Читать книгу Primärziel: Der Werdegang von Luke Stone—Buch #1 - Джек Марс - Страница 8

KAPITEL FÜNF

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14. April

9:45 Uhr USA Eastern Daylight Zeit

Fayetteville Abteilung für Veteranen-Angelegenheiten (VA)

Gesundheitszentrum

Fayetteville, North Carolina


„Warum sind Sie hier, Stone?”

Die Stimme riss Luke aus seinen Tagträumen, in denen er sich verloren hatte. Er schwelgte dieser Tage oft allein in seinen Gedanken und Erinnerungen und konnte sich anschließend nicht daran erinnern, worüber er nachgedacht hatte.

Er blickte auf.

Er saß auf einem Klappstuhl in einer Gruppe aus acht Männern. Die meisten der Männer saßen auf Klappstühlen. Zwei waren in Rollstühlen. Die Gruppe füllte eine Ecke des großen, doch trostlosen, offenen Raumes aus. Die Fenster auf der entgegengesetzten Seite zeigten, dass es ein sonniger Frühlingstag war. Doch irgendwie schien es als ob das Licht von draußen nicht bis in den Raum gelangte.

Die Gruppe saß in einem Halbkreis und blickte einen bärtigen Mann mittleren Alters mit einem dicken Bauch an. Der Mann trug Kordhosen und ein rotes Flanellhemd. Der Bauch stand fast wie ein Wasserball hervor, den er unter seinem Hemd versteckte, nur dass er vorne flach war, als ob die Luft herausströmte. Luke vermutete, dass dieser Bauch so hart wie eine gusseiserne Pfanne war, sollte er darauf schlagen. Der Mann war groß und er war ganz zurückgelehnt auf seinem Stuhl. Seine dünnen Beine lagen in einer geraden Linie direkt vor ihm.

„Entschuldigung?” sagte Luke.

Der Mann lächelte, doch es lag kein Humor darin.

„Warum… sind… Sie… hier?” fragte er erneut. Dieses Mal sagte er es langsam, als ob er mit einem kleinen Kind oder einem Idioten spräche.

Luke blickte um sich auf die Männer. Dies war eine Gruppentherapie für Kriegsveteranen.

Es war eine gute Frage. Luke gehörte nicht hierher. Diese Typen waren zerstört. Körperlich behindert. Traumatisiert.

Einige von ihnen sahen nicht so aus als kämen sie jemals zurück. Der Typ namens Chambers war möglicherweise am schlimmsten dran. Er hatte einen Arm und beide Beine verloren. Sein Gesicht war entstellt. Die linke Hälfte war mit Binden verdeckt, eine große Metallplatte lugte daraus hervor, welche die Reste seiner Gesichtsknochen auf dieser Seite zusammenhielt. Er hatte sein linkes Auge verloren und sie hatten es noch nicht ersetzt. Nachdem sie seine Augenhöhle wiederhergestellt hätten, würden sie ihm ein hübsches, neues, falsches Auge geben.

Chambers war in einem Humvee über eine USBV gefahren. Das Gerät war eine überraschende Innovation - eine geformte Sprengkapsel, welche direkt in das Fahrwerk des Fahrzeugs eindrang und dann direkt durch Chambers drang und ihn von unten nach oben durchtrennte. Das Militär stattete die alten Humvees nachträglich mit schwerer Unterpanzerung aus und fertigte neue Entwürfe für die weitere Produktion an, um gegen solche Art von Angriffen in der Zukunft gewappnet zu sein. Doch das würde Chambers nicht helfen.

Luke sah ihn nicht gerne an.

„Warum sind Sie hier?” fragte der Anführer noch einmal.

Luke zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht, Riggs. Warum sind Sie hier?”

„Ich versuche, den Männern zu helfen, ihre Leben wieder zurückzubekommen”, antwortete Riggs. Er zögerte keinen Moment. Entweder war es eine vorbereitete Antwort, die er für Leute bereit hielt, die ihn konfrontierten, oder er glaubte es wirklich. „Wie steht’s mit Ihnen?”

