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Prolog
ОглавлениеEs war ein grauer, sehr früher Novembermorgen. Vom Kanal stieg leichter Nebel auf. Die junge Frau fröstelte. Doch Bronco, dem Mischlingsrüden machte das nichts aus. Er wollte auf jeden Fall seine Runde drehen wie noch viermal am Tag. Auch die kleine Tochter hatte darauf bestanden mitzugehen, bevor sie zur Schule musste, weil sie schon längst wach war.
Auf dieser Höhe des Goslarer Ufers war um diese Uhrzeit noch kaum Betrieb. Es gab noch keinen Verkehr durch die Bewohner des Neubaus in der Sackgasse am Ende der Straße. In den Kfz-Werkstätten wurde noch nicht gearbeitet, und im Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten so früh ohnehin nicht.
Die linke Seite der Straße von der Kaiserin-Augusta-Allee gesehen, direkt neben dem Charlottenburger Verbindungskanal, war alle paar Meter gesperrt, da dort Rohre im Erdreich erneuert wurden. Deshalb blieben Mutter und Kind mit Bronco auf der rechten Seite. In Höhe der Quedlinburger Straße gab es so etwas wie eine Aussichtsplattform, auf der zwei ungepflegte Bänke sich gegenüberstanden. Sie wirkten altersschwach, und ihre ehemals weiße Farbe blätterte zu großen Teilen ab. Deshalb saß dort für gewöhnlich niemand, und schon gar nicht so früh am Tage. Doch heute war es anders. Bronco bellte heftig und wollte unbedingt hinüber.
>>Sieh mal, Mama. Da sitzt eine große Puppe. Aber sie hat gar keinen Kopf<<, sagte die Kleine.
>>Hm, für eine Schaufensterpuppe hat sie ziemlich schäbige Kleidung an. Und den Kopf hat sie auf ihrem Schoß liegen. Aber so alte Gesichter habe ich noch nie in einem Schaufenster gesehen. Warte mal, ich gehe mal rüber.<< Die Frau nahm den angeleinten Hund und ging mit ihm auf die andere Straßenseite.
Bronco gebärdete sich wiederum wie wild, und als die Frau näher kam, sah sie auch, warum. Es war keine lebensgroße Puppe, die dort saß, sondern ein Mensch, wie man an den blutigen Rändern am Hals sah. Der Kopf auf dem Schoß gehörte einem Mann, dessen Gesicht wie blutleer erschien. Zum Glück waren seine Augen geschlossen. Trotzdem schrie die Frau vor Schreck auf, als sie erkannte, was sie dort sah.
>>Was ist denn, Mama?<< rief die Kleine herüber. >>Du machst mir Angst.<<
>>Bleib drüben. Ich komme!<<
Kurz darauf übergab sie den Hund an ihre Tochter. >>Halte Bronco mal. Mama muss telefonieren.<< Sie nahm ihr Handy aus der Manteltasche und rief die Polizei an. >>Hallo? Kommen Sie bitte zum Goslarer Ufer in Höhe der Quedlinburger Straße. Auf einer Bank sitzt ein toter Mann, der offensichtlich geköpft wurde.<<