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13. 6. 61

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Neues Berlin-Memorandum der Sowjetunion. Der Westen sagt, wir beharren auf unseren Rechten. Andere führen schon Rückzugsgespräche. Für sie gibt es nur eine Westberlin-Frage.

Der Kommunismus sieht vor, monotone und schwere körperliche Arbeit abzuschaffen, und die Unterschiede zwischen körperlicher und geistiger Arbeit verschwinden zu lassen. Meine Betriebspraxis zeigt anderes. Sie zeigt die Verachtung monotoner und schwerer Arbeit durch die Funktionäre (manche!) und der Arbeiter, die sie ausführen.

Ich begreife die Menschen, die vom Kapitalismus enttäuscht sind, die an dessen Stelle das Ideal eines Zeitalters der Humanität setzen wollen, das sie Sozialismus nennen. Sie sind zu beneiden, weil sie noch Ideale haben, weil sie noch etwas haben, dem sie Kraft und Verstand opfern können. Sie sind zu bemitleiden, wenn der Zeitpunkt des Erkennens kommt, dass all ihr Tun nicht das ersehnt Gute hervorgebracht hat. Mir sagte ein alter Genosse, als ich ihm meine ketzerischen Ideen vorlegte und er nicht umhin konnte, die Tatsachen als wahr anzuerkennen: „Das kann nicht sein. Du greifst die Ideale meines Lebens an. Das will ich nicht mehr hören.“ Diese Leute erkennen nicht, dass das, wofür sie ihr Leben eingesetzt haben, wofür sie Arbeitslosigkeit, „Schwarze Listen“, KZs ertragen haben, nicht das Zeitalter der Freiheit und des Glücks für alle ist. Den Jungen, die im offiziellen, zensierten und uniformierten Dogma erzogen werden, ist das Wort und seine Auslegung sowieso tabu. Ehrliche Jungkommunisten brechen mit der Führung, oder sie ziehen sich von der Politik zurück. Einige wenige schweben in den Höhen des reinen Denkens, sie werden nicht ernst genommen, die große Masse der Jungfunktionäre aber wird zur „Neuen Klasse“ in ihrer typischen Erscheinungsform: immer gehetzt und gejagt von neuen Linien und Kampagnen, nichts mit voller Begeisterung tuend, mit abgenutzten Vokabeln sich und andere antreibend, untereinander stets intrigierend. Ein sinnloses Leben, das nur durch die Sonne von Privilegien ein wenig aufgehellt wird.

Ein Kollege Dreher erzählte mir, er wäre Unteroffizier und Waffenmeister bei der NVA gewesen. Wie schön sei das gewesen: den ganzen Tag Gewehre zählen, ein wenig putzen und ansonsten nichts tun.

Man macht bei uns immer soviel Aufhebens über sowjetische Produktionserfolge. Es wird betont, die Sowjetunion stünde an zweiter Stelle in der Weltproduktion. Es ist aber merkwürdig, dass sie nicht an zweiter Stelle im Lebensstandard steht.

DDR aus der Schublade

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