Читать книгу Roter Glamour - Dominique Manotti - Страница 9
Juli 1985
ОглавлениеDraußen sonniges Wetter, es ist Sommer, aber die Büros der Renseignements Généraux der Polizeipräfektur von Paris sind wie immer düster und trist, hellbraun gestrichene Wände, Linoleumboden, Metallmöbel und kleine Fenster, die genau nach Norden auf einen Innenhof gehen. In Macquarts Büro drei bequeme Velourssessel, Halogenlampen, die immer an sind, auf dem Tisch eine Zeitung, aufgeschlagen auf Seite zwei, Rubrik »Freie Meinung«. Darüber gebeugt drei Männer um die fünfzig in dunklen Anzügen, die Chefs der RGPP, wie der Zentrale Nachrichtendienst kurz genannt wird.
»Unterzeichnet Guillaume Labbé. Wer ist dieser Guillaume Labbé?«
Macquart richtet sich auf. »Meiner Meinung nach das Pseudonym von Bornand.«
»Dem persönlichen Berater des Präsidenten?«
»Aus welcher Quelle hast du das?«
»Simple Schlussfolgerung. Guillaume ist der Vorname des Abbé Dubois.« Für einen Moment herrscht Schweigen. »Der Berater des Regenten …« Schweigen. »Also jedenfalls, Bornand hat sich dem Porträt, das die Memoirenschreiber des 18. Jahrhunderts vom Abbé zeichnen, immer verwandt gefühlt: intelligent, dem Laster nicht abgeneigt, ein Mann mit Einfluss und Verbindungen … So gesehen scheint mir das Pseudonym Guillaume Labbé leicht durchschaubar. Ich meine mich sogar zu erinnern, dass er es schon einmal benutzt hat. Das muss in meinen Akten stehen.«
»Wenn du es sagst.«
Sie beginnen zu lesen, Schulter an Schulter.
In gewissen Pariser Zeitungen jagt ein Regierungsskandal den nächsten: der Laden muss schließlich laufen.
»Wenn wirklich er dahintersteckt, ist das eine ganz schöne Dreistigkeit. Er selbst diktiert doch dem Bavard Impénitent, der auf so was spezialisiert ist, die Hälfte seiner Leitartikel …«
Erst haben sie sich in aller Ausführlichkeit darüber verbreitet, wie die französischen Geheimdienste auf Anordnung des Verteidigungsministers in einem neuseeländischen Hafen das Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior versenkt haben, das in der Kampagne gegen die französischen Atomtests im Pazifik im Einsatz war, und dass ganz nebenbei auch ein portugiesischer Journalist dran glauben musste. Jetzt machen gewisse Vertreter des »investigativen« Journalismus großes Getöse um den Fall der sogenannten »Iren von Vincennes« und bezichtigen die Männer vom Antiterrorstab des Élysée …
»Das ist Bornand, mit Sicherheit. Er selbst hat diesen Stab doch ins Leben gerufen, er hat seine Mitglieder ausgesucht, er hat ihn direkt dem Präsidenten unterstellt und dafür gesorgt, dass er niemandem Rechenschaft schuldig ist. Also hat er natürlich ein Interesse daran, dass er Erfolge vorweisen kann. Denn sonst geht er mit hoch.«
»Es ist Bornand. Er hat ein Faible für diese gutaussehenden Soldaten, die Mauern erklimmen und schneller schießen als ihr Schatten.«
»Die sind attraktiver als wir, das muss man zugeben.«
»Ich darf doch um etwas mehr Ernsthaftigkeit bitten, meine Herren.«
… sie hätten den irischen Terroristen, die sie im August 1982 kurz nach dem tödlichen Attentat in der Rue des Rosiers festgenommen haben, die Waffen selbst untergeschoben.
Der erste Fall hat bei unparteiischen Beobachtern einige Fragen zur Arbeitsweise der französischen Geheimdienste aufkommen lassen: verblüffendes Unvermögen oder komplizierte Machenschaften, die sich gegen Regierung wie Sozialisten richten? Und wo ist die undichte Stelle, dank der ein paar französische Journalisten besser und schneller informiert waren als die neuseeländischen Ermittler?
