Читать книгу Das Visum ins Paradies Europa – Sammelband - Dantse Dantse - Страница 9
Johnny reist nach Kribi und lernt eine Gruppe Deutscher kennen
ОглавлениеDie Busstation, an der die Busse nach Kribi fuhren, war um diese Uhrzeit sehr belebt. Von dort gingen auch Busse nach Yaounde und es gab mehrere Busgesellschaft mit Hunderten von Bussen, die diese Linien bedienten.
Es stand auf verschiedenen Tafeln, dass die nächsten Busse nach Kribi um 13:30 Uhr, 14 Uhr und 14:30 Uhr losfahren würden. Sie müssten nach Aussage der Tafel schon losgefahren sein. Es war aber schon nach 15 Uhr und alle waren immer noch da. Es ist so, dass die Busgesellschaften einfach feste Abfahrtzeiten angeben, um Kunden anzulocken. Kaum einer respektiert diese Zeiten. Der Bus fährt los, wenn er voll ist. Und keiner der Busse war voll, das hieß: so lange warten bis fast alle Plätze besetzt sind. Deswegen kann man um 8 Uhr an einer Busstation ankommen und erst um 14 Uhr losfahren. Glück gehabt, dachte Johnny. Die Gepäckträger und Vermittler kämpften miteinander um die Kunden. Jeder vermittelte Kunde bedeutet Provision für die Vermittler.
Johnny bevorzugte den modernsten Bus, der da war, obwohl es darin noch mehr freie Plätze gab als in den anderen Bussen. Der Bus war teurer als die anderen, deswegen waren im Vergleich weniger Leute darin. Irgendwann würden die Verantwortlichen die Preise auf das Niveau der anderen senken, um mehr Kunden zu locken. Sie wussten das auch, aber bis dahin hatten sie auch schon einige Kunden gewonnen, die wie Johnny wegen der Bequemlichkeit lieber bis zu 100% mehr bezahlt hatten: wie an der Börse halt.
Johnny saß seit einer Stunde im Bus und wartete, dass der Fahrer anfuhr. Gegen 17 Uhr war es so weit und auf einmal hatte der Fahrer es eilig.
Es wurde gehupt, geschrien. Sie müssten noch vor der Dunkelheit in Kribi ankommen. Er tat so, als ob er die ganze Zeit nicht gewusst hätte, dass es um 18 Uhr schon fast überall in Kamerun dunkel ist. Die Passagiere versuchten noch durch das Fenster einiges an Proviant zu kaufen.
Johnny lachte nur. Typisch kamerunisch. Die ganze Zeit sitzen sie einfach so im Bus und wissen, dass der Bus bald fahren wird. Erst wenn der Motor an ist und der Bus schon langsam losrollt, denken sie daran, dass sie noch Wasser, noch Saft, noch etwas zu essen brauchen. Der Fahrer kennt die Situation, aber um Druck zu machen, lässt er den Bus weiter langsam rollen, manchmal gibt er Gas und dann wieder langsamer bis irgendwann mal alle Passagiere das bekommen haben, was sie wollten.
Man muss in Kamerun sehr geduldig sein, meinte er. Geduld war aber eine seiner Stärken. Der Bus fuhr Richtung Osten aus der Stadt Douala in Richtung Yaoundé/Edea/Kribi. Um diese Uhrzeit wimmelt es nur so von Taxis, Pkws und vor allem Unmengen von Mototaxis, die manchmal bis zu vier Personen trugen. Endlich waren sie raus aus der Stadt und fuhren auf eine ganz ordentliche Straße nach Kribi. Die Spannung sank endlich.
Im Bus lief ganz gute Musik, man fühlte sich einfach wohl darin. Die Passagiere schienen nett zu sein und hinter Johnny entbrannte eine heiße Diskussion über Fußball. Über Eto´o, Roger Milla und die nationale Mannschaft „die unbezähmbaren Löwen“.
„Eto´o ist der beste Stürmer der Welt. Seht ihr nicht, was er in Barcelona macht?“, sagte der eine.
„Es ist uns egal, ob er in Europa der beste Stürmer ist, für uns in Kamerun ist und bleibt Roger Milla, unser Roger der beste Stürmer“, sagte eine Frau um die 40, die die ganze Zeit mit einer Gruppe von Männern über Fußball diskutierte.
„Ha, du bist nur eine Frau, die keine Ahnung vom Fußball hat. Hat Roger Milla jemals in einer großen Mannschaft gespielt? Hat er so viel verdient, wie Eto’o?“
Die Frau ließ sich nicht einschüchtern: „Ob ich Ahnung habe oder nicht, ist egal. Wichtig ist, was der eine für unser Land getan hat. Ich war mehrmals in Europa, wenn ich sage ich komme aus Kamerun, fragen alle nach unserem Roger. Jeder kennt ihn, aber Eto´o? Wer denn?“
„Haha, typisch Frau“, entgegnete der Mann wieder, „ihr seht nur das Äußerliche.“ Ein anderer Mann intervenierte: „Lass es sein, uns immer mit dem Gegenargument „typisch Frau“ überzeugen zu wollen. Hier geht es nicht um Frau oder Mann. Sag uns einfach, warum für einen Kameruner Eto´o besser ist als Milla? Auf wen ein Kameruner stolzer sein sollte, wer für unseren Fußball und für das Land mehr gemacht, sich geopfert hat. Ja, das ist die Frage und wir wollen dafür deine Argumente hören und nicht nur Frau hier, Frau da.“
Der ganze Bus lachte. Das hatte gesessen. Der andere schaute auf seine Kumpels, die ihm die ganze Zeit mit dem Kopf zugenickt hatten, um zu zeigen, dass sie mit seiner Ausführung einverstanden waren, ja, er schaute ein bisschen ratlos nach ihnen, um Unterstützung anzufordern. Leider bekam er sie nicht. Die Blicke der Kumpels waren nun auf die Straße fixiert.
Sie waren nun in Edea, eine kleine Altstadt in Kamerun zwischen Douala und Yaounde, wo der Sitz einer großen Aluminiumfirma ist und auch das große Kraftwerk, das Kamerun mit Elektrizität versorgt.
Der Busfahrer bog rechts an der Kreuzung Richtung Kribi ab auf eine sehr schöne Straße in sehr gutem Zustand. Die Landschaft war hier auch schon anders, sehr wenige Häuser, viel Grünes, wie eine Autobahn durch eine intakte Natur.
Der Mann griff wieder an. Anscheinend wollte er sich nicht so leicht geschlagen geben. „Ja, Milla, Milla, man muss die Sache in die Zeit einordnen. Eto´o verdient heute hundertmal mehr als Milla und damit ist er ein Schwarzer, der unter den Besten ist. Das macht uns stolz und er schießt Tore und Tore und Tore. So viele wie keiner vor ihm.“
Die Frau lächelte. „Er verdient hundertmal mehr als unser Roger in seiner Zeit. Gerade das ist ja das Problem. Roger hat mit so wenig Geld mehr für Kamerun getan. Es geht auch um das Verhalten. Eto´o ist arrogant und benimmt sich schlecht. Sein Verhalten zerstört die Stimmung in der ganzen Mannschaft. Er ist ein Arrivist, der von der Straße zum großen Geld gekommen ist und denkt nun, er kann sich alles leisten.“
Die Frau bekam Unterstützung von dem Busfahrer: „Ihr geht zu weit, glaube ich. Eto´o zu vergleichen mit Roger Milla ist eine Majestätsbeleidigung. Es gibt da nichts zu vergleichen. Man müsste ihn mit Rigo vergleichen, Rigobert Song ist viel patriotischer als Eto´o. Er kämpft mehr für das Land als Eto´o.“
Weitere Unterstützung bekam die Frau von verschiedenen Leuten im Bus. „Es ist uns egal, was Eto´o verdient. Kommt ein Cent davon in meine Tasche?“, sagte ein alter Mann. Eine andere Frau mischte sich auch ein: „Er hat sogar gesagt, er würde nie eine kamerunische Frau heiraten, weil sie schlecht wären … he, Mouf, er soll verschwinden mit seinem dickem Kopf. Auch mit seinem ganzen Geld kriegt er nicht die letzte Kamerunerin.“
Der ganze Bus lachte sich kaputt.
„Ja, er ist nur bei den Weißen gut. Er hat Komplexe vor Weißen. In der kamerunischen Nationalmannschaft macht er nur Probleme. Bei den Weißen ist er angepasst und hier will er so tun, als ob er wichtiger ist? Sa tête la m´énerve beaucoup. Er schießt sowieso nur Tore wegen Ronaldhino…“
Es war ganz schnell klar, wer der Favorit der Kameruner im Bus war.
Die Fahrt ging bis dahin sehr gut. Johnny saß direkt hinter dem Fahrer am Fenster. Neben ihm war eine Gruppe von deutschen Urlaubern, die die ganze Zeit ruhig die Diskussion verfolgte und sehr interessiert die schöne Landschaft anschaute. Der eine neben ihm streckte öfter die Hand durch das Fenster nach draußen, um Bilder zu machen. Sie überquerten gerade eine Brücke über einen langen Fluss. Sehr schöne Sicht. Johnny schubste ihn und macht ihm ein Zeichen doch gerade hier Bilder zu machen. Der Mann versuchte es, aber da es schwer war, immer so schnell mit dem Fotoapparat zu reagieren, fragte ihn Johnny, ob er nicht doch direkt am Fenster sitzen möchte. Der Deutsche war überglücklich und nahm das nette Angebot gern an. So konnte er ungeniert bessere Bilder von der Landschaft machen.
„Merci beaucoup, c’est gentil“, sagte er.
„De rien, you are welcome”, antwortete Johnny.
