Читать книгу Erziehungsratgeber: Unglückliche Kinder - was wir noch alles falsch machen können - Dantse Dantse - Страница 10

1.1 Übertriebener materieller und immaterieller Konsum, unpassende Geschenke im falschen Alter, übermäßige Vergnügungen mit vergänglichen Dingen

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Unserer Gesellschaft geht es materiell immer besser, doch eine paradoxe Auswirkung davon ist, dass es gerade das Materielle ist, das am Ende die Menschen traurig, frustriert und unglücklich macht.

Es ist manchmal wie ein Wettlauf gegen die Zeit: konsumieren bis es nicht mehr geht. In manchen Familien ist der Konsum wie ein Hobby, ein Hobby, das die Seelen der Kinder verdirbt und krank macht.

Konsum wird als wichtiges Element genutzt, um Harmonie in der Familie zu haben, um Liebe zu zeigen, um Streit zu beseitigen, um seine Schwäche und Fehler zu verdecken, um die mangelnde Zeit für die Kinder zu kompensieren.

Wenn es um Konsum geht redet man meistens über materielle Dinge, wie Spielzeug, Kleidung, Medien (TV, Internet, Computerspiele usw.), Essen – eben alles, was man mit Geld kaufen kann, Dingen, die man üblicherweise vergängliche Sache nennt.

Darüber habe ich in vielen Kapiteln dieses Buches geschrieben. Wir kennen zum Beispiel schon die Folgen von übermäßigem Konsum von Fernsehen, Computerspielen und Co.

Ich möchte hier auch über eine andere Art von Konsum reden, die wir wenig beachten, die aber unsere Kinder rasant krank macht.

Bei meinen Beobachtungen und Recherchen habe ich eine andere Art von Konsum gesehen, der Kinder auch kaputt machen kann:

Der übermäßige Konsum an immateriellen Dingen.

Dinge, die als Werte und als nicht vergänglich gelten, werden zu Konsumwaren degradiert. Es handelt sich hier um Dingen wie Freundschaft, Liebe, Geburtstag oder auch Freizeit, Dingen, die normalerweise nicht vergänglich sein sollten.

Wir Eltern sind dabei, um den Kindern unsere Liebe noch mehr zu zeigen, alles zu Konsumwaren zu machen.

Ich nenne hier einige Beispiele:

Der Konsum von Freundschaft

Freundschaften unter Kindern werden immer oberflächlicher. Richtig tiefe Freundschaft wird immer seltener. Freunde werden oft nach dem, was sie zu Hause besitzen (PlayStation, Gameboy, Computerspiele, neues dies oder das) ausgesucht. Es geht nicht mehr nach Gefühl, sondern nach Kalkül und nach dem gesellschaftlichen Status der Eltern. Kinder sind nicht mehr zufrieden mit nur einem oder zwei Freunden. Nein, es müssen so viele sein, dass man jeden Tag einen neuen Freund zum Besuch einlädt oder zu ihm geht.

Dabei beeinflussen wir die Wahl unserer Kinder sehr. Müssen wir Eltern uns ständig freudig und stolz, weil unsere Kinder ja so beliebt und sozial anerkannt sind, beklagen bzw. so tun, weil unsere Kinder ständig bei Freunden sind oder Freunde mitbringen? Dadurch geht der Sinn von Freundschaft verloren.

Die Kinder haben gar nicht mehr die nötige Zeit, um ihre Freunde wirklich intensiv kennen zu lernen. Sie springen ständig von diesem zu jenem. Ihre Gefühle können nicht folgen, alles geht so schnell und das immer aufs Neue. Alles bleibt oberflächlich und sie lernen so nicht mehr, was Freundschaft bedeutet und genau das, wonach sie gesucht hatten, nämlich Freundschaft, erfahren sie nicht wirklich. Freunde sind nun wie ein T-Shirt, wie Pommes. Wenn es schmutzig ist, wird das T-Shirt ausgewechselt, wenn sie nicht schmecken, werden die Pommes weggeworfen und neue bestellt. Freundschaft ist Konsumware geworden. Die Folge ist, dass Freundschaften nicht gepflegt werden. Die Kinder lernen nicht, sich zu ertragen, Fehler zu entschuldigen, um Verzeihung zu bitten, weil sie bei Unstimmigkeiten doch einfach zu den anderen gehen. Die Kinder werden auch innerlich instabil und unsicher, Werte wie Treue, Verlässlichkeit, Vertrauen, auf jemanden zählen können, usw. gehen verloren. Schlechte Werte, wie Vertrauensbruch, Gleichgültigkeit, Betrügen, Lügen und Egoismus werden banalisiert und ohne schlechtes Gewissen ausgelebt. Gefühle können sich nicht entwickeln. Die Kinder werden unzuverlässiger, unzufriedener und unbefriedigt. Sie lernen nicht wirklich lieben und verlernen so Eigenschaften, die Menschen stark machen. Die Kinder werden deswegen im Alter isolierter, einsamer und unglücklicher sein.

