Читать книгу Persönlichkeitstypen - Dietmar Friedmann - Страница 13
2.6 Psychische Stabilität und Entwicklung der Persönlichkeit
ОглавлениеDer Persönlichkeitsbereich ist zunächst am stärksten ausgeprägt. Er hat sich in der Kindheit ausgebildet und bestimmt gewöhnlich das Bild der Persönlichkeit, das heißt, der Beziehungstyp verhält sich gefühlsmäßig und beziehungsorientiert, der Sachtyp nachdenklich, sinnenhaft und erkenntnisgeleitet und der Handlungstyp zielbewusst und handlungsgeleitet. Das wird bei Kindern oder weniger entwickelten Persönlichkeiten besonders deutlich.
Der Entwicklungsbereich ist in der Regel etwas schwächer ausgeprägt. So legen Beziehungstypen zwar großen Wert aufs Denken, doch sie tun sich manchmal schwerer damit als andere Persönlichkeitstypen. Sachtypen möchten gerne tüchtig und erfolgreich sein, zeigen aber häufig Schwächen im Wollen und Handeln. Und Handlungstypen schätzen gute menschliche Beziehungen, doch sie übergehen oft ihre Gefühle oder verstecken sie hinter einer ‚rauen Schale‘.
Diese anfängliche Schwäche im Entwicklungsbereich wird mit der zunehmenden Persönlichkeitsentwicklung immer mehr ausgeglichen. Dann kann man beobachten, wie ein Beziehungstyp gelassen und klar eine Situation mit einer erkenntnisgeleiteten Sensibilität analysiert, dass ein Sachtyp geplant und selbstbewusst handelt und sich für andere einsetzt, oder wie ein Handlungstyp Sympathien und Lebensfreude zeigt und andere daran teilhaben lässt. Da diese Fähigkeiten des Entwicklungsbereiches so wertvoll sind, nenne ich sie Schlüsselfähigkeiten.
Für die praktische Arbeit bleibt der Ansatz bei den Schlüsselfähigkeiten zunächst Thema Nummer eins. Das gilt auch dann, wenn es zuerst darum geht, den jeweiligen Persönlichkeitsbereich zu stabilisieren, sodass der Beziehungstyp spürt, dass er liebenswert ist und es ihm gut tut, mit sich selbst liebevoll umzugehen und an Selbstvertrauen zu gewinnen, oder sodass der Sachtyp erkennt, dass er interessant und attraktiv ist, er auf sein Äußeres achtet und sein Selbstbewusstsein stabilisiert, und dass der Handlungstyp weiß, wie tüchtig er ist, und die Anerkennung, die er bekommt, annimmt und an Selbstsicherheit gewinnt.
Jeder Strukturtyp neigt dazu, in seinem Entwicklungsbereich besonders Anspruchsvolles von sich und anderen zu erwarten, ohne diesen Ansprüchen schon immer genügen zu können. Das ist in einer Lernsituation nicht sonderlich empfehlenswert. Denn je strenger die Maßstäbe sind, die man anlegt, desto schlechter sehen notwendigerweise die Bewertungen aus.
So meint der Beziehungstyp, dass er und andere bestens Bescheid wissen und besonders intelligent sein müssten. Der Sachtyp stellt an sich und andere besonders hohe Qualitätsansprüche im Handeln und an die Verantwortlichkeit und Fürsorglichkeit anderer, und der Handlungstyp hat große Erwartungen und strenge Maßstäbe, die sich auf das Zwischenmenschliche beziehen.
Eine Ausbildungsteilnehmerin (Beziehungstyp), die diese Problematik erkannt hatte, drückte das etwa so aus: „Seitdem mir klar geworden ist, dass es normal ist, zunächst nichts zu wissen, seitdem ich nicht mehr meine, intelligent sein zu müssen, kann ich wirklich erkennen. Erkennen ist für mich nicht denken, sondern ein Gefühl zulassen und es anschauen.“12 Ähnliches gilt für das Handeln des Sachtyps und für sein Erfolgsstreben. Wenn er es anderen gegenüber zu sehr betont, erscheint ihnen das möglicherweise angeberisch oder unsensibel.
Und dem Handlungstyp tut es gut, wenn er in seinem Entwicklungsbereich lernt, dass Liebe und Sympathie, die so wertvoll für ihn sind, nicht erzwungen oder erzeugt werden können. Wenn er, der lange Zeit seine Gefühle übergangen hat, sie dann entdeckt, braucht er sich nicht zu wundern, wenn andere bei diesen vulkanartigen Gefühlsausbrüchen eher irritiert reagieren. Oft versucht der Handlungstyp Stimmung zu machen und gute Laune herzustellen durch humoriges, burschikoses und kumpelhaftes Verhalten.
Die Entwicklung der Schlüsselfähigkeiten ist sicher der wichtigste Schritt für Lebensqualität und Persönlichkeitsentwicklung, doch er setzt eine gewisse Stabilität des Persönlichkeitsbereiches voraus. Man könnte hier von einer Basis des ausreichenden (Selbst-)Vertrauens beim Beziehungstyp, des Selbstbewusstseins beim Sachtyp und der (Selbst-)Sicherheit beim Handlungstyp sprechen.
Was noch nicht gelöst ist, das ist die Frage nach der Autonomie einer Persönlichkeit. Sie bezieht sich auf den Selbstbestimmungsbereich: Wie fremd- oder selbstbestimmt handle, fühle oder denke ich?