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Querläufer
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DIE ZEIT, 28.06.2012 Nr. 27
Reden wir über Fußball. Man kennt den aggressive leader und die Doppelsechs, aber es war dem Bundestrainer Löw vorbehalten, ein neues Rollenfach zu erfinden, den Querläufer. So nennt er den Offensivmann Marco Reus, der auf dem Feld nicht blind nach vorne stößt, sondern das Spiel durch Positionswechsel in die Breite (Quere) zieht. Der Querläufer zeigt, dass der Fußball vom Handball eins gelernt hat: das Spiel am Kreis, sprich am gegnerischen Strafraum, das den Gegner stranguliert. Die Größe einer Mannschaft zeigt sich heute nicht bloß im Sieg, nein, wahre Kunst verrät sich im 90-prozentigen Ballbesitz – in der Kunst des dominanten Querläufertums. Es ist aber festzustellen, dass das schöne Spiel etwa der Spanier manchen Fans inzwischen auf die Nerven geht, weil es so selbstgefällig ist. Solche Fans nennt man Überläufer – ins Lager des Gegners.