Читать книгу Das letzte Wort hat immer der Tod - Dietrich Novak - Страница 5
2. Kapitel
ОглавлениеHinnerk hatte kein Glück in der ersten Etage des Wohnhauses gehabt. Weder die schwerhörige alte Frau – die mit großer Wahrscheinlichkeit sowie nichts mitbekommen hatte – noch der junge Mann hatten geöffnet. Hinnerk hinterließ daraufhin eine Nachricht mit der Bitte, sich im Präsidium zu melden.
»Ihr seht ja beide ganz grün im Gesicht aus«, sagte Heiko Wieland. »War es so schlimm?«
»Das kannst du laut sagen. Die alte Frau ist mit Sicherheit zu Tode gequält worden. Und man hat ihr nicht nur das Nasenbein gebrochen, sondern auch die Zunge herausgeschnitten. Anschließend hat man sich wie zum Hohn über ihr entleert. Und zwar vorne und hinten«, berichtete ich.
»So widerwärtig das auch ist, aber damit haben wir wenigstens die DNA des oder der Täter«, meinte Heiko. »Hat denn niemand etwas mitbekommen? Die Frau wird doch geschrien oder um Hilfe gerufen haben, bevor das mit der Zunge passiert ist.«
»Es ist wie verhext in diesem Haus«, meinte Hinnerk. »Die Nachbarn des Opfers im Erdgeschoss waren zum Tatzeitpunkt aushäusig. Im ersten Stock wohnt eine schwerhörige, alte Frau, die nicht einmal geöffnet hat, der Nachbar hat nicht aufgemacht, dasselbe gilt für die Mieter im dritten Stock und im vierten für die Nachbarn des alten Mannes, der die Täter gesehen haben könnte. Allerdings hielt er es nicht für nötig, die Polizei zu informieren, weil in der Wohnung des Opfers alles ruhig war. Tote können sich eben nicht mehr bemerkbar machen.«
»Dann hätten wir zu der DNA eventuell noch die Beschreibung der Täter. Mit etwas Glück finden wir sie in der Datenbank.«
»Ich will deine Euphorie nicht bremsen, aber bevor wir die DNA-Analyse der Exkremente nicht haben … Das dauert mindestens bis übermorgen. Und der Alte muss auch erst noch vorbeikommen, zwecks Sichtung der Kartei oder der Erstellung des Phantombildes«, sagte Hinnerk.
»Wie sollen die mutmaßlichen Täter denn ausgesehen haben?«, meldete sich Marlies Schmidt zu Wort.
»Alter zwischen fünfundzwanzig und fünfunddreißig. Er trägt rotblonde Rasterlocken und sie einen fast kahlrasierten Schädel«, gab ich Auskunft. »Wobei es sich bei ihm auch um eine Perücke gehandelt haben kann.«
»Was man bei ihr wenigstens ausschließen kann«, sagte Schmidtchen. »Ich kann ja mal aufs Geratewohl die Datenbank durchforsten. Die Frisuren sind doch recht auffällig.«
»Und wir könnten nach ähnlich gelagerten Fällen suchen«, meinte Heiko. »Abgeschnittene Zungen und Exkremente am Tatort kommen doch eher selten vor.«
»Ja, wir können aber auch abwarten, bis wir die DNA vorliegen haben«, insistierte Hinnerk. »Mit etwas Glück …«
»Macht, was ihr wollt. Ich brauche einen Schnaps, damit ich nicht kotzen muss …«
»Aber, aber, Frau Voss. Ob Alkohol da die Lösung ist?«, witzelte Hinnerk.
»Du kannst mich mal …«
»Immer gern. Sofort oder später?«
Statt zu antworten lief ich nach draußen, hörte aber noch das Telefon.
»LKA, Hauptkommissar Lange«, meldete sich Hinnerk.