»Feuer frei auf den Auslandsnachrichtendienst.«
Der zweite Fall ist noch zwielichtiger. Die »investigativen« Journalisten, die dieses Mal am Werk sind, beziehen ihre Informationen allesamt aus ein und derselben Quelle: von einem psychisch labilen Individuum mit fragwürdigem Charakter, dessen Zeugenaussage seit mehr als einem Jahr in den Pariser Redaktionsbüros die Runde macht, ohne dass man ihr bislang irgendwelchen Glauben geschenkt hätte. Zudem steht diese Person, wie allgemein bekannt ist und wie sie auch selbst zugibt, auf der Gehaltsliste einer unserer großen Polizeidienste, und dies just in dem Bereich, der auch die Geheimdienste interessiert.
»Sieh mal einer an …«
»Der Inlandsnachrichtendienst gerät unter Beschuss. Die RG scheinen vorerst auf wunderbare Weise verschont zu bleiben.«
»Er ist heute nicht richtig in Form.«
Haben diese »investigativen« Journalisten sich eigentlich einmal gefragt, wie vertrauenswürdig diese Person ist? Haben sie den Versuch unternommen, die Informationen, die sie ihnen geliefert hat, mit anderen Quellen abzugleichen? Mitnichten.
Das Ziel ist klar: Die Diskreditierung des Antiterrorstabs des Präsidenten, jenes aus Gendarmen und Polizisten bestehende Team um den Präsidenten der Republik, dessen Aufgabe es ist, seine Sicherheit zu gewährleisten und den Kampf gegen den Terrorismus zu organisieren. Ein erstaunlich effizientes Team, das alle Angelegenheiten, mit denen es befasst war, vorangebracht hat und das, auch das darf gesagt werden, mit der Verhaftung der Iren im August 1982 der Ausbreitung des Terrorismus in Frankreich einen entscheidenden Schlag versetzt hat.
Einmütig richten sich die drei Männer auf.
»Ich wette, er glaubt das wirklich.«
»Große Literatur.«
Der Antiterrorstab des Präsidenten arbeitet auch weiterhin daran, sämtliche Informationen über den Terrorismus zentral zu erfassen und zu speichern, und ist bestrebt, auf diesem Gebiet die verschiedenen involvierten Polizei- und Gendarmerieorgane – und das sind viele – zu koordinieren, weshalb ihm im internationalen Räderwerk gegen den Terrorismus entscheidende Bedeutung zukommt. Kurz, seine Rolle ist überaus positiv und macht den Weg frei für die Schaffung eines dem Präsidenten zur Seite gestellten Sicherheitsrats nach Vorbild des amerikanischen NSC, der ihm Analysen und Zusammenfassungen bezüglich der nationalen Sicherheit liefern kann.
»Kein Zweifel, das ist Bornand. Der hat sich schon an die Amerikaner gehalten, als er noch in der Pubertät war.«
»Wir haben ihn unterschätzt. Der Mann ist ein Poet.«
Wer hat also ein Interesse daran, dieses im Aufbau begriffene, äußerst wichtige Räderwerk zu diskreditieren? Nun, eben jene traditionellen Organe der französischen Polizei, die sich bedroht fühlen, jene, deren Inkompetenz, Ineffizienz, interne Querelen und mörderisches Konkurrenzdenken jeden Tag aufs Neue sichtbar werden, jene, deren Führungskräfte Angst haben, ihre Macht und ihre Privilegien zu verlieren. Und die, daran muss wohl kaum erinnert werden, Präsident Mitterrand nie ins Herz geschlossen haben.
Guillaume Labbé
»Was halten Sie davon?«, fragt Macquart.
