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1. Kapitel

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Eine Telefonzelle hatten Kalle und Otto auf der Hansastraße nicht gefunden, aber eine Tankstelle. Die Dame an der Kasse rümpfte die Nase, als Kalle nach einem Telefon fragte.

»Wir sind hier keine Telefonzelle«, sagte sie spitz. »Besitzen Sie kein Handy?«

»Nee, seh’ ick so aus? Dit is’n Notfall. Wir müssen wat den Bullen melden.«

»Ach so, das ist etwas anderes. Bitte schön!«

Kalle nahm das Telefon entgegen und wählte 110. Damit landete er in der Direktion 1, Abschnitt 14, in der Berliner Allee. Als er seine Beobachtung schilderte, hieß es, er solle zurück zum Fundort gehen und dort auf die Polizei warten.

»Ja, machen wa. Ick leg jetzt uff«, sagte Kalle und zog Otto am Ärmel mit sich nach draußen. »Komm bloß. Wir soll’n da warten. Mensch, da kommt jrade die M4. Nimm de Beene in de Hand und denn nischt wie wech hier.«

Als am späten Abend im Ortteil Tiergarten das Telefon klingelte, meldete sich Hauptkommissar Hinnerk Lange. Er hörte eine Weile zu und sagte dann: »Verstanden, wir sind gleich da.«

Seine Kollegin und Ehefrau, Hauptkommissarin Valerie Voss, die er bereits zum zweiten Mal geheiratet hatte, sah ihn fragend an.

»In Weißensee, auf dem Brachgelände der ehemaligen Kinderklinik, ist eine weibliche Leiche gefunden worden. Der Anruf kam von einer Tankstelle in der Hansastraße. Wahrscheinlich ein Obdachloser, der einen Schlafplatz gesucht hat.«

»Und warum kümmern sich die Kollegen von der Direktion 1 nicht darum?«, fragte Valerie.

»Tun sie ja. Aber es gibt da wohl einige Besonderheiten, sodass sie meinen, wir vom LKA wären besser zuständig.«

»Hach, gerade wo ich langsam die nötige Bettschwere erreicht hatte«, maulte Valerie. »Und dann auch noch quer durch die Stadt, mitten in den tiefsten ehemaligen Osten.«

»Das ist nun mal unser Los. Durch die Wiedervereinigung sind wir jetzt auch für Gebiete zuständig, die wir früher nur von der Landkarte her kannten. Komm, Schatz, bürste noch mal dein Silberhaar, wirf dir eine Jacke über, und dann lass uns gehen!«

Hinnerk spielte auf Valeries weißblond aufgehellte Haare an, die ein echter Hingucker waren.

»Die Wiedervereinigung fand vor beinahe dreißig Jahren statt, wenn ich dich erinnern darf«, feixte sie. »Tu nicht so, als hättest du es jemals anders kennengelernt. Als Westberlin noch eine Insel war, sind wir beide noch Teenager gewesen und gingen der Kripo noch abhanden.«

»Man wird sich doch mal nach einem beschränkteren Arbeitsbereich sehnen dürfen. Oder meinst du, es macht mir Spaß, bis nach Köpenick oder Pankow zu fahren?«

»Aber du willst nicht wirklich die Mauer zurückhaben, oder?«

»Nicht wirklich. Ich genieße es, ungehindert ins Umland fahren zu können. Lieber privat als dienstlich. Doch das Inseldasein hatte schon so seine Vorteile. Der Flugverkehr wurde noch um die Stadt herumgeleitet, und die Düsenjets flogen nicht über Wohn- und Grünanlagen. Und telefonieren musste man von zu Hause oder aus der Zelle. Denn Sendemasten für den Funkverkehr waren ein No-Go unter den Alliierten. Da liefen noch nicht überall Smombies herum, die Gefahr laufen, überfahren zu werden.«

»Wer lief nicht herum?«

»Smombies. Das ist eine Wortschöpfung aus Smartphone und Zombie. Für diejenigen, die pausenlos auf ihr Handy starren. Und Fahrrad fuhr man noch auf dem Fahrdamm oder auf ausgewiesenen Radwegen und nicht wild auf dem Bürgersteig, wie heutzutage.«

Valerie lachte. »Ja, ich weiß, das ist ein Lieblingsreizthema von dir. Du wirst langsam alt, mein Guter. Bei älteren Leuten hört man oft, dass früher alles besser war.«

»Das will ich nicht behaupten. Und apropos, wer kennt sich besser aus mit den neuen Wortschöpfungen?«

»Eins zu null für dich. Auch wenn ich sie für etwas fragwürdig halte.«

Unterwegs nach Weißensee, das zum Bezirk Pankow gehört, hakte Valerie noch einmal nach, was es mit der ehemaligen Kinderklinik auf sich hatte.

