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Herbie hing immer noch zitternd über seinem Moped.

»Und?«

»Könnte sein, dass es kein Selbstmord war.«

»Hast du was rausgekriegt?«

»Nichts, was man in einer Zeitung für die ganze Familie zitieren könnte.«

»Scheiße.«

Er streckte sich, blies in die Hände und erinnerte sich wieder, dass er Handschuhe trug. Er schaute über den See zur Stadt, die sich am Fuße eines Berges erstreckte wie ein wild wucherndes Ekzem. Fünf Meilen weit bis zum Atlantik, kleinteilig zerstückelt in Grau und Weiß.

»Hat Regan dir gesagt, wer sie gefunden hat?«

»Nein.«

»Meinst du, er war’s?«

»Lass gut sein, Harry, mehr ist nicht zu holen.«

»Ja, ja.«

Ich holte den Tabak raus, schnorrte ein Blättchen und drehte mir eine Fluppe. »Na schön, überlass das mir. Ich werd mal ein bisschen rumtelefonieren. Es ist sowieso schon zu spät für die Abendausgabe.«

»Kilfeather ist ein Mistkerl.«

»Er ist Bulle, Herb. Das ist sein Job. Aber egal, Kilfeather ist nicht das Problem. Da ist so ein Riese aus der Stadt gekommen, der die Ermittlungen leitet.«

»Hast du von dem was erfahren?«

»Der würde mich nur bemerken, wenn ich auf ‘ne Leiter steige. Und noch was, du Schlaumeier: Wenn er rauskriegt, dass Regan unser Leck ist, dann wird er ihm noch ein paar Lecks verpassen, damit es richtig schön sprudelt.«

Herbie fluchte, zündete sich eine Selbstgedrehte mit seinem Tabak-Gras-Gemisch an und starrte den Garda-Beamten an, der an einem Pfosten an der Einfahrt lehnte. Pflückte eine Tabakkrume von seiner Unterlippe, schnippte sie in Richtung des Polizisten und ließ den Mittelfinger ausgestreckt. Der Bulle schaute ihn seelenruhig an. Herbie sagte: »Meinst du, die stecken mit drin?«

»Wer, die Bullen?«

»Wer denn sonst? Diese Arschlöcher hängen sich doch überall rein.«

»Herb, warum sollten die Bullen ein Interesse am Tod von Imelda Sheridan haben?«

»Vielleicht hat sie ein Bordell geleitet und den Inspektor in einer misslichen Lage erwischt. Vielleicht plante sie einen Staatsstreich, nach dem Motto ›Tony for President‹, und die Bullen haben Wind davon bekommen.« Er zuckte mit den Schultern. »Alles ist möglich.«

Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.

»Hör auf mit dem Gras, Herb. Ernsthaft, Mann. Dein Kopf ist eine einzige Matschbirne.«

Er holte tief Luft und wurde richtig aufgeregt. Eindringlich sagte er:

»Das ist Stoff für die Titelseite, Harry. Richtig fette Schlagzeilen. Mit riesengroßen Fotos, die man schon von weitem sieht, und mein Name steht darunter. Meiner, nicht der von irgendeiner beschissenen Bildagentur.«

Die Agentur kassierte bei allem, was wir lieferten, eine Provision, und das war Herbie ein Dorn im Auge. Mir war es egal, dreißig Prozent auf nichts waren immer noch ungefähr nichts und fertig.

»Mach was Großes draus, Harry. Koks, Selbstmord, vielleicht auch Mord, alles dabei. Was brauchst du denn noch?«

»Wie wär’s mal mit Beweisen?«

»Was heißt denn hier Beweise?« Er hob seine Kamera an. »Die Bilder sind da, ich muss sie nur auf den Weg bringen. Richtig hübsch! Tussi mit ‘nem Loch im Hals, so groß, dass du die schwarze Kugel drin versenken könntest. Das Einzige, was ich noch brauche, ist ein Scheck mit ‘ner Unterschrift drauf.«

»Wie wär’s mal mit der Frage nach dem Motiv? Nur ein winziges Detail oder auch zwei?« Ich verstummte, weil ich den braunen Honda Civic bemerkt hatte, der gerade einparkte. Die Karosserie sah astrein aus, also konnte es nur ein Leihwagen sein. »Es muss richtig angegangen werden, Herb. Entweder ziehen wir das korrekt durch oder gar nicht.«

Er hörte den Civic, drehte sich um und zuckte mit den Schultern. Seine Wut verflog erstaunlich schnell.