Der Geburtstag

Der Geburtstag ist ein weiteres Beispiel für etwas, bei dem es immer weniger um Genießen, Freude und Entspannung geht, sondern immer mehr um den Konsum: Nicht nur, dass wir die Kinder mit zu vielen Geschenken überfordern, nein, Kindergeburtstage sind auch immer weniger dazu da, den Geburtstag wirklich zu feiern. Eigentlich sollten sich Freunde versammeln, um gemeinsam einige Stunden Spaß zu haben. Aber es werden so viele Kinder wie möglich eingeladen, auch Kinder mit denen man eigentlich das ganze Jahr kaum etwas zu tun hatte, so dass der Geburtstag für Eltern und Kinder Stress wird.

Wir hören Eltern stolz erzählen, dass das Haus voll war, dass der Paul (neun Jahre alt) zehn, 15, 20, 30 Kinder eingeladen hat und dabei die ganze Zeit nur im Stress war. Woher soll er für alle diese Kinder Zeit, Kraft und Aufmerksamkeit nehmen? Wir Eltern gehen mit unseren Kinder immer mehr um, als ob sie Erwachsene wären. Wir rauben ihnen die Kindlichkeit und die Zeit, die dazu gehört, um reif zu werden. Das bedeutet, die Zeit bestimmte Prozesse zu durchlaufen, um bestimmte lebenswichtige Weisheiten und Erfahrungen zu lernen. Wir sehen Kinder immer mehr als unsere Gleichen an und erwarten, dass sie mit sechs, sieben, acht oder neun schon genau wissen, wie man Freundschaft pflegt oder wie man mit vielen Menschen umgeht, ohne dass wir sie das gelehrt haben. Subtil bringen wir den Kindern bei, ihre Geburtstage so zu feiern, wie wir sie auch feiern, ohne ein wenig an die Kinder zu denken, sondern nur an unsere Bedürfnisse. Wenn die Mama (denn in der heutigen modernen Welt muss in vielen Familien die Mama fast alles allein entscheiden, auch wenn sie die Entscheidung als „Wir“ darstellt – die Kapitulation der Männer), gerne ihren eigenen Geburtstag groß feiert, wird die Tendenz dahin gehen, die Kindergeburtstage ähnlich zu feiern. Für sie als Erwachsene ist das okay, aber für ein Kind kann ein Geburtstag mit 20 Gästen kein Genuss mehr sein. Das frustriert manche Kinder sogar sehr. Ich war beim Geburtstag eines Kindes, als plötzlich ein Mädchen anfing zu weinen. Ich fragte es, warum es weine, und es meinte, das Geburtstagskind würde keine Zeit für es haben. Wie hätte es anders sein können? Denn das Geburtstagskind hatte für diese drei Stunden 21 Kinder eingeladen und war selbst völlig überfordert mit dem Versuch, jedem Kind Aufmerksamkeit zu schenken.

Diesbezüglich sagte mir ein erwachsener Mann, dass er als Kind auch große Geburtstage gefeiert hätte mit mindestens 15 Kindern, seitdem er sechs war. Nach den Geburtstagen war es ihm immer sehr schlecht gegangen und er hatte sich Vorwürfe gemacht, weil er mit dem einem oder dem anderen nicht gespielt hatte. Er fürchtete, dass sie vielleicht sauer auf ihm waren. Er erzählte dies seiner Mutter jedoch niemals, weil seine Mutter die Sache so positiv darstellte, um der Welt zu zeigen, wie integriert und beliebt die Familie war. Dass er nicht einmal mit der Hälfte dieser Kinder regelmäßig gespielt oder sich getroffen hatte, blendete die Mama aus. Auch heute macht er noch immer große Geburtstagsfeiern und meint schon während des Festes, wenn alle Leute sich freuen, er sei einsam. Er ist einsam, obwohl 50, 100 Menschen um ihn sind. Nach dem Geburtstag hat er ein Tief und wenn er hört, dass ein von ihm eingeladener Gast seine Feier gemacht hat ohne ihn einzuladen, fühlt er sich verletzt und minderwertig. Alles war für ihn oberflächlich geworden, besonders Freundschaften. Er dachte immer, erst wenn er einen großen Bekanntschafts- und Freundeskreis hat, dann ist er angekommen. Er jagte von Freundschaft zu Freundschaft, aber glücklich wurde er nicht. Er nannte zig Menschen Freunde, aber konnte sich nicht einmal zweien von ihnen anvertrauen und auf ihre Hilfe hoffen. Er lernte nie, zufrieden zu sein mit wenig. Hatte er viel, brauchte er mehr. Es reichte nie und er verglich sich immer mit den anderen und das führte dazu, dass er auch beruflich verschiedene Weiter- und Fortbildung und Spezialisierungen machte und noch einmal ein neues Fach studierte, um anerkannt zu werden. Sobald er etwas hatte, und merkte, dass sich nichts geändert hatte, versuchte er wieder das nächste. Es ging nur noch um immer mehr und mehr haben, sammeln. Ein Kampf, der ihn bis heute verfolgt. Es konnte nicht anders ausgehen, denn er hatte als Kind nicht gelernt, was Freundschaft bedeutet, was ein guter Freund ist, wie man sich Zeit für den anderen nimmt. Er hatte seine Freundschaften konsumiert, genauso, wie Süßigkeiten, Spielzeug, usw. Er sagte mir, er brauchte Zeit, um zu verstehen, dass seine Mutter Minderwertigkeitskomplexe gehabt hatte und ihr Leben lang auf der Suche nach Akzeptanz und gesellschaftlicher Anerkennung gewesen war, obwohl ihre Eltern hochgebildet waren. Dieses Beispiel zeigt, wie wir Eltern unsere Kinder mit ihren en negativ programmieren, weil wir mit uns selbst Probleme haben.

