Читать книгу Ohne Skrupel - Dietrich Novak - Страница 3

Prolog

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Die junge Mutter war hin und hergerissen. Das Angebot für Babywindeln war besonders günstig, da es sich um einen dieser Billigdiscounter handelte. Sie würde fast zwei Euro pro Packung sparen. Nur waren die Körbe mit den Sonderangeboten im Außenbereich derart dicht gestellt, dass es nahezu unmöglich sein würde, zwischen ihnen mit einem Kinderwagen hindurchzukommen. Sollte sie es riskieren, ihren Säugling einen Moment unbeaufsichtigt zu lassen?

Die Verlockung, sparen zu können, siegte schließlich vor der Sorge. Schnell hinein, bezahlen und nur ja nicht nach weiteren Schnäppchen sehen, nahm sie sich vor.

An der Kasse gab es eine lange Schlange. Sie wurde zwar von etlichen vorgelassen, als sie ihr Problem erklärte, doch die beiden Vordersten bestanden darauf, zuerst abkassiert zu werden. Immer wieder sah sie unruhig nach draußen, ob der Wagen noch dort stand. Eine ältere Frau ließ sich besonders viel Zeit, indem sie für das Kleingeld jede Münze einzeln aufzählte. Die Verkäuferin verdrehte bereits die Augen, und es gab einige Unmutsäußerungen innerhalb der Warteschlange.

Die junge Mutter wollte schon die Windeln zurücklegen, doch weil sie eine Ecke des roséfarbenen Daches erkennen konnte, wiegte sie sich in Sicherheit. Der Kinderwagen stand also noch da.

Als sie endlich bezahlt hatte und mit einer großen Tüte nach draußen kam, war der Kinderwagen leer. Auf ihr Schreien und Schluchzen liefen einige Menschen zusammen, und es gab sogar zwei, die nicht nur sensationslüstern gafften, sondern den Grund ihrer Panik erfahren wollten und ihr anboten, die Polizei zu rufen.

Die verzweifelte Mutter sprach jeden Passanten an, der ihr auf der belebten Einkaufsstraße entgegenkam. Sie fragte auch in benachbarten Geschäften, doch keiner wollte eine Frau oder einen Mann mit einem Säugling auf dem Arm gesehen haben oder etwas von einer Entführung bemerkt haben.

Wenig später versuchte der Polizist, von der jungen Frau, die kaum sprechen konnte und immer wieder in Tränen ausbrach, die nötigen Angaben zu erhalten.

»Bitte beruhigen Sie sich«, sprach er sanft auf sie ein. »Je eher ich eine genaue Schilderung der Ereignisse von Ihnen erhalte desto schneller können wir eine Suchmeldung aufgeben. Nennen Sie mir bitte Ihren Namen, die Adresse, das Geschlecht des Säuglings und was er anhatte.«

»Ich heiße Denise Schönfelder, wohne hier um die Ecke in der Waldstraße, Nummer … Brauchen Sie auch die Postleitzahl?«

Der Beamte nickte.

»10551, glaube ich. Ach Gott, ich bin so durcheinander. Mein Mann wird mich umbringen. Leonie ist sein Augenstern.«

»Also ist es ein Mädchen, namens Leonie. Wann wurde die Kleine geboren?«

»Am 15.04.2015.«

»Und was hatte das Mädchen an?«

»Einen rosa Strampelanzug und ein weißes Mützchen.«

»Ist Ihnen irgendetwas Verdächtiges aufgefallen? Hat sich jemand auffällig für das Kind interessiert?«

»Nein, sonst hätte ich es doch nicht allein gelassen. Ich bin nur kurz zum Bezahlen rein und habe auch aus dem Laden immer wieder nach dem Wagen gesehen. Ach, wenn diese alte Kuh vor mir nicht jeden einzelnen Cent umgedreht hätte … Eigentlich hätte ich doch sehen müssen, wenn sich jemand über den Wagen beugt …«

»In so einem Geschäft ist man mitunter etwas abgelenkt. Sie werden schließlich nicht starr auf den Wagen gesehen haben …«

»Nein, natürlich nicht, dann wäre ich ja überall gegengelaufen ... Bei der Diskussion, ob man mich an der Kasse vorlässt, habe ich kurz den Rücken gedreht … Mein Gott, wer macht so etwas? Wie kann man einer Mutter das Kind wegnehmen, als sei es eine Ware?«

Denise Schönfelder brach erneut in Tränen aus.

»Was wird denn jetzt? Muss ich mit zum Polizeirevier kommen?«, fragte sie mit erstickter Stimme.

»Nein, gehen Sie besser nach Hause. Vielleicht meldet sich dort jemand. Könnte es sein, dass der Vater oder die Großeltern …?«

»Mein Mann ist auf der Arbeit und würde mir das nie antun. Und meine Mutter hätte mir vorher Bescheid gesagt. Selbst die Mutter meines Mannes … Ach, das ist doch alles Blödsinn. Wer weiß, wo meine Kleine jetzt ist. Hoffentlich tut man ihr nichts an …«

»Denken Sie nicht gleich an das Schlimmste. Mein Kollege hat schon die Meldung herausgegeben. Bis heute Abend werden Sie Bescheid erhalten. Vielleicht ist ihr Kind bis dahin wieder da.«

Ohne Skrupel

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