Читать книгу Jhoseph und die Villeroy Lady - Doreen Brigadon - Страница 7

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Montag, der echte erste Arbeitstag

Pünktlich um 6 Uhr wurde ich wach, noch bevor der Wecker klingelte. Ich duschte mich, zog mich an und nahm meine ganzen Papiere mit. Holte die Limousine, stellte sie vor das Haus und ging dann frühstücken. Nach dem Frühstück, als ich zum Auto ging, kam auch sie schon daher. Ich hielt ihr, wie es sich gehörte, die Tür auf.

„Danke Jhoseph“, und setzte sich hinein.

Ich ging herum und fuhr langsam die Auffahrt raus. Sie ließ die Trennfenster runter.

„Hast du die Papiere ausgefüllt, die ich dir gegeben habe?“

„Ja, habe ich mit. Auch die Mappe von meinen Vorgängern. Denn ich habe heute noch einiges zu erledigen.“

„Du gehst in der Firma zuerst zum Personalchef und meldest dich an. Er weis Bescheid, dass du kommst. Falls du irgendetwas brauchst, gehst du zur Empfangsdame und fragst sie. Sie wird dir sicher weiterhelfen. Wenn nicht, kann sie ja wen anderen fragen. Und die Tankrechnung gibst du ihr auch. Das wäre es mal von der Firma. Jetzt noch zum Auto. Was hat dir Rudolf alles erklärt?“

„Nur, wo das Navi ist, die Fernbedienung für die Tore, und dass es zwei Trennfenster gibt.“

„Okay. Dann erkläre ich dir den Rest, den er nicht weis. Die eine Scheibe, die auf meiner Seite ist, da kann ich zwar durchsehen, du aber nicht, bei der anderen ist es umgekehrt. Da kannst du durchsehen, ich aber nicht. Und je nachdem, welche Scheibe oben ist, musst du reagieren. Bei beiden sehe ich dich nicht und du mich nicht. Du hast vorne zwei Lichter, wo angezeigt wird, welches Fenster oben ist. Denn ich muss öfter jemanden mitnehmen, bei manchen will ich nicht gestört werden, bei anderen musst du auf meine Zeichen achten. Die gehen wir dann bei der Heimfahrt durch. Dann gibt es vorne noch einen Bildschirm und hier hinten eine Kamera. Auch ein Mikro gibt es. Das ist alles für meine Sicherheit. Ich kann alles hier hinten steuern. Wenn ich mich nicht wohlfühle, kann ich es einschalten, dass du jederzeit alles mitbekommst und mir dann zu Hilfe eilst. Dazu bekommst du auch noch nähere Anweisungen. Und wenn gar nichts an ist, bist du stumm und nicht hier. Du bist sozusagen mein Chauffeur, Bodyguard und … „

Sie machte eine kurze Pause, bevor sie weitersprach.

„… und Begleiter.“

Mir schwirrte schon der Kopf. Und fahren musste ich ja auch noch. Gut, dass mir das Navi alles sagte, wo ich hinmusste. Die wichtigsten Dinge wie Firma, Haus, Werkstatt und noch ein paar Kleinigkeiten waren alle eingespeichert.

„Das wäre mal vorläufig alles. Der Rest kommt später oder nebenbei.“

Dann fuhr sie das Glas hoch. An der Anzeige vorne konnte ich sehen, ihres. Da konnte sie mich sehen, ich sie aber nicht. Es dauerte dann noch etwas und wir waren kurz vor halb 9 Uhr vor der Firma. Als ich den Firmennamen las, dachte ich, ich werde nicht mehr. Wo arbeitet sie? Ich hielt vor dem Gebäude, stieg aus und öffnete ihr die Tür.

„Hier arbeiten Sie?“, fragte ich neugierig.

„Nicht nur das, die Firma gehört mir.“

„Sie sind die Villeroy-Lady?“, entfuhr es mir.

Das ‚geile‘ behielt ich zurück. Gott sei Dank. Sie sah mich überrascht an.

„Wie nennen Sie mich?“, fragte sie jetzt neugierig.

„Die Villeroy-Lady“, sagte ich zerknirscht, „Aber nicht nur ich, viele kennen Sie nur so“, und zauberte ein zaghaftes bestes Lächeln auf meine Lippen. Hoffentlich war sie mir jetzt nicht böse.

