Читать книгу Jede Menge Zaster - Dietrich Novak - Страница 4

1. Kapitel

Оглавление

Einige Monate zuvor

Es war der 1. Oktober 2017, als die drei Männer sich im Berliner Olympiastadium trafen. Vor über einundsiebzigtausend Zuschauern spielte Hertha BSC gegen den FC Bayern München in der ersten Bundesliga. In der Halbzeit sah es nicht gut aus für die Herthaner, denn die Bayern führten 1:0.

Die ehemaligen Schulkameraden hatten sich seit Jahren nicht gesehen. Früher unzertrennlich, hatten sich ihre Wege nach dem Berufsstart getrennt. Inzwischen war jeder von ihnen Hartz IV-Empfänger, denn sie waren allesamt gescheitert, was ihnen je nach Temperament ein wenig peinlich war. Doch man hatte sich arrangiert und lebte mehr schlecht als recht in den Tag hinein. Als sie sich plötzlich gegenüberstanden, konnten sie es nicht fassen.

»Mensch, dit jibt’s doch nich’, wo kommst du denn uff eenmal her?«, fragte der Mann, den alle nur Bolle nannten.

»Das könnte ich euch auch fragen …«, sagte Keule, der keinesfalls ein Bruder von einem der beiden war.

»Wir haben uns neulich zufällig in der Stadt getroffen, und Bolle hat mich gefragt, ob ich mit zum Spiel komme. Na klar, wollte ich. Und nun sind wir hier«, sagte Fuzzi.

»Und du, wat machst du so?«, fragte Bolle, der schon damals den Anführer gemimt hatte und seinen Spitznamen den Löchern in den Strümpfen verdankte, die er damals öfter gehabt hatte. »Wie det blühende Leben siehste nich’ grade aus.«

»Man schlägt sich so durch …«

»Willkommen im Club. Uns jeht et ooch nich’ anders. Wisster wat? Wir müssten zusammen wat uff de Beene stellen. Ne Destille, `ne Fressbude oder’n Sportgeschäft.«

»Dafür braucht man Kapital. Fass mal `nem nackten Mann in die Tasche.«

»Außerdem, seitdem die sich so haben mit dem Rauchen sind die meisten Kneipen Pleite gegangen. Mit eigenem Raucherbereich, wo nich’ mal gegessen werden darf, oder ab achtzehn bei `ner reinen Raucherkneipe«, meldete sich Fuzzi erneut zu Wort.«

»Stimmt. Und mit den Imbissbuden hat es sich auch erledigt. Man bekommt kaum noch einen Standplatz. Ich möchte mal wissen, wie die Dönerbuden das machen.«

»Genau. Und bei einem Sportartikelgeschäft musst du erst mal kräftig Ware einkaufen. Das geht mächtig ins Geld, wenn der Laden nicht halb leer bleiben soll.«

»Ick dachte, die großen Firmen wie Adidas und Puma und so weiter liefern einem die in Kommission.«

»Vergiss es. Wenn die Teile vergilbt oder abgegriffen sind, musst du dafür löhnen.«

»Ja, denn weeß ick ooch nich’. Oder wir zäumen det Pferd von hinten uff und kümmern uns gleich um die Knete. In den Banken liegt doch jede Menge Zaster rum.«

»Banküberfälle lohnen sich heute kaum noch. Die haben alle kein Bargeld mehr rumliegen. Das wird elektronisch ausgegeben.«

»Ja, ick weeß. Denn muss man eben an den Tresor ran und an de Schließfächer. Wat gloobter, wat manche da so allet gebunkert ha’m. Jede Menge Klunker, Goldbarren und Scheinchen. Na, looft euch schon det Wasser im Mund zusammen?«

»Ich weiß nicht. Dabei kann eine Menge schiefgehen. Und auf schwedische Gardinen bin ich nicht unbedingt erpicht«, meinte Keule.

»Ick ooch nich’. Aber wer nich’ wagt, der nich’ gewinnt.«

»Und wie willst du das mit dem Fluchtauto machen? Wir sind beide nicht motorisiert. Du wahrscheinlich auch nicht.«

»Nee, aber den Führerschein hab ick noch’. Und Karren steh’n uff der Straße reichlich rum. Ick hab noch’n paar olle Kennzeichenschilder, und `ne olle Knarre mit Munition hab ick ooch noch. Mit `ner Spielzeugpistole brauchen wa gar nich’ erst anzukommen. Also, ick kundschafte mal’n paar Filialen aus. Wenner mit von die Partie sein wollt, sacht Bescheid.«


Das Paar räkelte sich in der seidenen Bettwäsche. Sie wollte noch kuscheln, aber er war merklich abgekühlt, wie es bei Männern „danach“ oft vorkommt.

