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ОглавлениеÖsterreich, Tirol,
Gemeinde Stans im Bezirk Schwaz
Dichter Nebel zog durch die schmalen Gassen der Gemeinde Stans in Tirol. Das düsterte Licht der Straßenbeleuchtung schimmerte in den kleinen Rinnsalen, die sich durch den kurzen, aber heftigen Platzregen gebildet hatten. Unaufhörlich suchte sich das kühle Nass seinen Weg in den Untergrund.
Die Straßen waren wie ausgestorben. Die Menschen blieben lieber in ihren warmen Häusern, keiner wollte bei diesem nasskalten düsteren Wetter noch unterwegs sein. Selbst die streunenden Hunde und Katzen hatten sich in ihre Löcher verkrochen und wagten sich nicht wieder heraus.
Die achtzehnjährige Anna Moser kuschelte sich gerade unter die warme Decke ihres Bettes. Sie hörte die dumpfen Glockenschläge der Kirche, es schlug Mitternacht.
Steh auf, es ist so weit.
Anna öffnete ihre Augen und blickte sich in ihrer dunklen Schlafkammer um. Woher kam diese Stimme? Ihre Eltern schliefen einen Stock tiefer, konnten es nicht gewesen sein. Sie schloss ihre Augen, versuchte sich schöne Dinge vorzustellen. In diesem Sommer hatte sie die Matura bestanden und wollte ab dem Herbst an der Universität Innsbruck Biologie und Umweltkunde studieren.
Steh auf Anna, wir warten auf dich.
Sie setzte sich auf und schlug die Bettdecke zur Seite. Bildete sie sich diese Stimme nur ein? Sie erhob sich und trat an das Fenster. Das Mädchen erkannte durch den Nebel nur die Umrisse der gegenüber liegenden Häuser. Sie blickte zum Himmel und suchte den schwarzen Neumond, konnte aufgrund des bewölkten Himmels jedoch nichts erkennen.
Mit ihrer linken Hand strich sie eine Strähne ihrer langen dunkelbrauen Haare aus dem Gesicht. Sie drehte sich um, stellte sich vor die verspiegelte Schranktür in ihrer Schlafkammer. Ihr starrender Blick, mit den leblosen Pupillen betrachtete ihr Spiegelbild. Vor ihr stand ein schlankes Mädchen mit langen dunkelbraunen Haaren. Dieses Mädchen trug nur ein weißes, knielanges Nachthemd.
Wer war das Mädchen, fragte sich Anna verwirrt, ohne sich selbst zu erkennen.
Komm Anna, wir sind bereit.
Sie nickte mechanisch mit dem Kopf, verließ ihr Schlafgemach, schritt langsam die knarzende Treppe herunter und verließ ihr Elternhaus.
Ihre nackten Füße bewegten sich mechanisch vorwärts. Sie wirkte wie ein Roboter, der durch eine Fernbedienung von einer anderen Person gelenkt wurde.
Sie schritt durch den dichten Nebel. Ihr keuchender Atem hinterließ kleine weiße Dampfwölkchen in der Luft. Sie brauchte keine Orientierung, eine unheimliche Macht lenkte ihre Schritte.
Sie verließ den kleinen Ort Stans und erreichte einen schmalen Waldweg. Anna wusste weder, was sie in diesen Wald verschlagen hatte, noch wer ihre Schritte lenkte.
Plötzlich verhedderte sie sich in einem Dornengestrüpp und fiel der Länge nach hin. Ein scharfer Schmerz bohrte sich durch ihr linkes Bein und ließ sie vor Schreck aufschreien. Durch die Wunde an ihrem Oberschenkel tropfte ihr Blut auf den Waldboden. Ohne darauf zu achten richtete sie sich wieder auf und ging weiter.
Sie wurde von etwas angezogen, wie ein Stück Metall von einem Magneten. Durch den dichten Nebel erkannte sie schemenhaft eine beleuchtete Lichtung. Das Licht wurde durch eine Vielzahl brennender Fackeln erzeugt, die in einem kreisförmigen Muster im Waldboden steckten.
Anna trat zwischen den Bäumen hervor und blickte auf eine Gruppe Frauen, die auf der Erde knieten und ein unheimliches Lied sangen.
Alles fühlte sich richtig an, sie wollte hier sein und spürte keine Furcht.
Sie schritt durch den Kreis der knienden Frauen. In der Mitte befand sich ein Erdhaufen, etwa in der Größe eines menschlichen Grabes.