»Hallo, mein Name ist Steffen Schönwald. Ich wohne über Meta Wischnewski. Sie haben mir eine Nachricht hinterlassen.«
»Ja, wir haben Sie leider nicht angetroffen.«
»Worum geht es denn? Habe ich meine Vespa falsch geparkt?«
»Nein, aber die Mieterin unter Ihnen ist gestern Abend brutal ermordet worden. Es könnte doch sein, dass Sie etwas gehört oder gesehen haben.«
»Das ist ja schrecklich. Aber ich muss Sie enttäuschen. Ich mache nur noch Stippvisiten in meiner Wohnung, seitdem ich eine Freundin habe.«
»Und bei der waren Sie gestern?«
»Ja, wie auch die Tage zuvor. Ich sage doch …«
»Ist angekommen«, sagte Hinnerk trotzdem muss ich Sie um Namen, Adresse und Telefonnummer Ihrer Freundin bitten.«
»Sie glauben aber nicht, dass ich der alten Frau etwas angetan habe?«
»Im Moment glaube ich noch gar nichts. Wir stehen erst am Anfang unserer Ermittlungen.«
»Also schön, sie heißt Lydia Mecklenborg, wohnt in der Holsteinischen Straße 43, in 10717 Berlin, und ihre Handynummer lautet 0179 …«
»Danke, wenn Frau Mecklenborg Ihre Angaben bestätigt, sind Sie vorerst aus dem Schneider.«
»Vorerst?«
»Nun, es können sich immer noch Aspekte ergeben … Bei der Gelegenheit: Findet sich in Ihrem Bekanntenkreis ein junges Paar? Er soll rotblonde Rasterlocken haben und sie trägt ihr Haar superkurz, wenn nicht rasiert.«
»Hört sich für mich ziemlich nach der alternativen Szene an. Mit solchen Leuten verkehre ich gewöhnlich nicht. Ich bin eher der konservative Typ, und meine Freundin auch.«
»Danke, das war’s. Einen schönen Tag noch.«
»Dito.«
Hinnerk drückte das Gespräch weg und wählte gleich die genannte Nummer, bevor ihm Herr Schönwald zuvorkommen konnte. Und es ertönte tatsächlich das Freizeichen.
»Mecklenborg …«, meldete sich eine melodiöse Frauenstimme.
»Hauptkommissar Lange vom LKA, guten Tag. Ich habe soeben mit Ihrem Bekannten, Herrn Schönwald telefoniert. Von ihm habe ich Ihre Nummer. Ich hätte gern gewusst, wo sich Ihr Bekannter gestern Abend aufgehalten hat.«
»Hat er Ihnen das nicht gesagt? Er ist direkt nach der Arbeit zu mir gekommen. Wie er das seit einiger Zeit täglich tut.«
»Außer heute. Denn wenn er nicht in der Wiclefstraße gewesen wäre, hätte er meine Nachricht nicht erhalten können.«
»Hin und wieder muss er schließlich mal nach der Post sehen. Das hat er mindestens schon eine Woche nicht getan. Eigentlich könnte er seine Wohnung aufgeben, weil er die meiste Zeit bei mir ist. Aber er will sich wohl den Rückzug offen halten, falls es mit uns auf Dauer nicht klappt.«
»Gibt es denn Spannungen zwischen Ihnen?«
»Im Gegenteil. Aber Sie wissen doch, wie Männer sind. Sie sind schließlich auch einer.«
»Unzweifelhaft. Würden Sie Ihre Angaben auch unter Eid wiederholen?«
»Jeder Zeit.«
»Danke. Noch eine letzte Frage: Gibt es in Ihrem Freundes- oder Bekanntenkreis eine junge Frau mit rasiertem Schädel? Ihr Freund soll hingegen rotblonde Haare haben, die er zu Rasterlocken geformt trägt.«
»Nein, diese Szene ist mir, ehrlich gesagt, etwas zu schrill, und Drogen sind nicht meine Welt. Und Steffens auch nicht, zum Glück.«
»Vielen Dank. Wenn es noch weitere Fragen gibt, ich habe ja jetzt Ihre Nummer.«
»Bitte schön. Was wirft man ihm denn vor? Ich meine, dass er ein Alibi braucht …«
»Im Moment noch gar nichts. Wir sind erst am Anfang unserer Ermittlungen und führen Routinebefragungen durch.«
»Ach so. Und ausgerechnet bei uns?«
»Ja, es kann schon vorkommen, dass jemand zur falschen Zeit am richtigen Ort ist. Alles Weitere wird Ihnen Ihr Bekannter erklären. Danke für die Auskunft, und noch einen schönen Tag.«
»Du bist heute sehr verschwenderisch mit dem Schönen-Tag-Wünschen«, sagte Heiko, als Hinnerk aufgelegt hatte.