Luke erwiderte nichts, doch alle starrten ihn jetzt an. Er sagte kaum etwas in dieser Gruppe. Er würde am liebsten nicht teilnehmen. Er fand nicht, dass es ihm half. Um ehrlich zu sein, dachte er, dass dies alles nur eine Zeitverschwendung war.

„Haben Sie Angst?” wollte Riggs wissen. „Sind Sie deshalb hier?”

„Riggs, wenn Sie das denken, dann kennen Sie mich nicht sehr gut.”

„Ah”, sagte Riggs und hob seine fleischigen Hände ein klein wenig an. „Jetzt machen wir Fortschritt. Sie sind eine harte Nuss. Das wissen wir schon. Also tun Sie es. Treten Sie hervor. Erzählen Sie uns alles über den Oberfeldwebel Luke Stone der Spezialkräfte der Armee der Vereinigten Staaten. Delta, habe ich recht? Steckt bis zum Hals in der Scheiße, stimmt’s? Einer der Typen auf der vermasselten Mission, um den Al Qaeda Typen umzubringen. Der Typ, der angeblich hinter der Sprengung der USS Sarasota steckt?”

„Riggs, ich habe keine Ahnung von einer derartigen Mission. Eine solche Mission wäre eine Geheimsache, was bedeutete, dass selbst wenn wir etwas darüber wüssten, nicht über…”

Riggs lächelte und bewegte seine Hand wie ein drehendes Rad. „Ein solch hochrangiges und wichtiges gezieltes Attentat sprechen könnten, das sowieso niemals stattgefunden hat. Ja, ja, ja. Wir kennen alle dieses Geschwätz. Wir haben es schon zuvor gehört. Glauben Sie mir, Stone, Sie sind nicht so wichtig. Jeder Mann in dieser Gruppe war im Gefecht. Jeder Mann in dieser Gruppe ist sich nur zu bewusst , dass -”

„In welchem Gefecht waren Sie denn, Riggs?” fragte Luke. „Sie waren in der Marine. Auf einem Zerstörer. In der Mitte des Ozeans. Sie sitzen seit fünfzehn Jahren hinter einem Schreibtisch in diesem Krankenhaus.”

„Hier geht’s nicht um mich, Stone. Es geht um Sie. Sie sind in einem Veteranenkrankenhaus in der Psychiatrie. Stimmt’s? Ich bin nicht in der Psychiatrie. Sie schon. Ich arbeite in der Psychiatrie und Sie leben hier. Doch Sie sind nicht eingewiesen. Sie sind freiwillig hier. Sie können jederzeit hier raus. All Ihre alten Freunde warten da drüben auf Sie. Wollen Sie nicht wieder zu ihnen? Sie warten auf Sie, Mann. Rock and Roll. Es gibt immer wieder eine weitere geheime, verpfuschte Mission, auf die Sie können.”

Luke sagte nichts. Er starrte Riggs nur an. Der Mann war total verrückt. Er war der Durchgeknallte. Der machte nicht einmal langsam.

„Stone, ich sehe, wie ihr Delta Jungs manchmal hier eine Weile Halt macht. Ihr habt niemals auch nur einen Kratzer. Ihr Typen seid irgendwie übernatürlich. Die Kugeln verpassen euch immer irgendwie. Doch ihr seid aufgeschreckt. Ihr seid ausgepowert. Ihr habt zu viel gesehen. Ihr habt zu viele Leute umgebracht. An euch klebt überall Blut. Es ist unsichtbar, aber es ist da.”

Riggs nickte sich selbst zu.