Anna stellte sich direkt vor diesen Erdhaufen und schloss ihre Augen. Die Kälte kroch unter ihr dünnes Nachthemd und verursachte eine Gänsehaut. Eine der Frauen erhob sich und trat hinter das Mädchen.
Es war eine große schwarzhaarige Frau mit einer machtvollen Präsenz. Sie trug einen schwarzen Umhang und hielt einen silbern glänzenden Dolch in ihrer rechten Hand.
„Wir haben dich bereits erwartet“, flüsterte die Schwarzhaarige.
Anna erkannte die Stimme wieder. Es war eindeutig die Stimme, die vor wenigen Augenblicken in ihrem Schlafzimmer zu ihr gesprochen hatte.
Die Frau öffnete die Knöpfe von Annas Nachthemd. Der Stoff glitt langsam auf den Boden und entblößte den nackten Körper des jungen Mädchens.
„Du bist wunderschön, kleine Anna aus Stans“, flüsterte die unheimliche Frau.
Sie trat hinter das junge Mädchen, umfasste sie mit ihren Armen und streichelte über die Rundungen der Brust. Der Atem von Anna beschleunigte sich unbewusst. Die streichelnden Hände der Frau fühlten sich richtig an.
„Wir danken dir für dein Opfer“, flüsterte die Schwarzhaarige zärtlich.
Anna wusste von keinem Opfer, wollte auch nicht nachfragen. Sie wollte einfach nur die streichelnde Hand der Frau auf ihrem Körper genießen. Die Fingerkuppen wanderten massierend über den flachen Bauch. Die streichelnde Hand erreichte den dichten Busch ihres braunen Schamhaares. Anna öffnete unbewusst ihre Schenkel um die fremde Frau willkommen zu heißen. Die Finger suchten sich den Weg zwischen die feuchten Schamlippen.
Anna begann leise zu stöhnen, als der Finger in ihre Scheide drang. Sie spürte, wie ihr Lustzentrum Feuchtigkeit und Wärme produzierte.
Außer dem Stöhnen des jungen Mädchens waren auf der Waldlichtung keinerlei Geräusche zu hören. Alles geschah in völliger Stille, sogar das Rauschen des Windes hatte aufgehört.
Die anderen Frauen begannen wieder zu singen. Sie reckten ihre Arme dem schwarzen Himmel entgegen. Es klang anfangs wie ein merkwürdiges Gemurmel, steigerte aber stetig die Lautstärke und Dringlichkeit.
Der Finger in Annas Lustzentrum bewegte sich immer schneller. Das Mädchen konnte bereits den nahenden Höhepunkt spüren. Sie schloss ihre Augen und sah leuchtende Sterne.
„Du bist jetzt soweit“, flüsterte die Schwarzhaarige, zog ihren Finger aus Annas Vagina. Sie reichte dem nackten Mädchen den silbernen Dolch, trat zurück und kniete sich neben die anderen Frauen auf den Waldboden.
Anna wusste was sie zu tun hatte. Jede ihrer Bewegungen führte sie mechanisch und gesteuert aus.
Sie kniete sich auf den Erdhügel, setzte den Dolch an ihrem linken Arm an. Mit einem sicheren Schnitt öffnete sie die Haut an ihrem Unterarm. Aus der tiefen Wunde floss ihr Blut. Sie legte sich mit dem Bauch flach auf den Erdhügel und presste den blutenden Arm in die Erde. Ihr Blut floss aus ihrem Körper und versickerte direkt in dem Erdhaufen.
Anna schloss ihre Augen. Sie spürte, wie die Lebensenergie ihren Körper verließ.
Aber es war richtig so!
Der Gesang der Frauen wurde immer lauter und hysterischer. Es entstand ein anschwellendes tiefes Grollen.
Der Erdhaufen hob sich. Was zum Vorschein kam, war eine Hand.
Die Hand eines Toten!
Gespenstisches Licht entstand über dem Grab. Die Luft war von wispernden Stimmen erfüllt. Die Hand streichelte über den nackten Körper von Anna. Sie fühlte sich kalt und leblos an. Das Mädchen spürte wie die Hand durch die Haut über ihrem Brustkorb in das Innere ihres Körpers drang. Die Finger des Toten suchten nach ihrem schlagenden Herzen.
Anna spürte tiefe Glücksgefühle durch ihren Körper jagen, als die fremde Hand ihr schlagendes Herz umgriff. Ihr pochendes Organ wurde langsam aus ihrem Körper gezogen und verschwand in dem unter ihr befindlichen Grabhügel.