»Ja, warum nicht? Wenn wir schon keinen haben, warum sollen andere ihn nicht haben?«
»Stimmt schon, aber leider ist das heute nicht viel mehr als eine Floskel, die fast jede Kassiererin im Supermarkt benutzt, ohne es wirklich zu meinen.«
»Ich weiß. Aber so viel Auswahl gibt es da nicht. Hätte ich ihr für heute Abend einen schönen Fick wünschen sollen?«
Heiko lachte. »Das nun nicht gerade.«
Als ich zurück ins Büro kam, musste ich den Spott meiner Kollegen über mich ergehen lassen. Nur Schmidtchen hielt sich zurück.
»Man beachte den leicht schielenden Blick meiner Gattin«, tönte Hinnerk. »Demnach muss es mehr als ein Schnaps gewesen sein, den sie konsumiert hat.«
»Stehen ihr aber gut die leicht geröteten Wangen«, meinte Heiko. »Leider gibt es für diese Art von Schielen keine Brillen.«
»Sagt mal, euch geht’s wohl nicht gut? Ich werde den Teufel tun und mich während der Dienstzeit besaufen. Ich habe gerade mal einen Magenbitter getrunken. Der geht als Medizin durch.«
»Du bist immer wieder süß, wenn du dich aufregst, weil man dich aufgezogen hat«, sagte Hinni.
»Die Süße wird gleich mächtig sauer. Hauptsache ihr habt euren Spaß …«
Eine Antwort wurde verhindert, weil das Telefon läutete und ich abhob.
»Voss, LKA. Was gibt’s?«, fragte ich wie üblich.
»Tamara Liebscher vom K33 der Direktion 1. Guten Tag, Frau Kollegin. Wir haben uns bei dem Fall des Märchenmörders* kennengelernt. Erinnern Sie sich?«
*siehe Band 14 „Es war einmal …“
»Ja, natürlich. Wie könnte ich den jemals vergessen? Zum Glück kommt es selten vor, dass ein Kollege sich als Serienmörder entpuppt.«
»Nun ja, Kollege …«, sagte Tamara Liebscher etwas peinlich berührt. »Er war ja kein Hauptkommissar oder Kommissar, sondern Polizeimeister. Trotzdem hat der Fall hohe Wellen geschlagen. Sein Freund und Kollege Wendland, dem man nichts nachweisen konnte, hat sich zu einer anderen Dienststelle versetzen lassen. Das konnte ihm keiner verübeln … Warum ich anrufe … Sie haben doch da den Fall der alten Frau, die in Moabit in ihrer Wohnung zu Tode gequält wurde …«
»Woher wissen Sie? Wir sind erst gestern zum Tatort gerufen worden. Der Fall ist so frisch, dass er noch nicht in der Datenbank auftaucht.«
»Ich weiß. Mein Bruder arbeitet auf dem Revier in der Perleberger Straße. Der hat mir davon erzählt. Diese Art von Brutalität ist zum Glück nicht alltäglich. Und jetzt werden wir zu einer weiblichen Leiche gerufen, bei der die Umstände ähnlich gelagert sind. Die junge Frau muss unerträgliche Qualen erlitten haben. Ich dachte, vielleicht wollen Sie dabei sein, wenn wir zum Tatort fahren. Herr Heller, den Sie ja auch schon kennen, wird auch dabei sein.«
»Ja, gern. Und wo wäre das bitte?«
»In der Schönerlinder Straße in Französisch Buchholz. Das ist ein Ortsteil von Pankow, also unsere Zuständigkeit. Es handelt sich um eine verlassene Autowerkstatt, die hinter Büschen liegt, aber von der Straße aus gut erkennbar ist. Es ist die ungefähre Hausnummer …«
»Danke, wir sind gleich da. Bis dann!«
Ich hatte das Telefon auf laut gestellt, damit die Kollegen mithören konnten.