„Aha, Villeroy-Lady. So kennen Sie mich, aber nicht, wer ich wirklich bin. So Josef. Sie können da hinten parken, der Parkplatz ist angeschrieben und reserviert. Und dann können Sie alles erledigen, was Sie benötigen. Bis später.“

Das tat weh! Josef! Das war die Retourkutsche von der ‚Villeroy-Lady‘. Ich machte die Tür zu, steuerte den Parkplatz an, stieg aus, nahm meine Sachen und sperrte zu. Dann begab ich mich ins Gebäude. Am Empfang fragte ich nach dem Personalchef. Die Dame, sie hieß Silvia, gab mir freundlich Auskunft und sagte: „Frau Voss hat schon gesagt, dass Sie kommen werden. Wenn Sie etwas benötigen, kommen Sie einfach zu mir. Wenn möglich, helfe ich Ihnen weiter.“

So begab ich mich zum Personalchef. Der empfing mich auch freundlich. Ich gab ihm die ausgefüllten Papiere und dafür bekam ich vorläufig einen Besucherausweis, den ich im Haus immer zu tragen hatte. Später bekomme ich einen normalen, damit ich fast überall Zugang habe.

„Denn als Chauffeur unserer Chefin müssen Sie schon überall Zugang haben“, grinste mich an und zwinkerte mir zu.

Ich fand das etwas provokant. Bedankte mich und ging. Ich schlenderte wieder zum Empfang, um zu fragen, wo das nächste Büroartikelgeschäft wäre.

„Wieso?“, fragte sie mich.

„Na, weil ich einige Ordner brauche, Papier, Bleistift, Kugelschreiber, Spitzer usw. da ich ja alles notieren und ordnen muss, was die Autos anging.“

„Das haben wir gleich.“

Sie rief bei jemandem an und sagte, was ich brauchte, eben alles für ein Büro.

„Ok, passt. Ja, bitte bis spätestens 17 Uhr hier beim Empfang. Danke sehr“, und hängte auf.

„Noch etwas?“, fragte sie mich freundlich.

„Ja, ich würde noch Reservekanister brauchen für die Autos. Wo bekomme ich so etwas her?“

Und wieder griff sie zum Telefon und rief wieder jemanden an.

„Das wird auch bis 16 Uhr geliefert. Sie brauchen es nur mehr hier abzuholen. Noch etwas?“

Ich sah sie nur unverwandt an. Eine solche Sekretärin hätte ich früher auch gebraucht. Bei ihr war alles so leicht. Meine hatte immer Probleme.

„Hallo! Noch etwas?“, holte sie mich aus meinen Gedanken zurück.

„Ja. Einen Termin bei der Autowerkstätte, für den Range Rover.“

Ich dachte nicht daran, dass sie das machen würde. Sie sah in einer Liste nach und telefonierte gleich wieder. Ich war sprachlos.

„Was macht er für Probleme?“, fragte sie mich wieder in meine Gedanken hinein.

„Er ruckt beim Fahren und die Plakette ist schon seit einem Jahr überfällig.“

Sie gab das weiter.

„Ok, passt. Danke sehr“, und zu mir gewandt, sagte sie: „Der Wagen wird heute nachmittags um 13 Uhr abgeholt.“

„So schnell?“, fragte ich überrascht, „Ich dachte, erst im Laufe der Woche.“

„Na sehen Sie, was ich ausrichten kann. Außerdem, wenn es schnell gehen soll, immer hier von der Firma anrufen oder anrufen lassen. Denn keiner will es sich mit der Firma Villeroy verscherzen.“

Ja, das hatte ich gemerkt. Ich bedankte mich recht herzlich bei ihr und sah noch auf meiner Liste nach, was ich noch machen sollte.

„So, jetzt bin ich arbeitslos!“, meinte ich noch, als mein Handy ging.

Die Nummer kannte ich mittlerweile schon. Es war Frau Voss.

