Читать книгу Double - Dieter Schneider - Страница 7
ОглавлениеVorwort
Es gibt Tage im Leben, die vergisst man nie. Auch im Leben eines Profifußballers. Einer dieser Tage war der 30. Juli 2003 und obwohl ich ihn gerne aus meinem Gedächtnis streichen würde, ist er noch heute präsent. An diesem Tag gastierten wir in der vorletzten Runde des UI-Cups im österreichischen Pasching, bei einer Mannschaft, die – verglichen mit dem deutschen Fußball – maximal Drittliganiveau hatte. Der Weg ins Finale des UI-Cups und damit die Qualifikation für den UEFA-Cup schien nur noch Formsache zu sein. Doch es kam anders. Wir gingen mit 0:4 unter und jedem war klar, dass uns im Rückspiel nur noch ein Wunder helfen würde. Aber Wunder – auch die von der Weser – sind leider nicht planbar. Im Rückspiel kamen wir nicht über ein 1:1 hinaus.
Danach herrschte zunächst eine unglaubliche Tristesse im Team und bei den Fans. Was in den Fans vorgegangen sein muss, schildert Dieter Schneider in seinem Roman derart emotional, dass man das Gefühl hat, das Spiel und die damit verbundene Enttäuschung noch einmal am eigenen Leib zu erleben – eine ganz neue Perspektive für mich als ehemaligen Spieler.
Vielleicht war ausgerechnet dieses Spiel die Initialzündung für eine Saison, die als die erfolgreichste, bewegendste und vielleicht emotionalste in der Geschichte von Werder Bremen eingegangen ist. Denn die Mannschaft rückte zusammen, gewann das erste Bundesligaspiel in Berlin souverän mit 3:0 und ließ viele unvergessliche Partien folgen. Spontan fallen mir die Spiele in München, wo wir mit einem 3:1-Sieg die Meisterschaft perfekt gemacht hatten, und das erfolgreiche Pokalfinale ein. Aber während ich „Double“ las, waren plötzlich auch wieder Momente präsent, die in meiner Erinnerung in all den Jahren beinahe ein wenig verblasst waren: Das Spiel in Gladbach, als wir mit 10 Spielern ein 0:1 in einen 2:1-Sieg umwandelten. Oder das Auf und Ab beim Auswärtsspiel in Stuttgart, das schließlich 4:4 endete. Der Krimi in Fürth, im Viertelfinale des DFB-Pokals, als es in der 90. Minute 1:2 hieß und nach Micouds Ausgleich allen Spielern, und sicher auch den Fans, ein Stein vom Herzen fiel, als wir uns doch noch in die Verlängerung retten konnten. Aber es sollte nicht zur Verlängerung kommen, denn Ivan Klasni erzielte unmittelbar danach sogar noch den 3:2-Siegtreffer in der regulären Spielzeit. Niemand konnte uns auf dem Weg zum Double stoppen. Dieter Schneider begleitet den Leser auf diesem Weg, in einer Achterbahn der Emotionen. Das Schöne daran ist, dass Schneider diesen Weg nicht nur aus der Sicht von Hannes, dem erfahrenen Fan schildert, für den Werder immer schon an erster Stelle in seinem Leben gestanden hat. Er reflektiert die Saison auch aus den Augen des kleinen Simon, der von Hannes zum ersten Mal mit ins Weser-Stadion genommen und an diesem Tag vom grün-weißen Virus infiziert wird.
Doch das Buch ist mehr als ein sehr emotionaler Fußball-Roman. Als Vater zweier Kinder weiß ich, dass es das schönste Geschenk ist, wenn diese gesund sind. Wenn dieses Geschenk von heute auf morgen nicht mehr existiert und man um das Leben eines Kindes bangt, wird alles zur Nebensache. Dieter Schneiders Schilderungen von Simons Krankheit und der damit verbundenen Ratlosigkeit seiner Mutter Anna sind sehr bewegend. Gleiches gilt für Hannes’ Umgang mit der Krankheit seines kleinen Freundes. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass Hannes, trotz seiner 30 Jahre, erst durch diese Erlebnisse richtig erwachsen wird. Mir wurde durch den Roman aber auch einmal mehr vor Augen geführt, welche Verantwortung ich als Profifußballer von Werder Bremen hatte. Natürlich war da die Verantwortung gegenüber Werder, meinem Arbeitgeber. Aber unsere Mannschaft hatte auch eine Verantwortung gegenüber der Stadt Bremen, die durch unsere Erfolge einen richtigen Schub bekommen hat. Und schließlich ist da die Verantwortung gegenüber den vielen Fans. Und dann gibt es Fans, denen gegenüber wir – ohne dass dies einem Spieler zu jeder Zeit bewusst ist – ein ganz besonders hohes Maß an Verantwortung haben. Simon ist einer dieser Fans. Wir konnten mit unserem Beruf eine ganze Region, aber auch Einzelschicksale positiv beeinflussen.
Der Zufall will es, dass ich vor einer Woche im Rahmen eines Benefizspiels einige Weggefährten des Double-Kaders getroffen habe. Es war schön, mit ihnen über die Saison 2003/2004 zu sprechen und es war ebenso klasse, mit anzusehen, dass Johan Micoud noch immer ein begnadeter Fußballer ist und es nach wie vor Spaß macht, mit ihm zu spielen. Das Thema Pasching habe ich allerdings nicht angeschnitten. Womit ich wieder beim 30. Juli wäre. Man sagt ja, Geschichte wiederholt sich manchmal. Am 30. Juli 2011 musste die Werder-Mannschaft wieder eine Schmach erleben – sie schied in der ersten Runde des DFB-Pokals mit einer glanzlosen Vorstellung in Heidenheim aus. Einem Drittligisten. Natürlich kann man das Double nicht mehr gewinnen. Aber der Start in die Bundesligasaison 2011/2012 war so schlecht nicht. Wenn sich in der Liga die Geschichte tatsächlich wiederholen würde, hätte ich nichts dagegen. Simon und Hannes sicherlich auch nicht.
Ich hoffe, Sie haben ebenso viel Freude beim Lesen dieses Buchs und werden von genauso vielen Emotionen gepackt wie ich!
Ihr
Frank Baumann
Bremen, September 2011
Frank Baumann war Mannschafts-Kapitän der Double-Mannschaft und ist Ehrenspielführer von Werder Bremen.