»Emsig, die Kollegen der Direktion 1, wenn es darum geht, Arbeit abzugeben«, sagte Heiko. »Hoffentlich ist es nicht wieder blinder Alarm, wie seinerzeit in der irakischen Botschaft. Da gab es zwar eine Tote, aber die war nur ein Junkie und konnte nicht dem Märchenmörder zugeordnet werden.«
»Du widersprichst dir gerade gewaltig, mein Lieber. Wie hättest du es denn nun gern? Dass wir noch mehr Arbeit kriegen oder es wiederum nicht in unseren Zuständigkeitsbereich gehört?«, fragte ich grinsend.
»Du immer, und deine Spitzfindigkeiten. Ich meine ja nur«, stotterte Heiko.
»Komm, du kannst dich selbst überzeugen. Die Kollegen vom K33 kennst du ja schon.«
»Hinnerk auch. Vielleicht will er lieber?«
»Ist schon in Ordnung. Ich beschäftige mich derweil mit unserer Datenbank. Vielleicht finde ich ähnliche Fälle. Macht nur!«
»Toll, wir haben noch nicht mal richtig angefangen mit dem Fall von gestern. Und schon gibt es einen neuen. Und vermutlich wieder so ein durchgeknallter Irrer. Uns bleibt wirklich nichts erspart.«
»Ja, man hat’s nicht leicht. Aber leicht hat’s einen«, sagte Hinnerk.
»Hinni, noch so ein Spruch, und ich fange an zu schreien«, beschwerte ich mich.
»Du lutsch lieber ein Pfefferminz, damit die Kollegen nicht denken …«
Mein Schlag kam so unerwartet, dass Hinnerk den Satz nicht beenden konnte.
»Jetzt seht ihr mal, was ich durchmache«, feixte er. »Alki und Schlägerin dazu.«
»Komm, Heiko, bevor ich richtig zuschlage.«
Wir waren kaum zehn Minuten unterwegs, als sich mein Handy bemerkbar machte. An der Nummer erkannte ich, dass es Karen war.
»Mama, das ist jetzt ganz schlecht. Wir stecken bis über beide Ohren in Arbeit.«
»Ist es bei dir jemals anders? Ich möchte dich nur bitten, heute Abend kurz vorbeizukommen. Es ist wichtig, was ich dir zu sagen habe.«
»Eigentlich passt mir das heute gar nicht. Aber wenn es so wichtig ist … Willst du mir nicht sagen, worum es geht?«
»Nein, das möchte ich nicht am Telefon. Also, bis später!«
»Meine Mutter macht mal wieder Druck«, sagte ich zu Heiko, als ich aufgelegt hatte. »Bei ihr klingt es immer wie ein Befehl, wenn sie eine Bitte äußert.«
»Sie weiß doch, wie es bei uns zugeht. Demnach brennt es wirklich auf den Nägeln«, meinte Heiko. »Vielleicht geht es Herbert schlechter.«
»Darüber will ich mir jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Heute Abend bin ich schlauer.«
Als wir vor dem verwilderten Grundstück ankamen, wurden wir schon von den Kollegen Liebscher und Heller erwartet.
Kommissar Heller begrüßte erst mich und dann Heiko. »Wir kennen uns doch schon«, sagte er zu Heiko.
»Ja, hoffentlich ist es heute nicht erneut blinder Alarm …«
»Das denke ich nicht. Sonst hätten wir nicht angerufen. Vorsicht, hier ist alles zugewachsen. Zum Teil mit dornigem Gestrüpp.«
»Was war das einmal für ein Anwesen?«, fragte ich nach. »Das Haus wird doch nicht von Anfang an als Autowerkstatt konzipiert gewesen sein.«
»Nein, das ist ein ehemaliger Bauernhof. Etwa um 1880 erbaut. Er bestand aus dem Wohnhaus und mehreren Ställen, die man nur noch an den Futterstellen und Wassertrögen erkennt. 1980 funktionierte man die Stallungen zu einer Autowerkstatt um. Es gibt noch Werkbänke, Reifen, jede Menge Kabel und einige Autowracks. Das hier auf dem Hof ist ein Moskwitsch, falls Sie das Modell nicht kennen.