„Ja bitte sehr, Frau Voss.“

„Sie können schon nach Hause fahren oder Ihre Sachen erledigen. Mich holen Sie wieder pünktlich um 17 Uhr von hier wieder ab.“

Sie wartete gar keine Antwort ab und hängte schon wieder auf. Die Kanister konnte ich erst füllen, wenn ich sie hatte. Und das andere kann ich erst machen, wenn ich mein Zeug habe und zu Hause alles ordnen. So ging ich zum Wagen und fuhr wieder Richtung Villa Voss. Es überraschte keinen, dass ich schon hier war, ohne die gnädige Frau. Ich unterhielt mich etwas mit Herta, bis es Zeit war für das Essen. Dann wartete ich auf die Firma, die den Wagen holen sollte. Pünktlich um 13 Uhr waren sie hier. Der eine Mechaniker begrüßte mich und besah sich gleich den Range Rover.

„Das hört sich nicht gut an!“, meinte er.

„Fred, bringst du mir bitte den Kanister mit Diesel?“

Der andere kam sofort mit einem vollen Kanister daher. Da fiel mir ein, ich musste den anderen ja auch noch mitnehmen zum Befüllen. Während die Mechaniker beim Rover arbeiteten, gab ich den Kanister in die Limousine. Ich hörte, wie sie den Wagen durchputzten. Der Mechaniker kam dann auch schon mit dem Wagen raus.

„Das erste Problem wäre gelöst. Irgendjemand hat wahrscheinlich aus Versehen Benzin in den Dieseltank getan.“

Ich war überrascht. Nicht nur, dass er das sofort erkannt hatte, auch dass er gleich Diesel mithatte. Das muss wirklich eine gute Werkstätte sein.

„Wenn nichts dazwischenkommt, haben Sie den Wagen bis morgen Abend wieder. Die Telefonnummer ist immer noch dieselbe?“

„Ich denke schon.“

Ich wusste jetzt zwar nicht, welche er meinte, aber er griff schon zu seinem Handy und rief eine Nummer an. Mein Handy klingelte.

„Einen Moment“, meinte ich.

„Ja, hallo“, sagte ich.

Dann hörte ich noch: „Ok, die Nummer ist dieselbe!“, und schon war er weg.

Ich ging wieder zu Herta in die Küche zurück. Jetzt hatten wir Zeit für einen schönen Kaffeeplausch. Das Zimmermädchen ging meistens nach dem Essen nach Hause. Bina kam erst wieder vor dem Abendessen. Und der Butler? Der machte sein Mittagsschläfchen. So blieben wir beide übrig. Herta erzählte mir von früher als der gnädigen Frau ihr Vater noch lebte, der dann überraschend an einem Herzinfarkt gestorben war. Und sie wäre auch auf dem besten Wege dazu.

„Vielleicht könntest du etwas Einfluss auf sie haben?“, fragte sie zutraulich.

Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.

„Wie soll ich Einfluss auf sie haben? Ich bin doch nur der Chauffeur“, wandte ich ein.

„Wenn du es geschickt anstellst, kannst du viel. Nur so viel: Du hast jetzt schon mehr Einfluss auf sie als die anderen. Das habe ich schon in der kurzen Zeit bemerkt.“

„Und wie kommst du darauf?“, fragte ich sie verwundert.

„Ich schlafe schlecht in der Nacht und dann sehe ich oft aus dem Fenster. Und dass sie dich schon am ersten Tag anruft, weil sie Probleme hat und nicht Rudolf, der alles organisieren muss. Das heißt schon viel. Wenn etwas war, hat sie immer zuerst Rudolf angerufen. Der hat dann den Chauffeur oder wen anders organisieren müssen. Und dass du eigenständig handeln kannst und darfst, sogar mit ihrem Baby fahren darfst, ohne viel zu fragen, das heißt schon was! Reicht dir das fürs erste?“

Ich sah sie nur verwundert an und nickte. Das musste ich mir erst durch den Kopf gehen lassen.

„Was ist ihr Baby?“

„Das Cabrio! Das durfte bis jetzt keiner ungeschoren fahren! Und du fährst einfach weg damit!“

„Musste ja tanken fahren. Ihr war ja der Sprit ausgegangen!“

Hoppla! Das wollte ich nicht ausplaudern, aber Herta hatte es ja sowieso mitbekommen, wo ich war.