„In 2003 kam hier ein Delta Typ vorbei, etwa so alt wie Sie, bestand darauf, dass es ihm gut ging. Er war gerade aus einer strenggeheimen Mission in Afghanistan zurückgekehrt. Es war ein Schlachthaus. Natürlich war es das. Doch er brauchte das ganze Gerede nicht. Klingt das wie jemand, den wir kennen? Als er hier fortging, kehrte er nach Hause zurück, brachte seine Frau und seine dreijährige Tochter um und schoss dann eine Kugel in sein eigenes Gehirn.”

Eine Stille zog sich zwischen Luke und Riggs hinaus. Keiner der anderen Männer sagte ein Wort. Der Typ wusste, wie man auf die richtigen Knöpfe drückte. Aus irgendeinem Grund dachte er, das wäre sein Job. Es war wichtig, dass Luke gelassen bliebe und nicht zuließe, dass Riggs ihm unter die Haut ginge. Doch Luke mochte solche Situationen nicht. Er spürte, wie er sich innerlich anspannte. Riggs bewegte sich auf gefährlichem Terrain.

„Ist es das, wovor du Angst hast?” sagte Riggs. „Du hast Angst, dass du heimgehst und das Gehirn deiner Frau über die ganze -?”

Luke war in weniger als einer Sekunde von seinem Stuhl aufgesprungen und hatte den Raum zwischen Riggs und ihm überquert. Bevor er wusste, was geschah, hatte er Riggs geschnappt, den Stuhl unter ihm herausgetreten und ihn wie eine Lumpenpuppe zu Boden geworfen. Riggs Kopf prallte gegen die Steinfliesen.

Luke bückte sich über ihn und holte mit seiner Faust aus.

Riggs Augen waren weit geöffnet und für den Bruchteil einer Sekunde blitzte Angst in seinem Gesicht auf. Dann kehrte sein ruhiges Auftreten wieder zurück.

„Das wollte ich sehen”, sagte er. „Ein wenig Enthusiasmus.”

Luke atmete tief durch und entspannte seine Faust. Er blickte die anderen Männer an. Keiner von ihnen hatte sich bewegt. Sie starrten nur teilnahmslos, als ob es ganz normal wäre, dass ein Patient seinen Therapeuten angreift.

Nein. Das war es nicht. Sie starrten als ob es ihnen egal wäre was geschähe, als wäre ihnen alles egal.

„Ich weiß, was Sie da tun wollen”, sagte Luke.

„Ich versuche, Sie aus Ihrer Schale zu locken, Stone. Und es sieht so aus, als ob es endlich funktionieren würde.”

* * *

„Ich will dich nicht hier”, sagte Martinez.

Luke saß neben Martinez’ Bett auf einem Holzstuhl. Der Stuhl war überraschend unbequem, als wäre er erfunden, um Trödeln zu entmutigen.

Luke tat, was er für Wochen vermieden hatte - er besuchte Martinez. Der Mann war in einem anderen Gebäude des Krankenhauses, ja. Doch es war nur ein zwölfminütiger Spaziergang von Lukes Zimmer entfernt. Luke hatte es bis jetzt nicht geschafft, sich zu diesem Spaziergang zu überwinden.

Martinez hatte einen langen Weg vor sich, doch er zeigte kein Interesse, ihn zu beschreiten. Seine Beine waren zerfetzt und konnten nicht gerettet werden. Eines war an der Hüfte abgetrennt, das andere unter dem Knie. Er konnte weiter seine Arme benutzen, doch er war direkt unterhalb vom Brustkorb ab gelähmt.

Bevor Luke eintrat, hatte ihm eine Krankenschwester zugeflüstert, dass Martinez die meiste Zeit weinte. Er schlief auch sehr viel - er stand unter starken Beruhigungsmitteln.

„Ich bin nur gekommen, um mich zu verabschieden”, sagte Luke.

Martinez hatte aus dem Fenster hinaus den hellen Tag angestarrt. Jetzt wandte er sich zu Luke. Sein Gesicht war in Ordnung. Er war schon immer ein gutaussehender Typ und das war er auch weiterhin. Gott, oder der Teufel, oder wer auch immer für solche Dinge verantwortlich war, hatte das Gesicht des Mannes verschont.

