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Prolog

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Berlins Himmel war an diesem Tag grau und von einer dichten Wolkenschicht bedeckt. Es regnete schon seit Stunden, wie auch die Tage zuvor. Depressiven Menschen ging so ein Wetter aufs Gemüt, besonders wenn es sich über einen längeren Zeitraum erstreckte. Der November war nicht ohne Grund der Monat mit der höchsten Suizidrate. Wenn zu der Feuchtigkeit noch die beginnende Winterkälte kam, und schon eine Ahnung von Weihnachten in der Luft lag. Ein Fest, das man im Kreise der Familie oder mit liebgewordenen Menschen verbringen wollte, sofern diese vorhanden waren.

Auch die junge Frau, die kaum weniger grau als der Himmel und entsprechend kaum beliebt bei ihren Mitmenschen war, falls sie überhaupt wahrgenommen wurde, gehörte zu ihnen, doch viel mehr als das Wetter verfinsterte eine tragische Begebenheit ihr Gemüt. Sie war von tiefer Trauer erfüllt, weil sie den einzigen Menschen verloren hatte, der ihr etwas bedeutete. Dabei hatte er wahrscheinlich nicht einmal geahnt, welche Gefühle sie für ihn hegte. Und wenn doch, hatte er es meisterhaft zu verbergen gewusst. Nein, er war nicht unfreundlich zu ihr gewesen, im Gegenteil, er hatte immer ein paar nette Worte für sie gehabt, doch eben nicht mehr. Seine Blicke waren nie zärtlich oder gar begehrlich gewesen, und er hatte sie nie berührt.

Sie brach noch immer in Tränen aus, wenn sie an ihn dachte. Sein Bild war unauslöschlich in ihrem Inneren und sie war in der Lage, es jederzeit abzurufen. Sie konnte einfach nicht begreifen, dass sie ihn nie wiedersehen würde. Nicht nur der geliebte Mensch war für sie verloren, sondern auch die Hoffnung, er würde sie irgendwann wahrnehmen, besonders als Frau. Es gab so viele Gemeinsamkeiten zwischen ihnen. Wie sie war auch er einsam gewesen, davon war sie fest überzeugt. Ja, es hatte andere Frauen gegeben, das wusste sie, doch es waren allesamt Bettgeschichten gewesen. Keine war ihm seelisch nahegekommen. Deshalb hatte er bis zum Schluss alleine gelebt und war nie eine feste Partnerschaft eingegangen, und von Heirat war erst recht niemals die Rede gewesen.

In ihrer Gesprächsrunde hatte er sich einmal geöffnet und etwas von sich erzählt. Auch er war ohne Liebe aufgewachsen und hatte nie ein beglückendes Familienleben kennengelernt, hatte sie erschüttert erfahren. Er hatte von seinem tiefen Glauben gesprochen. Etwas, was alle in diesem kleinen Kreis verband.

Doch es waren mehr als Bibelstunden oder Andachten, die ihre Gemeinschaft ausmachten. Jeder von ihnen war der festen Überzeugung, eine Mission erfüllen zu müssen. Eine von Gott gegebene. Nur hatten manche nicht die Kraft oder den Mut, danach zu handeln. Bei ihm war das anders gewesen. Ein Umstand, der ihn letztendlich das Leben gekostet hatte. Doch er war für seine Überzeugung gestorben. Von wem konnte man das schon sagen?

Sie würde ihm in dieser Hinsicht nacheifern, dazu war sie fest entschlossen. Das sah sie als ihre heilige Pflicht an. Sie musste dort weitermachen, wo er aufgehört hatte. Selbst wenn auch sie daran zugrunde gehen würde.

Mörderischer Glaube

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