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Kapitel 2
ОглавлениеWer Dämonen bändigt, wird zu einem wer hatte das geschrieben? Josef glitt aus dem Bett und setzte sich. Eine Kammer, ausgefüllt vom Mondlicht, ein Bett einen Stuhl ein alter Schrank. Vor dem im Schatten stehenden und das Zimmer verdunkelnden Schrank hatte er immer Angst gehabt. Nicht, weil er sich darin versteckte, wenn der Walfisch ihn sturzbetrunken, mit dem Gürtel in der Hand ihn brüllend und durch die Bude tobend suchte. Er kicherte, leise verstohlen und seine Augen blitzten zur Tür, ob ihn jemand hörte. Hinter dem Fenster glomm der Vollmond durch die beschlagene Fensterscheibe sein Licht brach sich an den winzigen Tropfen Feuchtigkeit. Das Fensterkreuz warf einen Schatten auf den braunen Holzfußboden. Josef starrte in den weißen Lichtkreis und versuchte sich an seinen Traum zu erinnern, der ihn aus dem Schlaf gerissen hatte. Es war der Traum nicht das Geräusch von schweren klobigen Arbeitsschuhen, die durch das heruntergekommene Haus stiefelten. Nicht das Lachen, betrunken halb verrückt in winzige Splitter zerbrochene Hoffnung. Es war schrecklich gewesen er hatte eine Gänsehaut und sein Nacken fühlte sich an als krabbelten Ameisen darüber hinweg. Wenn er zurückdachte, hatte er noch nie von etwas Schönem geträumt. In seinen seltenen Träumen ging immer irgendetwas kaputt, entweder er zerbrach etwas oder er zerschnitt etwas. Seit die Beerdigung seines Vaters vorbereitete wurde, hatte er diese Träume. Normalerweise träumte er nicht, und wenn von Dingen die er zerbrach oder entzwei, warf. Er hatte wirklich noch nie von etwas Schönem geträumt, soweit er sich erinnerte immer nur von Zerbrochenem. Manchmal saß er mit offenen Augen da und träumte davon wie sein Leben wohl sei, wenn es die Menschen die ihn störten, einfach nicht mehr gab, keine Angst mehr. Ja wenn er nachdachte, wenn die Menschen verschwanden, wäre das Leben besser. So, wie die Angst verschwand, als der Walfisch ertrank. Josef kicherte, komisch sah der Alte aus, aufgedunsen, wie eine Albtraumfigur als man ihn aus der Themse zog. Er hatte sich das Schauspiel nicht entgehen lassen, als Walter sein Kumpel aufgeregt die schmale schäbige Gasse die direkt zu den Docks führte entlang gerannt kam und freudig schrie Leiche ... Leiche ... Leiche. Er hatte alles stehen und liegen gelassen und war mit seinem Kumpel zum Hafenbecken Drei gerannt und hatte der Flusspolizei dabei zugesehen, wie sie den Walfisch, dieses groteske aufgedunsene Wesen mit langen Stangen ins Boot gezogen hatten. Zwei Constable der Flusspolizei hatte alle Mühe gehabt, den Fettwanst ins Ruderboot zu wuchten und als er drin war, hatte das Boot gefährliche Schlagseite bekommen. Er hatte immer auf die Augen der Nachbarn gesehen. Eine Menge klobiger Menschen, vielleicht hatte der verfickte Vikar recht und Gott hatte die Menschen wirklich aus Dreck gemacht. Hatte an der Themse gesessen und aus dem Schlamm am Themse-Ufer und aus dem Kloakenwasser Adam gemacht, das würde zumindest die klobigen Hände und unschönen Gesichter, die ihn umgaben, erklären. Und weil Adam aus Dreck war, hatte er Eva nicht aus demselben stinkenden Schlamm gemacht, sondern Adam wie Jack the Ripper aufgeschlitzt und aus dessen Niere oder irgendetwas anderes Eva gemacht. Frauen waren immer besser als Männer fand der Junge, bis auf seine Mutter Frau Walfisch. Seine Nachbarin Mrs. Millar war nett, manchmal streichelte sie ihm einfach so den Kopf. Er zuckte dann natürlich zusammen, weil er dachte, sie versetzte ihm einen Schlag. Sie hatte es wohl gesehen denn jetzt seufzte sie und bewegte die