„Hallo und auf Wiedersehen, was? Schön für dich, Stone. Du bist in einem Stück, du wirst hier gerade hinausgehen, vielleicht eine Beförderung bekommen, irgendeine lobende Erwähnung. Weil du in der Psychiatrie warst, wirst du nie wieder auch nur eine Minute Gefecht mitbekommen. Ein Schreibtischjob. Das gibt auch mehr Geld, dann schickst du andere Jungs rein. Schön für dich, Mann.”

Luke saß still da. Er kreuzte ein Bein über das andere. Er sagte kein Wort.

„Murphy kam vor ein paar Wochen vorbei, wusstest du das? Ich fragte ihn, ob er dich besuchen würde, doch er verneinte. Er wollte dich nicht sehen. Stone? Der schleimt doch nur nach oben. Warum würde er Stone besuchen? Murphy sagte, dass er auf den Frachtzügen durch das Land fahren würde, so wie ein Landstreicher. Das ist sein Plan. Weißt du, was ich denke? Ich glaube, der wird sich in den Kopf schießen.”

„Es tut mir leid, was geschehen ist”, sagte Luke.

Doch Martinez hörte nicht zu.

„Mann, wie geht’s deiner Frau? Läuft die Schwangerschaft gut? Kleiner Luke Junior unterwegs? Echt toll, Stone. Ich freue mich für dich.”

„Robby, habe ich dir was getan?” fragte Luke.

Tränen begannen über Martinez’ Gesicht zu strömen. Er schlug mit seinen Fäusten auf das Bett ein. „Schau mich doch mal an, Mann! Ich habe keine Beine! Ich werde für den Rest meines Lebens in eine Tüte pinkeln und scheißen, OK? Ich kann nicht laufen. Ich werde nie wieder laufen. Ich kann nicht…”

Er schüttelte seinen Kopf. „Ich kann nicht…”

Jetzt begann Martinez zu weinen.

„Ich war das nicht”, sagte Luke. Seine Stimme klang klein und schwach, wie die eines Kindes.

„Doch! Du warst es! Du hast das getan. Du warst es. Es war deine Mission. Wir waren deine Jungs. Jetzt sind wir tot. Alle außer dir."

Luke schüttelte seinen Kopf. „Nein. Es war Heaths Mission. Ich war nur —”

„Du Arschloch! Wir folgten nur Befehlen. Doch du hättest nein sagen können.”

Luke sagte nichts. Martinez atmete tief ein und aus.

„Ich habe dir gesagt, dass du mich umbringen sollst.” Er biss die Zähne aufeinander. „Ich habe dir gesagt… dass du… mich umbringen… sollst. Schau dir das jetzt an… diesen Schlamassel. Du warst derjenige.” Er schüttelte seinen Kopf. „Du hättest es tun können. Niemand hätte davon gewusst.”

Luke starrte ihn an. „Ich hätte dich nicht umbringen können. Du bist mein Freund.”

„Sag das nicht!” rief Martinez. „Ich bin nicht dein Freund.”

Er wandte sein Gesicht zur Wand. „Raus aus meinem Zimmer.”

„Robby…”

„Wie viele Männer hast du umgebracht, Stone? Wie viele, hä? Hundert? Zweihundert?”

Luke flüsterte kaum. Er war ehrlich. „Ich weiß es nicht. Ich habe aufgehört zu zählen.”

„Da kannst du nicht einen Mann als einen Gefallen umbringen? Einen Gefallen für deinen sogenannten Freund?”

Luke antwortete nicht. Sowas war ihm noch nie zuvor eingefallen. Seinen eigenen Mann umbringen? Doch er wurde sich jetzt dessen bewusst, dass es möglich war.

