Читать книгу Jupp Heynckes & die Bayern - Detlef Vetten - Страница 6

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Schnappatmung

Am 8. März 1971 bekommt der größte Boxer aller Zeiten Prügel. Muhammad Ali ist am Ende der 15 Runden im New Yorker Madison Square Garden ein taumelnder Koloss. Er muss zu Boden. Rappelt sich auf und fordert Joe Frazier auf, härter zuzuschlagen. Jetzt gehe der Kampf erst richtig los. Dann wird Ali weiter verdroschen und verliert.

Der kleine Junge muss in den Keller, Bier holen. Er pfeift eine muntere Melodei. Nein, er habe keine Angst. Dabei pisst er sich beinahe in die Hosen.

Lars Schlecker sagt 2011, im Unternehmen der Familie sei alles so weit in Ordnung. Die Drogeriekette habe eine glänzende Zukunft vor sich. Nach Fehlern in der Vergangenheit gebe es den „Sinneswandel. Man sieht uns nicht mehr so negativ. Die Kunden nehmen das neue Konzept begeistert an.“ Doch dann: Nicht mehr lang – und das Imperium ist zerschlagen.

Das letzte Hurra klingt oft recht jämmerlich.

Nun erwischt es wohl die Bayern.

Der FC Bayern München. 2014 bewertet ihn die Londoner Agentur Brand Finance. Wert: 668 Millionen Euro. Es geht weiter gipfelwärts. Die Bayern machen sich in Nordamerika und vor allem in Asien als Marke breit. Ein Unternehmen mit Visionen ist da im Münchner Süden groß geworden.

Der FC Bayern München. 27 Deutsche Meisterschaften. 18-mal DFB-Pokalsieger. Sieben Supercups. Sechs Ligapokale. Fünfmal Champions-League-Sieger. Einmal UEFA-Cup. Einmal Europapokal der Pokalsieger. Zwei Weltpokale. Ein Europa-Supercup. Triple. Double.

Der FC Bayern München. Gerd Müller. Franz Beckenbauer. Uli Hoeneß. Lothar Matthäus. Manuel Neuer. Oliver Kahn. Bastian Schweinsteiger. Sepp Maier. Georg Schwarzenbeck. Rainer Ohlhauser. Philipp Lahm. Ottmar Hitzfeld. Udo Lattek. Pep Guardiola. Jupp Heynckes. Carlo Ancelotti.

FCB, laut Wikipedia: „Der Fußball-Club Bayern, München e. V., kurz FC Bayern München, ist ein deutscher Sportverein aus der bayerischen Landeshauptstadt München. Er wurde am 27. Februar 1900 gegründet und ist mit 290.000 Mitgliedern der mitgliederstärkste Sportverein der Welt. Bekannt wurde der FC Bayern München durch seine professionelle Fußballabteilung, die seit 2001 in die FC Bayern München AG ausgegliedert ist. Die erste Herrenmannschaft spielt seit der Saison 1965/66 ununterbrochen in der Bundesliga.“

Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München, Karl-Heinz Rummenigge, erklärt Ende September 2017, man sei mit sich im Reinen und freue sich auf die großen Herausforderungen der nächsten Zeit. In zwei Tagen steht ein Match in der Champions League gegen den französischen Meister Paris Saint-Germain an. Die Mannschaft gilt in Europa als schwer besiegbar, nachdem sie für 222 Millionen Euro den Stürmer Neymar gekauft hat. Nun verheert der französische Angriffsfußball die besten Mannschaften Europas.

Aber Karl-Heinz Rummenigge verbreitet Bayern-Stolz: „Ich freue mich auf Paris, das ist ein Prestigespiel. Auf der einen Seite der neureiche Verein, auf der anderen der altreiche. Wir haben mehr Erfahrung in der Champions League. Und die müssen wir ausspielen.“

Der traut sich was, der Bayern-Boss!

Es ist ja nicht so, dass die Münchner von Sieg zu Sieg sausen.

Im Gegenteil.

Es läuft mäßig. Manche Grantler meinen gar, die Zeiten seien beschissen.