»So viel ich weiß, ist da ein regelrechter Rechtsstreit entstanden. Das war mal das erste kommunal geführte Säuglings- und Kinderkrankenhaus Preußens. Im Jahr 1987 wurde es durch den Anbau eines Bettenhauses erweitert. Weitere zehn Jahre später erfolgte auf Beschluss des Senats 1996 die Schließung der traditionsreichen Einrichtung. Es verblieb lediglich als denkmalgeschützte Immobilie. Seit dem 1. Januar 1997 ist das ehemalige Säuglingskrankenhauses der Gemeinde Weißensee mit allen Wirtschaftsgebäuden ungenutzt und dem Verfall preisgegeben. 2005 wurde es an einen russischen Investor verkauft. Spätestens 2015 sollte auf dem Areal ein wissenschaftliches Zentrum für die Krebsforschung in Betrieb gehen. Doch bis heute geschah nichts. Daraufhin verlangte die Stadt Berlin das Gelände zurück und bekam vor dem Landgericht Recht, doch der Investor ging in Berufung. Die Gebäude verfallen weiter und sind ein Paradies für Kabeldiebe, Obdachlose sowie Graffiti-Schmierer. Das Haupthaus brannte bis Mitte Juni 2013 bereits elfmal.«

»Kommt mir irgendwie bekannt vor. Diese verlassenen Gebäude und Einrichtungen gibt es ja zuhauf in Berlin. Auch im ehemaligen Westteil der Stadt. Erinnere dich an das FU-Gelände in Dahlem. Dort habe ich mich äußerst unwohl gefühlt.* Das ist auch so eine negative Nebenerscheinung der Einheit. Da muss ich dir Recht geben. Ehemals altehrwürdige Bauten werden aufgegeben und sich selbst überlassen, bis sie langsam verfallen. Wie das mit dem Denkmalschutz funktioniert, werde ich nie begreifen.«

*siehe Band 8 „Gänzlich ohne Spur“

Auf dem Brachgelände wurden Valerie und Hinnerk schon von zwei Polizisten in Uniform und zwei Kripobeamten in Zivil erwartet.

»Kommissar Heller, und das ist meine Kollegin, Frau Liebscher«, sagte der dunkelblonde Mann mittleren Alters, der ebenso unauffällig aussah wie seine aschblonde Kollegin. Dagegen wirkten Valerie mit ihrem weißblonden Haar und Hinnerk mit seinem Zopf geradezu exotisch. »Und das sind die Polizeimeister Wendland und Richter.«

»Hallo, Hinnerk Lange und meine Frau, Valerie Voss«, begrüßte Hinnerk die Kommissare und nickte den beiden Polizisten zu. »Wir sind Hauptkommissare beim LKA. Sind die Spusi und die Rechtsmedizin noch nicht eingetroffen? Und vor allem, wo ist die Leiche?«

»Es gibt keine. Die Frau lebt noch, befindet sich aber in einem komatösen Zustand. Sie ist bereits auf dem Weg in die Charité. Dem „goldenen Schuss“ ist sie nur knapp entgangen, wie es aussieht«, sagte Kevin Heller. »Die Rechtsmedizin ist gleich wieder abgezogen. Die Kollegen von der Spurensicherung sind aber bereits bei der Arbeit.«

»Ja, war nett, Sie kennenzulernen«, sagte Valerie. »Dann schaffen Sie das hier ja allein. Wir gehen zurück in unser Heiabettchen.«

»So sehr, wie ich Ihnen das gönne, aber ich würde empfehlen, nicht so schnell aufzugeben. Wir haben Sie nicht ohne Grund informiert. Bei der Frau handelt es sich zwar um einen Junkie, aber die letzte Spritze hat sie sich vermutlich nicht selbst gesetzt. Die beiden Obdachlosen haben einen Mann beobachtet, der die Frau in einem schwarzen Müllsack über der Schulter getragen hat.«

»Wo sind die beiden?«, fragte Hinnerk.