»Es wird richtig angegangen, aber nicht von uns. Da kommt schon die Kavallerie.«

Sie war klein, höchstens eins sechzig und auf eine Art Ende zwanzig, die man jahrelang geübt haben muss. Ein orange-roter Pagenschnitt, der ein Auge verdeckte, dazu aprikosenfarbener Lippenstift. Ein freundliches Lächeln und jede Menge Sommersprossen auf der Stupsnase. Augen so tief, dass mir schwindelig wurde, und so groß, dass ich mich am liebsten auf sie gestürzt hätte.

»Gentlemen.« Sie hatte einen ganz leichten nordirischen Akzent.

»In dieser Umgebung ist das eine Beleidigung«, sagte ich. Ich deutete mit dem Kopf zum Haus. »So wie es aussieht, wurde die Pediküre für heute abgesagt.«

»Ich versuch mal mein Glück.«

Sie tauchte unter dem gelben Absperrband hindurch, hielt dem Garda-Beamten einen Ausweis unter die Nase und stolzierte über den Asphalt zum Haus.

Herbie warf sein Moped an, der Motor ratterte und klapperte, bis der Auspuff kleine schwarze Wolken ausspuckte.

»Soll ich dich mitnehmen?«

»Nein, danke. Ich hab es eilig.«

Er grinste verhalten, während er sich mit dem Helmgurt abplagte. »Kann ich sonst noch was tun?«

»Du könntest Infos über Tony Sheridan zusammensuchen. Hintergrundmaterial, alles was wir brauchen könnten, um die Story zu unterfüttern.«

»Geldgeschichten?«

»Genau, was fürs Gemüt. So viel Geld und dann wird leider die Frau abgemurkst. Das lieben die Leute.«

»Alles klar. Ich ruf dich später an.«


Ich war auf halbem Weg in die Stadt, schon am Friedhof vorbei, und fluchte, weil ich nicht mehr Blättchen von Herbie geschnorrt hatte, als mir endlich einfiel, wo ich den Wagen gelassen hatte. Im selben Moment schnurrte der Civic vorbei, blinkte links und hielt auf dem Seitenstreifen. Sie beugte sich über den Beifahrersitz, entriegelte die Tür und stieß sie auf. Sie sagte kein Wort, und ich wollte den schönen Moment nicht zerstören.

Sie war eine gute Fahrerin. Ihre Bewegungen waren geschmeidig, sicher, und sie sah mich nicht an, während sie fuhr. Aus der Nähe konnte ich erkennen, dass das zweiteilige Kostüm aus Bastseide war. Die kleine Brandnarbe knapp über ihrem linken Knie verfärbte sich jedes Mal weiß, wenn sie in einen anderen Gang schaltete.

Sie kam direkt zur Sache.

»Was haben Sie herausgefunden?«

»Nichts. Aber das bleibt unter uns.«

»Packen Sie Ihren Schwanz weg, das ist ein geschäftliches Gespräch.«

»Ich bin für strikte Trennung von Privatem und Geschäftlichem. Und mit Fremden mache ich keine Geschäfte. Vor allem nicht mit solchen, die mir sagen, ich soll meinen Schwanz wegpacken.«

Sie unterdrückte ein Lächeln und musste dafür nicht einen Muskel bewegen.