Gerade hat der FC Bayern die Generalprobe vor dem Paris-Spiel vermasselt

Am Abend des 22. September 2017 tun sich die schnellen Berichterstatter von Spiegel Online mit dem Formulieren objektiver Häme leicht. Nach dem Bundesligaspiel des FC Bayern München gegen den VfL Wolfsburg rutscht der Spott geschmeidig ins World Wide Web: „Bayern verspielen Zwei-Tore-Führung gegen Wolfsburg. Eine 2:0-Pausenführung hat nicht gereicht: Der FC Bayern ist gegen den VfL Wolfsburg nicht über ein Unentschieden hinausgekommen. FCB-Keeper Sven Ulreich patzt.“

Was war jetzt des?

Zefix!

Mi leckst am Arsch!

Die Freunde des ehemals erfolgreichen FC Bayern München halten nicht mehr mit ihrem Zorn hinterm Berg. Der Verein schlittert von einer Peinlichkeit in die nächste. Startrainer Carlo Ancelotti trägt piekfeine Anzüge und ist scheinbar ungerührt – dabei fragen sich mittlerweile selbst Bayern-Sympathisanten, welche Seltsamkeit dem Wundercoach noch einfallen mag.

Es gab Zeiten, da wäre in solchen Augenblicken Franz Beckenbauer, dem „Kaiser“, der Kragen geplatzt. Da hätte er gewettert:

„Das Spiel hätte nicht im Stadion stattfinden sollen, sondern auf dem Sandplatz nebenan.“

„Das sind alles gute Fußballer. Nur: Sie können nicht Fußball spielen.“

„Ich bin immer noch am Überlegen, welche Sportart meine Mannschaft an diesem Abend ausgeübt hat. Fußball war’s mit Sicherheit nicht.“

Der „Kaiser“ aber hat andere Sorgen und kommentiert das Geschehen nicht. Dafür kommen erschreckende Töne von den Spielern. Nach dem Wolfsburg-Match sind die Akteure – ganz anders als ihr Boss Rummenigge – überhaupt nicht zuversichtlich.

Thomas Müller, der in den vergangenen Monaten alle Leichtigkeit früherer Zeiten verloren hat, versucht, den Torwart in Schutz zu nehmen: „Ulle weiß Bescheid, dass das auf ihn geht. Er hat sich entschuldigt. Das passiert. Von der Mannschaft wird kein Vorwurf kommen.“

Mats Hummels, ein Freund klarer Gedanken und gerader Worte, sagt: „Wir haben sie leider ins Spiel zurückgelassen. Ulle ist selbst sauer auf sich, blödes Ding.“

Es wird viel geredet in den Tagen vor dem Spiel gegen Paris Saint-Germain. Die Fans machen sich Sorgen, die Neider des FC Bayern haben eine gute Zeit. In den Redaktionen des Spiegel und des Stern, beim Kicker und der Sport Bild denken die Macher darüber nach, mit welchen Beiträgen sie die „Krise der Bayern“ begleiten werden. Die TV-Sender dauerparken mit Übertragungsteams an der Säbener Straße, wo die Profis ein- und ausgehen. Es könnte was explodieren bei den Bayern – man hat da so ein Bauchgefühl.

Die Bayern pfeifen im Keller. Besser ausgedrückt: Sie versuchen, sich aus der „Krise“ zu quatschen.

Startrainer Ancelotti probiert’s mit Allgemeinplätzen: „Wir müssen eine komplette Leistung abliefern, im Angriff und in der Verteidigung. Wir brauchen alle unsere Qualitäten.“

Mats Hummels besinnt sich auf seine Führungsrolle und gibt nach dem Abschlusstraining die Parole „Vorwärts“ aus. „Das Spiel ist unheimlich attraktiv. Ich freue mich auf die Herausforderung.“

Arjen Robben, geborener Niederländer und nimmersatter Routinier bei den Bayern, will, will, will: „Wenn man sich auf so ein Spiel nicht freut, muss man aufhören.“

Was Robben nicht weiß: Der Trainer wird ihn gegen Paris nicht mal aufstellen.

Parbleu! Das wird ein Höllenritt.

Jupp Heynckes & die Bayern

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