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DNA und Chromosomen vermehren

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Der Sinn der DNA-Replikation (siehe Abbildung 2.2), also der Chromosomenduplizierung, besteht darin, Kopien beider DNA-Stränge herzustellen. Beide Stränge müssen kopiert werden, da sie als Blaupause oder Vorlage (Template) für alle Substanzen Ihres Körpers dienen. Sämtliche zellulären Produkte und Prozesse werden von Genen auf den Chromosomen der DNA kontrolliert. Wenn sich also eine Ihrer Zellen in zwei Tochterzellen teilt (und dies geschieht täglich) oder wenn zwei Zellen verschmelzen, um einen neuen Menschen zu zeugen (dies geschieht periodisch), muss das genetische Material vervielfacht werden. Die genetische Information ist dabei erforderlich, um Entwicklung und Wachstum eines Organismus während des Lebens zu koordinieren.

Während der DNA-Replikation muss die »gewundene Leiter« der Doppelhelix entwirrt und ähnlich wie bei einem Reißverschluss geöffnet werden, sodass die »Leitersprossen« in der Mitte regelrecht auseinanderbrechen. Diese Teilung wird von einem Enzym namens Helicase initiiert; das Ergebnis ist ein Y-förmiges DNA-Molekül mit einem Nukleotid auf dem rechten Strang des Y und einem Nukleotid auf seinem linken Strang (siehe Abbildung 2.2). Eine der beiden Seiten des Original-DNA-Strangs wird zu einem Vorlagen- oder Template-Strang. Ein Template ist eine Matrize oder ein Muster, nach dem etwas Neues aufgebaut wird. Der Template-Strang dient also als Vorlage für den neuen, komplementären Strang.

Komplementärstränge bilden sich an jedem Template-Strang, wenn das Enzym DNA-Polymerase Nukleotide aneinanderreiht, die zum jeweiligen Gegenstück auf dem Template passen. Dabei bilden die vier stickstoffhaltigen Basen Paare: A–T und C–G. Das bedeutet, wo immer die Polymerase ein »A« auf dem Template-Strang erkennt, fügt sie ein »T« an der entsprechenden Stelle im Komplementärstrang ein und so weiter. Dies geschieht immer nur entlang eines kurzen Teilstücks der DNA, denn das gesamte Molekül kann sich nicht auf einmal entwirren und auftrennen. Dieses teilweise geöffnete/geschlossene Gebiet, in dem die Replikation abläuft, wird als »Replikationsgabel« bezeichnet.


Abbildung 2.2: Der Prozess der DNA-Replikation

Die Reihenfolge der Basen ist wichtig, da sie die Gene festlegen, und die Gene wiederum vorgeben, welche Aminosäuren gebildet werden. Die Aminosäuren bestimmen, welches Protein aus ihnen gebildet wird, und Proteine sind, wie Sie inzwischen wissen, essenzielle Bestandteile aller Zellen. Proteine bilden sowohl Zellstrukturen als auch Enzyme, die für lebensnotwendige Vorgänge verantwortlich sind.

Wenn Sie einen Blick auf Abbildung 2.2 werfen, können Sie die Zahlen »3’« und »5’« (Lies: »3-Strich« bzw. »5-Strich«) erkennen. Diese Zahlen markieren die Ausrichtung des jeweiligen DNA-Stranges und somit die Richtung der DNA-Replikation: Der Template-Strang wird von 3’ zu 5’ gelesen, während der Komplementärstrang in Richtung 5’ zu 3’ wächst.

Fehler können sich einschleichen, wenn die DNA-Polymerase den Template-Strang abliest und die entsprechenden Basen ans Ende des komplementären Stranges heftet. Wenn die Polymerase zwar ein »A« erkennt, aber trotzdem ein »C« statt ein »T« anbringt, wird die genetische Information verändert und ungenau. Glücklicherweise hat Mutter Natur an alles gedacht. Ein Fehler wird meist beim Korrekturlesen erkannt und eliminiert. Die falschen Basen werden ausgeschnitten, und die Polymerase fügt den richtigen Baustein ein. Wenn der Fehler wieder auftritt, versuchen Fehlpaarungs-Reparatur-Enzyme, im Zellkern die alte Ordnung wieder herzustellen.

Manchmal werden jedoch nicht alle Fehler ausgemerzt, man nennt sie dann Mutationen. In bestimmtem Maße tragen Mutationen zur Entwicklung und Evolution einer Spezies bei, da sie Veränderungen bewirken. Mutationen entstehen häufig durch Strahlung wie UV-Licht oder Röntgenstrahlen sowie durch Chemikalien. Drei Mutationstypen beeinflussen die Reihenfolge der Nukleotide auf einem DNA-Strang und somit die Basen, die ein Gen bilden.

 Insertionen treten auf, wenn ein zusätzliches Nukleotid dem Komplementärstrang angeheftet wird. Dies verändert das Leseergebnis des genetischen Codes über eine bis Hunderte von Basenpaaren hinweg. Wenn ein Gen dadurch nicht mehr richtig gelesen werden kann, entstehen falsche Aminosäuren, die die Funktion des fertigen Proteins beeinträchtigen können, und das kann verheerende Folgen haben. Dieser Mutationstyp ist die Ursache für Krankheiten wie zum Beispiel die Huntington-Krankheit, die zu Degenerationen des Nervensystems führt.

