Читать книгу Der Mullimutspumper ... reist um den Bodensee - Dietmar Timmer - Страница 7
ОглавлениеDer Mullimutspumper
... und der Bankraub
in Uttwil bei Romanshorn
Der Mulli, wie ihn seine Freunde nannten, war in seinem Liegestuhl eingeschlafen, er hatte wohl am Abend ein Glas Rotwein zu viel getrunken. Am frühen Morgen weckten ihn aufgeregte Stimmen, denn sein Liegestuhl hatte große Ohren, mit denen er alles hören konnte, was sich rund um den Bodensee abspielte. Und über die Facettenaugen der Lichtkuppel konnte er die Ufer betrachten.
In Uttwil bei Romanshorn war ein Getöse, Gewusel, Krach und Lärm, ein wildes, chaotisches Durcheinander. Der ganze Ort musste auf den Beinen sein, da war etwas nicht in Ordnung, irgendwas war da schiefgelaufen.
Man muss wissen, zwischen Uttwil in der Schweiz und Friedrichshafen in Deutschland ist der Bodensee am breitesten (14 Kilometer) und tiefsten (254 Meter).
Der Mullimutspumper beschloss, sich die Sache näher anzuschauen. Er schlüpfte in seine grüne Lederhose, die aus kleinen Schuppen (wie die von Fischen) genäht war, zog seine kastanienbraune Lederjacke an, schloss die großen bronzenen Knöpfe, setzte seinen schwarzen Hut auf (wie ein Fischkopf geformt, mit breiter Krempe und einer roten Feder obendrauf) und los ging es. Halt, er hatte vergessen, seine schwarzen Stiefel anzuziehen. Schnell hineingeschlüpft und schon eilte er ans Ufer zu seinem Wagen.
Sein Auto war ein Morgan Threewheeler. Der hatte vorne zwei und hinten ein Rad, war dunkelgrün und ein Geschenk von seinem Freund Snoby aus England. Der Mullimutspumper liebte das Fahrzeug und pflegte es voller Hingabe. Der Motor war vorne, zwei Zylinder wie bei einem Motorrad, man konnte ihn richtig arbeiten sehen, die Teile waren allesamt verchromt und blitzten sauber geputzt in der Sonne. Das Ganze sah aus wie bei einem alten Doppeldeckerflugzeug.
In Uttwil angekommen, stellte er sein Auto am Rathausplatz ab, gefolgt von einer Schar Kinder, die sich über seine Kleidung lustig machte. „Schuppenhase, Fischkopf, Hosenwurm, Knochenständer, Mägerlimucki“, riefen sie ihm nach. Er sah ja auch putzig aus.
„Ihr seid rotzfrech“, antwortete er ihnen. Da der Mullimutspumper Kinder liebte, hatte er immer eine Handvoll Bonbons in der Hosentasche, die er gerne verteilte. Nachdem er dies getan hatte, drängte er sich mitten in die Menschenmenge an der Uferpromenade hinein. Dort herrschten eine große Aufregung, ein wildes Durcheinander und lautes Reden, er verstand kein Wort, die Leute waren hektisch und aufgeregt.
Endlich konnte der Mullimutspumper in der Menschenmenge eine ältere Dame ansprechen, die ihm über das schreckliche Ereignis Auskunft gab. „In der kleinen Bank von Uttwil wurde eingebrochen und das ganze Geld der Uttwiler gestohlen“, berichtete sie. Daher die Aufregung, das war natürlich verständlich.
„Das ist ja furchtbar, richtig boshaft“, antwortete der Mulli, bedankte sich bei der Dame und ging zur Bank, um sich das Ganze näher anzusehen. Vor dem Gebäude waren bereits die Polizei aus Romanshorn, der Bürgermeister Ratschisch und der Ortspolizist Stringel versammelt. Ratschisch war ein großer, kräftiger Mann, nicht zu verwechseln mit einem Terminator, er war mit einem dunklen, etwas verbeulten Anzug bekleidet und trug einen kleinen schwarzen Hut mit schmaler Krempe. Sein Gesicht war geprägt von einem ausladenden Schnurrbart, einer Popelbremse.
Stringel war klein, gedrungen und etwas dicklich. Er trug seine Polizeiuniform, die schon etwas zu klein geworden war und aus allen Nähten zu platzen drohte. Er hatte einen ausgeprägten Stiernacken und sehr schwülstige Lippen. Der Mullimutspumper sprach die beiden an. „Können Sie mir bitte nähere Auskünfte über die Vorkommnisse hier geben?“
Doch die Männer wiesen ihn sehr barsch ab. „Du siehst doch, dass wir jetzt keine Zeit für dich haben“, antwortete Stringel mit scharfer Stimme.
