Читать книгу Phönix - Dirk Heinze - Страница 3

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sprosse eins

phönix saß im bett. er atmete schnell. viel schneller, nee, noch viel, viel schneller. er versuchte die kirchturmuhr durchs fenster zu erkennen und kniff die augen zusammen. vier uhr vierundvierzig. mh, die zahlen kannte er schon, so was passierte - wenn - immer um diese zeit.

in knapp 20 minuten würde der mürrische, alte hahn an seinem stall vorbei schlürfen. immer richtung misthaufen. er nippt an seinem doppelkorn und kräht - oder was immer das auch sein soll - und die erste kleine hektik des tages beginnt. zum sonnenaufgang irgendwo am horizont.

phönix hatte wieder so einen alptraum.

er war auf einem anderen bauernhof. zu gast, bei familie und freunden. und sie alle wollten dort was bauen - ein wichtiges, wegweisendes projekt. alles lief super, alles war schön. nur phönix war nicht richtig zu frieden. der tag war zu ende, der job getan, aber irgendwas fehlte. sie fehlte, kristin, das küken, in das er so, sooo verliebt, so vernarrt war, zu dem ihm alles einfiel, was er immer als lausig und kitschig empfand.

ja - für kristin wollte er ein ganz besonderes küken sein. ein gutes, ein besseres. ein ganz neues. er fühlte sich angekommen. so am ziel. endlich ein bahnhof, in dem der zug hielt - und kristin stand da draußen, lächelte - ihn an - und wünschte sich das gleiche wie er.

o.k. - also schickte er ihr ein zeichen, sie solle auf den bauern-hof kommen und dann war sie da und er war so aus dem ställchen, so aufgeregt, so froh.

sie saßen auf der terrasse an dem kleinen teich hinterm stall und pickten die leckersten körner. er erzählte und erklärte ihr alles, was hier passierte. kristin war gelangweilt, nicht so gut drauf - doch es war ihm egal, denn die hauptsache war, sie war bei ihm.

zum kompott kam die ganze familie rüber. sie gackerten, sie lachten, ja, es war so ein richtig schöner, längst nicht mehr praktizierter familienabend.

dann sah er zu kristin. sie saß neben einem anderen kleinen hahn, sie lachten - und sie küssten sich, und nochmal und dann sah sie zu phönix, lachte verschreckt und sagte: ups - und machte weiter.

und anstatt rüber zu gehen, sie aus dem haus zu schmeißen und diesem minihahn einen auf den kamm zu geben ging phönix raus, warf die tür ins schloss und überlegte kurz, gleich in den teich zu springen - im hintergrund kristins lachen.

also was jetzt? umdrehen, weiterschlafen, noch zwanzig minuten oder so und hoffen auf einen anderen traum und dann aufzuwachen und nicht mehr zu wissen, was da schlimmes in seinem kopf passiert war? oder aufstehn, irgendwo einen eierlikör oder eierpunch trinken und darauf warten, den alten hahn krächzen zu hören?

er stand auf, vorbei an den anderen schnarchnasen und ging in den waschraum.

uh - soll das echt so sein? ich bin das? und seh so aus? heute?

heute! er sah in spiegel, seine augen - die sahen ihn zwar an... aber irgendwie auch aus. sein kleiner kamm, vor ein paar tagen knallrot gefärbt, stand in alle richtungen, nur nich so, wie er sich das wünschte. denn immer zu den sternen, zu den sternen, weisste? stachelig, so, wie das eigentlich sein soll.

o.k., was solls. er spuckte in die flügel, faltete seinen irokesen korrekt, schüttelte sein schwarzes fell und ging hinaus.

draußen startete die sonne - oh, is das nich schön, wenn man den tag von der ersten sekunde erleben kann, wenn man sieht, wie das leben erwacht, der tau vom stalldach tropft und die ersten adler ihre kreise über der wiese drehen? - das war die standartfrage seiner mutter, wenn er apathisch die hühnerleiter hinunter torkelte.

nö, mom - isses nich.

hey phönix, alles gut, was tolles geträumt?

ja - da stand er. phönix, das einzige schwarze küken hier auf der weide und vielleicht auf der ganzen, weiten welt.

dieser bonsaihahn, der junge himmelsstürmer, noch geprägt von diesem scheiss traum. und trotzdem versuchte er schon, die augen zumindest soweit klar zu haben, dass ihm hier in richtung weide auch ja nix entging. nach dem slogan: im liegen oder stehen, ein phönix muss es sehen, stand er da.

nö, nix spezielles.

noch müde und gelangweilt tapste er mit den anderen küken die straße entlang richtung wiese.

ja, die wiese. war nich so spannend, militärisch aufgeteilt in hühner, gänse und schwanensektionen. und da gabs immer ärger, wenn man mal kurz ins andere revier wechseln wollte, nur mal so. nur um zu spielen, nur, um was spannendes zu entdecken.

da kommt sie... flüsterte sein freund gert. phönix drehte sich um und ja! da kamen die mädchenküken die straße runter.

ein gegacker, alles durch einander. und er sah sie, sie, kristin, das küken, das schärfste, das, für das er sofort ein riesen loch in den gitterzaun am horizont sprengen würde, es packt, an ihren schönen flügeln, es mit nimmt, weg vom hof und raus in die welt, in die bunte, große welt und weiter zu den entferntesten planeten.

er blendete all die anderen um sie aus und sein kleines leckeres hühnerherz hämmerte wie wild. bumbum, die schärfsten rhythmen, punk, hardrock, symphonie, alles kreuz und quer. er popelte an seinen flügelspitzen und herzkasper und überhaupt.

und kristin? sie ging an ihm vorrüber. ohne ihn zu bemerken, ohne ihn zu fühlen. er war so glasig, so durchscheinenend - anscheinend. so nicht existent.

und es war wie immer, wie jeden tag, an dem er sie sah.

sie nahm ihn nicht wahr. er könnte krähen und schreien, sterben oder leben. in kristins universum kam keine sonne vor, die phönix hieß. er hatte nichts hinterlassen, er war nicht der brief, den man aufhob, irgendwo versteckt und ihn immer wieder - über all die jahre - heimlich hervor holt und wieder und wieder liest. er war, wenn überhaupt, eine leere, vergilbte postkarte, die man irgendwo hat, aber eben nicht genau weiß, wo und warum.

Phönix

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