»Entschuldigen Sie. Ich bin Katie. Katie Donnelly.«

»Und ich bin Harry. Harry Rigby.«

»Ich weiß.«

Dazu fiel mir erst mal nichts ein. Sie sagte: »Lust auf einen Kaffee?«

»Immer.«

Wir umfuhren Midtown und krochen dann durch die Einbahnstraßen des Old Quarter mit seinen engen Gassen und dreistöckigen Gebäuden. Knallbunte Ladenfronten im Erdgeschoss, abblätternde Farbe und bröckelnder Verputz weiter oben.

»Ist der Verkehr hier immer so schlimm?«, fragte sie.

»Weihnachten steht vor der Tür, die Schäfchen vom Lande lassen sich das Fell über die Ohren ziehen. Und wir Anderen sind bloß hier, weil wir uns nicht vorstellen können, dass die übrige Welt nur ein Fernsehkanal ist. Und was haben Sie für eine Entschuldigung?«

»Ich bin freie Journalistin und schreibe einen Artikel über Imelda Sheridan für Woman Now!. In Farbe, auf Hochglanzpapier, sie sollte als erfolgreichste Wohltätigkeits-Spendensammlerin in die Februarausgabe. Das Interview hab ich gestern geführt, hab das Haus fotografiert und sie selbst in ihren schicksten Klamotten, wie sie über den See blickt, das ganze Programm.« Sie seufzte. »Und jetzt sowas.«

»Das ist erst heute Morgen passiert. Wieso sind Sie immer noch hier?«

Sie fuhr ein Stück weiter und nahm den Gang raus. Fummelte am Heizungsknopf herum, während die Fenster beschlugen.

»Das hier ist eine hübsche Stadt«, sagte sie. »Und Weihnachten steht vor der Tür. Ich dachte, ich bleib eine Weile, um etwas Lokalkolorit mitzunehmen.«

»Versuchen Sie es mit Grau, davon haben wir fünfzig Schattierungen.«

Wir bogen um die Ecke und sahen den Grund für den Stau. Er war klein und untersetzt, ging auf die siebzig zu, und auf seinen weißen Locken saß ein Lederhelm aus dem Ersten Weltkrieg mit passender Schutzbrille. Sein Gesicht war rund und knallrot. Er stand mitten auf der Straße, fuchtelte mit den Armen und gab widersprüchliche Anweisungen, jedes Mal, wenn er sich umdrehte. Sein zerschlissener Mantel blähte sich im Wind.

»Über den sollten Sie einen Artikel schreiben. Er ist lokal und ziemlich koloriert.«

»Er passt nicht zu unseren Meinungsforschern, behauptet jedenfalls die Zielgruppe. Aber das ändert sich eh jede Woche. Wer ist das denn?«

»Der Dorftrottel, Baluba Joe. Es heißt, er sei noch nie in seinem Leben nüchtern gewesen. Wenn es ihn packt, muss er unbedingt den Verkehr regeln, und wenn dann alles im Chaos versinkt, kriegt er Entzugserscheinungen. Aber er ist völlig harmlos.«

»Unsere Leserinnen wären bestimmt fasziniert.«

Sie klang ziemlich blasiert. Im Auto war es zu warm. Ich brauchte dringend eine Zigarette, Kaffee und frische Luft, in dieser Reihenfolge.

»Er war mal Soldat.« Sie bemerkte den scharfen Ton in meiner Stimme und schaute mich zum ersten Mal an, seit ich in den Wagen gestiegen war. »Er ist verrückt, wirklich geisteskrank. Das merkt man, wenn man ihn ansieht. Aber falls Sie es nicht gleich merken, erklärt er es Ihnen selbst. Er irrte drei Tage lang im Kongo durch den Dschungel, nachdem sein Zug in einen Hinterhalt der Balubas geraten und ausgelöscht worden war. Der Dschungel ist sowieso kein angenehmer Ort, erklärt er gern. Aber wenn man achtzehn Jahre alt ist und mit angesehen hat, wie seine Kumpels mit Macheten abgeschlachtet wurden und ihr Blut immer noch am eigenen Körper klebt, dann ist das Gekreische im nächtlichen Dschungel das Fegefeuer.«

Wir fuhren langsam an Joe vorbei. Schaum stand vor seinem Mund. Autos hupten, Motoren heulten auf. Er sah aus wie ein Besessener.