 Deletionen entstehen, wenn zwar ein Nukleotid auf dem Template-Strang erkannt, aber das Pendant dazu nicht in den Komplementärstrang eingebaut wird (es wird also eine Base übersprungen). Dieser Mutationstyp verursacht zum Beispiel die zystische Fibrose oder die Duchenne-Muskeldystrophie – zwei schwerwiegende Erkrankungen.

 Substitutionen stellen die letzte Gruppe der möglichen Mutationen dar. Dabei wird eine Base ausgetauscht. Da nur jeweils eine Base betroffen ist, wird sie auch als »Punktmutation« bezeichnet. Eine solche Veränderung des genetischen Codes wirkt sich meist nicht sichtbar auf die Gesundheit des Körpers aus und wird deshalb »stille Mutation« genannt.

DNA-Replikation findet immer vor Beginn der Mitose während der Interphase statt. Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich dabei um eine intermediäre, also Zwischenphase, in der eine Tochterzelle solange verbleibt und wächst, bis sie bereit ist, sich selbst als Mutterzelle zu teilen (siehe Abbildung 2.3).

Abbildung 2.3: Die Phasen der Mitose: Prophase, Metaphase, Anaphase und Telophase

Die einzelnen Schritte der Mitose sehen wie folgt aus (Hinweis: Stellen Sie sich Zellen als kleine Kugeln vor):

1 Prophase: In diesem ersten Stadium der Mitose verdicken sich die einzelnen Chromatiden (DNA-Einzelstränge) und finden sich paarweise zu Chromosomen zusammen (die Berührungsstelle heißt »Centromer«). Chromosomen können sich selbst nicht bewegen. Sie bekommen dazu Hilfe von bestimmten zellulären Strukturen, den Spindelapparaten, die sich zeitgleich an den Polen der Zelle bilden. Die Spindelapparate (Centriolen) bilden lange Spindelfasern, während die Hülle des Kerns, in der die Chromatiden konzentriert waren, allmählich zerfällt.

2 Metaphase: In der Metaphase ist der Zellkern komplett verschwunden. Dadurch liegen die Chromosomen nun frei in der Zelle – sie sind genau im Äquator (zentral) der Zelle aufgereiht. Zu diesem Zeitpunkt sind noch alle 46 Chromosomen vollständig vorhanden.

3 Anaphase: Während der Anaphase trennen sich die zwei Chromatiden eines Chromosoms voneinander, und je eines von ihnen wird von den Spindelfasern zu je einem Zellpol gezogen – 46 Chromosomen wandern zum »Nord-« und 46 zum »Südpol«. Nachdem sie dort angekommen sind, heißen sie »Tochterchromosomen«, doch die Zelle ist noch nicht wirklich zur Teilung bereit.

4 Telophase: Okay. Jetzt sind die Tochterchromosomen bereit, Teil ihrer eigenen Zelle zu werden. Während der Telophase sind die Chromosomensätze an beiden Zellpolen identisch. Eine neue Kernhülle wird um jeden Satz herum gebildet, und die Spindeln lösen sich auf.

An diesem Punkt ist die Mitose technisch gesehen beendet, und die frühe Interphase beginnt (rufen Sie sich ins Bewusstsein, dass es sich hier wieder um einen Zyklus handelt, bei dem die Interphase gleichzeitig den Anfang und das Ende darstellt). Die Zelle hat sich bisher immer noch nicht geteilt – das ist ein Vorgang, der als Zytokinese bezeichnet wird. Er läuft ab, wenn sich der Äquator der Zelle einschnürt – es entsteht eine Furche (so wie die Linie zwischen Ihren Augenbrauen, die auftaucht, wenn Sie sehr konzentriert oder verärgert sind). Die Furche drückt die Zellmembran immer mehr ins Zytoplasma, bis sich zwei getrennte Zellen gebildet haben. Der Moment der Separation wird »Zellteilung« genannt. Jetzt können die beiden Tochterzellen während der späten Interphase wachsen, bis es an der Zeit ist, sich wieder zu teilen.

Die Zellteilung setzt ein, wenn zum Beispiel neues Gewebe zur Wundheilung oder zur Regeneration benötigt wird (ja, Sie können einige Teile Ihres Körpers regenerieren, so zum Beispiel Lebergewebe). Gleichzeitig findet Zellteilung aber auch jeden Tag statt, denn tagtäglich ersetzt Ihr Körper Zellen, die unbrauchbar geworden sind. So hat beispielsweise ein rotes Blutkörperchen (Erythrozyt) eine Lebensdauer von 120 Tagen, doch das bedeutet nicht, dass Sie alle 120 Tage einen kompletten Satz neuer roter Blutkörperchen bekommen. Stattdessen ersetzt Ihr Körper täglich ein paar Erythrozyten. Ebenso wachsen Ihre Haare und Nägel ständig nach. Alle Zellen führen Stoffwechsel durch, um Sie mit dem lebensnotwendigen ATP zu versorgen. Daher ist der Zellersatz genauso wichtig wie die Erschaffung neuen Lebens. Für einige Organismen wie beispielsweise Pilze ist die reine Zellteilung ihre einzige Strategie der Vermehrung. Sie können sich demnach glücklich schätzen, als Mensch das Licht der Welt erblickt zu haben und sich auf andere Art fortpflanzen zu können!

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