Komisch, sonst waren die beiden immer sehr freundlich und zuvorkommend ihm gegenüber gewesen.
Über die Dröppelgasse (das sind kleine, enge Gässchen zwischen den Häusern, die im Mittelalter zum Brandschutz frei gelassen wurden) konnte man in den Hof der Bank sehen. Das Fenster zum Büro war eingeschlagen, die Scherben lagen verstreut auf dem Hofpflaster herum. Eine sehr nette, freundliche Polizistin aus Romanshorn sprach ihn an. „Was machen Sie denn hier?“, fragte sie ihn. Er stellte sich ihr vor und bekundete sein Interesse an den Uttwiler Bürgern, daraufhin gab sie ihm nähere Informationen. „In der Nacht wurde in das kleine Büro der Bank eingebrochen. Ein Hacker hat alle Kontodaten aus dem Computer gestohlen und dann sämtliches Geld der Uttwiler aus dem Geldautomaten gezogen. Wir wissen aber schon, wer es war. Der ortsbekannte Landstreicher Utzerup ist gestern im Ort gesehen worden und seitdem spurlos verschwunden“, berichtete sie.
Der Mulli bedankte sich bei ihr und fragte noch nach dem Bankdirektor Zirngibel.
„Der ist im Urlaub und kann nicht erreicht werden“, antwortete die Polizistin.
Nun musste der Mulli erst mal in ein Café gehen und sich stärken. Im Ortskern lag das kleine Lokal von Frau Rüffele. Dort angekommen ließ er sich über einer heißen Tasse Kaffee grübelnd die ganze Geschichte noch mal durch den Kopf gehen. Wenn man ein Fenster von außen einschlug, würden die Glasscherben nach innen und nicht in den Hof fallen. Der Utzerup als Hacker (das sind Leute, die sich unerlaubt in fremde Computer einloggen und darauf mitunter großen Schaden anrichten), das konnte nicht sein. Auch wenn er ein übler Gesell war, grimmig, böse und unbeherrscht, der Hellste war er schon in der Schule nicht gewesen, kurz: eine Blimse. Computer zu hacken, das konnte man ihm nicht zutrauen.
Hm ... hm ... Es half nichts, der Mulli musste ihn finden und mit ihm sprechen.
Als er den Ort verließ, sah er schon ein Plakat: Der Bankräuber Utzerup wurde gesucht, und wer ihn fasste, würde 1.000 SFR Belohnung erhalten.
„Das ging ja schnell“, dachte er, bevor er dem leicht geschwungenen Weg die sanfte Hügelkette hinauf in Richtung Wald folgte. Er kam an mehreren Bauernhöfen vorbei, wo er nach dem Utzerup fragte, doch keiner hatte ihn gesehen.
Am Waldrand angekommen fragte er einige Waldarbeiter, doch auch diese wussten nicht, wo sich der Landstreicher aufhielt.
Der Mulli kam am Waldgasthof vorbei und ging immer tiefer in den Wald hinein. Er kannte den Utzerup und auch das ein oder andere Versteck von ihm, doch er konnte ihn nicht finden.
Der Mulli machte oft ausgedehnte Wanderungen und kannte sich deshalb gut in der Gegend aus. Endlich kam er ganz oben am Bergkamm an, wo es eine Höhle mitten im Wald gab. Doch Vorsicht, lieber unsichtbar die Höhle betreten, schließlich sollte der Utzerup überrascht werden.
Unsichtbar, langsam wie eine Schnecke und ganz leise schlich er sich in die Höhle, immer tiefer hinein, es wurde düsterer und dunkler, er konnte schon fast nichts mehr sehen, als er über einen Stein stolperte, hinfiel und sofort wieder sichtbar wurde. Er holte seine Taschenlampe aus seiner Hosentasche, um sich einen Überblick zu verschaffen. Da entdeckte er eine Feuerstelle, die noch warm war.
Plötzlich huschte eine schwarze Gestalt über ihn hinweg. Durch das Licht der Taschenlampe wurde sie an die Höhlenwand projiziert, wodurch dort der riesige Schatten eines Vampirs mit ausgebreiteten Flügeln erschien. Das war dem Mullimutspumper unheimlich und er bekam eine Gänsehaut. Da ertönte ein Kreischen und Flattern über ihm. Er rannte, so schnell er konnte, aus der Höhle hinaus und fiel, draußen angekommen, der Länge nach auf die Nase.
