Читать книгу Golf - Dieter Frank - Страница 11

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Kafka erklärt: „Das Leben ist eine fortwährende Ablenkung, die nicht einmal zur Besinnung darüber kommen lässt, wovon sie ablenkt.”

Wenn man kritisch betrachtet, womit der Mensch sich den ganzen Tag beschäftigt, so erkennt man, welch tiefe Wahrheit in diesem Ausspruch liegt.

In Asien oder Afrika mag es anders sein, aber der abendländische Geist kann kaum dasitzen, das Leben einfach hinnehmen und glücklich sein, wenn es ihm an nichts fehlt. Er muss etwas tun: arbeiten, reisen, auf die Jagd gehen, gerne auch auf Zweibeiner, erotische Illusionen verfolgen, fernsehen, lesen, Feinschmecker werden, rauchen, Golf spielen und im schlimmsten Falle philosophieren. Viel glücklicher wird er dadurch nicht. Die Arbeit ist mühevoll, das Reisen ist teuer, vor allem bei wechselnden Begleitungen; außerdem stellt man fest, dass ein Bierbauch auch auf Bora Bora nicht zum Sixpack wird; die erotischen Bemühungen erweisen sich leicht als Strohfeuer; das gute Essen hat den Vorteil, dass das Bedürfnis zweimal am Tag wiederkehrt, aber seine Erfüllung ist ungesund. Die Philosophie schließlich verdirbt mit zunehmender Erkenntnis den Rest der Lebensfreude. Welche dieser Ablenkungen ist frei von schädlichen Nebenwirkungen?

Das Fernsehen, vor allem die privaten Sender, sediert bekanntlich die Unterschicht, für Kulturbürger bieten sich öffentlich-rechtliche Programme an. Wer wie in Sachsen-Anhalt im Durchschnitt vier Stunden am Tag fernsieht, läuft Gefahr, eine bewegungslose Couch Potato zu werden.

Das Golfspiel zeigt hier seine Überlegenheit. Es hat, wenn der jährliche Clubbeitrag einmal abgebucht ist, keine weiteren negativen Nebenwirkungen. Das gelegentliche Jammern über Rückenschmerzen, knirschende Kniescheiben und geschwollene Armgelenke ist positiv zu werten. Es beweist die Zuversicht des Klagenden, ohne diese Unpässlichkeiten ein guter Spieler zu sein. Selbst wenn man nach fünfeinhalb Stunden von einer 120er-Runde zurückkehrt, fühlt man sich nach dem Welcome-Drink wie ein kleiner Held, der Widrigkeiten überwunden und etwas geleistet hat. Die von Dritten verschuldeten Gründe für sein schlechtes Spiel erzählt man gerne auch Nichtinteressierten. Golf hat mit Sex gemeinsam, dass es auch Spaß macht, wenn man es nicht kann.


Dieser innere Frieden, der nach der Golfrunde eintritt, wird durch Alkohol noch müheloser und schneller erreicht. Eine Flasche Rotwein ist wie 18-Loch-Golf. In dieser Währung schafft mancher 36 Loch am Tag. Übermaß und Anzeichen von Suchtverhalten sind natürlich abzulehnen; für die Gefährdeten empfiehlt sich, gelegentlich einen alkoholfreien Nachmittag einzulegen. Wer sehr viel in trockenen Räumen arbeitet, also Synchronsprecher, Musiker, Medienmanager und Rechtsanwälte, muss gegen das Austrocknen der Schleimhäute etwas unternehmen. Es gilt die Wahrheit des Bayerischen Brauereiverbandes: Jeder Tag ohne Bier ist ein Gesundheitsrisiko.

Bei langjährigen Ehen, Lebensabschnittspartnerschaften und Gemeinschaften nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz entsteht oft das Problem, dass ein Teil abends noch unruhig ist und nicht einschlafen kann. Vor der Ehe löst man dieses Problem in der Regel anders, später ist ein gutes Glas Rotwein eine stets wirksame, bewährte Einschlafhilfe.

Das Grundgesetz verlangt, dass Frauen beim Alkoholgenuss nicht benachteiligt werden. Diesem Ziel ist man in besseren Kreisen schon näher gekommen. Dort geschieht häufiger, dass die sorgende Ehefrau, die im Cayenne oder im X5 vom Proseccofrühstück nach Hause kommt, unterwegs ein Mäuerchen oder eine Mülltonne mitnimmt. Nachdem die Frauen jahrhundertelang unterdrückt wurden, darf man hier nicht kleinlich sein. Der kluge Mann ist sich bewusst, dass eine Flasche Prosecco den gleichen Glückszustand hervorrufen kann wie ein Gang mit dem Schleppnetz durch die Maximilianstraße. Das Leiden der Kreditkarte ist beim Kauf einer Flasche Prosecco ungleich geringer.


Das Problem, das Frauen mit dem Alkohol haben, ist meist ein anderes. Die Natur zwingt sie dazu, dem Mann in regelmäßigen Abständen vorzuwerfen, er trinke zu viel. Die Erfahrung lehrt, dass man dieser Vorhaltung widerspruchslos zustimmen sollte, ohne sein Verhalten zu ändern. Wenn sich eine Frau um den Mann überhaupt keine Sorgen mehr macht, ist das innere Band der Beziehung in Gefahr. Will man dieses Risiko durch plötzliche, unmotivierte Abstinenz eingehen?

Schon hieraus ist ersichtlich, dass ein Leben ohne Alkohol die zwischenmenschliche Beziehung ebenso gefährden kann, wie ein Leben ohne Golf den gesunden Kreislauf und das seelische Gleichgewicht beeinträchtigt.

Im Ergebnis kann man festhalten, dass Golf und Alkohol, im rechten Maße goutiert, den Menschen aus der Not befreien, in die die Beschäftigung mit der Philosophie hineinführt. Alkohol ergänzt das Golfspiel in einer wichtigen Funktion: Alle, die bei den Preisverteilungen nicht zum Zuge kommen, haben Anspruch auf ein gefülltes Glas, finden dort Trost und gehen somit nicht völlig leer aus.

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