Sie wechselten die Plätze und Johnny riet der Frau, die neben dem Deutschen saß, auch weiter nach links zu ihrem Kumpel durchzurutschen. Er würde dann zwei Plätze weiter nach rechts gehen, damit die beiden sich nicht trennten. Die Frau bedankte sich auch und sagte: „Stefan, das ist sehr nett von dem Mann. In Deutschland würde so etwas nie passieren. Die Menschen sind hier einfach nicht so auf sich selbst fixiert, sie tun viel für die anderen, einfach so, damit es den anderen gutgeht. Das gefällt mir hier an dieser Mentalität.“
Johnny lächelte und fragte sich, reden sie mit mir? Ich verstehe kein einziges Wort Deutsch. Der nun am Fenster saß und Stefan hieß, antwortet in einem ziemlich guten Französisch: „Nein, sie hat sich bedankt und freut sich über die Mentalität hier, ich heiße Stefan.“
„Ich..., hmmm, nennt mich einfach Johnny, meine Freunde nennen mich aber Johnny Win-Win.“
Alle lachten über den Spitznamen. „Win, win?“, fragte die deutsche Frau neben Stefan.
„Ja, Win-Win. Kennt ihr in Deutschland sowas wie Spitznamen nicht?“
Die Frau antwortete in einem passablen Französisch: „Doch, das kennen wir. So was gibt es in Deutschland, aber öfter ist es eine Abkürzung oder Ableitung des richtigen Namens, z.B. wie Klinsi, das kommt von dem bekannten Fußballspieler Klinsmann.“
„Ja, Klinsmann kenne ich, das war doch eine Mannschaft 1990. Damals war ich auch Jugendlicher, sehr aktiv, ich muss so um die 17 gewesen sein. Wir haben Deutschland immer die Daumen gedrückt. Rudi Völler, Matthäus, aber mein Liebling damals war Riedle, richtig? Riedle glaube ich etwas mit Karl oder so ähnlich.“ Da sprach zum ersten Mal der andere Deutsche, der ein bisschen älter war und die ganze Zeit gelesen hatte: „Karl-Heinz Riedle, meinen Sie?“
„Oh ja, Karl Heinz Riedle, den habe ich gemocht.“
„Ich glaube“, sagte Stefan, „es wäre höflich, wenn ich dir alle vorstelle. Wie gesagt ich heiße Stefan, bin Agraringenieur, sie –“, die Frau, die mit Johnny gesprochen hatte, „heißt Anna, sie ist Augenärztin“, er zeigte auf den, der Riedle kannte, „Günther ist auch Augenarzt, sie“, die andere Frau, die schlief, „ist Carla, Praktikantin, und der letzte heißt Mauritz, der Jüngste unter uns, er macht hier sein Auslandspraktikum. Wir arbeiten in Bamenda für eine Entwicklungsorganisation. Anna, Günther und ich sind seit zwei Jahren öfter hier. Wir kommen immer so zweimal im Jahr her und bleiben ungefähr drei Monate. Diesmal waren wir sechs Monate am Stück da und wollen nun unsere letzten 14 Tage Urlaub machen. Dann kehren wir nach Deutschland zurück. Aber Mauritz und Carla bleiben noch vier Monate glaube ich, ja, vier Monate. Wir freuen uns sehr auf Kribi, aufs Meer, weißen Sand, leere Strände, Kokosnüsse, Ananas, Melonen, vielleicht sogar kleine Affen, Erholung pur.“
Johnny, ganz Gentleman, grüßte alle bis auf die Schlafende mit Namen Carla: “Hallo Stefan, hallo Anna, hallo Günther, hallo Mauritz, ich bin der Johnny.“
Anna ergänzte: „Johnny Win-Win, so ist es, oder?“ Johnny lächelte nur. Anne fragte ihn: „Warum Win-Win? Bist du immer nur im Business?“ Johnny antwortete: „So in etwa kann man das behaupten. Das Leben ist ein Win-Win Geschäft oder ein Lose-Lose Geschäft. Da ich ein positiver Mensch bin und es liebe zu gewinnen, haben meine Freunde mir diesen Spitznamen Win-Win gegeben.“
„Was machst du so beruflich und was machst du in Kribi? Auch Urlaub?“, fragte Stefan. Johnny mit seinem charmanten Lächeln antwortete nicht direkt, sondern strategisch mit einer Gegenfrage: „Ihr dürft dreimal raten, und wer nah dran ist, bekommt von mir ein Dinner spendiert, ein drei Gänge Menü mit Champagner.“
„Hmmm, ein Galan“, sagte Anna. „Du musst uns aber dabei helfen. Sehr warm heißt richtige Richtung. Wärmer sagst du, je näher wir dran sind und umgekehrt mit kalt. Ich fange an: Du bist ein Akademiker bzw. du hast studiert.“ Johnny sagte: „Sehr warm.“
„Du bist auf Urlaub in Kribi“, sagte Günther.
„Sehr kalt“, antwortete Johnny.
„Dann bist du beruflich in Kribi“, sagte Anna wieder.
„Warm“, antwortete Johnny.
„Das ist schon drei Mal“, meinte Stefan, „aber ich würde noch dazu sagen, dass du nicht ganz beruflich in Kribi bist, sondern geschäftlich, wenn dein Name schon Win-Win heißt.“
Johnny sagte ganz relaxed: „Ok, ihr alle seid nah dran, deswegen kriegt ihr alle zusammen das Menü, auch Carla.“ Die wurde gerade wach, als sie hörte, wie die vier laut lachten. Sie fragte, worum es ginge und was mit ihr sein sollte.
Johnny schaute sie ungewollt direkt an, und ihre Augen trafen sich so intensiv, dass Carla rot wurde. Jeder konnte es merken. „Bist du immer so schön, wenn du aufwachst? Man könnte sagen, Deutschland hat seine schönsten Frauen nach Kamerun geschickt und zwei davon befinden sich mit mir in diesem Bus.“ Ja, Johnny war wieder mal in seinem Element. „Ich heiße Johnny, aber Anna will immer, dass ich Win-Win nicht weglasse. Deswegen einfach Johnny Win-Win.“
„Ich heiße Carla, Carla Schröder, freue mich dich kennenzulernen.“ „Schr… Sh… che… Scscöder...?“, versuchte Johnny den Namen auszusprechen. „Nein, das ist nichts für mich. Aie, die deutsche Sprache ist wie eine Kriegssprache, eine Kommando-Sprache, sehr schwer. In der 9. und 10. Klasse hatte ich Deutsch als zweite Fremdsprache. ‚yao lernt Deutsch, gut Morgen, gut Abend, gute Nacht, wer bist du, mein Name ist Johnny…‘ das kenne ich noch, sonst nix mehr.“
Carla lächelte ein bisschen geniert, da Johnnys Aufmerksamkeit nun nur ihr zugeteilt war und die anderen sich vielleicht ausgeschlossen fühlten. Deswegen versuchte sie, die Ausführung von Johnny nicht weiter zu kommentieren als mit einem Lächeln, und sie versuchte, aus der Johnny-Umklammerung mit einer Frage auf Deutsch an Anna zu entkommen.
Johnny ließ sich so nicht beeindrucken: „Hast du jetzt Geheimnisse vor mir?“
„Wieso?“, fragte Anna. „Du hast Geheimisse vor uns. Du hast noch nicht gesagt, was du machst und was du in Kribi machen willst?“
„Ha, es ist mir eigentlich egal, aber ich freue mich riesig auf sein kostenloses Dinner, wann wäre das?“, fragte Stefan.
„Du schon wieder, Stefan, immer das gleiche. Alles ist dir egal bis auf Essen“, betonte Anna ein bisschen genervt.
„Warum willst du wissen, was er macht und was er in Kribi vorhat? Immer sehr neugierig. Typisch deutsch, Johnny. Geheimnisse sind Folter für Deutsche. Sie können nicht mit etwas umgehen, was sie nicht kontrollieren können, oder wo sie zumindest das Gefühl haben, es kontrollieren zu können.“
„Hä, ich will ihn gar nicht kontrollieren. Übrigens weiß er auch, wer wir sind und was wir dort machen. Ich empfinde das überhaupt nicht als ein Problem, wenn ich mich für die Kultur der Menschen interessiere“, entgegnete Anna.
„Naja, Interesse an der Kultur, höchstens an ihm, auf jeden Fall freue ich mich auf das Dinner“, sagte Stefan und machte schon wieder Bilder, um sich auszuklinken.
„Ist kein Problem“, sagte Johnny, der diese kleine Diskussion mitverfolgt hatte. “Ich bin ein Geschäftsmann aus Douala und möchte in Kribi einen Job suchen, einen Job in einem Hotel.“
Alle waren überrascht. Sie hätten an alles gedacht, aber nicht, dass er nach Kribi fährt, um einen Job zu suchen.
Diesmal reagierte sogar der Es-ist-mir-egal-Mann Stefan ein bisschen irritiert bzw. überrascht.
„Du willst uns doch nicht verarschen, oder?“, fragte Stefan.
„Nein, es ist wirklich so. Ich möchte einen Job in einem Hotel, sei es auch als Tellerwäscher oder als Müllsammler am Strand. Egal was. Entwarnung: Ich experimentiere nur etwas. Ich möchte sehen, wie es ist, diesmal nicht als Chef, sondern als einfacher Arbeiter zu arbeiten und Anweisungen von Dritten auszuführen und zu befolgen. Das habe ich noch nie erlebt und es interessiert mich sozioökonomisch sehr. Ich schreibe gerade ein Buch über das Sozialverhalten von Menschen aus den sogenannten unteren Klassen und was man von ihnen lernen kann.“ Ja, Johnny konnte mit einem Wort eine goldene Pyramide bauen. Das Gold hier waren seine Ideen. Er war in seinem Element. Er war eine Art Alchemist des Lebens. Er fand immer die richtige Antwort, um sich von schwierigen Fragen zu befreien. Seinen Plan hatte er noch niemandem erzählt.
Man konnte an den Gesichtern der Deutschen erkennen, wie die Anspannung weg war.
Stefan war erleichtert, dass sein Baugefühl ihn nicht getäuscht hatte, er sagte: „Es hätte mich wirklich erstaunt. So schlechte Menschenkenntnis habe ich nicht. Ich bin kein Branchenkenner, da ich viele meiner Sachen bei C&A kaufe. Aber wenn ich sehe, was du da anhast, alles top, von Boss und Prada. Wenn ich deine Ausstrahlung, deine Allüren, deine Manieren und dein Benehmen sehe, kann ich hundertprozentig davon ausgehen, dass du keinen Job brauchst. Du bist also einer von oben, der aus Langweile das tut, was konträr zu dem ist, was er immer getan hat, oder?“
Zum ersten Mal versuchte Johnny, seine neuen Freunde genau zu betrachten.