Als er sich wieder einigermaßen gefasst hatte, merkte er, dass durch ihn ein Schwarm Fledermäuse aufgescheucht worden war, der sich nun in der Umgebung auf den Bäumen niederließ. Gott sei Dank war nichts weiter passiert, er musste ein wenig über sich selbst lachen.
Doch von Utzerup weiterhin keine Spur. Wenn er dagewesen war, musste er die Höhle bereits vor dem Mulli verlassen haben. Da kam ihm eine Idee: Er musste den Landstreicher überlisten.
Der Mulli ging zurück in den Waldgasthof, dort ließ er sich einen Vesperkorb zusammenstellen mit einer Flasche Rotwein und spazierte laut singend zurück in den Wald. Es wurde schon dämmrig, und als er an einer kleinen Lichtung ankam, fand er eine Kuhle, davor einen Baumstumpf. Weiter vor sich hin trällernd, entzündete er in einem Steinkreis ein Lagerfeuer, setzte sich hinter den Baumstumpf, pflanzte seinen Hut mit der Spitze nach oben auf einen Stock, den Vesperkorb und die Flasche Wein daneben. Dann machte er sich ganz klein wie eine Ameise, kroch unter dem Baumstumpf hindurch und konnte das Ganze von der anderen Seite aus beobachten. Jetzt hieß es warten.
Es wurde immer später und später. Das Feuer war am Niederbrennen und er war schon dabei, jegliche Hoffnung aufzugeben, als im Hintergrund ein Knacken zu hören war. Eine große, mächtige, unheimliche Gestalt mit einem langen schwarzen Mantel und einem mannshohen Spazierstock tauchte auf. Die Person schlich sich langsam von hinten an den vermeintlich sitzenden Mulli heran, holte mit dem Spazierstock zu einem furchtbaren Schlag aus und traf den Ast mit dem Hut, sodass Letzterer weit weg in den Wald flog. Die Gestalt wunderte sich zunächst, entdeckte aber schnell den Vesperkorb mit dem Wein, über den sie sich sogleich hermachte. Sie verschlang die Wurst und den Käse gierig und laut schmatzend, nahm einen kräftigen Schluck Wein zu sich und rülpste fürchterlich.
Auch wenn der Mulli ihn nicht gleich erkannt hatte, wusste er jetzt, dass diese Gestalt nur der Utzerup sein konnte. Er musste nach dem Tag im Wald ja schon richtig ausgehungert sein. Der Mullimutspumper machte sich unsichtbar, versteckte sich hinter dem Landstreicher und sprach ihn mit tiefer, ernster Stimme an: „Ich wusste, dass ich dich finden und du gierig meine Vesper in deine Futterkammer hineinstopfen würdest.“
Der Utzerup sprang auf, schaute erschrocken um sich, konnte denjenigen, der gesprochen hatte, allerdings nicht ausmachen. „Zeig dich, du Hund, du Schaschlik, wer du auch immer bist, du Vollkorken!“, brüllte er in den Wald und schlug dabei mit seinem Stock wild um sich.
„Du kennst mich und du wärst besonnener gewesen, hättest du mich schon erkannt, ich bin der Mullimuts-pumper“, sagte dieser. „Hm, eigentlich wollte ich dir nur helfen, aber so futzdumm, wie du dich benimmst, geht das nicht.“
Der Utzerup wurde nun zugänglicher, weil er wusste, dem Mulli, der sich nun sichtbar machte und neben ihn setzte, konnte man vertrauen. Der Landstreicher erzählte ihm also seine Geschichte und was er in Uttwil gesehen hatte. Da waren zwei dunkel gekleidete Männer gewesen, die schwarze, unheimliche Teufelsmasken wie an Fasnacht aufgehabt hatten. Auf der Stirn hatten sie jeweils zwei rote Hörner gehabt. Einer trug einen großen Rucksack und sie eilten schnell aus der Bank. Weil der Utzerup schon einige schlechte Erfahrungen mit den Leuten aus der Umgebung gemacht hatte und wusste, man würde ihn verdächtigen, war er abgehauen und hatte sich im Wald versteckt.
„Ja, verstehe ich“, antwortete der Mulli, „trotzdem, das war ein großer Fehler, es wäre besser gewesen, du hättest mit der Polizei gesprochen.“
„Das werde ich morgen für dich tun“, versprach er dem Landstreicher und kurz nach ihrem Gespräch schliefen die beiden ein.