„Eine andere Frage hätte ich da noch.“

„Und welche?“

„Wer und wie wurde die Garage geputzt? Also aufgewaschen?“

„Der Gärtner macht das mit. Der hat auch die Maschine dazu irgendwo. Er muss ja auch den Tennisplatz putzen, der aber selten genutzt wird. Aber sauber sollte er sein.“

„Und wie erreiche ich den Gärtner?“

„Es gibt eine Liste von den ganzen Telefonnummern vom Haus, dort steht auch seine darauf.“

„Eine solche habe ich leider keine gefunden.“

„Dann frag Rudolf danach, oder gleich unsere gnädige Frau.“

Da es schon fast 3 Uhr war, ging ich in die Garage, um die Limousine zu holen. Ich machte noch einen Kontrollblick überall hin. Und fand dann ganz versteckt ein benutztes Kondom. Das musste jemandem rausgefallen sein. Ich dachte lieber nicht genauer darüber nach.

Dann fuhr ich gemütlich wieder zurück in die Stadt. Ich drehte um und stellte mich vor den Eingang, um auf sie zu warten und wollte gerade hineingehen, um zu fragen, ob meine Sachen schon hier waren. Da kamen schon einige Männer mit Schachteln und einer mit meinen Kanistern raus. Ich brauchte nur mehr den Kofferraum aufzumachen. Den leeren vom Rover hatte ich auch schon hineingegeben, damit ich heute noch alles betanken konnte. Auch die Limousine! Nur musste ich es ihr sagen. Hoffentlich hat sie nichts dagegen!? Oder hätte ich das inzwischen schon machen sollen? Aber die Kanister wären trotzdem leer geblieben und ich müsste es morgen machen. So genaue Anweisungen hatte ich noch nicht bekommen. Apropos Anweisungen! Solche sollte ich auf der Heimfahrt auch noch bekommen. Was für welche? Auf das war ich schon neugierig. Ich wollte mich gerade noch einmal bei Silvia bedanken, da kam auch schon Frau Voss raus. Hatte sie schon gewartet? Ich öffnete ihr die Tür und fragte auch sofort: „Ist es erlaubt, wenn ich auf der Heimfahrt die Limousine tanke und auch die Reservekanister für die anderen Autos?“

„Ja. Machen Sie nur!“, war ihre kurze Antwort und sie stieg ein.

Ich klemmte mich auch hinter mein Steuer und fuhr die Tankstelle an, die ich bei der Herfahrt gesehen hatte, und die nicht teuer war. Den einen Tankschlauch hängte ich in die Tanköffnung von der Limo. Und bei der anderen Zapfsäule befüllte ich die Kanister. Ich erhaschte einen kurzen Blick zum Auto. Sie hatte das Fenster runter gelassen und sah mir zu.

„Sie sollten lieber das Fenster schließen. Weil sonst haben Sie den Dieselgeruch im Auto“, rief ich ihr zu.

Sie winkte ab und rief zurück: „Nein das passt schon!“, und sah mir weiter zu.

Als ich zahlte, fragte mich der Kassier: „Was verschafft mir die Ehre, dass die Villeroy-Lady hier tankt?“

Ich sah ihn überrascht an. Ich hatte eine Gegenfrage.

„Wieso nicht? Außerdem fahre und tanke ich und ihr seid die bessere und günstigere hier in der Gegend.“

„Weil die anderen Chauffeure immer an den teuren Tankstellen tanken. Oder glaubst du, wir bekommen das nicht mit?“

Zuerst sah ich ihn ungläubig und überrascht an und antwortete: „Ich bin nicht die anderen Chauffeure. Und ich tanke immer dort, wo es gut und günstig ist. Die ganz billigen mag ich auch nicht. Und sie hat nichts gesagt, wo ich tanken muss. Also wenn der Preis und die Leistung stimmen, werden Sie mich hier öfter sehen. Auch wenn sie reich ist, kann man ja trotzdem sparen, oder nicht?“, drehte mich um und verschwand.

Die anderen glaubten wohl, weil sie reich ist, konnte man den teuersten Diesel tanken. Oder sie bekamen eine Provision, wenn sie dort tankten. Ich setzte mich wieder hinter das Steuer und fuhr weiter. Ich merkte gar nicht, dass ich so angespannt weiterfuhr. Ich zuckte zusammen, als sie mich ansprach. Die Fenster hatte sie ganz runtergelassen.