Für den kürzesten Moment stand er wieder auf dem Hügel an dem kalten Morgen. Er sah Martinez auf dem Rücken ausgestreckt, weinend. Luke ging zu ihm hinüber. Es gab keine Munition mehr. Luke hatte nur noch das verdrehte Bajonett in seiner Hand. Er kniete sich neben Martinez, das Bajonett stand aus seiner Faust wie ein Zacken hervor. Er holte damit über Martinez’ Herz aus und…

„Ich will nicht, dass du hier bist”, sagte Martinez jetzt. „Ich will, dass du mein Zimmer verlässt. Raus, OK Stone? Hau jetzt sofort ab.”

Plötzlich begann Martinez zu schreien. Er nahm den Lichtruf vom Nachttisch und rammte seinen Daumen hinein.

„Ich will, dass du verschwindest! Hau ab! Raus!”

Luke stand auf. Er hob seine Hände an. „OK, Robby. In Ordnung.”

„RAUS!”

Luke ging zur Tür.

„Ich hoffe, du stirbst, Stone. Ich hoffe, dein Baby stirbt.”

Dann war Luke draußen im Gang. Zwei Krankenschwestern kamen auf ihn zu, schritten schnell voran.

„Ist er in Ordnung?” fragte die erste.

„Hast du mich gehört, Stone? Ich hoffe dein…”

Doch Luke hielt sich schon die Ohren zu und rannte den Gang hinunter. Er rannte durch das Gebäude und schnappte nach Luft. Er sah das Schild, auf dem AUSGANG stand, wandte sich ihm zu und sprintete durch die Doppeltüren. Dann rannte er durch das Gelände über einen Asphaltweg. Hier und da drehten sich Leute nach ihm um, doch Luke rannte weiter. Er rannte, bis seine Lungen anfingen, zu brennen.

Ein Mann kam aus der anderen Richtung. Der Mann war älter, doch breitgebaut und stark. Er ging gerade aufgerichtet mit einer militärischen Haltung, doch er trug Jeans und eine Lederjacke. Luke hatte ihn fast umgerannt, bevor er bemerkte, dass er ihn kannte.

„Luke”, sagte der Mann. „Wohin rennst du, mein Sohn?”

Luke hielt an. Er beugte sich vornüber und stützte sich mit den Händen auf den Knien ab. Sein Atem war kurz und abgehackt. Er kämpfte darum, seine Lungen zu füllen.

„Don”, sagte er. „Oh Mann, Don. Ich bin außer Form.”

Er stand auf. Er griff hinaus, um Don Morris’ Hand zu schütteln, doch Don zog ihn stattdesssen zu einer Umarmung heran. Es fühlte sich… Luke hatte keine Worte dafür. Don war wie ein Vater für ihn. Gefühle brodelten in ihm auf. Es fühlte sich sicher an. Es fühlte sich wie eine Erleichterung an. Es fühlte sich an als ob er für so lange Zeit Dinge in sich aufgestaut hätte, Dinge die Don intuitiv kannte, ohne dass man ihm etwas sagen musste. Eine Umarmung von Don Morris fühlte sich an wie Heimkommen.

Nach einem langen Moment ließen sie sich los.

„Was machst du hier?” sagte Luke.

Er dachte, dass Don aus Washington herunter nach Fort Bragg gekommen war, um sich mit den Vorgesetzten zu treffen, doch Don widerlegte diese Annahme mit nur einigen Worten.

„Ich bin gekommen, um dich abzuholen”, sagte er.

* * *

„Es ist ein gutes Angebot”, sagte Don. „Das beste, was du bekommen wirst.”

Sie fuhren durch die von Bäumen gesäumten Kopfsteinpflaster-Straßen der Stadtmitte von Fayetteville in einer unscheinbaren gemieteten Limousine. Don saß hinter dem Steuer, Luke auf dem Beifahrersitz. Leute saßen in offenen Cafés und Restaurants entlang des Bürgersteigs. Es war eine Militärstadt - viele der Leute auf der Straße waren gut durchtrainiert und gingen gerade.

Doch nicht nur waren sie gesund, sondern sie sahen auch glücklich aus. In diesem Moment konnte sich Luke nicht vorstellen, wie sich das anfühlte.