»Warum bist du denn so ungemütlich?«, fragte sie. »Jetzt wo du alles hattest, was du wolltest …«

»Du etwa nicht?«

»Ich beklage mich doch gar nicht. Aber du wirkst, als wärst du auf der Durchreise. Mein Mann kommt nicht vor zwölf. Das macht er nie, wenn er mit seinen Kumpels unterwegs ist.«

»Ich weiß nicht. Ich habe so ein komisches Gefühl. Könnte es nicht sein, dass er etwas ahnt?«

»Du siehst Gespenster. Er würde mich ganz anders behandeln, falls er etwas wüsste. Und dich erst recht. Verstellen war noch nie sein Ding. Wenn ihn etwas belastet, hält er damit nicht hinter dem Berg.«

»Vielleicht tröstet er sich auch anderswo?«

»Er ist viel zu geradlinig, um sich heimlich eine Geliebte zu halten.«

»Vielleicht geht er in den Puff?«

»Niemals. Dazu hat er viel zu große Angst, sich etwas einzufangen. Du kennst doch seine Sorge vor Ansteckung. Er war immer schon ein Hypochonder. Vielleicht war das seine Masche, sich etwas Aufmerksamkeit zu verschaffen.«

»Du kennst ihn besser als ich. Schließlich seid ihr schon eine Anzahl von Jahren verheiratet.«

»Was heißt das schon? Wer kann schon in einen anderen hineinsehen? Ein Rest von Geheimnis bleibt immer.«

»Eben hast du ihn noch als geradlinig bezeichnet.«

»Ja, wenn es sich um einen Verdacht gegen uns handelt, aber was sonst noch so in seinem Kopf vor sich geht …«

»Wie dem auch sei, ich mache mich jetzt auf den Heimweg. In flagranti ertappt zu werden, danach steht mir weiß Gott nicht der Sinn. Es war mir wie immer eine Ehre Gnädigste …«

»Oh, das Kompliment kann ich nur erwidern. Jederzeit gerne wieder, mein Herr.«

»Wenn es die Umstände zulassen … Ciao, Liebste. Ich ziehe mich jetzt an, und dann bin ich weg.«

»Du kannst gern noch duschen. Vielleicht leiste ich dir dabei Gesellschaft.«

»Ein andermal.«

»Ich nehme dich beim Wort.«


Am Rande des Berliner Tiergartens hatte sich gerade etwas Ähnliches abgespielt, nur dass es sich bei dem Paar um Eheleute handelte. Valerie Voss, ihres Zeichens Hauptkommissarin beim LKA und zum zweiten Mal mit ihrem Kollegen Hinnerk Lange verheiratet, ging mitunter gern gleichgeschlechtlich fremd. Mit Duldung ihres Mannes, der in einer Frau keine Konkurrenz sah. Ihre derzeitige Liebste war die Rechtsmedizinerin Stella Kern, die die Nachfolge ihrer Kollegin Tina Ruhland angetreten hatte, auch bei Valerie.

Tina war bei einem Verkehrsunfall* ums Leben gekommen. So sehr sich Valerie darüber grämte, die Liebe zwischen den beiden war zu diesem Zeitpunkt schon erkaltet gewesen. Bei Valerie durch Hinnerk, mit dem sie den gemeinsamen, bereits erwachsenen Sohn Ben hatte, und bei Tina durch die Staatsanwältin Ingrid Lindblom, die noch immer nicht über den Verlust der Freundin hinwegkam. Die beiden hatten sich bei einer Gartenparty in Valeries und Hinnerks Haus kennengelernt und waren von da an unzertrennlich gewesen.

Die aparte Stella, der man ihren Beruf auf den ersten Blick nicht zutraute, hatte in Valerie ein Verlangen geweckt, das für viele Jahre geruht hatte. Umso

*siehe Band 9 „Böse Mächte“

leidenschaftlicher hatte sie diesem nachgegeben. Stella war mehr als pflegeleicht, beklagte sich nie und stand bei Bedarf zur Verfügung. Ein Umstand, der Valerie ein wenig betriebsblind gemacht hatte, sodass sie eventuelle Vorzeichen übersah.