„Über was grübelst du so nach?“

„Ist es egal, wo ich tanke? Oder gibt es Tankstellen, bei denen ich tanken muss?“

„Es ist mir egal, bei welcher. Hauptsache keinen Billigtreibstoff. Mit dem hatten wir schon mal Probleme, weil einer glaubte, er müsse über drüber sparen. Und die Reparatur kostete mich dann weitaus mehr. Es muss auch nicht immer der Teuerste sein. Das ist dir überlassen.“

„Okay, das passt dann schon“, gab ich ihr zur Antwort.

Sie ließ aber nicht nach.

„Wieso?“

Was sollte ich ihr antworten?

„Na ja, weil die Villeroy-Limousine auffällt, wo sie zum Tanken hinfährt.“

„Und da musst du auch gleich Reservekanister befüllen für die Limo?“

„Nur einen! Die anderen gehören zu den anderen Autos. Apropos Auto! Der Range Rover wurde heute zu Mittag schon abgeholt. Irgendwer hat Benzin statt Diesel in den Tank gefüllt.“

„Scheißkerl!“, entfuhr es ihr.

„Nicht du. Wahrscheinlich dein Vorgänger oder Marten. Er hatte angedroht, dass er etwas anstellt, das mich viel Geld kosten würde. Hauptsache, nicht das Cabrio.“

Dann war es kurz still.

„Bevor wir zur Einfahrt kommen, gibt es einen Parkplatz, dort hältst du dann an.“

„Ja, Frau Voss“, oder hätte ich Valerie sagen sollen?

Sie hatte mich schon wieder geduzt. Ich überließ es ihr, wie sie mich nennen wollte. Sie war ja die Chefin, auch wenn das hieß, dass sie mich Josef nennt. Dann fuhr sie beide Fenster hoch. Auf dem Parkplatz blieb ich stehen, wie sie wollte. Sie fuhr dann auch wieder die Scheiben hinunter.

„Ich hoffe, du kannst dir jetzt alles merken, denn aufschreiben darfst du nichts. Wenn jetzt dein Fenster oben ist, kannst du durchsehen. Und wenn ich dieses Zeichen mache…“ Sie hielt die Hand so, als würde sie schießen wollen, „…dann darfst du stören. Oder ich halte meinen Kopf so …“ Sie stützte sich mit der Hand ihren Kopf ab. „… so gebe ich vor, Kopfschmerzen zu haben. Dann musst du dir etwas einfallen lassen. Genauso bei der Kamera. Wenn das Mikro an ist, sage ich, ‚Der Chauffeur ist sicher müde und muss morgen wieder fit sein‘ Dann steigst du aus und machst die Türe einfach auf. Dann will ich ihn unbedingt loswerden. Sind beide Fenster oben und ich sage ‚Fahren Sie‘, ohne Angabe wohin, dann fährst du spazieren und siehst zu, dass wir nach einer Stunde wieder am Ausgangspunkt sind oder an dem Ort, den ich gesagt habe. Okay?“

„Ich hoffe!“

Mir schwirrte der Kopf bei so vielen neuen Dingen. Und ich dachte lieber nicht genau darüber nach, was das alles zu bedeuten hatte.

„So jetzt darfst du wieder weiterfahren. Wir werden das demnächst üben.“

„Ja, Frau Voss.“

Was sollte ich sonst sagen? Ich fuhr in die Auffahrt und ließ sie vor der Eingangstür aussteigen. Fuhr zum Nebenhaus, stellte die Schachteln in den Vorraum, parkte dann die Limousine in der Garage, deponierte in jedem Auto einen der vollen Kanister. Damit so etwas nicht mehr so schnell passiert, außer sie kann nicht selber tanken. Dann ging ich in die Küche, wo Herta mit dem Essen schon auf mich wartete.

„Die gnädige Frau hat auch gerade ihr Essen bekommen.“

Sie stellte mir mein Essen hin und ich aß in Ruhe. Richtigen Hunger hatte ich zwar nicht, aber bevor mir später der Magen knurrte, aß ich lieber. Auf die Nachspeise wollte ich verzichten.

„Und weißt du, was wir dann machen?“

Ich sah sie an.

„Nein.“

„Wir stoßen auf du und du an.“

„Aber nur ein Gläschen, als Fahrer dürfte ich gar keinen Alkohol trinken. Aber ich hoffe, ich muss heute nicht mehr ausfahren.“

„Nein. Montags sicher nicht“, und sie holte schon zwei Gläser und eine Flasche Wein.