„Erkläre es mir nochmal”, sagte er.

„Du verlässt das Militär als Stabsfeldwebel. Ehrenhafte Entlassung, gültig ab Ende dieses Kalenderjahres, doch du kannst schon ab heute Nachmittag eine unbegrenzte Abwesenheitsgenehmigung bekommen. Die neue Bezahlung beginnt ab sofort und wird bis zur Entlassung durchgeführt. Dein Dienstbericht ist intakt und deine Kriegsveteranenpension und alle weiteren Vergütungen gültig.”

Es klang wie ein gutes Angebot. Doch Luke hatte bisher noch nicht erwägt, die Armee zu verlassen. Die ganze Zeit im Krankenhaus hatte er gehofft, dass er wieder zu seiner Einheit zurückkehren könnte. Hinter der Bühne hatte Don in der Zwischenzeit einen Austritt für ihn verhandelt.

„Und wenn ich dabeibleiben will?” fragte er.

Don zuckte mit den Schultern. „Du bist schon seit fast einem Monat im Krankenhaus. Die Berichte, die ich gelesen habe, zeigen, dass du wenig oder gar keinen Fortschritt bei der Therapie gemacht hast und man dich als nicht entgegenkommenden Patienten einschätzt.”

Er seufzte. „Die werden dich nicht wieder zurücknehmen, Luke. Die glauben, dass du beschädigt bist. Wenn du das Angebot, dass ich dir gerade beschrieben habe, ablehnst, dann werden die dich mit einer unfreiwilligen psychiatrischen Entlassung mit deinem derzeitigen Rang und der entsprechenden Bezahlung wegschicken, die Diagnose lautet posttraumatische Belastungsstörung. Ich glaube, ich muss dir nicht erklären, welche Chancen Männer mit einer Entlassung unter solchen Umständen haben.”

Luke dachte sich, dass nichts davon wie eine wirklich große Überraschung kam, doch es schmerzte ihn dennoch, es zu hören. Er wusste, wie es war. Die Armee erkannte nicht einmal formal die Existenz der Delta Force an. Die Mission war geheim - sie war nie geschehen. Er hatte also nicht gerade darauf gehofft, eine Medaille während einer öffentlichen Zeremonie zu bekommen. Man war nicht bei Delta wegen des Ruhms.

Er hatte zwar erwartet, dass man ihn ignorierte, doch er hatte nicht erwartet, zum alten Eisen geworfen zu werden. Er hatte der Armee viel von sich gegeben und sie waren bereit, ihn wegen einer schlechten Mission auf den Müll zu werfen. Es stimmte, die Mission war schlechter als schlecht gelaufen. Sie war ein Desaster, ein Debakel, doch das war nicht seine Schuld.

„Die schmeißen mich so oder so raus”, sagte er. „Ich kann leise gehen oder zetern.”

„So sieht’s aus”, erwiderte Don.

Luke seufzte schwer. Er schaute wie die Altstadt am Fenster vorbeirollte. Sie fuhren aus dem historischen Viertel heraus auf eine moderne Einkaufsstraße. Sie kamen ans Ende eines langen Häuserblocks und Don bog links auf den Parkplatz eines Burger King ab.

Das Zivilleben käme, ob das Luke gefiel oder nicht. Es war eine Welt, die er vierzehn Jahre zuvor verlassen hatte. Er hatte niemals erwartet, sie wiederzusehen. Was ging in dieser Welt vor sich?

Er beobachtete ein übergewichtiges junges Pärchen dabei, wie sie auf die Tür des Restaurants zuwatschelten.

„Was werde ich tun?” sagte Luke. „Nach dem Ende dieses Jahres? Welche Art von Ziviljob kann ich schon kriegen?”

„Ganz leicht”, antwortete Don. „Du wirst für mich arbeiten.”

Luke blickte ihn an.