»Was hat den bloß geritten? Wenn er es ist. Kein Jahr mehr bis zu den Wahlen, und in allen Umfragen, unsere eigenen inbegriffen, stehen die Sozialisten als Verlierer da. Vielleicht nicht gerade der richtige Zeitpunkt für einen Krieg zwischen der Privatpolizei des Präsidenten und den regulären Polizeiapparaten.«
»De facto gibt es diesen Krieg bereits. Gegen den Antiterrorstab des Präsidenten. Die Pressekampagne über die Iren von Vincennes kommt nicht von ungefähr. Ich glaube, Bornand hat sich einfach aufs falsche Ziel eingeschossen, es ist sein alter Hass gegen die regulären Polizeiapparate, der da wieder hochkommt.«
»Sturm im Wasserglas oder echte Gefahr?«
»Bornand – wenn er es denn ist – ist ein persönlicher Freund des Präsidenten, natürlich einflussreich, aber auch ein Querschädel, der zunehmend isoliert dasteht.«
»Das heißt, viel Lärm um nichts …«
»Man kann nicht vorsichtig genug sein. Ich werde mir seine Akte noch einmal vornehmen.«
***
Seit dem frühen Morgen ist Noria damit beschäftigt, Verlust- und Diebstahlsanzeigen entgegenzunehmen: Autos, Fahrräder, Handtaschen, Hunde, Baumaterialien, liebevoll eingekellerte Weine (inklusive Auflistung der einzelnen Châteaus, achte bloß auf die Rechtschreibung, der
Anzeigeerstatter ist ein Kenner). Nach über einem Jahr im Elend, mit Notunterkünften und Schwarzarbeitsjobs, eine ätzende Zeit, ist sie nun seit zwei Monaten Polizeiermittlerin im Kommissariat des 19. Pariser Arrondissements. Weit weg von dem dichten Geflecht familiärer Hassausbrüche und Gewalt. Aber auch weit weg von den Schulfreundinnen, den Lehrern, die manchmal ein offenes Ohr hatten, den heimlich verschlungenen Büchern und dem Theaterspiel im Foyer des Gymnasiums. Auf die Bühne steigen, aus sich selbst heraus existieren und jemand anders sein, der dich beschützt, eine wunderbare Entdeckung. All das ist mit einem Schlag in weiter Ferne, eine unerreichbare Welt … Worauf sie brennt: der Wunsch, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Und zwar schnell.
Als sie endlich achtzehn ist, unternimmt sie mit Hilfe von Frauenorganisationen die nötigen Schritte, um wieder Papiere zu bekommen, endloses Warten in verschiedenen Rathäusern, wo sie eines Tages zufällig diese Anzeige liest: »Aufnahmeprüfung. Polizeiermittler. Voraussetzung: Mittlere Reife.
Mittlere Reife. Mit sechzehn musste sie runter vom Gymnasium, um der Mutter zu helfen, und Studieren ist sowieso nichts für Mädchen. Für Jungs übrigens auch nicht. Ihre beiden großen Brüder haben in der Hochhaussiedlung Besseres zu tun. Voraussetzung: Mittlere Reife. Ich hab zwar nicht mehr, aber das habe ich. Polizeiermittlerin … Eine Arbeit, was Sicheres. Mehr noch, ein Ausweis, ein Platz im Leben, eine Rolle, die ich spielen kann, auf der Seite des Gesetzes, auf der Seite der Macht.
Und heute wie an jedem Tag Formulare in dreifacher Ausfertigung, davon eins für die Versicherungen, Routine. Routine ist an diesem Morgen auch das Verschwinden von 174 Pekingenten, die in Privatküchen im Viertel Bas-Belleville in Schwarzarbeit zubereitet wurden und für die dort florierenden Chinarestaurants bestimmt waren. Vergeltungsmaßnahme, Erpressung, Eintreiben von Schutzgeldern, Beutezug von Hungernden? Im hiesigen Chinatown fühlt sich keiner aus dem Kommissariat so richtig wohl. Eine Ablenkung: Der Kommissar ruft Noria in sein Büro.
»Nehmen Sie sich diese Akte vor, Kindchen«, hellbrauner Pappeinband, darin Fotokopien. »Rund fünfzehn Anzeigen in nicht mal einem Monat, alle zum selben Thema und am selben Ort. Keine große Sache, macht aber einigen Ärger. Ich hatte einen Anruf vom stellvertretenden Bürgermeister, die Wahlen rücken näher. Befragen Sie die Anzeigeerstatterinnen. Beruhigen Sie die guten Frauen, zeigen Sie ihnen, dass die Polizei etwas tut und bürgernah ist. Ich verlasse mich auf Sie, erstatten Sie mir heute Abend Bericht.«
»Jawohl, Herr Kommissar.«
Kindchen. Meinen Namen, Noria Ghozali, kriegt er wohl nicht über die Lippen. Das Atmen fällt ihr schwer. Aufs Schlimmste gefasst nimmt sie die Akte und setzt sich zum Lesen an einen freien Schreibtisch.
