Читать книгу Zehn kleine Mörderlein - Dietrich Novak - Страница 3

Prolog

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Es war schon eine seltsame Gesellschaft, die sich um die Tafel im Rittersaal versammelt hatte. Jeder von ihnen hielt sich heimlich oder offensichtlich für den Fähigsten und Kompetentesten, wenn es darum ging, Verbrechen aufzuklären. Und eben genau diesem Umstand verdankten sie ihre Einladung. Der Gastgeber, der sich vornehm zurückhielt und nicht an dem Dinner teilnahm, hatte ein Preisgeld von 100.000 Euro ausgesetzt für denjenigen, dem es gelingen würde, einen Mord aufzuklären. Nichts leichter als das, dachten alle, schließlich war es ihre tägliche Arbeit. Mehr oder minder jedenfalls. Doch ahnten sie nicht, dass es geplant war, die Teilnehmerzahl nach und nach zu verringern. Nicht durch Abreise, sondern durch Ableben.

Der Knackpunkt an der Sache war nämlich, dass sich der Mörder unerkannt unter ihnen befand. Auch davon ahnte zu diesem Zeitpunkt noch keiner etwas. Deshalb kam der erste Mordversuch so unerwartet, dass er zunächst für einen bedauerlichen Unfall gehalten wurde.

Zum Abenddiner wurde gerade das Dessert serviert, als die ältere Dame schon nach den ersten zwei Löffeln plötzlich nach Luft rang. Zunächst glaubte man, sie habe sich nur überfressen, um es volkstümlich auszudrücken. Doch als ihr der Schweiß ausbrach und ihre Haut und die Lippen sich bläulich verfärbten, war Alarm angesagt.

»Meine Handtasche, schnell!«, stammelte sie.

Der Doktor am Tisch, der sich mittlerweile mehr mit Toten als mit Lebenden befasste in seiner Eigenschaft als Gerichtsmediziner, sprang auf, ergriff die Tasche der Dame, wühlte kurz darin herum und nickte, als er fand, was er gesucht hatte. Ein Notfallset für Allergiker, bestehend aus einem Antihistaminikum und einer Fertigspritze mit Adrenalin. Nachdem er ihr die Präparate intravenös verabreicht hatte, trat zwar sofort eine Besserung ein, aber er empfahl dringend Ruhe.

»Eine anaphylaktische Reaktion beziehungsweise ein Allergie-Schock, vermute ich«, sagte er. »Ich bringe Sie auf Ihr Zimmer. Wenn einer der Herren mir bitte behilflich sein könnte …«

Der sympathische Berliner Hauptkommissar stand sofort auf und zeigte Hilfsbereitschaft, während die anderen sich eher zurückhielten. Beherzt griff er der Lady unter die Achseln und hätte sie auch ohne Probleme allein zu ihrem Zimmer geleiten können.

Oben erholte sich die ältere Dame alsbald und entwickelte augenblicklich Mitteilungsbedürfnis.

»Jemandem passt wohl meine Anwesenheit hier nicht. Deshalb wollte er mich umgehend ins Jenseits befördern«, sagte sie munter. »Nun, ganz so eilig abzutreten, habe ich es denn doch nicht. Gerade jetzt, wo es spannend wird. Vielen Dank jedenfalls für Ihre schnelle Reaktion.«

»Keine Ursache. Wenn ich helfen kann …«, sagte der Rechtsmediziner.

»Ich fürchte, dazu werden Sie in den nächsten Tagen noch reichlich Gelegenheit bekommen. Im schlimmsten Fall bei der Ausübung Ihres derzeitigen Berufes.«


Zehn kleine Mörderlein

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