Alles dreht sich nur um das Konsumieren der so vielen, vielen Geschenke. Ich habe einmal ein paar Kinder über ihre Geburtstage reden hören, wen sie einladen und wen nicht. Eines sagte: „Den lädst du besser auch noch ein, so bekommst du noch mehr geschenkt.“ Ein anderes Kind stimmte zu und meinte: „Bei meinem Geburtstag lade ich viele Kinder ein, dann habe ich auch viele Geschenke.“

Auch führen die genauen Wunschlisten und die „Geschenkboxen“ in Spielwarenläden dazu, dass sich die Kinder gar keine Gedanken mehr darüber machen müssen, was sie ihrem Freund schenken möchten, was ihm Freude machen würde, was zu ihm passt, was sie gerne geben möchten. So wird das Schenken nur zum leeren Ritual und drückt nicht mehr die Wertschätzung aus, die es eigentlich vermitteln sollte: „Schau so wichtig bist du mir, dass ich Gedanken und Geld (das muss nicht viel sein, bzw. es geht auch ganz ohne!) investiert habe um dir eine Freude zu bereiten“.

Ein weiterer Aspekt, der die Konsumorientierung von Kindergeburtstagen verdeutlicht, ist der Wettlauf um das spannendste, ausgefallenste, teuerste, beeindruckendste „Event“. Einfach nur Spiele im Garten veranstalten ist kaum noch möglich, es muss mindestens ein Motto geben mit passender Dekoration, Verkleidung und Essen, aber noch besser hat man eine wirklich ausgefallene Idee, die noch keiner hatte. Im Schwimmbad hat Leon schon gefeiert, Paul war klettern, Louisa im Freizeitpark und Johanna war kegeln. Jedes Jahr muss eine neue Idee her, die noch kreativer und neuer ist, als die vom letzten Jahr, und als die aller anderen Kinder, bei denen man in der Zwischenzeit zum Geburtstag eingeladen war. Es geht nur noch darum, den Kindern etwas zu bieten und mithalten zu können und die eigentliche Freude, gemeinsam etwas miteinander zu tun und Zeit miteinander zu verbringen, geht verloren.

Wir pflanzen schon sehr früh Stress, Überforderung, Oberflächigkeit, Unzufriedenheit in unseren Kindern. Das wird negative Folge haben, auch wenn sie erwachsen sind

Freizeit und Hobbies

Bei Freizeitvergnügungen und Hobbies läuft es genauso. Es geht um Konsum. Am besten Fußball, Tennis, Basketball, Musik, Karate, Kunst, Ballett, Tanzen, Klavier auf einmal. Alles, was mit Freizeit zu tun hat, möchten Kinder machen, oder werden von uns dazu motiviert. Man springt nur noch von A nach B, von B nach C, noch schneller, noch mehr konsumieren. Die Faktoren Spaß und Entspannung, die ein Hobby haben sollte, gehen verloren. Wir können uns vorstellen, was das mit den Kindern macht.

Auch passiert es häufig, dass ständig etwas Neues angefangen wird, weil Fußball doch doof, Klavier doch langweilig ist. So verlernen die Kinder, an einer Sache dranzubleiben und auch einmal Durststrecken durchzustehen (das lästige Üben eines Instrumentes, bis ich wirklich spielen kann), dadurch entgeht ihnen die Erfahrung, dass man mit Anstrengung etwas erreichen kann und dass man für die Anstrengungen sehr belohnt wird.

Liebe und andere Werte

So wie mit Freundschaft, Geburtstag und Hobbies geht die moderne Zeit mit vielen Eigenschaften, die wir Werte nennen, um. Viele werden nur noch konsumiert, nicht mehr gelebt, was die Persönlichkeit der Kinder nicht positiv fördert.

Erziehungsratgeber: Unglückliche Kinder - was wir noch alles falsch machen können

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