Vier Frauen zwischen 67 und 85 Jahren, alle wohnhaft in einem der als ruhig geltenden, auf einem Hügel gelegenen »Dörfer« des 19. Arrondissements. Die Omas geben an, dass sie vor lauter Angst das Haus nicht mehr verlassen, da seit ungefähr einem Monat in Hundekot versteckte Knallfrösche explodieren und sie mit Hundescheiße bespritzen, wenn sie vorbeigehen.
Noria atmet tief durch. Ich bin die Jüngste hier, die einzige Frau, die einzige Polizistin maghrebinischer Herkunft, einfache Ermittlerin mit Untergebenenstatus und noch ohne Festanstellung: Ist doch klar, dass ich die Hundescheiße kriege. Wer weiß, vielleicht stehen mir, wenn ich groß bin, überfahrene Hunde zu, wär ja ’n echter Aufstieg.
Liste mit den vier »Opfern« und ihren Adressen, alle auf dem Hügel. Sie macht sich auf den Weg. Ruhige Sträßchen, wenige Autos, ein paar Fußgänger, die es nicht eilig haben, einander grüßen, ein Schwätzchen halten, dicht an dicht stehende Backsteinhäuschen mit Panoramablick auf die Basilika von Montmartre, die bei dem schönen Wetter mit ihrem minarettartigen Glockenturm und ihrem mediterranen Weiß wie eine Moschee anmutet.
Die Erste auf der Liste ist Madame Aurillac, 67, die seit mehr als vierzig Jahren ein kleines Restaurant mit Tagesgericht führt, fünf Anzeigen allein von ihr. Ein niedriges Haus, Speiseraum ebenerdig, im Stock darüber zwei große Fenster mit bestickten weißen Gardinen. Noria öffnet die Tür und tritt ein. An einem Tisch sitzen vier betagte Frauen lachend bei einem Schwätzchen und einer Flasche Suze, in der nicht mehr viel drin ist, elf Uhr vormittags und schon beschwipst.
»Madame Aurillac?«, fragt Noria.
Die vier Frauen richten ihre Blicke auf sie, taxieren sie. Mittelgroß, die Figur in Hose und Jacke aus braunem Segeltuch nicht erkennbar, leicht mondgesichtig, glanzloser Teint, undurchdringliche schwarze Augen unter markanten Brauen, das schwarze Haar zu einem straffen Knoten gebunden.
»Zu streng und schlecht frisiert«, sagt die erste.
Eine stark geschminkte aufgetakelte Blonde setzt nach: »Bist du Anfängerin?«
»Man könnte vielleicht den exotischen Aspekt stärker hervorheben«, sagt die dritte.
Noria zückt ihre Karte. »Polizei.«
Die Alten sind konsterniert. Eine der Frauen erhebt sich, schwarze Schürze um die Taille, gefärbte Kräuseldauerwelle, Pantoffeln. »Ich bin Madame Aurillac. Hier liegt eine Verwechslung vor. Wir haben einen Termin mit einer Bewerberin …«
»Wegen einer Anstellung als Putzfrau«, ergänzt die Blonde.
Just in diesem Moment erscheint die Bewerberin, frisiert, geschminkt, Pfennigabsätze, schwarzer Minirock und hautenges rosa Baumwolloberteil, bauchfrei und mit überbordendem Busen, alles wie aus dem Bilderbuch. Madame Aurillac eilt zu ihr, zieht sie hinter sich her auf die Straße, spricht ein paar Worte zu ihr und kehrt allein ins Restaurant zurück.
»Dies ist ein seriöses Haus, müssen Sie wissen. Fragen Sie Inspektor Santoni, er isst oft hier zu Abend.«
Santoni, Macho, Wampe und offenbar gut im Viertel eingeführt, der fehlte gerade noch.