Als er am nächsten Morgen sehr früh aufwachte, schnarchte der Utzerup noch im Tiefschlaf. Er hatte den ganzen Wein allein getrunken und war wohl ziemlich beschnattert. Der Mulli machte sich mit einem tiefen Seufzen sogleich auf den Weg nach Romanshorn.
Es war schon Mittag, als er an der Polizeistation ankam. Er suchte nach der netten, feschen Polizistin, die er bald darauf fand. Sie nahm sich Zeit für ihn und so konnte er ausführlich seine Bedenken (die Glasscherben im Hof, der Utzerup als Hacker) sowie die Geschichte des Landstreichers erzählen.
Die Polizistin wurde selbst sehr nachdenklich und versprach mit einem Kopfnicken, den Fall noch mal mit ihren Kollegen gemeinsam zu überdenken.
Zufrieden verließ der Mulli Romanshorn und ging nach Uttwil. Es musste doch möglich sein, den Bürgermeister Ratschisch und den Wachtmeister Stringel zu überzeugen. Es war spätabends und bereits dunkel, als er in Uttwil ankam. Er hatte Bedenken, zu dieser Stunde noch den Bürgermeister aufzusuchen, ging dann aber doch zu seinem Haus. Dort brannte Licht, also musste er wach sein. Die Haustür stand einen Spalt offen und ein fahler Lichtschein war zu sehen.
„Herr Ratschisch“, rief der Mulli. Keine Antwort.
Nun trat er langsam ins Haus. Im Flur brannte Licht, sonst war alles dunkel. Ein Blick in die gute Stube und in die Küche, bei denen die Türen offen standen, nichts zu sehen. Er wollte gerade die Treppe nach oben steigen, da hörte er Stimmen vom Kellerabgang. Seine Neugier war geweckt. Leise öffnete er die Tür zur Kellertreppe und ging vorsichtig nach unten.
Am Ende der Treppe war ein langer, schmaler Flur, an den hinten rechts ein Raum grenzte. Die Tür stand offen, ein schwacher Lichtschein war zu sehen. Hier redeten offensichtlich drei Männer miteinander.
„Wir teilen jetzt und ich kann das verschlafene Nest endlich verlassen.“ Das hörte sich an wie die Stimme von Herrn Stringel, dem Ortspolizisten.
„Nein, wir dürfen kein Risiko eingehen und müssen warten, bis Gras über die Sache gewachsen ist.“ Das war die Stimme von Herrn Ratschisch.
Inzwischen hatte sich der Mulli bis an die Tür vorgeschlichen und steckte seinen Kopf in den Raum, vor lauter Neugier jedoch zu weit, sodass er vornüberfiel, mitten in den Raum hinein. Auf dem Boden liegend, fiel sein Blick auf Ratschisch und Stringel. Der Bankdirektor Zirngibel war ebenfalls dabei. Er war ein kleiner, dünner Mann, um nicht zu sagen, ein Erdnuckel mit schmalem Gesicht und immer schnieke in einen Nadelstreifenanzug gekleidet. Was für eine Überraschung!
Im Hintergrund stand ein langer Tisch, auf dem das ganze Geld, das gestohlen worden war, gebündelt lag. Die drei Herren waren ebenso überrascht wie der Mulli, doch Stringel fasste sich schnell, nahm einen Strick von der Wand, und ehe er sich versah, war der Eindringling gefesselt.
Kreidebleich vor Angst – wie ein Milchbrötli – sagte Zirngibel: „Jetzt ist alles aus, der verpetzt uns, das ist ein V-Mann.“
„Unfug“, erwiderte Stringel. „Wir teilen jetzt, nehmen den Zaster und der Mulli kann hier verhungern.“
Nichts konnte die drei Räuber mehr aufhalten. Voller Gier eilten sie zum Tisch, um sich das Geld in ihre Taschen zu stopfen. Diese Gelegenheit nutzte der Mulli, um sich klein wie eine Ameise zu machen, mit Leichtigkeit aus den Fesseln zu schlüpfen und aus dem Kellerraum hinauszueilen. Doch Stringel passte auf, bemerkte den Fluchtversuch, sprang sofort aus dem Raum in den Flur und spähte nach allen Seiten, dabei fluchte er fürchterlich.
