bewogen.

Doch ich allein wars, der dem grausen Rat;

Es müsse bis zum Grund Florenz verschwinden,

Mit offnem Angesicht entgegentrat."

"Soll euer Same jemals Ruhe finden,"

So sprach ich bittend, "löst die Schlingen hier,

Die noch, mein Urteil hemmend, mich umwinden.

Versteh ich recht, so scheint es wohl, daß ihr

Erkennen mögt, was künftge Zeiten bringen,

Doch mit der Gegenwart scheints anders mir."

Er sprach: "Uns trägt der Blick nach fernen Dingen,

Wies öfters wohl der Schwachen Sehkraft geht,

Denn dahin läßt der höchste Herr uns dringen.

Doch naht sich und erscheint, was wir erspäht,

Weg ist das Wissen, und nur durch Berichte

Erfahren wir, wies jetzt auf Erden steht.

Darum begreifst du: einst beim Weltgerichte,

Wenn sich der Zukunft Tor auf ewig schließt,

Wird die Erkenntnis unsers Geists zunichte."

Drauf ich: "Wie jetzt mein Fehler mich verdrießt!

O sagt dem Hingesunknen, Trostentblößten,

Daß noch sein Sohn das heitre Licht genießt.

Und war ich vorhin säumig, ihn zu trösten,

So sagt ihm, daß ich Raum dem Irrtum gab,

Den eben jetzt mir eure Worte lösten."

Hier rief mein Meister schon mich wieder ab,

Drum bat ich schnell den Geist, mir zu erzählen,

Wer noch verborgen sei in seinem Grab.

Er sprach: "Hier liegen mehr als tausend Seelen,

Der Kardinal, der zweite Friederich

Und andre, dies nicht nottut, aufzuzählen."

Und er versank ich aber kehrte mich

Zum alten Dichter, jene Red erwägend,

Die einer Unglücksprophezeiung glich.

Er aber ging und sprach, sich vorbewegend,

Zu mir gewandt: "Was bist du so verstört?"

Ich tats ihm kund, die Angst im Herzen hegend.

"Behalte, was du Widriges gehört,"

Sprach mit erhobnem Finger jener Weise,

"Und merk itzt auf, daß dich kein Trug betört.

Bist du dereinst im süßen Strahlenkreise,

Verströmt vom schönen Blick, der alles sieht,

Dann deutet sie dir deine Lebensreise."

Nun ging es links ins höllische Gebiet,

Um von der Maur der Mitte zuzuschreiten,

Wo sich der Pfad nach einem Tale zieht,

Von dem Gestank und Qualm sich weit verbreiten.

Elfter Gesang

Am äußern Saum von einem hohen Strande,

Umkreist von Felsentrümmern ohne Zahl,

Gelangten wir zu einem grausern Lande.

Dort bargen wir vor des Gestankes Qual,

Der gräßlich dampft aus jenen tiefen Gründen,

Uns hinter eines hohen Grabes Mal.

Wir sahn den Inhalt diese Schrift verkünden:

Hier liegt Papst Anastasius, den Photin

Vom rechten Pfad verführt zu Schmach und Sünden.

"Wir müssen," sprach er, "langsam abwärtsziehn;

Erträglicher wird nach und nach den Sinnen

Der schlechte Dunst, der unerträglich schien."

"So laß uns etwas," sprach ich drauf, "beginnen,

Das uns die hier verbrachte Zeit ersetzt."

"Du siehst," erwidert er, "darauf mich sinnen."

"Mein Sohn, du wirst in diesen Steinen jetzt,"

So fuhr er fort, "drei kleinre Kreise zählen,

Nach Stufen, wie die andern, fortgesetzt.

Erfüllt sind alle von verdammten Seelen,

Doch weil du selbst sie sehn wirst, so vernimm,

Wie und warum sie sich hier unten quälen.

Jedwede Bosheit weckt des Himmels Grimm,

Der Unrecht Zweck ist, denn sie macht es immer

Durch Trug und durch Gewalt mit andern schlimm.

Doch Trug, des Menschen eigne Sünd, ist schlimmer,

Und die Betrüger bannt des Herrn Geheiß,

Drum tiefer hin zu schmerzlichem Gewimmer.

Gewalttat wird bestraft im ersten Kreis,

Doch, nach dreifacher Gattung von Vergehen,

In dreien Binnenkreisen stufenweis.

An Gott, an sich, am Nächsten kanns geschehen,

Daß man Gewalt verübt, an Leib und Gut.

Wie? Sollst du jetzt mit klaren Gründen sehen.