»Wie geht es eigentlich der lieben Stella?«, fragte Hinnerk. »Du erzählst gar nichts mehr von ihr.«

»Ich empfinde das nicht als ein passendes Thema, nachdem wir uns gerade geliebt haben.«

»Warum nicht? Mit ihr tust du es doch auch hin und wieder.«

»Du bist nicht auf dem Laufenden, mein Lieber. Mit Stella habe ich mich schon länger nicht getroffen. Immer, wenn ich sie sehen wollte, hatte sie angeblich keine Zeit. Vielleicht hat sie mich bereits satt.«

»Das kann ich mir nicht vorstellen. Von dir kann man doch gar nicht genug bekommen …«

»Das sagt gerade der Richtige. Dann muss ich unseren Scheidungsgrund wohl nur geträumt haben …«

»Fang bitte nicht wieder von Marion an. Das war ein einmaliger Ausrutscher, den ich bitter bezahlen musste.«

Hinnerk sprach nicht gerne über seine Exgeliebte, denn er gab sich die Schuld an ihrem Tod. Marion Haberland war nach einem Streit völlig kopflos aus dem Haus gelaufen und von einem Lastwagen tödlich verletzt worden. Grund des Streits war die erneute Annäherung zwischen Valerie und Hinnerk gewesen, die Marion nicht entgangen war.* Nach einem erfolglosen Versuch, allein zu bleiben, war Hinnerk reumütig zu seiner Familie zurückgekehrt.

»Ich weiß, entschuldige«, sagte Valerie.

»Vielleicht nascht deine Stella nur ein wenig anderweitig herum. Sie ist schließlich frei und ungebunden.«

»Das sei ihr auch nicht verwehrt, aber ich mag nicht, wenn man mich hinhält. Ein offenes Wort zur rechten Zeit ist immer noch das Beste.«

»Ich glaube, du machst dir unnötig Sorgen. Vielleicht ist sie nur beruflich stark beansprucht. Du weißt doch, was in der Gerichtsmedizin manchmal los ist. Irgendwann wird sie sich melden und ganz wild auf dich sein.«

»Na, ich weiß nicht.«

*siehe Band 5 „Gottlos – Der Todesengel“


Bolle hatte ausgiebig recherchiert, und seine Wahl war schließlich auf eine etwas abgelegene Bankfiliale gefallen, die sich in Kladow in der Sakrower Landstraße befand. Mit dem Bus X34 war er mehrmals schon am frühen Morgen vom Zoologischen Garten zirka vierzig Minuten durch die Stadt gefahren, um die Gegend auszukundschaften. Und was er sah, gefiel ihm. Ein zweigeschossiges Haus, das in der ersten Etage einen rundumlaufenden Balkon mit Holzbrüstung aufwies. Ein wenig erinnerte der Bau an ein bayrisches Bauernhaus. Die Straße, die von Spandau aus zunächst Gatower Str., später Alt-Gatow, dann für längere Zeit Kladower Damm und schließlich Sakrower Landstraße hieß, wurde in diesem Bereich immer ruhiger. Es gab nur noch vereinzelt Geschäfte. Nicht wie weiter vorn, wo sich in unmittelbarer Nähe der Filiale einer anderen Bank ein Lidl-Supermarkt, ein Drogeriemarkt und ein Rewe-Geschäft befanden. Neben der auserkorenen Bankfiliale gab es nur ein Restaurant, das morgens noch nicht geöffnet hatte.

Bolle legte sich auf die Lauer und beobachtete genau, wann wer eintraf. Zuerst eine Putzfrau und später nach und nach die Angestellten. Als sein Plan ausgereift und vorzeigbar war, informierte er seine beiden Kumpel aus Jugendtagen. Bei einer längeren Besprechung schilderte er die Vorgehensweise und wer was erledigen sollte. In der Nacht vor dem Überfall musste ein Pkw organisiert werden. Weiterhin hatte sich jeder mit einer wollenen Sturmhaube, wie sie zum Beispiel von Motorradfahrern getragen wurde, die nur die Augen freiließ, neutraler Kleidung und mindestens einer Reisetasche auszustatten.