»Das wüssten wir auch gern. Aus Sorge vor Repressalien haben sie sich umgehend aus dem Staub gemacht. Immerhin wollten sie unerlaubter Weise hier kampieren.«

»Gibt es eine Täterbeschreibung?«

»Nur sehr ungenau, weil es sehr finster war. Es soll sich um einen eher schlanken Mann zwischen 1,70 und 1,80 Meter gehandelt haben. Er trug einen Parka mit Tarnmuster, vermutlich Jeans und weiße Sneakers.«

»Das ist in der Tat sehr mager«, meinte Hinnerk.

»Warum glauben Sie, die Zuständigkeit läge beim LKA?«, fragte Valerie.

»Weil es vermutlich nur der Auftakt zu weiteren Verbrechen war. Es gibt eine Botschaft, die bereits das nächste ankündigt. Der Fundort wirkte ohnehin wie inszeniert. Da kommt Herr Hoger von der Spurensicherung. Der wird Ihnen Näheres sagen können.«

»Hallo, Manfred. Dann schieß mal los«, begrüßte Hinnerk den Kollegen.

»Hi, ihr beiden. Die junge Frau lag inmitten von Dornen und hatte mehrere Einstiche in den Armen. Die letzte Spritze war mir aber ein wenig zu auffällig platziert und steckte noch in der Vene. Da wollte jemand ein Zeichen setzen.«

»Um was für eine Botschaft handelt es sich?«, wollte Valerie wissen.

Manfred Hoger überreichte ihr einen eingetüteten Zettel, auf dem in Druckbuchstaben stand: „Diese Prinzessin wird keine hundert Jahre schlafen. So viel ist sicher.“ Weiter unten gab es einen Nachsatz: „Die Nächste wird weniger leicht zu finden sein. Deshalb ist Eile geboten, bevor ihr die Luft ausgeht.

»In ihrer Tasche hatte das Mädchen einen Apfel in einem rechteckigen Glasgefäß mit Deckel. Also offensichtlich Hinweise auf die Märchenfiguren Dornröschen und Schneewittchen.«

»Hilfe, nicht schon wieder so ein kranker Spinner!«, rief Valerie entsetzt aus. »Aber ich muss dir Recht geben. Die Dornen und die Spritze, die wohl als Ersatz für die Spindel dient … Allerdings hat Dornröschen nicht in den Dornen gelegen, sondern dahinter. Und der Glasbehälter mit dem Apfel steht wohl für Schneewittchens Glassarg. Demnach hat er das zweite Opfer auch am Leben gelassen. Nur wo kann man unbemerkt einen Glassarg aufbauen? Wohl kaum in der Öffentlichkeit. Eher auf einem Privatgrundstück. Die Chance, das Mädchen noch rechtzeitig zu finden, dürfte gleich null sein. Oder wie lange reicht der Sauerstoff in solch einem Behälter?«

»Zusammen mit dem ausgeatmeten Kohlendioxid wohl kaum länger als ein bis zwei Stunden«, mutmaßte Hoger. »Es sei denn, das Opfer ist derart betäubt, dass die Atmung und der Stoffwechsel deutlich verlangsamt sind.«

»Mist. Wie sollen wir in so kurzer Zeit den Standort finden?«, fragte Valerie. »Gibt es keinen weiteren Hinweis?«

»Die junge Frau trug zwei Ausdrucke von Fotografien bei sich. Zumindest der eine erinnert an verlassene Orte in Berlin, von denen es, seit die Treuhand aktiv war, reichlich gibt.«

»Das Thema hatten wir gerade auf der Fahrt hierher«, sagte Valerie. »Die Wende hat nicht nur Positives gebracht.«

Manfred zeigte die Ausdrucke in die Runde. Auf dem ersten sah man eine Art Ballsaal mit Rundbogenfenstern und abblätternder Wandfarbe beziehungsweise hellblau gerahmten Kassetten auf der halbhohen, gelben Wandtäfelung.