»Warten Sie mal«, sagte sie, »ich habe doch nicht …«

»Das war in den Sechzigern. Also hat er seit vierzig Jahren alles getrunken, was ihn nicht sofort umbringt, und es interessiert ihn einen Scheiß, ob er es überlebt oder nicht. Eines Abends hat er mir erklärt, er wüsste schon, dass alle ihn bemitleiden. Und fragte mich, warum eigentlich.«

Sie parkte problemlos ein und machte den Motor aus.

»Harry …«

»Vor ein paar Jahren haben sie ihm eine Medaille verliehen, aber er gab sie dem Offizier zurück, als der nicht wagte, ihm ins Gesicht zu sehen. Das hat der Sache den Glanz genommen, meinte er. Ich sagte ihm, er hätte die Medaille nehmen sollen, damit der Offizier so richtig angepisst ist. Wissen Sie, was er dazu meinte? ›Noch nie ist ein Offizier wegen so einer Kleinigkeit angepisst gewesen.‹«

Sie starrte nach vorn mit versteinerter Miene. Ich sagte: »Ich hätte es nie bis zum Offizier geschafft. Sie müssen mich nicht bemitleiden.«

Sie schaute mich fragend an.

»War das jetzt eine Entschuldigung?«

»Frauen entschuldigen sich. Männer geben eine Erklärung ab.«

»Aber wir sind jetzt damit durch?«

»Ja. Und wer darf die Barry-White-CDs behalten?«


Der Coffee Shop Early ‘Til Latte wurde von einem schwulen Hippiepärchen betrieben, das mehr Gras verkaufte als Kaffee. Wir gingen durch den kurzen Flur in ein kleines Hinterzimmer, wo Regale mit antiquarischen Büchern standen. Plakate warben für Feng-Shui-Kurse, Feiseanna-Wettbewerbe und Flohmärkte. Sie setzte sich mit dem Rücken zur Tür auf einen alten Barhocker und schlug die Beine übereinander. Ich quetschte mich hinter den hohen, wackligen Tisch, so, dass ich ihre Beine bewundern konnte. Wir schauten einander erwartungsvoll an, aber mir war schon klar, dass ich der Einzige war, der die Aussicht genoss.

»Was hätten Sie denn gern?«, fragte ich.

»Tony Sheridan.«

»Mit Sahne?«

Ich bestellte zwei Cappuccinos, die viel zu schnell gebracht wurden, und schnorrte zwei Blättchen von Andrea, der Kellnerin. Katie nahm einen Schluck und verzog das Gesicht. Ich tat drei Stück Zucker in die Tasse, wünschte mir was, rührte um und fragte, ohne sie dabei anzusehen: »Wie kommen Sie denn darauf, dass ich Ihnen Tony Sheridan liefern könnte?«

»Detective …« Sie holte ein kleines schwarzes Notizbuch aus ihrer Umhängetasche und schlug es auf. »Brady?«

»So ein Riese?«

»Genau der.«

»Der hat sich über Sie lustig gemacht. Und davon abgesehen – wie könnte ich das wohl schaffen?«

Sie schob den Kaffee beiseite, zündete sich eine Silk Cut an, blies den Rauch aus und schlug wieder die Beine übereinander.

»Fangen wir noch mal von vorn an, Harry.«

»Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich mich lieber weiter mit Ihren Beinen beschäftigen.«

Sie lächelte dünn.