In den ehemaligen Hühnerställen, die man als Garagen genutzt hat, steht noch so einer. Und zwei P70, die Vorläufer des Trabant. Niemand weiß, was aus den Besitzern geworden ist, und warum die Autos, die inzwischen komplett ausgeschlachtet sind, zurückgelassen wurden. Im Haus finden sich noch ein paar Möbel, alte Papiere und Müll von unrechtmäßigen Besuchern. Besonders junge Leute kommen gelegentlich zum Fotografieren her. Dem Umstand haben wir den Leichenfund zu verdanken.«
»Demnach hat sie noch nicht lange dort gelegen?«, fragte Heiko.
»Ja und nein. Die junge Frau scheint noch nicht lange tot zu sein. Davor hat man sie offensichtlich an derselben Stelle länger gefangen gehalten. Und zwar in der sogenannten Fahrzeuggrube, auch Werkstatt- oder Arbeitsgrube beziehungsweise Untersuchungsgrube. Das ist ein für Personen zugänglicher Schacht, über dem das Kraftfahrzeug abgestellt wird, um Arbeiten am Unterboden auszuführen. Die Grube ist so tief, dass man bequem im Stehen arbeiten kann.«
»Warum hat man sie nicht früher gefunden, als sie noch lebte?«
»So oft kommen nun auch wieder nicht Leute zum Fotografieren her. Der anfängliche Boom der Lost Places ebbt allmählich ab. Außerdem war die Grube notdürftig mit Brettern abgedeckt, und es befanden sich eine alte Plane und diverse Kabel darauf. Nur, weil ein junger Bursche besonders neugierig war, konnte die Leiche überhaupt entdeckt werden. Kommen Sie, ich führe Sie hin.«
»Woher wissen Sie so gut über die Einzelheiten Bescheid?«, hakte ich nach.
»Weil wir schon eine Weile vor Ihnen hier waren. Einem Anwohner, der hier hin und wieder nach dem Rechten sieht, sind die verschobenen Bretter aufgefallen. Da hatte der Bursche längst die Flucht ergriffen. Einige Tage zuvor ist dem Anwohner ein junges Paar aufgefallen. Er war auf dem Schädel kahlrasiert, und sie trug diese verfilzten, gedrehten Haare.«
»Sagen Sie bloß in Rotblond?«
»Genau, woher wissen Sie das?«
»Weil an dem anderen Tatort genau so ein Pärchen beobachtet wurde. Allerdings war da sie die Rasierte und er der mit den Rastalocken. Scheinbar tragen sie die Perücke abwechselnd.«
»Ich will ja nicht pingelig sein«, sagte Tamara Liebscher, »aber Rastalocken sind fein säuberlich geflochtene Strähnen. Diese verfilzten Strähnen nennt man Dreadlocks.«
»Da habe ich doch wieder etwas dazugelernt«, schmunzelte ich. »Unser Sohn kennt bestimmt den Unterschied.«
Inzwischen trafen die KTU und die Rechtsmedizin ein, die ich vorsorglich benachrichtigt hatte.
»Schon wieder so eine Scheiße«, sagte Manfred Hoger von der Spurensicherung. »Bei diesen verdammten Lost Places ist doch schon Gott weiß wer durchgetrampelt.«
»Dann solltet ihr euch vielleicht auf die Fahrzeuggrube konzentrieren. Dort, wo die Leiche liegt.«
»Machst du jetzt unsere Arbeit?«
»Nun sei nicht gleich sauer. Ich meinte ja nur«, lenkte ich ein. »Hast du heute schlechte Laune?«
»Was? Nee, ich war nur noch nicht auf dem Topf.«
Kurz darauf tippte mir Stella Kern auf die Schulter. In ihrer Begleitung befand sich der Kollege Knud Habich.
»Das dauert jetzt wieder, bis wir randürfen«, beschwerte sich Stella. »Vielleicht sollte Manfred erst mal kacken geh’n, damit er besser drauf ist.«
»Das hast du jetzt nicht wirklich gesagt, oder? Ich denke auch, er hat es eher sinnbildlich gemeint. Aber die undamenhafte Ausdruckweise ist mir bei dir neu.«
»Die Dame habe ich heute zu Hause gelassen. Ab und zu muss man sich mal Luft machen.«
»Womit wir sogleich wieder beim Thema wären …«
Stella und ich lachten herzhaft. Und auch die Herren mussten grinsen.