Der Stefan sah wirklich aus wie ein Agrarmensch, wie ein Ökotyp. Er war normal groß, vielleicht 1,80 m, dünn mit langen, ungepflegten Haaren und kurzem Bart. Hinter der Fassade konnte man einen schönen Mann sehen, wenn er noch fünf Kilo mehr zunehmen würde. Johnny schätzte, dass er Mitte 30 sein könnte. Er sah locker aus, wie so ein Mensch, der sich wenig um seine Umwelt kümmert, nein, besser gesagt einer, der sich nicht kümmert, was seine Umwelt über ihn denkt. Er hatte eine Jeans angezogen und ein schwarzes T-Shirt, das dem Augenschein nach schon mehrmals gewaschen wurde und seine Farbe ziemlich verloren haben. Er trug solche Schuhe, die man hier in Kamerun nur auf dem Second Hand Markt aus Deutschland kriegen konnte. Solche Schuhe, die auch in 100 Jahren immer noch getragen werden können.
Günther war das Gegenteil von Stefan. Zwar nicht so richtig elegant, aber schon ziemlich gepflegt. Seine Haare waren schön geschnitten. Er war ein zurückhaltender Mensch, lächelte hier und da und schaute niemandem wirklich direkt in die Augen. Er war sicher älter als Stefan, aber nicht älter als 42, 43 Jahre. Er sah gebildet aus, mit einer Brille, an der man ihn aus 100 Meter Entfernung als Akademiker erkennen konnte. Er trug eine Jeans, ein kurzärmeliges weißes Hemd und Lederschuhe, die nicht billig aussahen.
Mauritz sah noch sehr jung aus. Er könnte gerade 21 oder 22 Jahre alt sein und sah, wie alle jungen Menschen in diesem Alter, aus wie aus dem Fernsehen. Er hatte um seinen Hals seinen MP3 Player, trug eine Kappe, eine schöne Jeans, T-Shirt und Turnschuhe von Adidas. Er war ziemlich groß und sah sehr sportlich aus. Ja, über ihn war wenig zu sagen. Ein ganz normaler Mann im Wachstum.
Anna, hmm Anna, dachte Johnny, könnte er abschleppen. Sie könnte ihm gefallen. So fing Johnny immer an, wenn er eine Frau beschrieb. Wenn es um Frauen ging, war bei ihm die erste Frage „Kann sie mir gefallen?“ Seine Antwort war ziemlich klar: Ja. Sie war ca. 1,74m groß, sehr gepflegt, eine schöne Frisur, sehr schön geschminkt. Sie könnte Anfang/Mitte 30 sein, sah in ihrem schwarzen Rock so aus, als ob sie gut gebaut sei. Beine in Ikonen Form oder in V-Form, volle, muskulöse Oberschenkel, aber nicht dick. Ganz normales Gewicht für ihre Größe. Unter ihrer braunen, gut geschnittenen Bluse konnte man 2 volle und große Brüste erkennen. Sie sah eigentlich schön aus. Man konnte sagen, ja, das ist eine schöne Frau. Es fehlte bei ihr aber die leidenschaftliche, die erotische Ausstrahlung. Aber man konnte erkennen, dass diese Frau auch fantasievoll sein konnte. Sie war offen, interessiert, lachte viel.
Carla war eine Mischung aus allem. Sie war auch ziemlich jung. Vielleicht zwischen 18 und 20 Jahren? Aber sie hatte schon eine sehr starke Ausstrahlung. Sie strahlte nur so vor Selbstbewusstsein. Solche Mädchen, die schon sehr früh wissen, was sie wollen und ihr Ziel stur verfolgen. Man konnte sofort merken, dass sie eine unabhängige Frau war, aber auch noch naiv. Sie musste ca. 165-170 cm groß sein, mit einer guten, afrikanischen Figur. Nicht dünn, nicht dick, aber alles dort, wo es halt hingehört. Sie schaute Menschen direkt in die Augen und in ihren Augen konnte man sehen, wie sie alle Information regelrecht verschlang. Dabei aber stieß sie – so würde man sagen, wenn es um Tiere ginge – unabsichtlich viele Lockdüfte aus, die einen normalen Mann nicht unberührt lassen. Johnny war sich sicher, sie machte es nicht absichtlich, sie war einfach so träumerisch, wie Menschen, die die Welt noch verbessern wollen und allen vertrauen. Dieser einzige, zufällige, scharfe Blick vorhin hatte bei beiden Spuren hinterlassen, da war sich Johnny sicher.
Während dieser Betrachtung ging das Gespräch unter den vier Passagieren ganz normal weiter. Carla war wieder wach, nur Mauritz hörte seine Musik und beteiligte sich nicht so an dem Gespräch.
„Hast du schon eine Ahnung, in welchem Hotel du dort arbeiten möchtest?“, fragte Anna interessiert.
„Nee, keine Ahnung, vor Ort werde ich auf die Suche gehen“, antwortete Johnny.
„Wie lange willst du dort bleiben und arbeiten?“, fragte Carla.
Johnny überlegte doch ein bisschen und antwortete ohne Carla anzuschauen: „Ich weiß nicht genau, wie lange ich dort bleibe, aber Kribi ist nur ein Zwischenstopp und ein kurzer Trip auf dem Weg zu meinem größten Experiment. Ich gebe mir keine genaue Zeit, um mir keinen Druck zu machen. Ich weiß nur, dass es von Kribi aus einfacher wird, dass zu tun, wovon ich träume.“
Er hatte entschieden, da Carla in ihm etwas ausgelöst hatte, dass er ihr ab nun einfach keinen weiteren Blick zuwenden würde. Er würde versuchen, sie zu ignorieren, gerade um sich noch interessanter zu machen und Carla zu verwirren.
Carla sollte sich fragen: Was los ist? Ob sie ihn vielleicht verletzt hatte, ohne es zu wissen? Dieses Gefühl von Zweifeln und Fragen würde sie verwundbar machen und somit sehr leicht angreifbar. Johnny hatte immer für alles, wenn es um ihn ging, einen Plan. Selten machte er Sachen unbedacht. Etwas in ihm sagte ihm, du musst diese Frau berühren, küssen, streicheln und mit ihr schlafen. Er ahnte, dass die Schwierigkeit der junge Mann Mauritz sein könnte. Johnny vermutete, dass sie ein Paar waren. Natürlich ist das in Kamerun kein Hindernis, im Gegenteil, es ist eine größere Herausforderung.
Er hatte so immer Erfolg bei schwarzen Frauen, hatte Affären mit Frauen gehabt, die in Beziehungen waren. Kam er auch bei den weißen Frauen an? Er sagte sich, er wäre nicht Johnny Win-Win, wenn er diese Herausforderung nicht annehmen würde.
„Und was machst du mit deiner Familie? Du hast doch eine? Frau, Kinder usw. Sie bleiben allein?“, fragte Günther ein bisschen vorwurfsvoll.
Johnny nahm diese Frage als eine gezielte Provokation von Günther, der so versuchte sein Image bei den beiden Frauen zu beschmutzen. Er blieb äußerlich sehr kontrolliert und nett, lachend konterte er mit einer Gegenfrage: „Gerade du Gunder...“, sofort ging Anna dazwischen: „Nicht Gunder, Günther.“
„Egal, ich nenne ihn einfach Doktor, das ist viel einfacher als Gunder“, entgegnete Johnny und fuhr fort, „gerade du Dr. solltest wissen, dass so etwas möglich ist und die Familie nicht eine Bremse sein sollte auf dem Weg zur Realisierung seiner Pläne. Du bist hier – so würde man in Afrika sagen – unser großer Bruder. Du hast sicher vor uns allen hier eine Familie gegründet. Ich fahre nur nach Kribi. Das ist 150 km entfernt von Douala. Und du? Du bist seit sechs Monaten hier, 6000 Kilometer entfernt von deiner Familie, deiner schönen Frau, deinen Kindern, Eltern usw. Du siehst aber, dass es geht, oder?“
Alle waren auf einmal still. Stefan und Anna wussten, dass Günther getroffen war. Seine Vorgeschichte war ein bisschen schwierig und schmerzhaft. Aber Stefan sah nicht besonders traurig aus. Um seinen Mundwinkel erschien ein kleines Lächeln, als ob er sich freute über das, was Johnny gesagt hatte. Er dachte nur, Günther ist selbst schuld, der Moralprediger, als ob er total rein wäre. Wenn man selber Leichen im Keller hat, sollte man nicht über Leichen im Keller reden.
„Hä, Günther? Du verstehst, was ich meine, oder?“, fügte Johnny hinzu.
Günther grinste verlegen und hob seine Schultern.
Es war schon sehr dunkel, aber die Lichter, die immer mehr wurden, zeigten an, dass man in Kribi war, nach zwei Stunden Fahrt durch den Regenwald.
Man konnte den weißen Sandstrand und das Meer sehen und hören.
Man roch überall in der Luft den Geruch des Meeres. Es war warm und leicht schwül.
„Weißt du schon wo du unterkommst, Johnny? Ich meine in welches Hotel du gehst?“, fragte Stefan.
„Nein. Alles war ein bisschen plötzlich. Ich werde mir, wenn wir an der Busstation angekommen sind, ein Taxi nehmen und ein Hotel suchen – und ihr?“
„Wir haben schon seit einem Monat über einen Mitarbeiter, der hier Urlaub gemacht hat, Zimmer in einem Hotel direkt am Strand reserviert. Ist einfacher so und ohne Stress, weißt du? Wir haben dort ein all-inclusive Hotel genommen, bis auf Carla und Mauritz, die sich noch viel umsehen wollen. Wir wollen nur am Strand liegen, schlafen, essen, lesen, ganz entspannen“, antwortete Stefan.