Der Mulli nahm gerade wieder seine normale Gestalt an, um die Tür zu schließen, doch schnell machte er sich wieder zur Ameise, was Stringel allerdings sah. Hastig stürzte er dem Mulli hinterher und trat dabei mehrmals mit seinen groben Stiefeln nach ihm. Der Mulli konnte nur mit Müh und Not ausweichen, rannte um sein Leben, bis er endlich in einer Mauerritze an der Kellerwand Unterschlupf fand.
Stringel ging auf die Knie und der Mulli sah, wie sein großes graues, kaltes Auge in die Mauerritze spähte. Gott sei Dank waren seine Finger zu dick, um sie in den Spalt hineinzustecken.
„Gebt mir einen Stock, ich hol ihn da raus“, rief er.
Als die drei Männer begannen, nach einem passenden Werkzeug zu suchen, mit dem sie ihren Gegner aus der Ritze hervorholen konnten, nutzte der Mulli die Gelegenheit, um sich im Schatten der Mauerkante zur Treppe zu schleichen. Dort konnte er an der Treppenwange hinauf zum Erdgeschoss krabbeln. Zum Glück merkten das die drei Räuber nicht, während sie immer noch aufgeregt nach einem Stock suchten. Hinter der Tür zum Kellerabgang konzentrierte der Mulli sich und machte sich unsichtbar, um vorsichtig zu sein. Doch die Männer merkten nichts. Schnell wurde die Tür zugeschlagen und verriegelt.
Stringel stürzte sofort die Treppe hinauf und polterte an die Tür. „Mach auf, du Terrorkrümel!“, schrie er, doch es half nichts, sie saßen in der Falle, denn sämtliche Kellerfenster waren vergittert.
Nun hieß es für den Mulli, so schnell wie möglich die Polizei aus Romanshorn zu holen. Mist, sein Handy hatte er im Auto liegen lassen. Schnell zum Parkplatz, um es zu holen. Unterwegs sah er, dass im Café von Frau Rüffele noch Licht brannte.
Sofort ging er hinein, wurde aber von der Besitzerin barsch angesprochen: „Wir schließen jetzt, hier gibt es nichts mehr.“
„Frau Rüffele, es ist keine Zeit für lange Erklärungen“, erwiderte er und schritt zum Telefon hinter der Theke.
Frau Rüffele blieb der Mund offen vor Staunen. Zum Glück hatte der Mulli gleich die nette Polizistin in der Leitung, die sogleich verstand, was er ihr berichtete.
Frau Rüffele, die natürlich das Gespräch mitgehört hatte, sprach den Mulli an. „Ja, ist es denn die Möglichkeit, dass der Bankdirektor mit dem Bürgermeister und dem Ortspolizisten die eigenen Bürger bestiehlt?!“
„Ja, Frau Rüffele, heutzutage ist das so, ich hätte mir das auch nicht vorstellen können. Diese falschen Freunde“, antwortete er.
Inzwischen hatte sich das Ganze schon herumgesprochen und eine Menge Leute waren im Café versammelt. Eilig gingen nun alle zum Haus des Bürgermeisters. Dort war bereits die Polizei eingetroffen und von jetzt an war alles ganz einfach.
Der Mulli ging mit der Polizistin voraus ins Haus und öffnete die Kellertür. Auf der Treppe saßen niedergeschlagen der Bürgermeister und der Bankdirektor, kreidebleich wie ein Milchbrötli, in ihr Schicksal ergeben. Sogleich wurden sie von der Polizei abgeführt. Doch wo war Stringel, der Ortspolizist?
Dieser hatte sich hinter der Tür versteckt, und als der Mulli und die Polizistin hereinkamen, schlich er sich an diesen vorbei und wollte fliehen. Doch vor dem Haus wurde er von den Uttwilern abgefangen und ebenfalls der Polizei übergeben. Nun ging es ab in den Knast mit den dreien.
„Du Ameisenhirn!“, rief Stringel beim Wegfahren dem Mulli noch zu.
In letzter Minute fragte der Mulli nach dem Namen der freundlichen Polizistin. „Irmi“, antwortete sie.
Lange schaute er ihr hinterher und wünschte sich, sie bald wiederzusehen.
Anschließend wurde im Café bei Frau Rüffele noch lange gefeiert. Die Leute aus Uttwil waren froh, dass der Fall aufgeklärt war und sie ihr Geld wiederbekamen. Bei dem vielen Rotwein, der floss, blieb die Frage, ob der Mulli in dieser Nacht noch nach Hause fahren konnte. An den Utzerup, der zu Unrecht beschuldigt worden war, dachte niemand. Doch der Mulli würde bestimmt mit ihm reden.