»Tut mir leid, aber Sie sind nicht mein Typ.«

»Typen ergeben sich aus vorangegangenen Irrtümern. Sie sollten mehr an Ihre Zukunft denken.«

»Also echt jetzt, Harry …«

»Schon gut. Meine Güte, jetzt seien Sie doch nicht gleich eingeschnappt. Wenn ich ein Dekolleté hätte, würden Sie in Ohnmacht fallen. Jeder so, wie er kann.«

»Genau meine Einstellung.«

»Und Sie wollen sich mit Tony Sheridan beschäftigen.«

»Richtig.«

Ich ließ das erst mal so stehen und drehte mir eine Fluppe. Jetzt war sie dran. Sie zog einen braunen Umschlag aus der Tasche, blätterte einige Zeitungsausschnitte durch und reichte mir einen davon. Die Überschrift war ziemlich mäßig: »Umstrittenes Bauprojekt offiziell eröffnet«. Auf dem dazugehörigen Foto waren vor allem Männer in Sonntagsstaat zu sehen, die ihr Sonntagslächeln aufgesetzt hatten und auf dem Vorplatz eines Hotels standen. Der Typ mit der Schere in der Hand war groß, hatte sich gut gehalten und war wohl Tony Sheridan. Der Rest waren die üblichen Investoren, Stadträte mit ihrem typischen Mix an Ehefrauen, Hofschranzen und sonstigen Schaulustigen, manche wurden im Text erwähnt, andere nicht.

»Ja … und?«

»Ich nehme an, Sie erkennen den Ort?«

»Klar, das ist eine Meile von hier im Osten der Stadt, da wo der Fluss aus dem See entspringt. Da gab’s mal jede Menge Eisvögel. Und man kann dort Lachse angeln.«

Sie schaute mich strafend an. Dann sagte sie geduldig:

»Das ist eine Titelgeschichte, egal für welches Blatt. Mit dem richtigen Aufhänger kriegen wir das überall unter.«

»Aber erst dann, wenn wir, sagen wir mal, ein Steakmesser in Tonys Handschuhfach finden.«

»Ein Steakmesser?«

»Vergessen Sie es. Ich mache nur Scherze.«

Sie schaute sich kurz um und beugte sich dann über den Tisch, was bewirkte, dass der Ausschnitt ihrer Bluse um gute fünfzehn Zentimeter nach unten rutschte. Ich blieb, wo ich war, und verlor trotzdem das Gleichgewicht.

»Das könnte eine große Sache werden, Harry. Es gibt jede Menge Typen, die sich Journalisten nennen, die nur wegen einer einzigen Story ins Geschäft gekommen sind, die immer noch die Titelseiten kriegen, namentlich genannt werden und so weiter. Das hier ist meine große Story, Harry.«

»Machen Sie sich doch nicht klein. Außerdem gibt’s bestimmt noch andere Leute, die an dieser Geschichte dran sind.«

»Wer denn? Die Matschbirne auf dem Moped? Nicht Ihr Ernst.«

»Er hat zwar nicht so einen Ausschnitt, aber er ist ein guter Kumpel. Vor allem hat er die Fotos, das ist der Punkt.«

»Dann soll er doch eine beschissene Ausstellung damit machen. Die Fotos bringen ihm gar nichts ohne die Story und ein Blatt, das sie abdruckt.«

»Nehmen wir mal an, ich gehe darauf ein. Was hab ich davon?«

Sie bemühte sich sehr, nicht allzu hinterlistig auszusehen. »Wir teilen uns die Credits. Beim Honorar machen wir fifty-fifty. Ihren Anteil können Sie dann mit dem Moped-Typ teilen.«

»Faires Angebot. Was wollen Sie denn über Tony wissen?«

»Was wissen Sie denn?«

Ich deutete auf den Zeitungsausschnitt.