Als sie beides auf den Tisch gestellt hatte, läutete das Telefon.

„Wer kann das jetzt noch sein?“, fragte Herta mehr sich als mich.

„Ja, bitte.“

Stille.

„Ja, gnädige Frau. Mache ich, gnädige Frau.“

Stille.

„Ja, der ist noch da.“

Stille.

„Ja, sage ich ihm, und schicke ihn zu Ihnen ins Empfangszimmer“, dann legte sie auf.

„So, nichts wird es mit unserem Du und Du. Du sollst nämlich zur gnädigen Frau gehen, mit zwei Gläsern und einem roten Wein.“

Den musste sie erst vom Lager holen. Sie stellte alles auf ein Tablett.

„Herta, das macht doch nichts. Wir duzen uns ja schon. Aber wir können das auch ohne Wein.“

Nahm sie in den Arm und drückte ihr links und rechts einen Kuss auf die Wange.

„So Herta, ich bin der Jhoseph!“

Gerade in dem Moment kam der Butler rein. Sah uns beieinanderstehen und den Wein auf dem Tisch.

„Was macht ihr hier? Der gnädigen Frau ihren Wein trinken und knutschen!“

„Ach, was weißt du schon!“, sagte sie unwirsch.

„Er muss mit dem Wein zu ihr gehen und wir duzen uns jetzt! So basta, und du hast jetzt Sendepause.“

Er verschwand sofort grimmig in den hinteren Räumen, wo ihre Zimmer lagen.

Ich schnappte mir das Tablett, doch Kellner war ich keiner und so hielt ich es mit beiden Händen fest und die Gläser wackelten trotzdem. Herta amüsierte sich köstlich, als ich noch versuchte, die Türe zu öffnen.

„Komm, ich helfe dir!“, und machte mir die Tür auf.

„Und wo muss ich hin? Ich weis nicht, wo das Empfangszimmer ist.“

„Hat dir Rudolf nicht alle Räume im Haus gezeigt? Zumindest die wichtigsten?“

„Nein, Doris hat mich kurz rumgeführt.“

„Auch das noch! Wir werden das demnächst nachholen.“

Schon wieder demnächst! Demnächst üben! Demnächst nachholen! Wow! Das Leben eines Chauffeurs habe ich mir wahrlich anders vorgestellt. Und jetzt durfte ich auch noch Kellner spielen. Warum brachte der Butler das nicht hin? Das ‚Warum‘ sollte ich bald erfahren. Herta ging mir voraus. Es war das Zimmer gleich neben dem Büro. Sie klopfte für mich an und öffnete nach dem „Herein“ die Tür und schloss sie auch gleich wieder hinter mir. Ich stellte das Tablett auf den Tisch. Sie saß im Ohrensessel und las eine Zeitschrift. Als sie mich sah, fing sie an zu lachen.

„Gut, dass ich Sie nicht als Kellner einstellen habe müssen. Denn da sind Sie eine Niete. Ich hoffe, Sie können, ohne viel zu verschütten, den Wein einschenken.“

Das brachte ich gerade noch hin. Das eine Glas gab ich ihr und wollte mich schon zurückziehen, als sie sagte: „So jetzt stoßen wir mal auf eine gute Zusammenarbeit an. Ich hoffe, Sie bleiben länger als meine letzten Chauffeure. Denn besser stellen Sie sich schon allemal an.“

„Als Chauffeur sollte ich gar keinen Alkohol trinken, nicht mal in meiner Freizeit.“

„Nichts da! Das ist ein Befehl.“

So nahm ich das andere Glas und stieß mit ihr an.

„Auf gute Zusammenarbeit“, sagte ich auch und wir tranken einen Schluck.

„Setz dich und erzähle mir mal, wie dir das Haus, die Angestellten und die Firma gefallen, für die du arbeitest. Nach dem einen oder besser gesagt drei Arbeitstagen.“

Ich setzte mich und erzählte ihr von meinen paar Tagen. Dass nur Herta mich freundlich aufgenommen hatte. Dass, wie sie schon vernommen hatte, der Butler mir nicht wohlgesonnen war. Ja und dass ich rausgefunden hatte, dass der Gärtner eine Maschine hatte, mit der man die Garage aufwaschen konnte. Das wusste ich von Herta.