Don parkte auf einem Platz weit hinten. Dort gab es keine weiteren Autos. „Das Spezialeinsatzteam ist soweit. Während du im Bett lagst und dir den Bauchnabel angeschaut hast, habe ich mit den Bürokraten gekämpft und den Papierkram erledigt. Ich habe die notwendige finanzielle Förderung, zumindest bis zum Ende des Jahres. Ich habe ein kleines Hauptquartier in der Vorstadt von Virginia, nicht weit von der CIA entfernt. Die malen jetzt gerade die Buchstaben auf die Tür. Ich habe das Gehör des FBI Direktors. Und ich habe - wenn auch nur kurz - mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten am Telefon gesprochen.”

Don stellte den Motor ab und schaute Luke an.

„Ich bin bereit, meinen ersten Agenten anzuheuern. Das bist du.”

Er wies mit dem Kopf auf ein großes Zeichen in der Nähe der Einfahrt zum Parkplatz hin. Luke blickte in die Richtung. Direkt unter dem Burger King Logo stand eine Reihe schwarzer Buchstaben auf weißem Hintergrund. Las man sie gemeinsam, so ergaben sie eine bittere Botschaft.

Angestellte gesucht. Weitere Informationen im Restaurant.

„Falls du keine Lust hast, mit mir zu arbeiten, gibt es bestimmt viele andere Möglichkeiten für dich da draußen.”

Luke schüttelte seinen Kopf. Dann lachte er.

„Das ist ein komischer Tag heute”, sagte er.

Don nickte. „Der wird gleich noch komischer. Hier ist eine weitere Überraschung. Dieses Mal ist es ein Geschenk. Ich wollte es dir nicht im Krankenhaus geben, weil Krankenhäuser furchtbare Orte sind. Besonders Veteranenkrankenhäuser.”

Vor dem Auto stand eine schöne junge Frau mit langem braunen Haar. Sie blickte Luke an, Tränen standen ihr in den Augen. Sie trug eine leichte Jacke, unter der sie ein Mama-Shirt trug. Die Frau war hochschwanger.

Mit Lukes Sohn.

Luke brauchte den Bruchteil einer Sekunde, um sie zu erkennen - das war etwas, dass er niemals jemandem gestehen würde, nicht einmal unter Folter. Sein Gehirn hatte die letzten Wochen über nicht richtig funktioniert und sie war fehl am Platz in diesem öden Parkplatz. Er hatte nicht erwartet, sie hier zu sehen. Ihre Anwesenheit war irreal, mysteriös.

Rebecca.

„Oh Gott”, brachte Luke heraus.

„Ja”, sagte Don. „Vielleicht willst du sie besser begrüßen, bevor sie jemand besseren findet. Hier dauert das bestimmt nicht lang.”

„Warum… warum hast du sie hier hergebracht?”

Don zuckte mit den Schultern. Er blickte sich auf dem Burger King Parkplatz um.

„Romantischer als sie zurück auf dem Stützpunkt zu treffen.”

Dann stieg Luke aus dem Auto. Er schien auf sie zuzuschweben. Sie umarmten sich und er hielt sie lange fest. Endlos. Er wollte sie niemals loslassen.

Zum ersten Mal spürte Luke Tränen sein Gesicht herunterströmen. Er atmete tief. Es fühlte sich so gut an sie festzuhalten. Er sprach nicht. Ihm fiel kein einziges Wort ein.

Sie blickte zu ihm auf und wischte ihm die Tränen vom Gesicht.

„Ist das nicht toll?” fragte sie. „Don sagte, dass du für ihn arbeiten wirst.”

Luke nickte. Er sprach immer noch nicht. Es schien, als wäre das entschieden. Don und Becca hatten die Entscheidung für ihn getroffen.

„Ich liebe dich so sehr, Luke”, sagte sie ihm. „Ich bin so froh, dass dieses Militärleben vorbei ist.”

Primärziel: Der Werdegang von Luke Stone—Buch #1

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