Читать книгу Love is not a Choice - Delia Muñoz - Страница 5

Prolog – Outing

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»Ich möchte mein Leben nicht versteckt verbringen!«

Aber ich kann das nicht. Ich bin noch nicht bereit dazu.

Meine Gedanken spielten verrückt. Einerseits war da Angelinas Stimme in meinem Kopf, die immer wieder denselben Satz sagte. Und dann waren da meine Bedenken, die ihr widersprachen.

Ich saß verzweifelt auf einer Bank an der Straße, den Kopf in den Händen vergraben, nicht wissend, ob ich den nächsten Schritt gehen sollte. Angelina war schon seit fast einem Jahr meine feste Freundin. Ich hatte mich in sie verliebt, wirklich. Ich hatte durch sie gemerkt, dass Liebe ganz anders sein konnte und hatte bestätigen können, dass ich mich nicht zu Männern hingezogen fühlte, sondern zu Frauen. Zu einem blonden Mädchen mit Kurzhaarschnitt. Aber sie machte es mir schwer. Ich konnte ihren Forderungen nicht entsprechen, ich konnte ihr nicht die Beziehung geben, die sie gerne hätte. Der dauernde Streit darüber, Streit über uns, aber auch über andere Dinge, machte mich fertig. Es zerriss mich innerlich, ständig von ihr daran erinnert zu werden, was ich nicht tun konnte und was mir immer im Weg stehen würde.

Ich schaute auf mein Handy, das zu vibrieren begann.

Angelina.

Na klar. Irgendwie zog sich bei dem Anblick mein Herz schmerzhaft zusammen, statt freudig zu hüpfen. Falls sie anrief, um mich zu fragen, wie es mit meinen Eltern verlaufen war, hatte ich keine guten Neuigkeiten. Durch Angelina ermuntert – oder eher gedrängt – hatte ich mir gestern vorgenommen, mit meinen Eltern zu reden. Ich hatte mich bei ihnen outen wollen, ihnen sagen, dass ich eine Frau liebte. Doch ich hatte es nicht getan, denn ich wusste, dass sie mich abstoßen würden. Es tat schon genügend weh, Angie vor ihnen geheim zu halten – doch noch weniger könnte ich es ertragen, wegen meiner Gefühle für eine Frau von meinen Eltern verabscheut zu werden. Die sowieso schon kühle Beziehung mit ihnen würde sich in eine Beziehung voller Hass und Schmerz wandeln.

Ich atmete tief ein. Wie ging es jetzt weiter?

Ich hatte mich bei meinen Eltern nicht outen können. Nicht, weil ich Angie nicht liebte, sondern weil ich nicht dafür bestraft werden wollte, dass ich sie liebte. Es war ja nicht so, dass ich meine Beziehung geheim hielt. Ich hatte vor meinen Freunden nie verschwiegen, dass ich mich in Angie verliebt hatte. Zu Treffen hatte ich sie stets mitgenommen und ging offen mit meiner Sexualität um. Der einzige Ort, an dem ich nicht ich selbst sein konnte, war bei meinen Eltern. Denn diese vertraten nicht bloß die »übliche« konservative Haltung von Eltern um die fünfzig. Sie hatten eine tiefe Abneigung allem gegenüber, was nicht exakt ihrer Norm entsprach – und eine unangenehme Art, einen das unmissverständlich spüren zu lassen.

Ich sollte studieren, Geld verdienen, einen Mann finden, der meiner Kultur entsprach, und ich musste Kinder bekommen. Hobbys waren allesamt unnötig, außer, man konnte damit reich werden. Und während es schon schwer genug war, meinen Freizeitaktivitäten nachzugehen, wusste ich, dass ich als lesbische Frau niemals akzeptiert werden würde. Aber Angelina … schien dies einfach nicht einzusehen.

Zehn Minuten später schrieb ich Angelina eine SMS. Ihren Anruf hatte ich ignoriert.

»Bin vor deinem Haus, kannst du rauskommen?«

Ich hatte mich etwas zusammengerissen und meine verstrubbelten Haare wieder in Ordnung gebracht. Doch Angie würde mir ansehen, dass es mir nicht gutging. Zwar brachte sie eher wenig Verständnis für die Situation mit meinen Eltern auf, aber sie hatte eine gute Menschenkenntnis.

In der Tat zog Angie die Augenbrauen zusammen, als sie mich sah. Nicht nur schien sie zu merken, dass ich deprimiert war, sondern auch, dass etwas anderes nicht stimmte.

»Hey, Babe«, grüßte sie, als sie auf mich zukam. Ihre blonden Haare hatte sie wie immer mit Gel gestylt und sie trug ein schwarz-weißes Hemd.

Ich überhörte ihren fragenden Unterton und grüßte zurück. Als sie vor mir stand, nahm ich sie stumm in den Arm. Sie küsste mich auf die Wange, dann kurz auf den Mund. »Alles gut?«, fragte ich, während wir uns setzten. Ich versuchte, mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen.