»Das Foto kenne ich«, sagte Kevin Heller. »Der Saal gehört zum „Riviera“, dem ehemaligen Ballhaus Grünau, das aus dem „Riviera“ und dem „Gesellschaftshaus“ bestand. Dort haben ganze Generationen gefeiert. Es gab sogar einen eigenen Anlegesteg. 1991 wurden beide denkmalgeschützten Häuser geschlossen und von der Treuhand verwaltet. Ein halbes Dutzend Investoren kamen und gingen. Seitdem verfällt alles.«

»Da fragt man sich, wozu es überhaupt den Denkmalschutz gibt«, sagte Valerie. »Das ist wirklich ein Skandal. Und das andere Foto, wo ist das?«

»Dabei handelt es sich um das ehemalige Stadtbad Lichtenberg«, meinte Tamara Liebscher. »Das Foto täuscht, weil der Raum mit dem Kaltwasserbecken völlig intakt aussieht. In Wahrheit verfällt auch dort alles. Das 1928 eröffnete Bad wurde 1991 geschlossen, weil die Sanierung zu teuer geworden wäre. 2012 wurde abermals ein neuer Förderverein gegründet. Seitdem sind Begehungen möglich. Jetzt sucht man wieder verstärkt nach Investoren. Auch eine kulturelle Zwischennutzung ist im Gespräch.«

»Da spielt doch einer mit uns Katz und Maus«, ereiferte sich Hinnerk. »Sollen wir jetzt „Ene, mene, muh“ machen, um den eventuellen Fundort zu finden?«

»Wir könnten uns aufteilen«, sagte Kevin.

»Ich überlege gerade, wo ein Glassarg besser hinpassen würde«, meinte Valerie. »Ich denke, in das Schwimmbad.«

»Da müssten Sie in die Atzpodienstraße in Lichtenberg fahren. Die Hausnummer ist die 6«, sagte Kevin. »Das dürfte von hier aus etwa eine Viertelstunde sein. Nach Grünau sind es eher vierzig Minuten. Das Gebäudeensemble liegt an der Regattastraße im Bezirk Treptow-Köpenick.«

»Ach du lieber Himmel, da haben wir unlängst eine Art Sekte ausgehoben*«, rief Valerie aus.

»Komm, lass uns das machen«, sagte Tamara. »Wir kennen uns da besser aus. Lass die beiden nach Lichtenberg fahren.«

* siehe „Böse Mächte“ Band 9


»Danke. Geben Sie uns einen von Ihren Beamten mit?«, fragte Valerie.

»Ja, natürlich. Wendland, Sie folgen uns bitte mit dem Streifenwagen, und Sie, Richter, begleiten die Hauptkommissare.«

»Dann kümmern wir uns jetzt weiter um etwaige Spuren«, sagte Manfred Hoger. »Kein leichtes Unterfangen bei dem Dornengestrüpp. Aber ich habe schon einen Fußabdruck in lockerer Erde ausgemacht. Schuhgröße in etwa dreiundvierzig. Der Sohle nach ein Sportschuh oder Sneaker. Das passt also.«

»Hatte die junge Frau keine Papiere bei sich?«

»Nein. Die wird man ihr wohl abgenommen haben.«

»Gut, wir müssen dann los. Vielleicht können wir das zweite Opfer noch retten. Wir erwarten dann deinen Bericht.«

»Okay. Viel Glück.«

»Und wir bleiben telefonisch in Verbindung, Frau Liebscher, Herr Heller, Herr Wendland …«

»So machen wir’s. Mal sehen, wer zuerst etwas findet. Viel Hoffnung habe ich allerdings nicht.«

»Die Hoffnung stirbt zuletzt«, witzelte Valerie. »Macht’s gut, Kollegen!«

Bei der Apotzienstraße handelte es sich um eine ruhige Seitenstraße, zum Teil mit Parkbuchten. Keine schlechte Voraussetzung für einen Transport der besonderen Art. Nachts würde davon kaum jemand etwas mitbekommen. Das Gebäude des ehemaligen Schwimmbades war schmutzig grau und wies verbarrikadierte Fenster und zugemauerte Türen auf. Nur im mittleren Eingang gab es eine behelfsmäßige Eisentür – wohl für die Besichtigungen –, die jedoch fest verschlossen war.

»Das ist alles sicher«, sagte Polizeimeister Richter. »Soll ich noch ein weiteres Mal um das Gebäude herumgehen?«

»Ich denke, das können wir uns sparen. Ich habe nicht das kleinste Schlupfloch entdeckt«, sagte Hinnerk.