Hand ganz langsam als beruhige sie einen kläffenden Hund. Das Streicheln war ein komisches Gefühl irgendwie warm nicht unangenehm. Ja der verfickte Vikar hatte recht, der Rehpinscher las auch Bücher und war auf der Pfaffenschule, Gott machte aus Dreck Adam, was Menschen wie den Walfisch erklärte. Er sollte empfinden ... Ein Wort wie war das Wort? Trauer genau Kummer wie in seinen Büchern, wenn einer abkratzte, den man kannte. Im Endeffekt war ein Vater etwas für das man empfinden sollte und nicht nur Verachtung, Hass und Angst. Nichts ... keine Trauer in ihm war gar nichts außer einer kleinen verstohlenen Genugtuung. Nur die tolle Erinnerung an den Anblick, als man ihm mit den anderen an diesem aufgedunsenen blaugesichtigen Wal im Sarg im Wohnzimmer mit den Verwandten in Schwarz mit ihren verlogen verheulten Augen vorbeiparadieren ließ. Er hatte höllisch aufpassen müssen, nicht breit zu grinsen oder dem fetten Walfisch mit dem Finger in den aufgedunsenen Leib zu piken. Aber das hatte er früh gelernt, Mimikry bestimmte sein Leben und er war ein sehr genauer Beobachter und wusste, wie man in bestimmten Situationen reagieren sollte. Die Blumenkränze im kleinen Wohnzimmer waren hübsch und rochen gut. Er hatte jetzt wenigstens einen besseren Vater als die meisten Kumpels, man die beneideten ihn bestimmt. War das eine Sünde? Kam er wegen so einer Scheiße so einer Lappalie in die Hölle, wenn dann legte Gott sehr enge Maßstäbe an, fand der Junge. Es war ja nicht so als hätte er viel mehr gemein mit dem toten Blauwal im Sarg im Wohnzimmer als den Hinternamen und die Augenfarbe. Er stand auf und lief leise einige Schritte durch die Kammer und stellte sich ans Fenster und sah hinaus auf die kleinen Backsteinhäuser und die Straßenlaternen. Aus dem Schaufenster des Pubs an der Ecke fiel viereckiges gelbes Licht auf das regenfeuchte Kopfsteinpflaster der engen Straße. Eine verrückte Hure torkelte fluchend die Gasse entlang. Ihre Stiefelabsätze klackerten auf dem Pflaster als zertrete sie kleine Menschen. Sie sang dazu etwas furchtbar falsch Klingendes, ein irisches trauriges Lied aber mit einer heitern Melodie. Sollte er es etwa Beichten? Er könnte in die verfickte Kirche gehen und mit dem guten alten Mister Jesus eine Runde quatschen. Josef Gering grinste. Wäre echt ein Ding, wenn Jesus antworten würde. Er könnte sagen ... Mister Jesus, Sir Sie können mir Glauben es war ein Unfall, nichts Ernstes. Der Alte Säufer, den du zu meinem Vater gemacht hast ... Danke schön von hier unten ... redet und redet und schimpft die ganze Zeit. Müll Müllworte Blabla alle sind schlecht er der Einzige, diesen Müll. Du weißt, wenn er so war, setzte es Prügel, der Mistkerl wartete doch nur auf einen Anlass. Also er flucht und plötzlich ist er hin kaputt gegangen einfach so. Mister Jesus, wenn du versuchen würdest, deinen stinkend wütenden, Vater nach Hause zu schleifen und der dich beschimpft hättest du ihm nicht mit was auf den Kopf gehauen? Tipbit grinste und schüttelte sich, der Klang, als der schwere Stab auf den Schädel seines Vaters niederging und die Knochen brachen mit einem Geräusch, als zerknülle er getrocknetes Laub in den Händen, war Musik. Nicht der Scheiß, den die Besoffenen sangen, wenn sie unter seinem Fenster nach Hause torkelten, um ihre Familien zu terrorisieren, der Schlag und das knirschende Bersten von Knochen war echte Musik. Und wie der alte Blauwal die Augen verdrehte, bis nur noch das von geplatzten roten Adern durchzogene Augenweiß zu sehen gewesen war, zu komisch hatte das ausgesehen. Der Junge hob die Hände und presste sie sanft gegen das kalte feuchte