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Montag ist der längste Tag

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Chefs sind keine Menschen. Sie werden ausgewählt nach folgenden Fertigkeiten: Bereitschaft, andere Menschen zu quälen, Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen, Kritikunfähigkeit, Egoismus und sich bei alle dem auch noch gut verkaufen zu können.

Diese Liste ist nicht vollständig. Je mehr ein Chef davon besitzt, oder in ausgeprägter Weise hat, desto mehr leiden die Angestellten. So einen hatte er.

Ohne ein „Guten Morgen, wie geht es Ihnen, hatten sie auf der Hinfahrt Probleme“ brachte der Boss neue Arbeit. Schwere Arbeit. Unüberwindbare Berge von Arbeit, die selbst Pille nicht in der geforderten Zeit hätte meistern können.

„Der Abschluss von blabla muss unbedingt bis blabla erledigt werden. Ich verlasse mich da voll auf Sie, blabla“, brachte der nette Vorgesetzte zum Ausdruck. Am liebsten hätte er seinen Chef rückwärts aus seinem Büro rausgebrüllt. Ihm einfach die Meinung gegeigt.

Wie wahrscheinlich alle Chefs erkannte auch dieses Exemplar hier nicht, dass er ein Held der Arbeit war. Ohne ihn sähe sein Boss alt aus. Aber das traute er sich nicht, ihm zu sagen. Nicht einmal unterschwellig, wie seine Kolleginnen, was der Chef zwar auch nicht registrierte, dennoch Luft verschaffte.

„Ja, Ja“, brachte er heraus. Widerstand klingt anders. Widerstand konnte er sich nicht leisten, denn er war einst mal jung und brauchte das Geld.

„Mach etwas Vernünftiges“, hatten seine Eltern immer gesagt.

Etwas in der Wirtschaft sollte es sein, etwas Solides mit gutem Verdienst. Da seine schulischen Qualitäten nicht zum Arzt, Architekten oder gar Anwalt ausreichten, machte er eine Ausbildung. Er musste in seinem Vorleben irgendetwas verbrochen haben, er konnte sich nur nicht daran erinnern.

In seiner Zuverlässigkeit machte er seine Arbeit. Er war nicht wie die anderen Kollegen und schnatterte den gesamten Tag. Pünktlich kam er dennoch nicht von der Arbeit, da kurz vor Schluss noch ein wichtiger Auftrag kam. Wie immer.

Er rief seine Frau an, um ihr Bescheid zu geben, dass er es nicht schaffte, Maja abzuholen. Als das Telefon noch tutete, fiel es ihm ein- er hatte der Erzieherin nicht Bescheid gesagt! Rossmann musste sie dann machen und Lennard musste wohl von jemandem mitgenommen werden.

Nachdem es ihm über die Lippen gegangen war, konnte er den Telefonhörer mit gewaltigen Abstand halten und trotzdem laut und deutlich verstehen, was seine Frau zu ihm brüllte. Allerdings konnte es auch jeder andere hören. Die Verwandlung zum Monster, das er so fürchtete, war eingetreten!

Er konnte nicht einfach auflegen. Die Verbindung war ja nicht schlecht, da es sich um einen Festnetzanruf handelte. Er flüchtete. Wie er das tat? Er schweifte mit seinen Gedanken in ferne Welten. Durch die jahrelange Übung wusste er, wann ein „Ja“ oder „Mh“ kommen musste, damit sie keinen Verdacht bekam.

Irgendwann zwischen Heute und Morgen war es vorbei. Er hatte es ertragen, weil er musste. Das Positive war, dass er dadurch keine weiteren Aufgaben zu erledigen hatte, die ihm seine Königin zuvor auferlegte.

Die Arbeit, die er tat, war eintönig und langweilig, keine Spannung in Sicht. Heute musste er auch noch Überstunden machen, die er niemals nehmen könnte. Eigentlich stahl man ihm seine Lebenszeit.

Was hatte sich der „liebe Gott“ dabei gedacht? Sollte es eine Prüfung sein? Oder war es des Teufels Werk und der Beitrag Gottes?

Die ihm gestellte Aufgabe stellte er zur vollen Zufriedenheit seines Sklavenhändlers fertig. Der Abschluss konnte gemacht werden. Keiner von den oberen Chargen, den Vorgesetzten, den Chefs, den Bossen, oder den Halbgöttern, wofür sie sich hielten, brachte auch nur einen Gedanken des Lobes heraus.

Damit musste er leben. Vielleicht war er in der Hölle und wusste es nicht. Oder Truman ließe ihn grüßen, denn alles war ein großes, besonders schlechtes, Schauspiel und er hatte die Hauptrolle. Dann würde diese Serie schon viele Staffeln gehabt haben. Wie war der Erfolg seines Lebens? Gab es Merchandisingprodukte?

Vielleicht gab es eine kleine Figur, die immerzu fluchte, wenn man einen Knopf drückt- und es wäre der Renner.

„Sie können gehen“, unterbrach sein Chef seine Gedanken.

Er war erlöst. Endlich- nach Hause, oder vielmehr vom Regen in die Traufe.

Zuhause gab es noch einen Streit, bei dem sie Recht bekam, wie immer und er mit absoluter Erschöpfung ins Bett fiel.


Der ganz normale Alltag

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