Johnny kannte das Hotel gut. In den guten Zeiten war er öfter dort gewesen. Die Zimmer waren ziemlich teuer, aber die Qualität war top, wie viele andere Hotels dieses Niveaus in Kribi. Viele dieser Hotels könnten problemlos konkurrieren mit ähnlichen Hotels in Europa oder sonst wo. Ja, man konnte alles haben. Es war nur eine Frage des Geldes und genau wegen des Geldes und des schönen Lebens ist er hierher nach Kribi gekommen.
Johnny lachte aber und dachte: Die Europäer sind komisch. Wie kann man denn entspannen, indem man jeden Tag vom Hotel zehn Meter zum Strand geht, schwimmt, am Strand liegt, schläft, liest, isst und morgen wieder das gleiche tat, 14 Tage lang? Er konnte das nicht verstehen. Das war doch schlimmer, als zu arbeiten. „Ja, schön für euch, aber das wäre nichts für mich, so auf diese Art mich zu entspannen. Ich brauche dazu Musik, Stimmung, Tanzen, Lachen, Sport, Bewegung, umschauen und selbstverständlich auch Intimität. Ihr versteht, was ich meine.“
„Ja, Johnny, wir haben gemerkt, dass die Menschen in Kamerun solche Art von Urlaub nicht kennen bzw. nicht mögen und nicht bevorzugen. Ich habe festgestellt, dass meine kamerunischen Kollegen, wenn sie Urlaub machen lieber mit der ganzen Familie zu Opa, Oma, Eltern, Geschwistern, Bekannten, Freunden gehen. Sie entspannen, indem sie in Gruppen sind, und wir entspannen, indem wir allein sind. Komisch, gell?“, sagte Anna.
Günther nickte, er hatte Angst, noch eins auf den Kopf zu kriegen. Deswegen vermied er es, viel zu reden. Carla fügte zu Annas Aussage sehr idealistisch hinzu: „Ja, davon können wir Europäer eine Menge lernen und wieder sozialer sein. Wir werden in Europa immer einsamer und immer egoistischer. Jeder nur für sich, bzw. höchstens nur für seine sehr nahe Familie, Frau und Kinder, Papa und Mama. Punkt. Das finde ich nicht so gut.“
Der Bus hielt an einer Tankstelle, die links an der Kreuzung der Hauptstraße lag. Geradeaus würde man zum Fischmarkt und zu den Behörden kommen links fuhr man direkt in die Innenstadt.
Es war dunkel und man konnte kaum viel von der Stadt erkennen. Rechts aber sah man das Meer mit seinen Wellen, die bis nah an die Straße kamen. Sie waren am Atlantik.
An dieser Tankstelle stiegen die Leute aus, die in der Nähe wohnten oder Touristen, die ein Hotel am Meer gebucht hatten. Manche konnten zu Fuß zum Hotel gehen, manche mussten mit einem Taxi dahin und andere, meist die Leute aus Kribi, würden ein Mototaxi nehmen, um nach Hause zu kommen.
Einige Leute stiegen aus, auch die Deutschen, aber Johnny blieb im Bus. Er konnte kein Hotel hier am Strand in diesem Touristenviertel bezahlen. Er hatte so wenig Geld in der Tasche. Das reichte höchstens für zwei Tage in einem billigen Hotel in der Stadt. Er musste aber eine Erklärung finden für seine Freunde, warum er hier nicht ausstieg und es vielleicht in ihrem Hotel probierte.
Als ob Stefan ahnte, was in seinem Kopf vorging, schlug er vor: „Johnny, warum kommst du nicht einfach mit? Wir hatten 6 Zimmer reserviert, aber erst heute Morgen haben wir erfahren, dass die zwei anderen, die aus Yaoundé kommen sollten, vielleicht gar nicht da sein werden. Heute, morgen und übermorgen auf jeden Fall nicht. Aber die Zimmer müssen wir trotzdem zahlen. Das ist immerhin pro Zimmer 35 €.“
„Danke Stefan, gib mir deine Nummer, ich rufe dich später an und sag dir, wann und ob ich komme. Muss zuerst einen Freund treffen, der mich zum Abendessen erwartet. Danach sehen wir mal.“
Stefan gab ihm seine Nummer und sagte: „Auch wenn du nicht kommst bzw. nicht in unserem Hotel wohnen würdest, vergiss nicht unser Dinner. Darauf freue ich mich. Bin zwar so dünn, wie du siehst, aber das hat nichts mit Essensmangel zu tun. Ich liebe es kamerunisch zu essen. Das sind vielleicht die besten Gerichte der Welt. Gib mir auch deine Nummer. So bleiben wir in Kontakt.“
Johnny lachte ein bisschen geniert und sagte: „Meine Nummer hat Carla. Habe sie einfach in ihre Hosentasche gesteckt, ich melde mich. Gute Nacht.“ Der Bus rollte schon weiter.
Ja, tatsächlich, kurz bevor sie an der Tankstelle hielten, hatte er eine Karte aus seinem Portemonnaie rausgeholt und ohne Carla zu fragen in ihre enge Jeanstasche gesteckt. Dabei hatte er einen Finger ein bisschen „unabsichtlich“ viel weiter hineingesteckt, als nötig gewesen wäre und hatte sie mit dem Nagel beim rausnehmen des Fingers leicht, aber sehr deutlich gekratzt. Carla war so überrascht gewesen, dass sie nicht reagiert hatte. So etwas, so einen mutigen Mann hatte sie noch nie gesehen, sei es in Deutschland oder in Kamerun.
Johnny wusste, dass er eine Öffnung, eine Bresche in Carla geschlagen hatte. Die nächsten Tage bzw. die nächsten Stunden würden sehr bedeutsam sein für ihr Zusammenkommen.
Ja, Johnny musste ein einfaches, billiges Hotel suchen und morgen war ein anderer Tag. Er wollte schon am nächsten Tag eifrig auf die Suche gehen. Er musste unbedingt einen Job in einem Strandhotel, in dem viele Touristen verkehrten, finden.
Das Hotel, in dem die Deutschen waren, war top. Sauber, Klimaanlage, gute Bedienung usw. Nach dem Duschen und Abendessen ging jeder in sein Zimmer.
Carla lag im Bett, konnte aber nicht schlafen. Sie war durcheinander. Sie dachte an Johnny. Erst war er nett zu ihr, dann ignorierte er sie total, als ob sie was Falsches getan hatte oder sie ihm gar nicht gefallen würde und nun diese Karte. Sie war sich sicher gewesen, wenn eine die Karte bekäme, wäre es Anna. Sie hatte sich so toll mit ihm unterhalten.
Carla wusste spätestens als dieser Finger sie angeblich „unauffällig und unabsichtlich“ gepiekt hatte, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben mit einem schwarzen Mann schlafen würde. Es würde dazu kommen, ihre Hormone sagten ihr das und sie wusste auch, wie schade das war, weil sie auch zum ersten Mal in ihrem Leben, seitdem sie mit 16 ihren ersten Freund hatte, jemandem weh tun würde, vielleicht sogar musste. Sie würde fremdgehen. Diese Erkenntnis machte sie so traurig, weckte Angst und Verzweiflung, aber machte sie auch sehr an. Ihr Freund sollte es nicht herausbekommen. Alles musste geheim und versteckt sein. Diese Gefühlsmischung löste in ihr eine heftige Erregung aus, die sie nie in dieser Form gehabt hatte. Sie zog ihre Beine fest zusammen, was zu einer Spannung der Muskeln des Beckens und des Bauches führte. Sie seufzte und stieß einen unkontrollierten Schrei aus. Sie war total feucht. Sie hatte gerade einen Orgasmus bekommen ohne Fremdeinwirkung. Sie verstand ihren Körper nicht mehr. Hatte es mit Johnny als Person zu tun, oder damit, dass er schwarz war? Sie hatte sich vorher nie Gedanken darüber gemacht, ob jemand schwarz oder weiß war. Alles war immer so normal. Nun stellte sie sich seit zwei Stunden alle möglichen Fragen über schwarze Männer. Sie war wie verzaubert. Ihr Körper hatte schon längst entschieden. Sie wollte diesen schokobraunen Body streicheln, kratzen. Sie wollte diesen Körper auf sich, ihn spüren, egal was passierte. Die Konsequenzen würde sie später sehen. Sie konnte einfach nicht anders.
Sie ging wieder ins Bad und kam frisch geduscht und sauber heraus. Sie legte sich hin und schaute nach Mauritz, der so müde schon lange eingeschlafen war.
Endlich landete Johnny im Bett. Es war ein langer, sehr langer und erlebnisreicher Tag gewesen. Diese fluchtartige Reise ohne ausreichendes Geld. Wie würde er leben, wenn er nicht so schnell einen Job fand? Und selbst wenn er einen Job fand, wie würde er den ersten Monat überstehen? Das Hotel kostete nur 7,50 € die Nacht, aber das war für ihn auch schon sehr viel und er würde ab morgen lieber ein kleineres Zimmer ohne jeglichen Komfort mieten, für höchstens 15 € pro Monat. Und er musste noch seine neuen Freunde zum Essen einladen. Das würde nicht billig werden. Mindestens 30 € für alle und was er hatte reichte nicht einmal für drei Hoteltage. Er lächelte und sagte: „Ha, heute ist heute, morgen ist morgen. Der Morgen kommt mit Lösungen. Nichts ist schlimm. Nur unsere Vorstellung macht es schlimmer und es gibt etwas, was der moderne Mensch immer zu vergessen scheint, weil er glaubt, er kann die volle Kontrolle über sein Leben haben. Ja, es gibt noch etwas: Das Geschenk, das die Natur bzw. Gott uns gegeben hat: den Zufall. Darin befinden sich viele Chancen. Man muss lernen, das Unerwartete zu erwarten. Ja, ‚es wird gut sein‘ ist nicht nur eine leere Aussage.“ Er machte sich über das Geld weiter keine Gedanken mehr.
Er dachte wieder an den Abschied von Amina, von Rita und den Kindern und von Nicole. Er hatte sich gar nicht von ihr verabschiedet. Das hätte er nie gedacht. Er war zwar verliebt, aber liebte sie nicht so richtig, wie er Amina liebte. Er war einfach von ihr besessen, aber lediglich lustmäßig, sexuell. Diese Sehnsucht nach ihrem Körper war wie eine Droge, von der er jetzt lernen musste, sich zu verabschieden.