Gewalttat an des Nächsten Leib und Blut

Geschieht durch Totschlag und durch schlimme Wunden,

Am Gute durch Verwüstung, Raub und Glut.

Totschläger werden, die, so schwer verwunden,

Verwüster, Räuber, drum hinabgebannt

Zur Pein im ersten Binnenkreis gefunden.

Gewalt übt man an sich mit eigner Hand,

Und seinem Gut.—Um fruchtlos zu bereuen,

Sind drum zum zweiten Binnenkreis gesandt,

Die selber sich zu töten sich nicht scheuen,

Die, so im Spielhaus all ihr Gut vertan

Und dorten weinten, statt sich zu erfreuen.

Gewalt auch tut der Mensch der Gottheit an,

Im Herzen sie verleugnend und nicht achtend,

Was er durch Güte der Natur empfahn.

Du wirst, den kleinsten Binnenkreis betrachtend,

Drum die von Sodom und von Cahors schaun,

Und Volk, im Herzen seinen Gott verachtend.

Trug, des Gewissens Qual, ist am Vertraun,

Und ist auch oft verübt an solchen worden,

Die nicht als Freund auf den Betrüger baun.

Die letzte Gattung scheint das Band zu morden,

Das die Natur aus Lieb um alle flicht;

Drum nisten in dem zweiten Kreis die Horden

Der Heuchler, Schmeichler, die, so falsch Gewicht

Gebrauchen, Simonisten, Zaubrer, Diebe

Und Kuppler und dergleichen Schandgezücht.

Zerrissen wird von jenem Trug die Liebe,

So die Natur macht; die auch, die vermehrt,

Noch Treue fordert aus besonderm Triebe.

Drum auf dem Punkte, den das All beschwert,

Wo Dis den Stand hat, dort, im kleinsten Kreise,

Wird, wer Verrat übt, ewiglich verzehrt."

Und ich: Du stellt nach deiner klaren Weise

Wohlabgeteilt den Höllenschlund mir dar,

Und welche Sünder jedes Rund umkreise;

Doch sprich: Das Volk, das dort im Sumpfe war,

Die, so der Wind führt und die Regen schlagen,

Die mit Geschrei sich stoßen immerdar,

Wie kommts, wenn sie den Zorn des Himmels tragen,

Daß nicht die Feuerstadt ihr Strafort wird?

Wenn nicht, was leiden sie doch solche Plagen?

Und er darauf zu mir: "Was schweift verwirrt

Dein Geist hier ab von den gewohnten Wegen?

Woandershin hat sich dein Sinn verirrt?

Willst du nicht deine Sittenlehr erwägen,

Die Kunde von drei Neigungen verleiht,

Die Gottes Zorn und seinen Haß erregen,

Von Tollwut, Bosheit, Unenthaltsamkeit?

Die dritt ist, da sie minderes Verachten

Des Herrn verrät, von mindrer Strafbarkeit.

Willst du den Spruch bedenken und betrachten,

Wer jene sind, die vor der Stadt voll Glut

Dort oben, ihre Straf erduldend, schmachten,

So wirst du sehn, wie sie von dieser Brut

Geschieden sind, und minder sie beschwerend

Auf ihnen das Gewicht des Himmels ruht."—

"O Sonne, du, die trübsten Blicke klärend,

Wie Wissen, so erfreut der Zweifel mich,

Vernehm ich dich ihn lösend, mich belehrend.

Drum wend ein wenig," sprach ich, "rückwärts dich.

Da sagtest, daß die Wuchrer Gott verletzen,

Jetzt sage mir, wie löst dies Rätsel sich?"

Weltweisheit, sprach er, lehrt in mehrern Sätzen,

Daß nur aus Gottes Geist und Kunst und Kraft

Natur entstand mit allen ihren Schätzen;

Und überdenkst du deine Wissenschaft

Von der Natur, so wirst du bald erkennen,

Daß eure Kunst, mit allem, was sie schafft,

Nur der Natur folgt, wie nach bestem Können

Der Schüler geht auf seines Meisters Spur;

Drum ist sie Gottes Enkelin zu nennen

Vergleiche nun mit Kunst und mit Natur

Die Genesis, wos also lautet: Leben

Sollst du im Schweiß des Angesichtes nur.—

Weil Wuchrer nun nach anderm Wege Streben,

Schmähn sie Natur und ihre Folgerin,

Indem sie andrer Hoffnung sich ergeben.

Doch folge mir, denn vorwärts strebt mein Sinn,

Da schon die Fisch empor am Himmel springen;

Schon auf den Caurus sinkt der Wagen hin,

Und weit ists noch, eh wir zur Tiefe dringen.

Die Göttliche Komödie

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