Fensterglas. Mister Jesus was kann ich dafür, dass der Säufer nicht schwimmen kann. Was läuft er auch so dicht am Hafenbecken entlang? Höre mir zu Jesus ist es nicht Strafe genug, wenn man ein Vatermörder ist, warum verfickte Scheiße diese Träume? Willst du das ich heule wie ein Mädchen? Er könnte auch sagen ... Mister Jesus, Sir ganz ehrlich unter uns! Ist es nicht auch ein ganz klein wenig mit, deine Schuld? Warum lässt du die Eisenstange auf dem Weg liegen und warum gibst du mir den Blauwal, er kicherte, zum Vater, anstatt einen ... So einen wie Mister Abraham der Jude von nebenan. Er säuft nicht und geht mit seinem Sohn zum Fußball spielen. Ich habe gesehen, wie er mit ihm am Küchentisch sitzt und mit ihm lernt. Und ehrlich Mister Jesus, Sir findest du nicht er hat es verdient ich meine so oft er uns verdroschen hat? Josef hob sein Nachthemd bis zur Brust und drückte sich mit seinem mageren Oberkörper gegen das kalte feuchte Fensterglas, er befürchtete Mister Jesus, der in Holz geschnitzt vom Altar der Kirche ins leere starrte, sehe ihn nicht. Brandnarben, Striemen und frische blaue Flecke zierten Vorder- und Rückseite seines blassen schmächtigen unterernährten Körpers. Mister Jesus unter uns, du solltest mir Danke sagen und mich beim Pennywerfen mit den Jungs gewinnen lassen, anstatt mir solch Scheiß Träume zu schicken. Der Junge in seinem Nachthemd sah aus dem Fenster auf die Spitze der unheimlichen Kirche, der dünne Mund in seinem blasses Gesicht verzog sich. Mister Jesus noch eins, wenn du weiter Träume machst, schneide ich einem den Hals durch und zünde die verfickte Kirche an und das ist dann deine Schuld! Er drehte sich um und ging zur Tür. Behutsam öffnete er die knarrende Zimmertür, vorsichtig lief er in den dunklen engen Flur, mit den quietschenden Bodendielen an dessen Wände schwarze Schimmelflecke mit jedem Regen wuchsen entlang. Draußen prasselte der Niederschlag und die Regentropfen klangen, wie Steinchen die gegen die Fenster geworfen wurden, und dämpfte die Geräusche, die aus dem Schlafzimmer drangen. Er blieb stehen und spitzte die Ohren und spie aus. Es klang als ringen zwei Säufer miteinander und die Bettfedern quietschten. Die Tür der nach Gin stinkenden Schlafkammer seiner Eltern stand einen Spalt offen, flackerndes Licht mehrerer auf die Kommode geklebter Kerzen züngelten im Raum und warf groteske Schatten an die Wände. Gegenüber im Wohnzimmer stand der Sarg auf einem geborgten Esstisch, der Walfisch fing zu müffeln an, wurde Zeit das man ihn vergrub. Der Junge sah wieder in den Türspalt ins Schlafzimmer. Auf der Kommode standen drei leere Bierflaschen und eine halb volle Flasche Old Toms Gin. Man hatte ihnen wieder einmal das Licht abgedreht. Seine Mutter lag mit dem Rücken auf dem Bett, der Unterleib nackt, die schlaffen Brüste, hingen aus dem hochgezerrten Nachtgewand heraus. Zwischen ihren Beine tobten die beiden Halbmonde eines fetten behaarten Arsches auf und ab und die Bettfedern Quietschten im Takt. Er spürte einen brennenden Widerwillen er schloss die Augen und ging weiter, leise zur Hintertür hinaus, barfuß durch schlammiges Regenwasser, das fünf Zentimeter hoch in dem kleinen dreckigen Hintergarten gesäumt von einem schiefen Lattenzaun stand, und stellte sich an die Wand unter dem Schlafkammerfenster und pisste. Er hatte jetzt echt Lust jemanden umzubringen. Ein Gefühl, das ihn den Rest seines Lebens nicht verlassen würde. Und dann sah er die Axt, steckte mit der Schneide tief im Holzblock, an dem er Tag um Tag das Holz für den Ofen und den Herd klein schlug, wie ein Zeichen das Mister Jesus ihn verstanden hatte.