Sie hatte sich auch nicht gemeldet; kein Anruf. Er schaute nach dem Handy und merkte, dass es die ganze Zeit aus gewesen war. Sie hatte ihn gar nicht erreichen können. Er versuchte sein Handy anzumachen und stellte fest, dass die Batterie leer war. Er stand wieder auf, um das Ladegerät aus der Tasche zu holen. Er durchsuchte die Tasche, ohne es zu finden. Er erinnerte sich aber, es mitgenommen zu haben, zumindest, es in der Hand gehabt zu haben. Er machte die Nebentasche auf und tatsächlich fand er es darin und den Umschlag, den Wadjo ihm gegeben hat. Er hatte das kleine Paket total vergessen. Er nahm den Umschlag und legte sich wieder hin. Das Handy lud auf.
Er macht den Umschlag auf und was er darin fand, überwältigte ihn. Er machte seine Augen auf, stand auf, kniete sich vor sein Bett und sprach ein kurzes Gebet: „Ich danke dir Gott. Ich danke dir für alles, was du für mich tust. Ich danke dir, dass du immer da bist und über mich wachst. Ich danke dir dafür, dass du mich immer mit den richtigen Menschen umgibst. Es fühlt sich so schön an zu wissen, dass du da bist. Es ist gibt mir Kraft zu wissen, dass mir nichts Böses passieren kann, weil du da bist. Ich bin nun noch viel sicherer, dass der Weg, den ich heute eingeschlagen habe, der richtige, gesegnete Weg ist. Ich danke dir Gott, dass es Amina gibt. Ich bitte dich Gott, sie und ihre Familie zu schützen, ihre Geschäfte sollen noch mehr blühen, damit sie noch viel erfolgreicher wird. Was sie mir hier gegeben hat, soll sie 1000 Mal mehr von dir zurückbekommen. Ich sage ihr über dich: danke, Amina. Nicht umsonst ist dein Sohn für uns gestorben. Ich liebe dich, weil ich weiß, dass du mich liebst und du zeigst mir diese Liebe jeden Tag. Mit dir an meiner Seite kann ich nur siegen. Es reicht für heute, Gott. Ich soll dich nicht zu viel loben und schmeicheln. Gute Nacht und lenke meinen Tag morgen. Ich wollte sagen, schlaf gut. Ah, darfst du überhaupt schlafen? Gott, ich wollte nur, dass du ein bisschen mit mir lachst. Ich danke dir.“
Er stand wieder auf.
Johnny ging nie zur Kirche. Er war auch nicht besonders religiös, wie seine Eltern. Aber er hatte in der Bibel das gefunden, was er brauchte, um sein Leben so zu leben, wie er es vorhatte. Gott ist für alle da, sagte er immer.
Er nahm den Umschlag wieder in seine Hand und machte sein Handy an. Als er den ganzen Inhalt des Umschlages erforschen wollte, machte sein Handy mehrmals Piep-piep. Er schaute nach. Es waren alles automatische, vom Dienstanbieter gesendete SMS. Nicole hatte die ganze Zeit versucht ihn anzurufen. Er löschte eine SMS nach der anderen und plötzlich kamen doch drei persönliche Nachrichten. Eine davon war von Nicole: “He mein Löwe, ich mache mir große Sorgen um dich. Du bist nicht zu unserer Verabredung gekommen, du hast mich nicht angerufen und dein Handy ist die ganze Zeit aus. Bitte melde dich. Ich bin so traurig und lebe in Angst. Ich bete zu Gott, dass dir nichts passiert ist. Bis dann. Je t’aime, je t’aime, je t’aime. Bisou, je t’embrasse.“
Diese Nachricht machte ihn nun doch ein bisschen traurig. Er bekam ein schlechtes Gewissen, aber er wusste schon, was er ihr sagen würde, wenn sie ihn erreichte.
In dem Umschlag war neben dem Geld auch ein Bild von Amina und ein kleiner Brief und eine Visitenkarte. Die Karte war vom Geschäftsführer eines Hotels. Amina hatte sicher dort angerufen und einen Job für Johnny erbeten. Sein Herz schlug mehrmals heftig als er den Namen des Hotels las. Es war das Hotel, in dem seine Freunde untergekommen waren. Was für ein Ding?, sagte er sich. Warum ausgerechnet in diesem Hotel? Er konnte doch nicht da arbeiten, wo Leute ihn kannten und für einen reichen Geschäftsmann hielten. „Danke Amina, aber dort werde ich sicher nicht arbeiten. Zumindest die nächsten zwei Wochen nicht.“ Er steckte die Karte in sein Portemonnaie und las den Brief von Amina. Es waren nur vier Zeilen, aber sehr berührende Zeilen. Den Brief steckte er auch in sein Portemonnaie und zählte das Geld. Es waren mehr als 1600 €. Er konnte seinen Augen nicht trauen.
Er konnte doch morgen seine Freunde zum Essen einladen und ein Champagner würde geöffnet werden. „Was dir Gott umsonst gibt, solltest du nicht nur für dich allein behalten. Du musst einen Teil davon auch anderen Menschen umsonst geben, damit das natürliche Gesetz seinen Weg geht“, sagte sein Großvater immer, erinnerte er sich. Er würde an Bettler und Bedürftige ca. 100 € geben, mit seinen Freunden ca. 100 € ausgeben, 250€ würde er an Rita schicken, damit die Strom- und Wasserrechnungen rechtzeitig beglichen werden konnten, für 50 € würde er getrocknete Fische kaufen und an Wadjo schicken, und ihn bitten, ein Paket an Amina zu übergeben. Seine Schulden von 20 € bei Wadjo würde er auch begleichen. Und der Rest war für ihn.
Es war schon 23:55 Uhr als er alle Lichter ausmachte. Es war so heiß und das Zimmer hatte keine Klimaanlage. Morgen würde er sich etwas Besseres suchen. Er könnte nun bis zu 50 € pro Monat für ein Zimmer bezahlen und drei Monate im Voraus zahlen. Für 50 € wäre das Einzelzimmer ziemlich luxuriös. Und wenn die Sache schnell ginge, konnte er auch weiter in einem Hotel bleiben, da man dort den vollen Service bekam, überlegte er.
Er deckte sich mit dem sehr leichten Betttuch zu, aber nach nur 15 Minuten rollte er es zur Seite. Nichts zu machen, es war einfach sehr heiß. Da er nicht einschlief, fing er an, an die Deutschen zu denken. „Sie sind eigentlich sehr nett“, sagte er sich. Aber Günther und Mauritz kamen ihm ein bisschen mysteriös vor. Stefan war ganz ok, Anna und Carla auch.
Anna schien viel offener zu sein, aber sein Gefühl sagte ihm, dass sie keine Frau für eine schnelle Affäre war. Carla auch nicht, aber sie war eine Frau mit schlafender Fantasie. Er hatte Lust auf sie, aber er wusste nicht, ob Mauritz ihr Freund war oder nicht. Das wäre ihm sowieso egal. In Kamerun ist das nicht so wichtig. Was zählt ist dein Mut, deine Worte und wie stark der andere Mann seine Frau oder Freundin im Griff hat.
Carla wäre auch seine erste weiße Frau. Das machte ihn auch sehr an. Wie sind weiße Frauen nackt? Wie bumsen sie? Wie ist ihre Vagina? Usw. Er hatte sich bis zu dem Tag gestern nie Gedanken darüber gemacht, welche Hautfarbe seine Freundin hatte. Das war komisch, obwohl es viele weiße Frauen in Douala gab. Gezieltes Interesse hatte er nie gehabt. Dass es doch so schnell passieren könnte, hätte er nie gedacht, aber nun sagte ihm seine innere Stimme, dass mit Carla etwas zustande kommen würde. Mit dieser Fantasie, Carla in seinem Bett zu haben, schlief er endlich ein.
Als er wach wurde, war es fast 11 Uhr. Er hatte erstaunlich gut geschlafen.
Johnny wollte keine Zeit verlieren und schon vor dem Nachmittag in allen Hotels am Strand nach Arbeit fragen. Am schnellsten ging das mit dem Mototaxi.
Sehr schnell war die Runde gemacht, bis auf July Beach, wo die Deutschen waren. Überall hatte er ein Nein bekommen oder der Verdienst war extrem gering. Bei einigen Hotels und Restaurants war seine Bekleidung sehr suspekt für die Direktoren. „Wie kann eine Person in Designerkleidung einen Job als Küchenhelfer suchen? Das ist sicher ein Spion des Finanzamtes oder Ähnliches. Er hat sicher was vor“, sagten sie sich.
Ja, klar hatte Johnny etwas vor, aber nicht in dieser Richtung. Was sollte er jetzt tun? Es blieb ihm nur die Adresse von July Beach. Er war so müde und hatte Hunger. Er wollte aber zuerst seine Sachen holen und das Hotel wechseln, nicht direkt an den Strand, aber von besserer Qualität und mit Klimaanlage. Er hatte keine Lust mehr, heute noch ein Mietzimmer zu suchen, wie er es zunächst vorgehabt hatte. Als er die Tür seines Zimmers aufmachen wollte, klingelte das Telefon. Die Nummer kannte er nicht. „Wer könnte es sein?“, fragte er sich. Er zögerte ein bisschen und dann hob er ab. „Hallo“, sagte er vorsichtig. Es konnte Nicole sein, die mit einer anderen Nummer probierte ihn zu erreichen. Auf einmal erhellte sich sein Gesicht mit einem breiten Lächeln. „Ha Stefan, wie geht es dir? … Ja, …. Nein… abends?... zu spät? … wann denn?... Okay, das lässt sich machen. … Oh, nein, Johnny hält seine Versprechen. Ihr kriegt das beste Dinner, das ihr je gehabt habt in Kamerun, sogar in Deutschland, … ha haha, ja, von mir aus noch heute Abend, frag die anderen. Bin dann gegen 18 Uhr bei euch.“ Das war Stefan gewesen, der sein versprochenes Dinner haben wollte.