»Möchten Sie etwas trinken, einen kleinen Suze vielleicht?«
»Danke nein, Madame. Ich bin gekommen, um mit Ihnen über Ihre Anzeigen wegen der Knallfrösche zu reden.«
»Wir haben auch Anzeige erstattet«, rufen die anderen im Chor.
»Es ist nicht nur wegen der Knallfrösche. Das sind ungezogene kleine Rowdys. Sie kommen aus den Sozialwohnungsblocks weiter unten und machen hier auf dem Hügel nichts als Ärger.«
»Sie spielen spät abends auf der Straße Fußball und drehen dabei ihre Radios auf volle Lautstärke, diese Hottentottenmusik.«
»Würden Sie sie wiedererkennen?«
»Die sehen doch alle gleich aus, sind alles Araber …« Madame Aurillac verstummt und sieht Noria verlegen an. »Das wollte ich so nicht sagen.«
»Was wollten Sie denn sagen?«
»Glauben Sie, Sie können diesem Treiben ein Ende machen?«
»Ich halte Sie auf dem Laufenden.« Sie steht auf.
»Nicht doch ein kleines Tröpfchen?«
Draußen atmet sie tief durch. Das entspannt. Heute Abend einen Bericht … Worüber? Die Puff-Oma-Gang? Santonis Freizeitgestaltung? Da wären mir die Pekingenten doch lieber gewesen.
Mal unten bei den Sozialbauten vorbeischauen. Direkt gegenüber ein Geschäft mit Spielwaren, Bürobedarf, Büchern, geführt von einem alten Ehepaar in weißen Kitteln, klein, krumm, freundlich.
»Polizei«, sagt Noria.
Die beiden sehen sich an, sie schiebt sich hinter ihn.
»Routinebefragung. Verkaufen Sie Knallfrösche?«
»Sicher. Vor allem jetzt, vor dem 14. Juli. Wie alle Spielwarenläden. Nicht wahr, Mutti?«, sagt er und dreht sich zu seiner Frau um.
Sie nickt.
»Knallfrösche mit langer Lunte?«
»Ja, auch.« Er zögert. Natürlich weiß er von der Sache mit der Hundekacke. Aber deswegen gleich die Polizei rufen …
»Und Ihre Kunden sind …«
»Da sind sie ja«, sagt die kleine Alte, »wie immer um die Mittagszeit, wenn’s draußen schön ist.«
Zwei Jungs, zehn, zwölf Jahre alt, im Trainingsanzug, arrogante kleine Machos. Noria nimmt sie an der Hand und lässt sie auf einer Bank gegenüber dem Geschäft Platz nehmen.
»Noria Ghozali, Polizeiermittlerin.«
»Nasser«, sagt der größere der beiden.
Ende der Vertraulichkeiten.
»Die Knallfrösche in den Hundehaufen hier auf dem Hügel sind von euch.«
»Wen stört das? Wir sind nicht die Ersten und nicht die Einzigen.«
»Aber ihr seid die Letzten. Ihr hört auf, ihr sagt das euren Kumpels, und wir reden nicht mehr darüber. Ihr findet schon was anderes, da habe ich volles Vertrauen in euch. Man muss flexibel sein.«
Zurück im Kommissariat. Noria durchquert den Bereitschaftsraum, grüßt die uniformierten Polizisten, steigt die Treppe zu den Büros im ersten Stock hoch – und bleibt stehen. An die Wand geheftet drei kleine fotokopierte Plakate: »Keine Kanaken bei der französischen Polizei«, dazu eine Zielscheibe auf einer Silhouette, die der ihren gleicht. Sie steht wie gelähmt auf der Treppenstufe. Allein. Lass dich nicht fertigmachen. Das bist nicht du. Steuert langsam auf die Toiletten zu, stocksteif. Schließt sich ein. Wäscht sich gründlich die Hände, dann das Gesicht, betrachtet sich dabei prüfend im Spiegel, bringt den Haarknoten in Ordnung. Dann geht sie in ihr Büro und schreibt den Bericht. Urheber der Anschläge identifiziert. Problem erledigt.
Am Abend steigt sie die Treppe mit zusammengekrampftem Magen wieder hinab. Die Plakate sind nicht mehr da. Sie durchquert den Bereitschaftsraum, vorbei an den uniformierten Polizisten, es herrscht Schweigen.