An dem bewussten Morgen waren dann die drei sehr früh vor Ort. Über eine Stunde vor Öffnung der Bank. Als die türkische Reinigungskraft auftauchte, die Bolle schon vom Sehen kannte, hielt er ihr die Waffe vor die Brust und zwang sie, ihn und seine beiden Kumpel einzulassen. Drinnen fesselten sie die völlig verängstigte Frau und hinderten sie mittels Klebeband am Schreien.

»Wenn du dich ruhig verhältst, passiert dir nichts«, sagte Bolle.

Die Türkin nickte wimmernd. Vor Schreck zitterte sie am ganzen Körper wie Espenlaub. Wenig später trafen die ersten Angestellten ein.

»Komisch, es ist so ruhig«, sagte Daniela Michels, eine blonde, schlanke Frau um die Vierzig, zu ihrer Kollegin, Katja Böker, die ihr etwas ähnlich sah, doch etwas kürzere Haare hatte. »Man hört den Staubsauger gar nicht.«

»Ayshe, bist du da?«, rief Katja.

In dem Moment sah sie die drei maskierten Männer und schrie vor Schreck auf. Bolle richtete sogleich die Waffe auf sie, um sie in Schach zu halten. Die beiden anderen fesselten die beiden Frauen, ließen aber vorerst das Klebeband weg.

»Ihr schließt uns jetzt den Tresorraum einschließlich Tresor auf!«, sagte Bolle mit leicht verstellter Stimme.

»Das können wir nicht«, meinte Daniela. »Ich habe zwar einen Schlüssel, aber es sind zwei nötig, um den Tresor zu öffnen. Den anderen hat der Filialleiter, Herr Kullmann, der auch als Einziger das Passwort kennt.«

»Dann werden wir den Herrn mit Spannung erwarten. Aber wehe, wenn du gelogen hast. Los, klebt ihnen die geschminkten Mäulchen zu!«

Fuzzi und Keule setzten seine Anweisung umgehend in die Tat um und banden die beiden Frauen an einem Heizungsrohr fest. Kurz darauf betraten Michael Kullmann und sein Kollege Marcel Köhne, beide korrekt mit Schlips und Kragen und modischem Kurzhaarschnitt, die Filiale.

»Nanu, sind wir die Ersten?«, wunderte sich Kullmann. »Die Damen scheinen etwas ausgiebiger zu frühstücken.«

»Nein, das tun sie nicht. Ihnen ist nämlich der Appetit gründlich vergangen«, hörte er eine fremde Stimme.

Bolle trat mit der Waffe im Visier vor und winkte damit.

»Bitte nähertreten, die Herren! Und machen Sie keine Dummheiten!«

»Wer sind Sie, und was wollen Sie?«

»Das liegt doch auf der Hand. Ihre reizende Kollegin meinte, dass Sie den zweiten Schlüssel zum Tresor haben.«

»Das stimmt. Aber im Tresor werden Sie kaum etwas finden.«

»Lassen sie das nur unsere Sorge sein. Und Sie kommen jetzt mit beiden Schlüsseln mit. Ein bisschen plötzlich! Um Ihren Kollegen kümmern sich die anderen Herren.«

Kullmann ließ sich von Daniela den anderen Schlüssel geben und ging dann voraus zum Tresorraum. Bolle und sein Kumpel Fuzzi folgten ihm. Keule fesselte und knebelte Köhne und kam dann nach.

»Sind das jetzt alle, oder kommt noch jemand?«, fragte Bolle.

»Nein, wir sind vollzählig. Mehr Personal haben wir derzeit nicht.«

»Gut. Aufschließen, und den Tresor auch gleich!«

Nachdem Kullmann den Tresor geöffnet hatte, wurde er an ein Gitter gefesselt. Hilflos musste er mit ansehen, wie die Räuber reiche Beute machten.

»Gib mir dein Handy«, sagte er zu dem Filialleiter. »Nicht dass du noch auf dumme Gedanken kommst.«

Bolle nahm das Handy entgegen, legte es auf den Boden und kickte es zur Seite. Während er anschließend dicke Bündel von Banknoten, Goldbarren und Silberbarren aus dem Tresor in seine Tasche räumte, brachen die beiden anderen Dutzende von privaten Schließfächern auf. Wie vermutet, befand sich darin hauptsächlich Schmuck und zum Teil auch Geld. Die ganze Aktion dauerte kaum eine halbe Stunde. Dann forderte Bolle zum Abbruch auf.