Das gefiel Johnny: „Der macht es wie ein Afrikaner, der Stefan, direkt offen und sagt, was er denkt. Das gefällt mir“, sagte er über Stefan, als er in sein Zimmer hineinmarschierte.
Er packte seine Sachen zusammen, ging zum Empfang, übergab die Schlüssel und verließ das Hotel.
Es war schon 16 Uhr, aber es war immer noch sehr warm und es gab kaum Wind. Er schwitzte in seinem engen, sexy Hemd, das seinen schönen Körper abzeichnete.
Nachdem er ein schöneres Hotel, nicht sehr weit vom Strand, gefunden hatte, entschied er sich, einige Minuten am Strand zu spazieren.
Beim Spaziergang am Strand dachte er an Nicole, die wieder mehrmals versucht hatte ihn zu erreichen. Er würde sie anrufen und ihr erzählen, dass er unerwartet nach Paris fliegen musste. Er würde dann irgendwelche Dummheiten erzählen.
Er wusste, dass sie zufrieden sein würde. Die Hauptsache für sie war doch, dass er nicht verschwunden war, und dass er immer noch da war. Es reichte, ihr Hoffnung zu geben. Den Rest würde sie einfach ignorieren. Sie wollte die Wahrheit überhaupt nicht wissen. Sie lebte in einem Traum und wollte diesen Traum behalten, solange er es wollte.
Nun war es langsam Zeit, sich fertig zu machen für die Deutschen. Um Punkt 18 Uhr, pünktlich wie ein Deutscher, stand Johnny im Foyer des July Beach Hotels. Er war leicht angezogen, nicht im Anzug, sondern in einer engen Esprit Jeans, mit einem schwarzen Shirt und Sandalen. Vielleicht würde er hier mal arbeiten müssen und er wollte nicht schon wieder auffallen wie ein reicher Mann.
Gerade als er zur Empfangsdame gehen wollte, sah er Mauritz in einer Ecke sitzen und am Laptop spielen.
Er merkte nicht, wie nah Johnny schon bei ihm war, so sehr war er auf sein PC-Spiel konzentriert. Johnny stand eine Weile da und sah ihm beim Spielen zu.
Mauritz spielte weiter und bemerkte Johnny erst, als dieser beide Beine und Hände mit einem Freudenschrei schüttelte.
„Oh bon … bon... bon...jour Johnny.“
„Bonsoir, Maurice.“ Johnny sprach den Namen aus, wie er sich auf Französisch anhörte.
„Comment ça va? Wo sind die anderen?“
„Warte mal, ich informiere sie.“
„Okay, ich bin auf der Terrasse draußen.“
Mauritz machte schnell seinen Laptop aus und ging ins Zimmer.
Nach und nach kamen alle hinaus in den Garten des Hotels, wo Johnny schon einen Drink aus Whisky und Tonic trank.
Er stand auf, sehr galant und grüßte einen nach dem anderen.
„Bonsoir la belle“, sagte er zur Anna, „tu es éblouissante ce soir- du bist eine blendende Schönheit heute Abend.“
„Bonsoir Stefan, bonsoir Günther, Mauritz wir haben uns schon begrüßt.“
„Setzt euch, wir trinken etwas bei diesem wunderbaren Ausblick und dann gehen wir essen. Ich bin mit einem Taxi da, es wartet draußen am Eingang. Ich hole die Bardame, die Servante.“
Er stand auf und ging Richtung Bar, in diesem Moment kam auch Carla und sie trafen sich im Foyer. Es war wie Elektrizität. Johnny ging zu ihr, gab ihr die Hand und zog sie sofort an sich, flüsterte etwas in ihr Ohr und mit seinen Lippen, ohne den Mund zu öffnen, streichelte er ihr den Hals seitlich, ganz sanft und langsam von oben nach unten und unten nach oben. Danach schob er sie ruhig weg von sich, verabschiedete sich mit einer kleinen Berührung ihrer rechten Wange mit seiner rechten Rückhand. „Ich habe noch nie eine Frau so hübsch wie du gesehen, du bist ein Sonnenschein. Die anderen sind schon draußen. Ich komme gleich.“
Sie hatte nicht die Zeit gehabt etwas zu sagen oder bewusst zu reagieren. Ihr Körper tat das.
Carla zitterte am ganzen Körper. Sie spürte in ihrem BH wie ihre Brustwarzen dicker, steif, hart geworden waren, sie spürte ein Kribbeln, das von ihrem Hals über ihren Bauchnabel direkt in ihrer Vagina landete. Sie spürte, wie eine Flüssigkeit ihre Oberschenkel anfeuchtete. „Was ist nur los mit mir?“ So etwas heftiges, gleichzeitig Beängstigendes und Anziehendes und vor allem Erregendes hatte sie noch nie erlebt.
Als Johnny mit der Servante kam, waren die Deutschen dabei, über die schöne Landschaft zu reden. Über das Meer, das seine Wellen rauschen ließ. Man konnte von dort aus auch mehrere Lichter von Schiffen sehen.
Es ging beim Gespräch über den Sinn des Massentourismus. Stefan meinte, dass es schön sei, dass es in Kamerun keinen Massentourismus gab, wie in Kenia oder dem Senegal. Anna meinte, wie Günther, man könnte doch eine Mischung finden, damit der Tourismus den Menschen z.B. in Kribi Arbeit und Infrastruktur brachte, was die Lebensbedingungen verbessern würde und gleichzeitig darauf achten, dass dieser Tourismus die Sitten und die kulturelle Identität nicht zerstörte, eine Art Ökotourismus.
„Was denkst du Johnny? Massentourismus oder Ökotourismus unter Berücksichtigung der kulturellen Gegebenheiten? Was meinst du?“, fragte Stefan.
„Ich sage euch, was ich meine, später nach dem Essen. Jetzt geht es zuerst um Spaß und Genuss. Was wollt ihr trinken? Die Servante wartet.“
Carla saß ein bisschen zurückgezogen in einer Ecke und folgte interessiert dem Gespräch. Mauritz saß neben ihr und schaute einfach abwesend um sich.
Nachdem sie etwas getrunken hatten, fuhren sie alle fünf in dem Taxi in die Innenstadt.
Es war eng im Auto, aber normal in Kamerun. In Kamerun ist es normal, dass ein Taxi fünf oder sechs Gäste mitnimmt, vier hinten und zwei vorne. So kann der Fahrer mehr verdienen, da jeder einzelne Mitfahrer zahlt. Dazu ist es auch eine Art ökologische Fahrweise: wenig Sprit verbrauchen mit mehr transportierten Passagieren.
Sie fuhren zum Fischmarkt direkt am Wasser, wo man ganz frische Fische bekam. Das war die Spezialität der Frauen: Fisch am offenen Holzgrill grillen. Es gab auch Fleischspieße, Schweinekoteletts, das waren aber Spezialitäten der Männer. Man konnte dort alles haben. Dazu kamen sehr leckere, süß gebratene Kochbananen oder Bibolo. Die Sauce dazu war weltweit einmalig.
„So gutes und frisches Essen findet man nur in Kamerun, dem Land, das Gott liebt“, erklärte Johnny.
Still aßen die Deutschen genüsslich und tranken dazu Kadji-Bier und 33 Glacé, bis auf Carla, die den Jus de Pamplemousse (Pampelmusensaft) von UCB Kadji Brauerei vorzog.
„Hmmm, ich liebe Kamerun“, sagte Anna, „wo sonst kriegt man so tolles, frisches Essen, das so wunderbar schmeckt?“
„Ich liebe dieses Land, die Stimmung, die Mentalität, das Feeling. Das ist das Leben. Ich war schon in vielen verschiedenen Ländern, in Asien, Süd-Amerika, aber hier ist alles anders. Einfach natürlich und entspannt, obwohl man genauso viel und sogar mehr leisten muss als in Deutschland.“
„Ja, das reicht jetzt“, mahnte Stefan. „Es fehlt dir nur noch ein kamerunischer Mann und dann ist alles komplett.“ Sie grinste und sagte: „Who knows? Quivivra, vera?“
Nach dem Essen blieben und tranken sie noch ein bisschen und Johnny schlug vor, in die Disco zu gehen. Aber nicht in eine normale Disco, sondern in eine Bar, eine Art Kneipe, in der sehr laute Musik gespielt wurde und wo man tanzen konnte bzw. durfte. Man zahlte kein Geld für den Eintritt und das Bier wurde zu normalen Preisen angeboten.
Sie nahmen wieder ein Taxi zur „Rue de la Joie“ (Straße der Freude, Street of joy). In fast allen Städten gibt es mindestens eine, meistens mehrere Straßen der Freude und des Spaßes. Nachts in Kamerun wird auf solchen Straßen ab 20 Uhr die Nacht zum Tag. Millionen werden jeden Abend dort umgesetzt in Essen, Trinken, Sex, Spielen und Wetten. Es wimmelt dort immer nur so von Menschen aller sozialen Klassen, Frauen und Männern, und dort werden auch die bedeutendsten Geschäftsanbahnungen gemacht.
„Vivre heureux et mourir jeune, glücklich leben und jung sterben, man lebt nur einmal, you only live once“, stand auf dem großen Plakat vor dieser Bar. Ja, hier lebten Leute wirklich voll. Die Musik war laut, die Stimmung unglaublich, alle Leute lachten mit jedem und tanzten mit jedem.
Für Johnny und die Deutschen wurde ein Tisch freigemacht und sie bestellten wieder etwas zu trinken. Johnny Win-Win vergnügte sich mit seinem Whisky, die deutschen Männer mit Bier. Anna, wie Carla, diesmal nur mit Saft.
Johnny staunte im Laufe des Abends, wie viel Deutsche doch trinken konnten. Er hatte immer gedacht, die Kameruner wären die top Trinker, aber diese drei hier?
Die Stimmung wurde immer besser bei den dreien und auch Johnny, Carla und Anna fühlten sich wohl und redeten immer lauter, um die Musik, die noch lauter war, besiegen zu können.
