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Eine Ungerechtigkeit

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Es war einmal vor langer Zeit in einem Land Namens Wolfia. Dort herrschten die Wölfe über alle Tiere. Die Wölfe waren grausam und fies. Da sich aber jeder vor ihnen fürchtete, würde sich das auch niemals ändern. Niemals? Naja, vielleicht auch doch…

„Schweinrich“, rief Mama Ringeltraut, „aufstehen!“

Schweinrich war noch sehr müde, denn er hatte gestern Nacht die Sterne beobachtet. Schließlich war es nahezu das Einzige, was die Wölfe sich nicht unter den Nagel gerissen hatten.

„Schweeeeeiiiinriiiich!“ brüllte seine Mutter erneut und zog dabei seinen Namen in die Länge.

Das bedeutete, es wurde höchste Zeit aufzustehen! Fix machte Schweinrich sich auf, denn heute machte er mit Papa Speckfried einen Ausflug zum See. Sie wollten Angeln. Schweinrich mochte die Ausflüge mit seinem Vater, denn dann verbrachten sie immer viel Zeit zusammen und hatten Spaß. Seine Schwester Isaude blieb indes bei Mama.

„Na, bist du bereit?“ fragte Papa Speckfried.

„Ja, na klar“, antwortete Schweinrich.

„Halt, ihr beiden“, fuhr Mama, „ihr braucht noch Proviant, sonst verhungert ihr mir noch.“

Sie gab Papa Speckfried einen Leinenbeutel mit Essensresten mit, denn für mehr war kein Geld da. Es war ohnehin für nichts Geld da.

„Teilt es euch gut ein“, gab die Mutter an und gab beiden Männern einen Kuss, „bis heute Abend und bringt mir einen leckeren Fisch mit.“

„Machen wir“, versprach der Vater.

„Vielleicht sogar zwei“, sagte Schweinrich.

Im letzten Moment kam Isaude angerannt.

„Ich will auch mit“, forderte sie.

„Das geht aber nicht“, sprach Mama Ringeltraud.

Isaude schaute beleidigt und streckte die Zunge heraus.

„Das ist total blöd“, wandte sie ein und ging weg.

„Vielleicht sollte ich die mitnehmen“, schlug Papa Speckfried vor.

„Nein, macht euch beiden mal auf“, riet Mama Ringeltraud, „das wird schon wieder.“

Und so machten sich die beiden auf zum Jaulsee. Es dauerte insgesamt zwei Stunden Fußmarsch bis sie dort ankamen. Schweinrich und sein Vater mussten dabei ständig auf der Hut sein, denn die Wölfe könnten kommen und von ihnen Wegzoll verlangen oder ihnen einfach etwas nehmen.

Das machten Wölfe so. Und es war erlaubt! Im Gegenteil, die Opfer durften sich einmal wehren! Es war verboten, die Pfote oder Hufe gegen einen Wolf zu erheben. Es drohten schlimme Strafen, wenn man es nur wagte. Es war auch verboten, Fische zu fangen. Da aber heute ein großes Fest zu Ehren des Königs Wolfgang, den Kräftigen stattfand, waren fast alle Wölfe dort. Demzufolge konnten sie hier niemandem etwas antun.

„Hier scheint ein guter Platz sein, um sich niederzulassen“, sagte Papa Speckfried.

Sie legten ihre Sachen ab und bereiteten alles vor, um angeln zu können.

„Ich hoffe, wir fangen heute wirklich viele Fische“, hoffte Schweinrich.

„Bestimmt“, zeigte sich der Vater zuversichtlich, „wir müssen einfach Geduld haben, dann wird es schon klappen.“

Schweinrich und Speckfried bereiteten alles vor: Sie stellten ihren Holzeimer in die Mitte, die Köder in Holzschalen daneben und präparierten die Angeln. Dann setzten sie sich hin. Nun hieß es, Geduld haben, denn beim Fische fangen gilt „Eile mit Weile“, so wie bei Vielem im Leben.