»Lasst gut sein, Jungs! Bevor die ersten Kunden kommen, sollten wir die Fliege machen.«

Schwer beladen gingen sie nach oben. Draußen war noch alles ruhig. Zum Glück stand noch kein Kunde vor der Tür. Die ersten zwei kamen erst, als die drei Männer bereits den Wagen vollgeladen hatten und abgefahren waren.

Als sie den Schalterraum durch die Automatiktür betraten, konnten sie es nicht fassen, dass kein einziger Angestellter zu sehen war. Als sie sich schließlich weiter vorwagten und auch die Räume inspizierten, die für Kunden normalerweise tabu waren, sahen sie die Bescherung. Sie befreiten die drei Frauen und Herrn Köhne aus ihrer misslichen Lage. Der rief zuerst die Polizei an und kümmerte sich dann um Herrn Kullmann.

Nach dem Eintreffen der Polizei versammelten sich schnell einige Schaulustige vor der Bank, wurden aber durch die Absperrung zurückgehalten. Katja Böker wurde mit einem Schock ins Krankenhaus gebracht.

»Die arme Frau«, sagte ein älterer Mann entsetzt.

»Na, der Kopp ist ja noch dran«, meinte ein anderer. »Sehn Se, das ist genau der Grund, warum ick mir kein Schließfach nehme. Da sind die Wertsachen nämlich auch nicht sicher.«

»Dafür gibt es doch Schließfach-Versicherungen.«

»Sicher, doch die nützen einem nur wat, wenn man nachweisen kann, wat man in seinem Minitresor aufbewahrt hat. Sonst is man Neese und braucht erst jar nich’ uff Ersatz zu hoffen.«

»Ach, Sie reden Unsinn. Ich könnte mir vorstellen, dass die Bank das großzügig regelt.«

»Jott erhalte Ihnen Ihren Glooben.«


Zuhause bei Bolle herrschte großer Jubel. Jeder hatte zwar gehofft, aber nicht so recht daran geglaubt, dass alles gutgehen würde. Allein an Bargeld hatten sie mehrere Hunderttausend Euro erbeutet. Ganz zu schweigen von den Juwelen und den Silber- und Goldbarren.

»Na, hab ick euch nich’ jesacht, wie einfach det is?«, jubilierte er.

»Warum sprichst du jetzt wieder Dialekt?«, fragte Keule. »Vorhin in der Bank hast du doch reinstes Hochdeutsch gesprochen.«

»Weil ick zwar mit Spreewasser getauft bin, aber sowohl det eene wie det andere beherrsche. Man is ja schließlich keen Prolet.«

»Und warum bleibst du dann nicht beim Hochdeutsch?«

»Weil ick mir nur bei de Arbeet die Schnauze verbiege. Privat quatsch ick, wie mir der Schnabel jewachsen is. Sonst noch Fragen?«

»Nö, nö, ist ja deine Sache. Wie machen wir das jetzt mit der Aufteilung?«

»Na janz einfach. Vom Barjeld kricht jeder `n Drittel. Aber bringt et nich’ gleich unter de Leute. Vergrabt et oder versteckt et erst ma, bis Gras über die Sache jewachsen is. Kann ooch sein, dass die Nummern notiert wurden. Gloob ick zwar nich’, weil et sich ja nich’ um Lösejeld handelt, aber Vorsicht is die Mutter von de Porzellankiste.«

»Ooch, jetzt hat man endlich Zaster im Überfluss und kann es nicht ausgeben«, maulte Keule.

»Vorerst nich’, hab ick jesacht. Die Gold- und Silberbarren müssen ohnehin erst vertickt werden. Ebenso der Schmuck. Keene Sorje, ick hau euch schon nich’ über’t Ohr. Wir sitzen schließlich alle im selben Boot. Wenn arme Schweine wie wir sich unternander ooch noch betrügen … Ick muss aber erst jemand Vertrauensvollet finden, der mir die Sore abnimmt. Et jibt soviel Jesindel in der Branche. Die Leute ha’m heutzutage einfach keen Anstand mehr.«

Jede Menge Zaster

Подняться наверх