Die ganze Zeit, wie schon auf dem Fischmarkt, flirtete Johnny sehr intensiv mit Carla, aber geheim, so dass die anderen es nicht merken konnten. In solchen Menschenmassen und bei der Stimmung war es umso leichter. Die Flirtzeichen wurden immer deutlicher, sie kamen sich, ohne miteinander zu reden, immer näher.
Plötzlich stand eine Frau auf und tanzte in Richtung Günther. Das war eine Aufforderung, aufzustehen und mit ihr zu tanzen. Günther schaute nach links und rechts, ein bisschen unsicher, wie er sich verhalten sollte. Stefan und Anna fingen an zu klatschen, um ihn zu motivieren aufzustehen. Auf einmal ermutigt, klatschten immer mehr Menschen und es blieb Günther keine andere Wahl, als mit dieser Frau zu tanzen.
Die Menge klatschte noch lauter und die Stimmung ging auf einmal von 100 auf 1000. Viele standen auf und umkreisten das Tanzpaar. Die Knoten waren auf einmal explodiert. Eine andere zog fast mit Gewalt Stefan von seinem Sitz auf, und noch eine holte Anna. Und Johnny profitierte von diesem Chaos und bat Carla zum Tanz.
Die Tanzfläche war sofort voll, da der DJ das Lied von Magic System aus der Elfenbeinküste - Premier Gaou - abspielte. Es gab Drängelei und Durcheinander, so dass Carla und Johnny sehr bald weg in eine andere Ecke geschubst wurden.
Johnny guckte nach seinen Freunden und sagte sich, das Bier tat gute Arbeit. Die deutschen Männer waren nicht mehr zu erkennen. Mauritz ritt fast auf einer Frau, als er versuchte so zu tanzen, wie ein Kameruner neben ihm. Günther machte Karate und Kickboxen und Ballett gleichzeitig. „Ich wusste nicht, dass Günther Kampfsportler ist“, amüsierte sich Johnny, während er Carla sehr sanft an sich zog.
Stefan war schon am Ende. Ob er da Yoga machte oder ein Buddhist geworden war oder Kung Fu, das war nicht genau zu beschreiben. Er genoss, wie man deutlich sehen konnte, die Boa-ähnlichen Bewegungen eines hübschen Mädchens an ihm. Den Menschen war es egal, es ging hier um Spaß, Spaß, Spaß. Roberto Blanco, der in Deutschland „Ein bisschen Spaß muss sein“ gesungen hatte, würde hier singen: „Der volle Spaß ist da“.
Wo war Anna? Johnny konnte sie nicht mehr richtig sehen. Und nun wollte er sich um Carla kümmern, die neben ihm tanzte.
Es ging so schnell. Johnny zerrte Carla an sich und merkte null Widerstand von ihrer Seite. Ohne zu zögern, nahm Carla das Gesicht von Johnny zwischen ihre beiden Hände und streichelte seine Wangen. Dabei rieben sie ihre Körper immer stärker aneinander. Die beiden Hände von Johnny spazierten mal am Rücken, mal auf den Po von Carla, mal zwischen ihre Pobacken. Carle drückte ihren Busen an Johnnys Brust und rieb sich hin und her. Ihr Herz schlug so schnell wie noch nie. Sie dachte an Mauritz, der nur ein paar Meter neben ihr tanzte. Dieser Gedanke, dass er sie so sehen könnte, erregte sie noch mehr und sie flüsterte in Johnnys Ohr: „Bitte Johnny, kannst du mich unauffällig unter meiner Unterhose massieren?“ Johnny, ohne zu antworten, spazierte mit seiner rechten Hand unter Carlas Rock und seine Überraschung war perfekt, als er merkte, dass sie gar keine Unterhose an hatte. „Du kleine Schlampe“, sagt er lachend, „aber das gefällt mir“. Carla antwortete mit der Stimme einer sterbenden Person: „Dann bin ich deine Schlampe, bitte mach weiter, geh nicht rein, bleib nur an der Öffnung und massier mich.“ Johnny tat einige Sekunden, was Carla wollte, aber sehr schnell stoppte er, ohne die Hand weg zu nehmen und übte Druck um die gesamte „Region“ aus. „Nein, nicht hier, wir müssen aufhören.“ Carla umfasste mit beiden Händen Johnnys runden knackigen Po und drückte ihn fest an ihr Becken, bald spürte sie seinen festen, erigierten Penis und auch, wie sich ihre Muskeln in und um ihre Vagina mehrmals zusammen zogen. Sie sah auf einmal aus, als ob sie irgendwo schwebte, aus ihrem Mund kam ein nicht ganz leises „oooh, ooohh“, das aber von der lauten Musik verschluckt wurde. Danach blieb sie an Johnny geklebt und sagte: „Bitte Johnny, lass noch ein bisschen deine Finger dran, einfach nur dran, ohne was zu tun.“
Erst als sie dann wieder zurück zum Tisch gingen, merkten sie, dass zwei Männer und eine Frau die ganze Szene mitverfolgt hatten.
Johnny sagte zu Carla: „Rufst du mich morgen an, gegen 13 Uhr? Ich werde dir Kribi ein bisschen zeigen.“
Sie nickte total entspannt mit einem verliebten Lächeln.
Die anderen Deutschen waren immer noch voll dabei sich zu amüsieren. Johnny und Carla taten so, als ob nichts gewesen wäre.
Johnny ging an die Bar, um sich noch einen Whisky und einen Saft für Carla zu holen. Dabei bemerkte er Anna in Aktion. Sie tanzte sehr gut, sehr rhythmisch, sie schwenkte ihren Po so wie die Afrikanerinnen und kreiste wunderbar mit und um ihre Hüfte. Sie wird sicher gut im Bett sein, dachte Johnny und holte die Getränke.
Stefan kam kurze Zeit später zurück an den Tisch und sah ganz zufrieden aus, einige Minuten später kam auch Mauritz, der so nass war, als ob es auf ihn geregnet hätte. Er fragte Carla: „Warum willst du nicht tanzen? Wir amüsieren uns und du sitzt nur so da. Du bist immer am meckern, verklemmt und ängstlich. Man weiß nicht, was dir gefällt, was dir Spaß macht. Das nervt. Schade.“
Ganz ruhig sagte sie nur: „Liebe Mauritz, ich weiß wohl, was mir Spaß macht.“
„Schön, dann zeig es auch.“
„Okay, nur keine Eile, mir geht’s gerade sehr gut. Ich bin entspannt und erfüllt. Mach dir keine Sorgen“, entgegnete sie.
„Wollen wir gehen?“, fragte Stefan.
Aber Günther war plötzlich nirgendwo zu sehen.
Es war schon fast 1 Uhr und sie wollten alle ins Bett.
Endlich ließ der große Mann Anna frei und sie kam auch total happy zum Tisch.
„Wo ist Günther denn?“
„Wir wissen selbst nicht, wo er ist. Er ist sicher nicht entführt worden“, sagte Stefan, „wir gehen einfach und er kommt nach.“
„Nein, wir verlassen diesen Ort nicht, wenn wir nicht komplett sind“, erwiderte Anna.
„Der ist doch kein Baby. Mein Gott, du übertreibst manchmal Anna, mit deiner überzogenen...“
„Nein, lass es ein. Wir müssen nicht streiten und den schönen Abend kaputt machen. Ich gehe ihn suchen. Wartet mal“, intervenierte Johnny.
Er stand auf und redete ein bisschen mit den Leuten und gab einem Mann 1000 F (ca. 1,50€), der dann mit ihm wegfuhr. Nach zehn Minuten kam er zurück und meinte: „Er ist in guten Händen und feiert ganz doll privat weiter. Ich schlage vor, wir trinken fertig und dann gehen wir. Er kennt den Weg. Er ist kein Kind mehr, mon Dieu!“
Sofort griff Stefan wieder an: „Siehst du Anna? Siehst du? Immer versuchen, die Obermutter zu sein.“
Sie sagte nur: „Ha du, ich glaube du bist betrunken, gehen wir.“
„Ich will aber noch ein letztes Bier“, forderte Stefan. Mauritz auch.
Sie tranken und plauderten Quatsch dabei. Es war einfach schön, aber sie waren nun echt müde.
Als sie ins Taxi einsteigen wollten, hörten sie Günther lauf rufen: „He, wartet auf mich. Ihr wolltet schon ohne mich weg fahren.“
Er rannte und stieg auch ein und das Taxi fuhr los. Die Straße der Freude wurde langsam wieder die Straße des Stresses, die Straße des Leids. Der Tag war schon unterwegs und die Straße wurde stetig leerer und ruhiger.
„Wo warst du denn, Günther?“, fing Anna an. „Wir haben uns Sorgen gemacht.“
Stefan konterte Annas Aussage: „Nein, sag nicht wir, sei doch selbstbewusst genug, um zu sagen, ich habe mir Sorgen gemacht. Die anderen waren ganz gelassen.“
Günther war wie immer verständnisvoll: „Warum hast du dir Sorgen gemacht, liebe Anna? Mir geht es gut.“ Er hasste Auseinandersetzungen, ein bisschen das Gegenteil von Stefan.
Stefan, vielleicht betrunken, ging weiter: „Anna, ehrlich gesagt, was ist dein Problem dabei? Bist du in Günther verliebt? Oder eifersüchtig?“
Diesmal reagierte Anna sichtlich genervt: „Halt deine Fresse, du bist betrunken, du weißt nicht mehr, was du sagst. Du bist echt wie ein Bauer. Du bist doch einer. Geh zu deiner Plantage. Die Bauern sind immer so.“
“Es war mein schönster Abend in Kamerun. So habe ich noch nie gefeiert“, fing Günther an.
„Ja, es war echt toll. Ich habe mich richtig amüsiert. Und du Mauritz?“, fragte Stefan.
Es kam keine Antwort von Mauritz. Er schlief die ganze Zeit schon tief und fest. Mauritz hatte auch viel Bier getrunken und noch nie so fröhlich ausgesehen, wie gestern Abend.