»Das war wohl nix«, meinte Valerie. »Das ist alles so hermetisch abgeriegelt …«

»Was hast du erwartet? Eine aufgebrochene Tür am Seiteneingang oder im Keller?«

»Ja, warum nicht? Irgendwie muss er doch hereingekommen sein.«

»Dann steht der Sarg vielleicht doch in dem Ballhaus, wenn überhaupt. Wer sagt uns eigentlich, dass die Ankündigung für heute Nacht gilt?«, meinte Hinnerk. »Es dürfte schwierig genug sein, sich innerhalb weniger Stunden zweier Opfer zu entledigen. Noch dazu mit einem so heiklen Objekt wie einem Glassarg. Ich denke, die Inszenierung erfolgt erst in den nächsten Tagen.«

»Kann sein. Und was machen wir jetzt? Das Gebäude rund um die Uhr bewachen lassen?«

»Das dürfte sich nur auf einen vagen Verdacht hin als äußerst schwierig gestalten. Alles, was wir vielleicht durchkriegen, ist, dass die Direktion 1 öfter in den Nächten einen Funkwagen vorbeischickt. Aber noch besteht ja die Möglichkeit, dass die Kollegen in Grünau etwas finden. Ich rufe gleich mal an.«

»Warte noch einen Moment. Die hatten einen viel längeren Weg. Vielleicht melden sie sich auch von sich aus.«

»Und was machen wir in der Zwischenzeit? Ein Nümmerchen im Auto?«

»Sag mal, dir geht’s wohl nicht gut? Die Zeiten dürften endgültig vorbei sein. Wir sind schließlich nicht mehr siebzehn und nicht allein. Soll der Kollege die Lampe halten?«

Hinnerk grinste schelmisch.

»Da kannte ich dich ja noch gar nicht. Leider.«

»Da hast du nicht viel verpasst. Ich war hochanständig. Karen hat ein strenges Regiment geführt. Ich fing erst an aufzubegehren, als ich erfuhr, dass sie nicht meine leibliche Mutter ist.«

»Und Tyra? Die könnte als Schwedin in dem Alter schon ein flotter Feger gewesen sein. Immerhin ist sie mit dir schwanger geworden.«

»Zügle etwas deine Altherrenfantasien! Nur weil sie sich mit dem einen Touristen eingelassen hat, heißt das nicht, dass sie einen lockeren Lebenswandel geführt hat. Ihre Eltern dürften meine Adoptiveltern in Sachen strengem Erziehungsstil noch überboten haben. Sicher wird sie, als bildhübsches, junges Ding, reichlich Chancen gehabt haben. Aber ob sie die auch wahrgenommen hat?«

Valeries Ausflug in die Vergangenheit wurde durch das Summen ihres Handys unterbrochen.

»Voss, was gibt’s?«, meldete sie sich wie üblich.

»Liebscher. Wir sind’s, die Kollegen. Also, hier ist alles verriegelt und verrammelt. Das Lost-Place-Fotografieren muss wohl überhand genommen haben. Vielleicht aber auch der Wandalismus. Man kann das Gelände eh nur noch über ein gut verstecktes Schlupfloch betreten. Kaum anzunehmen, dass da jemand einen Glassarg durchgequetscht hat. Und aufgebrochene Türen oder Fenster gibt es auch nicht.«

»Wie bei uns«, sagte Valerie. »Er könnte den Sarg allerdings auch in Einzelteilen transportiert und erst vor Ort zusammengebaut haben. Mein Mann und ich sind aber der Meinung, dass die Ankündigung erst für später gilt. In einer einzigen Nacht wäre das wohl nicht zu bewältigen. Warum auch?«

»Ja, die Schlussfolgerung liegt nahe. Mein Kollege denkt das auch. Und nun? Wie wollen Sie weiter vorgehen?«

»Vielleicht könnten Sie erreichen, dass öfter mal ein Funkwagen in den nächsten Nächten Streife fährt? Zur Sicherheit am besten an beiden Orten.«

»Das müsste machbar sein. Wir werden auch die Kollegen von der Direktion 6, Abschnitt 66, informieren, damit die hier öfter mal nachsehen. Bleibt uns nur, Ihnen eine gute Nacht zu wünschen. Vielleicht hören wir mal von Ihnen.«

»Das ist gut möglich. Der weitere Verlauf der Ereignisse könnte ohnehin eine weitere Zusammenarbeit erfordern. Also, Grüße an Herrn Heller, und Ihnen beiden eine möglichst ruhige Nacht! Bevor wir den Heimweg antreten, liefern wir noch den Kollegen bei Ihnen ab. Bis dann!«


Es war einmal ...

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