Sie nickte und legte einen Arm um mich. »Ja, mir geht’s gut. Und dir?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Es geht«, meinte ich zögerlich. Beim Gedanken an die bevorstehende Konversation zog sich mein Magen zusammen.

Angie schaute mich fragend an, in ihrem Blick lag Besorgnis. »Was ist, Schatz?«

Ich warf ihr einen Blick zu. Das konnte sie sich ja wohl denken, oder nicht? Schließlich war es ihr Vorschlag gewesen, dass ich mich gestern hätte outen sollen.

»Schau Angie, ich krieg es nicht hin, mich bei meinen Eltern zu outen«, fiel ich mit der Tür ins Haus und schluckte den Kloß im Hals herunter. Ich traute mich nicht, ihr in die Augen zu schauen, wollte nicht wissen, ob sie bestürzt, traurig oder gar wütend war. »Ich habe es versucht, ich würde es ja tun, aber … du kennst meine Eltern nicht. Sie würden mich verabscheuen, verstehst du?«

Angie zog mich etwas näher. »Aber schau, Babe … meine Eltern waren auch nicht von Anfang an erfreut. Doch sie haben sich daran gewöhnt, und jetzt unterstützen sie mich.«

Ich gab mir Mühe, nicht wütend zu werden. »Das ist nicht dasselbe. Deine Eltern sind ein anderes Level von kein Verständnis, Schatz.«

»Bist du dir da sicher?« Sie schien die Frage ernst zu meinen.

»Ja, ich bin mir zu hundert Prozent sicher!« Meine Stimme begann zu zittern. Das hatte ich nicht erwartet. Ich hatte gehofft, dass sie mich wenigstens ein bisschen trösten würde, und nicht meine Erklärung hinterfragte. Traute sie mir denn nicht? Traute sie mir nicht zu, dass ich meine Eltern kannte und ihr die Wahrheit über sie sagte? Dachte sie, ich fände es toll, eine Beziehung im Versteck zu führen? Es war bloß so, dass mir keine andere Wahl blieb! Vielleicht war ich wieder einmal zu emotional, aber ich konnte es nicht verhindern.

»Ich würde es ja wirklich tun, glaub mir, bitte …« Ich brach ab, schluckte erneut Tränen hinunter. Zwar hatte Angie immer noch den Arm um mich gelegt, doch ich spürte ihre Berührung kaum, so sehr fraß mich der Schmerz von innen auf und verdrängte jedes andere Gefühl.

Angie seufzte nun, beugte sich vor und fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. »Hm, Babe …«, murmelte sie.

Ich schaute sie von der Seite her an. Konnte sie mir nicht sagen, dass alles irgendwie gut werden würde? Dass sie mich auch liebte, wenn sie meine Eltern nie kennenlernen würde? Dass das alles keine Rolle spielte? Obwohl ich eine andere Reaktion von ihr erhofft hatte, hatte ich gewusst, dass es ungefähr so kommen würde. Es war nicht das erste Mal, dass wir über das Thema sprachen – und Angie änderte selten ihre Meinung. Aber dennoch verletzte mich ihr Verhalten.

»Schau Angie, ich kann dir nicht versprechen, dass ich mich in absehbarer Zeit outen kann«, sagte ich ihr, nun war meine Stimme fester. Ich hatte zuvor beschlossen, dass ich es ihr geradeheraus sagen würde. Ich konnte nicht stets behaupten, dass ich es »bald« tun würde. Ich konnte weder ihr noch mir vormachen, dass es möglich sein würde, mich in nächster Zeit bei meinen Eltern zu outen. Denn das wäre einfach gelogen. Und wenn ihr das nicht genug war … dann wusste ich auch nicht weiter. »Ich weiß, dass du nicht gerne versteckt lebst, dass du gerne auch zu mir nach Hause kommen würdest. Okay, ich verstehe das, du bist schon out und alles. Aber ich kann dir das so nicht geben. Und entweder verstehst du das … oder …« Meine Stimme versagte. Ich zitterte mittlerweile am ganzen Körper, bald würde ich nicht mehr verhindern können zu weinen.

Angie zog mich wieder etwas an sich und fuhr sich einige Male mit der Hand übers Gesicht. Der Blick, den sie mir zuwarf, wirkte gequält. »Babe, ich weiß wirklich nicht, ob ich das kann … Ich fühle mich eingeengt dadurch, als wäre ich selbst wieder im closet

Ich biss mir auf die Lippen und mir entfuhr ein Schluchzer. Im Gegensatz zu ihr wusste ich aber, dass ich das nicht konnte. Ich würde ihren Anforderungen nie entsprechen können. Tränen liefen mir wie Sturzbäche über die Wangen und meine nächsten Worte wurden beinahe von meinen Schluchzern erstickt.

Love is not a Choice

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