Es dauerte eine halbe Ewigkeit, so zumindest die Vermutung Schweinrichs, bis ein Fisch anbiss. Bis dahin hatten sie kein weiteres Wort miteinander gewechselt. Nicht, dass sie nichts zu erzählen hatten, nein, sie schwiegen, weil sonst die Fische nicht kamen. Das lehrte ihm einst Speckfried und vor ihm dessen Vater.

Schweinrich war der Glückliche, bei dem der Fisch angebissen hatte. Sofort versuchte er, dagegen zu halten, was sich als sehr schwer herausstellte. Speckfried sprang auf und zog an seinem Sohn, um das „Tauziehen“ zu Gunsten seines Sohnes zu entscheiden, denn Schweinrich drohte, in den See gezogen zu werden.

„Das muss ein Riese sein“, stöhnte Speckfried und zerrte weiter an Schweinrich herum.

„Ja, das glaube ich auch“, pflichtete Schweinrich seinem Vater bei.

Sie hatten große Mühe, aber es sollte ihnen gelingen, den riesigen Fisch aus dem Wasser zu ziehen. Mit einem Knüppel erledigte Speckfried das Wassertier und hob in dann in den Holzeimer. Der Fisch ragte mit der Schwanzflosse heraus und der Eimer war nun gefüllt.

„Geschafft“, keuchte der Vater und ließ sich auf den Boden fallen.

Schweinrich tat es ihm nach.

„Das war anstrengend“, schnaubte er.

Trotz dieses Erfolges war es für die beiden kein Grund, aufzuhören, nein, es war eher einer, um fortzufahren. So gelang es ihnen, 15 Fische zu fangen. Sie waren nicht alle solche Kolosse, wie der erste an diesem Tage, aber sie reichten, um die Familie satt zu kriegen.

Die Sonne färbte sich orangerot, als sie unterging. Für Speckfried und Schweinrich war es das Zeichen, mit dem Angeln aufzuhören und nach Hause aufzubrechen. Sie hatten noch einen Fußmarsch vor sich und zudem eine Menge Nahrung mit sich, zu ihrer Freude.

„Wir sollten uns beeilen, denn ich will zu Hause sein, bevor es dunkel wird“, zeigte sich Speckfried besorgt, „sonst kommen die Wölfe und mit denen ist bekanntlich nicht zu spaßen.

Schweinich bemerkte das Zittern in der Stimme seines Vaters. Er hatte noch die Zeit erlebt, als die Wölfe nicht an der Macht waren. Durch einen Putsch gelang es ihnen allerdings, die Bären zu vertreiben.

„Wenn wir wieder daheim sind, dann gibt es bald von deiner Mutter schönen gebratenen Fisch, oder geräuchert, ach egal, ich verputze ich auch roh, wenn ich daran denke“, schwärmte Speckfried auf dem Rückweg, „denn ich habe einen riesigen Hunger!“

Plötzlich raschelte es in einem Busch vor ihnen und etwas knackte. Es hörte sich an, als wenn Zweige, die auf der Erde lagen entzwei brachen. Die beiden blieben erschrocken stehen. Dann lauschten sie.

Nichts.

„Was war das?“ fragte Schweinrich so leise er konnte.

„Ich weiß nicht, vielleicht nur ein Eichhörnchen“, flüsterte Speckfried, „oder eine Maus oder….“

„…oder ein Wolf“, ergänzte eine tiefe Stimme hinter ihnen.

Schweinrich und sein Vater drehten sich um und erstarrten vor Angst. Dort standen fünf große böse Wölfe. Einer und zwar der, der gesprochen hatte, stand etwas weiter vorne und die anderen dahinter.

„Was habt ihr beiden Strolche hier zu suchen“, brummte der Wolf ungeduldig.

„Äh…wi….wir“, stammelte Speckfried, „woll-…ten… nach Hau-…Hau-…se.“

Der Wolf kam näher und schnüffelte in der Luft.

„Oh, was riecht meine Nase dort bei euch?“ fragte er, „etwas Fisch?“

„Das ist unser Fisch“, fauchte Schweinrich.