»Dieses Hotel, das war vor fünf Jahren. Es war eine einzige Katastrophe.«

»Hat Sheridan den Planungsprozess beschleunigt?«

»Nicht so hastig. Er hat das als lokale Angelegenheit sogar behindert, es ist ja sein Wahlkreis und er wohnt dort. Er hat Reden gehalten über den Umweltschutz, über seine Enkel, die bedrohten Tierarten. Wäre er noch grüner gewesen, hätte er kotzen müssen.«

»Also?«

»Also hat er sich Unterstützung von den Ökos in Dublin besorgt und einen Deal mit ein paar opportunistischen Provinzlern gemacht, die ein Abtreibungsreferendum durchführen wollten. Dann entschied er über den Kopf des Leiters der Kreisverwaltung hinweg und setzte eine einstweilige Verfügung durch. Damals ging so was noch.«

»Aber das Hotel wurde trotzdem gebaut.«

»Ja, aber erst zwei Jahre später. Da war die Fianna Fáil wieder an der Regierung und hatte die Mehrheit. Sie brauchten Tonys Stimme nicht. Am See ist niemand besonders glücklich darüber, vor allem Tony nicht, dem das Ding vor die Nase gesetzt wurde. Aber so ist es halt gelaufen.«

»Sie sagten, das Ganze sei eine Katastrophe.«

»War es auch. Tony war nicht gerade begeistert. Aber da das Hotel nun mal gebaut wurde, wollte er wenigstens seinen Anteil daran haben. Also investierte er, genau wie viele andere Leute hier in der Gegend. Andere, die keine hundert Riesen irgendwo herumliegen hatten, waren stinksauer. Aber Tony erzählte allen, es würde neue Jobs geben, er schwadronierte über Möglichkeiten im Tourismus, die Synergieeffekte für die Region und so weiter. Und als der große Tag kam, durfte er das Band durchschneiden. Drei Monate später trieb der erste Lachs mit dem Bauch nach oben. Das Hotel hatte seine Abwässer in den See gepumpt, was für eine Überraschung aber auch. So wie es aussieht, wird man in ein, zwei Jahren über den Fluss spazieren können. In noch fernerer Zukunft reicht das als Fundament für eine zweite Brücke, die wahrscheinlich Tonys Namen tragen wird.«

Sie wartete ab. Ich trank meinen Kaffee und drehte mir noch eine Fluppe.

»Und das ist alles?«

»Das ist alles.«

»Das sind die schmutzigen Hintergründe?«

»Wer hat denn was von schmutzig gesagt? Sie haben einfach vorausgesetzt, dass Korruption im Spiel war. Aber das Ganze beweist nur, dass Tony ein Heuchler ist.«

»Er ist ein Heuchler. Was für eine Story.«

»Früher war’s das mal.«

»Steigen Sie vom Kreuz runter, Harry, sonst wird Ihnen noch schwindelig. Sagen Sie mir einfach, ob Sie noch was anderes gegen Sheridan in der Hand haben. Ist er korrupt? Vögelt er herum? Gibt’s etwas, das seine Frau dazu gebracht haben könnte, sich die Kehle durchzuschneiden? Wenn nicht, verschwenden wir hier meine Zeit.«

Ich dachte darüber nach.

»Nee, ich verschwende nur Ihre Zeit.«

Sie legte das Notizbuch weg.

»Ich werde Ihnen keinen abkauen, Harry, egal, wie sehr Sie mit dem Schwanz wedeln. Finden Sie sich damit ab und zwar schnell. Ich hab ein paar Anrufe gemacht. Es ist noch nicht durchgesickert, aber wenn es erst mal so weit ist, liegen wir am Boden und es rollt über uns hinweg.« Sie schaute auf die Uhr. »Herrje, es ist ja schon spät.«

»Verabredet?«

Sie zupfte an ihrem Pony und warf mir einen Kussmund zu, so ätzend wie Salzsäure.

»Spliss ist eine echte Plage, Harry. Eine Frau sollte auf ihr Äußeres achten.«

»Für den Fall, dass Kameras auftauchen?«

»Genau.« Sie packte alles in ihre Tasche und stand auf. »Vielen Dank für den Kaffee.«

»Hurra.«

Ich sah ihr nach, nippte an meinem Kaffee, grübelte über den Zeitungsartikel nach und fragte mich, warum sie ihn liegen gelassen hatte. Dann stieg ich die drei Treppen hinauf ins Büro in der Hoffnung, dass jemand seinen Hund vermisste.

Eight Ball Boogie

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