„Danke, Johnny. Es war nett von dir und wir werden uns revanchieren. Wir waren schon oft abends unterwegs, auch mit Kamerunern. Aber sie brachten uns immer nur dahin, wo die Europäer und wohlhabenden Kameruner gern hingehen und...“, Stefan unterbrach Anna: „Ja, da wo alle und alles spießig ist. Auf solchen Straßen, wie der Straße der Freude lernt man mal wirklich Kamerun in der Nacht kennen. Das ist das wahre Kamerun. Die Leute kommen nicht, um sich zu präsentieren, ein neues Auto zu zeigen, um anzugeben. Hier geht’s nur darum, Spaß zu haben, zu feiern. Man ist, wie man ist. Das ist echt toll. Dafür danke ich dir, Johnny. Dieses Mal hat die Mutter der Nation – er meinte damit provokativ Anna – Recht. Wir werden uns revanchieren und wer weiß, vielleicht kommst du uns mal in Deutschland besuchen?“
„Ja, gute Idee“, meinte auch Günther.
Das Taxi verließ die Hauptstraße und bog links in einen engen Weg ab, der zum Hotel führte.
„Ehrlich Günther, wo warst du denn eigentlich?“, fragte nun Stefan.
„Ah ja. Willst es also doch wissen“, sagte Anna.
„Bitte bleib einfach ruhig, Anna. Lass es uns unter Männern regeln, wie man es in Kamerun macht“, konterte Stefan lachend.
„Es geht euch nichts an“, meinte Günther nur.
„War es denn zumindest schön?“, versuchte Stefan doch noch etwas mehr zu erfahren.
Das Taxi hielt an. Sie waren angekommen.
Mauritz musste wirklich lange geweckt werden. Er war im totalen Tiefschlaf.
Sie verabschiedeten sich von Johnny, der mit dem Taxi weiter zu seinem Hotel fuhr.
Solche Abende waren nichts Besonderes für Johnny. Er war es gewohnt. Er hatte geahnt, dass es den Deutschen dort gut gefallen würde. Die meisten Europäer, weil sie das Land nicht kannten, hatten ein ganz konkretes Bewegungsprofil und gingen nur in sogenannte In-Lokale. Da er selbst öfter in solchen Lokalen war, wusste er, wie langweilig es dort war. Dort war es voll mit vielen Prostituierten, die vermögende Kameruner und Euroscheine der Europäer suchten. In solchen Lokalen waren Bekanntschaften auch sehr oberflächlich. Deswegen waren die meisten Freundinnen der Europäer hier in Afrika die sogenannten „leichten“ Mädchen, die gleichzeitig noch neun andere Männer hatten.
Er war nun in seinem Bett angelangt und total kaputt. Das Zimmer war viel komfortabler, mit Klimaanlage. Er versuchte, an Carla zu denken. Die Müdigkeit war leider viel stärker als sein Wille und es blieb ihm keine weitere Fantasieminute. Er schnarchte schon und vielleicht träumte er von Carla?
Carla lag neben Mauritz, der wieder sofort eingeschlafen war und fand keinen Schlaf. Sie drehte sich öfter hin und her und die Bilder von der Szene mit Johnny gingen ihr nicht aus dem Kopf. Was war los mit ihr? Woher kannte dieser fremde Mann ihre intimsten Fantasien? Und wusste genau, wie sie erweckt werden konnten? Sie war schon zwei Jahre mit Mauritz zusammen und hatte niemals solche Erregung gespürt. Ihr Körper juckte regelrecht. Sie wollte Sex. Es kam ihr die Idee, einfach wieder rauszugehen und Johnny anzurufen. Er sollte zurückkommen und sie mitnehmen. Aber die Idee verwarf sie schnell wieder. Es ging nicht und sie wollte auch Mauritz nicht wehtun. „Morgen aber werde ich es tun. Ich werde mit Johnny schlafen. Ich will ihn in mir spüren, ich will dieses steife Ding, das ich in seiner Hose gespürt habe, in mir. Ich will seinen braunen, muskulösen Körper sehen, streicheln, lecken, an seinen vollen Lippen knabbern. Ich will seinen runden festen Po schlagen. Ja, ich bin mir sicher, dass ich es will, egal was passiert. Es tut mir leid, Mauritz“, und dabei schlief sie doch ein.
Es war schon fast Mittag als der erste Deutsche aus seinem Zimmer kam. Stefan lächelte die nette Angestellte an, die seit gestern versuchte, mit ihm zu flirten. Er war barfuß und ging direkt an den Strand. Das Wetter war herrlich. Die Sonne schien und der Himmel war blau. Das Wasser war so klar. Man fühlte sich einfach wohl.
Er lief den Strand entlang mit den Beinen bis zu den Knien im Wasser. Es war einfach erfrischend. Nach einer Stunde Spaziergang in paradiesischer Landschaft kam er wieder zurück ins Hotel. Er hatte Lust zu schwimmen und wollte seine Schwimmsachen holen. Er roch den Kaffee aus 100 Meter Entfernung. Die anderen Deutschen waren schon wach. Sie saßen auf der Terrasse und tranken Kaffee UCCAO. Dieser Kaffee wurde produziert von einer Agrargenossenschaft in Westkamerun, das Grasfieldland, mit Sitz in Bafaoussam. Den Geruch dieses Kaffees kann man von sehr weit riechen. „Bonjour, Madame, ich will auch einen Kaffee, schwarz, stark und ohne Zucker“, sagte er.
„Guten Morgen allesamt, gut geschlafen?“
Alle vier deutschen saßen einfach da und genossen zuerst diesen wunderbaren Meeresblick.
Das Mittagsbuffet war auch schon fertig und stand unter einem Dach aus Stroh neben der Terrasse. „Ist das nicht idyllisch? Ich habe Hunger“, sagte Anna.
Den Nachmittag verbrachte jeder, wie er wollte.
Alle gingen schwimmen, auch Carla. Das Wasser war so schön, klar, um die 25°C. Die kleinen Wellen gaben einem im Wasser ein Gefühl von Glückseligkeit.
Carla blieb nicht sehr lange im Wasser. Sofort als sie wach war hatte sie Johnny angerufen und sie hatten sich um 14:30 Uhr verabredet. Er würde auf sie in einem Taxi 200 Meter entfernt vom Hotel warten.
Sie musste jetzt nur eine Erklärung finden, warum sie in ein paar Minuten für mehrere Stunden abwesend sein würde. Sie ging in ihr Zimmer, machte sich fertig. Zog eine Jeanshose an, ohne etwas darunter. Heute, meinte sie, muss er mich erobern. Er muss mich zuerst langsam ausziehen, er wird versuchen seine Hände zwischen Hose und Haut zu schieben, er wird es nicht so leicht haben, weil der Jeans sehr eng ist. Das wird er nicht akzeptieren wollen. Er wird es dann wieder versuchen, mit noch mehr Druck. Die ersten Finger werden meine Venus erreichen, aber viel mehr auch nicht. Das wird ihn ärgern und aufregen, weil sein Wille nicht von mir, sondern von einfachen Jeans verhindert wird. Armer Mann. Er wird weiter versuchen, nun von hinten über meinen Po dahin zu kommen, wo er mir Lust bereiten will. Auch dort wird es nur sehr langsam gehen. Geschlagen aber noch erregter muss er dann die Jeans, den schlimmsten Konkurrenten aus dem Weg räumen. Er wird diese Jeans aufknöpfen, einen Knopf nach dem anderen, und dann wird er merken, dass er weiter gekommen ist, seine Finger können nun das feuchte Gebiet spüren aber doch nicht richtig fassen. Da Männer unbewusst Widerstand als Herausforderung und gleichzeitig Kampfansage an ihre Männlichkeit empfinden, wird er noch wütender werden. Eine stille Wut, die nur durch seinen schnellen Herzschlag spürbar ist. Dieser Konkurrent muss verschwinden. Deswegen wird er gezwungen sein sie auszuziehen. Er wird mich zurück schubsen, damit ich auf den Rücken falle, es wird sich vor mich knien und versuchen, die Jeans auszuziehen. Ich werde mich zuerst nicht bewegen, damit er noch mehr leidet. Er wird ein bisschen zurückgehen, um die Jeans von unten zu halten und zu ziehen, ich werde dann meine beide Beine nach oben in seine Richtung heben, er wird dann die Hosenfüße halten und mit beiden Händen daran ziehen, ich werde dann meine Beine so weit auseinander spreizen, wie ich kann und dann wird er sich sofort wie ein Wilder auf mich werfen, um seinen Sieg als Held zu feiern, einen Sieg, den ich ihm aber geschenkt habe. Nein, als wahrer Mann nimmt er es nicht so einfach hin. Er muss sich revanchieren. Nun wird er alles tun, um das Geschenk zurückzugeben, um mir zu zeigen, dass er das Geschenk verdient hat. Ich gebe mich ihm hin, ich gehöre ihm. Ich will nun von ihm beschenkt werden.
Carla war selbst überrascht von ihrer Fantasie. Sie hatte nicht gewusst, dass in ihr eine kleine „Schlampe“ steckte. Sie hatte immer gedacht, dass Frauen, die so etwas denken, lockere Frauen sind. Jetzt wusste sie, dass es das Gegenteil war. Ein Mensch, der keine tiefen und schmutzigen sexuellen Fantasien hatte, hatte keine Ahnung, was es bedeutete Sex zu genießen. Sie hatten Sex, aber sie erlebten Sex nicht. Das sind zwei unterschiedliche Sachen, sagte sie sich. Ich habe immer Sex gehabt und nun will ich Sex erleben, ihn genießen. Ich will meine Sexualität befreien.
„Hast du Mauritz gesehen?“, fragte sie Günther der gerade aus dem Wasser kam und sich in den Schatten unter einen Baum legen wollte.
„Er war hier mit Stefan und Anna. Sie haben sich mit anderen Menschen hier unterhalten und sind gemeinsam in diese Richtung gegangen. Ich war im Wasser. Sie haben nichts gesagt.“
„Ha, dann gehe ich auch mal ein bisschen spazieren und die Stadt entdecken. Bis später“
„Viel Spaß, und pass gut auf dich auf“, sagte Günther, der auf dem Bauch lag und die Einsamkeit genoss.