Anna überlegte gerade, wie sie dem Professor an der Universität Innsbruck erklären sollte, dass der menschliche Körper auch ohne Herz weiterleben kann. Denn sie lebte noch. Oder war sie bereits tot?
Unter ihr entstand ein starkes Beben. Der Grabhügel öffnete sich und schleuderte die Erde einige Meter auf die Lichtung.
Aus dem geöffneten Grab trat eine gebeugte Gestalt. Der Tote sah grässlich aus. Jetzt schlug er die Augen auf.
Anstelle normaler Augäpfel waren zwei taubeneigroße, glutrote Steine zu sehen. Jedenfalls wirkte es so. Dumpfe Laute drangen aus seiner Brust, als er den Mund öffnete.
Seine Augen suchten die Lichtung ab. Als er die liegende Anna fand, kniete er sich neben das Mädchen. Seine knochige Hand drang erneut in ihren Brustkorb ein. Er wühlte zwischen ihren Organen, bis er fand, was er suchte. Die Hand verließ ihren Körper. Sie hielt eine leuchtende Kugel zwischen den Finger. Der Glanz dieser durchschimmernden Kugel schien die Lichtung zu erhellen. Der Tote öffnete seinen Mund, legte seine Beute auf die Zunge und schluckte sie herunter. Dann richtete er sich grollend auf. Sein zerfressener Körper begann sich zu regenerieren. Doch bekam er kein frisches Aussehen, sondern die Farbe von Fleisch, dass in Salz konserviert worden war.
Die Frau mit den langen schwarzen Haaren stand auf und verbeugte sich vor dem Untoten. Sie murmelte voller Ergebenheit: „Willkommen im Reich der Lebenden, Meister!“
Der Tote hatte sich zwischenzeitlich in einen großen, starken Mann verwandelt. Er hatte lange schwarze Haare und stechend grüne Augen.
„Lange Zeit war ich im Limbus Cognitionem Potentiae gefangen“, seine Worte strengten ihn sichtlich an. „Du, Hexe, hast es mir ermöglicht, wieder Kontakt mit dem Dasein zu bekommen.“
Mit gebrechlichen Schritten umkreiste er die dunkelhaarige Hexe. Er ballte die bleichen, kalten Hände zu Fäusten.
„Wo sind wir? Wie ist dein Name?“
Die schwarzhaarige Hexe betrachtete bewundernd den wiedergeborenen Leichnam und antwortete:
„Wir befinden uns in Österreich, Meister. Nur wenige Meter vom Kloster St. Georgenberg, dem Hauptsitz unserer Sekte, entfernt. Mein Name ist Angéle de la Barthe. Ich wurde im Jahr 1275 wegen Unzucht mit dem Teufel verbrannt. Unser Fürst, Asmodeus Asmoday Aschmoday, schickte mich im Jahr 1445 mit dem Bakterium Yersinia pestis auf die Erde zurück. Ich brachte die Pest über die Menschen, so dass ich ungestört unsere Sekte aufbauen konnte. Wir haben auf Sie gewartet, Meister, denn wir brauchen Ihre Führung und Hilfe.“
Der Tote nickte langsam mit seinem Kopf.
„Bring mich in das Kloster. Ich muss mich ausruhen und zu Kräften kommen. Dafür brauche ich die Lebensenergie von Menschen.“
Er drehte sich um und schritt, begleitet von der Schwarzhaarigen, in Richtung Kloster St. Georgenberg.
Anna hatte alles bewusst erlebt. Ihr Körper schien nur noch aus Schmerz zu bestehen. Sie sehnte sich nur noch den Tod herbei.
Diese Pein war unerträglich.
Sie spürte, wie ein Schwall Blut aus ihrer Nase lief.
Die anderen Frauen hatten sich zwischenzeitlich erhoben und blickten gierig auf die liegende Anna herab. Wie ein Rudel hungriger Hyänen fielen die Hexen über das Mädchen her.
Anna konnte spüren, wie die Frauen an ihren Gliedern zerrten und rissen.
Sie schien mittlerweile über ihrem Körper zu schweben. Wie durch eine Nebelwand konnte sie ihren liegenden, geschundenen Körper erkennen. Sie sah, wie die Hexen Stücke aus ihrem Fleisch rissen und in ihre gierigen Mäuler stopften.
Dann versank die junge Anna in tiefer Finsternis.
Alles wurde schwarz.
Die dunkle Zeit hatte begonnen!