„Lass‘ gut sein“, versuchte Speckfried ihn zu beruhigen, „und sei leise“, fügte er hinzu. Während er sich zu seinem Sohn drehte.

„Ein kleines mutiges Schweinchen, hä?“, sprach der Wolf, „wenn du nicht als Festtagsessen enden willst, dann halt deine Klappe!“

Schweinrich musste sich wirklich zusammenreißen. Ihm wurde aber bewusst, dass er keine Chance gegen fünf Wölfe hatte.

„Mir reicht es jetzt mit diesem Zwergenaufstand“, brüllte der Wolf auf einmal und riss sämtliche Beutel auf und nahm alle Holzeimer an sich. Die anderen Wölfe kamen ihm dabei zu Hilfe.

Speckfried hielt Schweinrich zurück. Der Junge kannte keine Furcht, schon gar nicht, wenn es um Ungerechtigkeiten geht. Trotzdem merkte er, dass sie keine Chance hatten.

„Du sollst erfahren wie das ist, wenn ein kleines Schweinchen wie du eines bist, gegen einen Wolf, einem Tier, dass in der Nahrungskette über dir steht, angeht und nicht gehorcht“, drohte der Wolf.

Er ging zu Speckfried und holte mit seiner Pfote weit aus und verpasste dem Schweinevater eine, sodass dieser zu Boden ging. Schweinrich sprang sofort auf und rannte zum Wolf.

„Ich mache dich fertig!“ brüllte er voller Wut.

Dabei versuchte er ihn zu rammen, was ihm aber nicht gelang. Der Wolf war größer und stärker als er und hielt dagegen. Dann packte er den Schweinejungen und schmiss ihn auf die Erde. Schweinrich verletzte dich leicht. Der Wolf schritt zum Vater. Speckfried lag immer noch dort. Seine Backe blutete vom Hieb des Wolfs. Schweinrich sprang erneut auf und warf sich schützend vor seinem Vater.

„Nein!“ schrie er, „das werde ich nicht zulassen!“

„Mutig“, zeigte sich der Wolf beeindruckt.

Er nahm ihn abermals und schleuderte ihn beiseite, dann packten die anderen Wölfe Speckfried, der benommen war und alles zuließ. Schweinrich jedoch stand wieder auf.

„Ich lasse mich nicht unterkriegen“, machte er deutlich und schaute dabei so böse, wie er nur konnte.

„Geh‘, mein Junge und bringe dich in Sicherheit“, keuchte sein Vater, „du weißt schon, wo.“

Schweinrich kullerten dicke Tränen über seine Wange. Er wollte nicht gehen, aber er wusste, dass ihm sonst große Gefahr drohte.

„Hör‘ auf deinen fetten Vater“, dröhnte der Wolf, „sonst mache ich Hackfleisch aus dir!“

Dann knurrte er laut und Schweinrich rannte, was das Zeug hielt. Keiner der Wölfe folgte ihm, denn sie dachten, dass er sich wohl vor Angst davonmachte. Dem war auch so, aber er machte kehrt und versteckte sich heimlich, sodass er weiter zusehen konnte. Was sollte er auch sonst machen?

„So, altes Schwein, nun wird abgerechnet“, kündigte der Wolf an und war im Begriff, seine Pfote auszuholen.

„Nein, wir sollten ihn mitschleppen und als Sklaven halten“, funkte ein weiterer Wolf dazwischen. Der erste Wolf hielt inne.

„Sonst kriegen wir wieder Ärger, dass wir ohne den Meister gefressen haben“, Wolf.

Der erste Wolf nickte leicht. Mit dem Meister war nicht zu spaßen!

„Gut, fesselt ihn“, befahl er und die Wölfe setzten es um.

Speckfried schrie. Schweinrich wollte ihm zu Hilfe kommen, aber dies hätte nur bedeutet, dass er sich selbst in Gefahr begibt und seinen Vater womöglich noch nicht einmal retten würde.

Speckfried wurde an seinen Beinen zusammengebunden. Die Wölfe nahmen ihn hoch und trugen ihn fort. Schweinrich war geschockt!

Schweinrich der Achte

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