Читать книгу Schwarzes Gold - Dominique Manotti - Страница 16
Mittwochabend, Nizza
ОглавлениеFrickx landet in Nizza aus London kommend etwa zur vorgesehenen Zeit, gegen einundzwanzig Uhr. Er hat kein Gepäck, nur einen schwarzen Lederaktenkoffer, nützlich, um seinen Auftritt als eiliger Geschäftsmann zu unterstreichen. Rasch durchquert er die Ankunftshalle des Flughafens, wendet sich mit großen Schritten Richtung Parkhaus, geht hinein, diskrete Blicke nach rechts und links, nichts Auffälliges. Vertrauen haben. Er erreicht den hintersten Gang in der Nähe der Einfahrt, sucht den großen Peugeot von Simon, der Nummer zwei bei der Somar, mit dem er verabredet ist. Er kann ihn nirgends sehen. Ein weißer Lieferwagen macht ihm Zeichen mit den Scheinwerfern. Frickx tritt näher, erkennt Simons Silhouette hinter dem Steuer. Er hat nicht seinen eigenen Wagen genommen. Warum? Misstrauisch? Er öffnet die Tür, setzt sich auf den Beifahrersitz, schließt die Tür wieder. Lebhafte Unterhaltung. Die Minuten verstreichen. Dann öffnet Frickx die Tür, stellt sich neben den Lieferwagen, beginnt sein Jackett auszuziehen. Das ist das Signal. Frickx hört den Motor eines sich nähernden Motorrads. Er redet durch die offene Tür weiter mit Simon, er muss seine Aufmerksamkeit fesseln, während er sorgsam sein Jackett über den linken Arm faltet, Geist und Körper in Alarmbereitschaft. Das Motorrad fährt dicht an der Motorhaube des Lieferwagens vorbei, ohne zu verlangsamen, der Sozius stellt sich auf die Fußrasten, feuert dreimal in Simons Richtung, die Schüsse sind stark gedämpft. Die Windschutzscheibe zerbirst, Simons Körper sinkt in Zeitlupe auf den Beifahrersitz, das Motorrad verschwindet geschmeidig.
Frickx, reglos, das Jackett überm Arm, atmet tief durch. Um ihn herum kein Geräusch mehr. Er inspiziert den Lieferwagen. Simon scheint so tot wie nur möglich, aufgerissener Mund, starre Augen, drei blutende Wunden im Brustkorb. Er holt seine Ledertasche aus dem Fußraum, schlägt die Tür zu und läuft im Slalom zwischen den Wagen hindurch bis zur Flughafenhalle. Er begibt sich zum Schalter einer Autovermietung. Eine Mercedes-Limousine wartet auf ihn. Kurs auf die Villa in Cap Ferrat. Als er den Flughafen verlässt, ist alles ruhig, der Tote im Lieferwagen wurde offenbar noch nicht entdeckt.
In der Villa ist es still, alle Lichter gelöscht. Frickx geht auf direktem Weg hoch zum Schlafzimmer im ersten Stock. Emily schläft, gestützt von einem Stapel Kopfkissen, ausgestreckt auf dem Rücken im Ehebett, ihr Gesicht ist ausdruckslos, sie sieht mitgenommen aus. Auf dem Nachttisch ein eingeschaltetes Nachtlicht neben einer Wasserkaraffe und einer Sammlung Medikamentenpackungen. Eine Frau in weißem Kittel schläft auf einem Liegestuhl am Fußende des Bettes. Das Eintreten von Frickx hat sie aus dem Schlaf hochfahren lassen.
Er stellt sich vor: »Michael Frickx, der Ehemann Ihrer Patientin. Sie wurden über mein Kommen unterrichtet, glaube ich?« Mit einer Bewegung in Richtung Bett: »Wie geht es ihr?«
Er nimmt Emilys Hand, spricht laut, als legte er es darauf an, sie zu wecken, die Krankenpflegerin antwortet ihm flüsternd, dass alles gut ist, er soll sich keine Sorgen machen, aber seine Frau braucht viel Ruhe.
Emily hat schon die Augen geöffnet. Frickx beugt sich hinab, küsst sie auf die Stirn, streichelt ihre Hände. Lächeln aufrichtiger Zuneigung. »Emily, mein Schatz, ruh dich aus. Alles ist gut. Morgen kommt dein Cousin David.« Schmeichelnde, beruhigende Stimme. Er wendet sich an die Pflegerin: »Ich habe ihren Cousin angerufen, er ist im Ausland, er kommt morgen. Er wird ihr Gesellschaft leisten.«
Emily kann kaum ihren Blick fixieren, seufzt, murmelt. Er setzt sich neben sie aufs Bett, streicht ihr übers Gesicht, übers Haar, bis sie wieder einschläft.
Dann legt er sich im Gästezimmer zu Bett und schläft sofort ein.