„Ich glaube, ich sollte mich mehr an Herta halten als an den Butler. Sie erzählt mir mehr von dem, was ich eigentlich wissen sollte. Auch macht sie mit mir demnächst eine Führung durch das Haus, weil der Butler die Führung an Doris abgeschoben hat und die mir nur die „Diensträume“ zeigte.“

„Rudolf!“, sagte sie leise wütend.

„Ich glaube auch, dass es besser ist für dich, wenn du dich an Herta hältst. Falls du es noch nicht weist oder der Tratsch noch nicht bis zu dir vorgedrungen ist, Rudolf wollte mich mit seinem Neffen Marten verkuppeln. Ich hatte ihn kurz als Chauffeur eingestellt. Doch der meinte, weil mein Ex-Freund hier einmal Chauffeur war, dass er das auch als Anlass nehmen kann und sich hier schon als Chef fühlte. Ich schmiss ihn hochkantig raus. Leider kann ich ihm nicht verbieten, seinen Onkel zu besuchen. Außer er benimmt sich noch einmal ordentlich daneben, dann kann ich ihm Hausverbot erteilen. Bis jetzt hält er sich geflissentlich zurück.“

Dann nahm sie einen kleinen Schluck, bevor sie weitersprach.

„Jetzt erzähle mir etwas über die Villeroy-Lady. Ich bekomme ja davon nichts mit in meiner Firma und auch außerhalb.“

Ich wurde sofort rot und hoffte, sie würde es nicht merken. Was sollte ich ihr erzählen? Die Wahrheit war sogar mir etwas peinlich. Und das meiner Chefin auch noch brühwarm erzählen? Ich musste mir eine Notlüge ausdenken und die Wahrheit umschiffen.

„Die meisten Leute kennen ja nicht Ihren Familiennamen. Nur die Werke, und so werden Sie die Villeroy-Lady genannt.“

Ich hoffte, sie nahm mir das ab. Sie sah mir direkt in die Augen, nahm wieder einen Schluck und sagte: „Ich sehe es dir an, dass das nicht die ganze Wahrheit ist. Aber ich belasse es so, dafür …“, sie machte eine Pause.

Trank ihr Glas leer und hielt es mir hin, damit ich nachschenken konnte. Dann fuhr sie fort.

„… dafür trinken wir jetzt auf du und du!“

Ich hätte mich bald verschluckt. Zuerst wollte Herta mit mir auf du und du anstoßen, jetzt sie!

„Das geht aber nicht. Sie sind meine Chefin. Und ich kann Sie doch nicht vor den anderen duzen!“

„Nein, vor den anderen nicht, aber wenn wir beide alleine sind. Und es nicht firmenmäßig ist. So wie jetzt zum Beispiel. Ich heiße Valerie.“

Sie hielt mir ihr Glas entgegen. Was sollte ich jetzt tun? Ich wollte und versuchte Abstand zu halten, und sie suchte die Nähe. Hatte das was mit ihrem Ex zu tun?

„Muss ich es Ihnen erst befehlen?“, fragte sie ungeduldig.

Ich riss mich zusammen und sagte: „Jhoseph.“

„Es geht ja. Valerie“, sagte sie.

Dann stießen wir an und ich hoffte, dass ich sie jetzt nicht auch noch küssen musste. Aber wenn schon, dann schon … oder?“

„Und was ist mit meinem Kuss?“, fragte sie da auch schon keck.

Ich stand auf und wollte ihr einen Kuss auf die Wange geben, so wie bei Herta. Aber das misslang mir sofort. Sie drehte den Kopf sofort und meine Lippen landeten auf ihren. Ich ruckte erschrocken zurück.

„So schüchtern? Das gefällt mir.“

Dann wechselte sie das Thema.

„Morgen und den Rest der Woche fahren wir mit dem Mercedes. Dort, wo wir hinmüssen, ist erstens die Limo deplatziert, und zweitens zu groß.“

Dann stieß sie mit mir noch einmal auf gute Zusammenarbeit an. Ich trank den Rest Wein aus und dann durfte ich mich zurückziehen. Es war erst 20 Uhr. Also hatte ich noch Zeit etwas zu tun. Stellte die Kartons ins Wohnzimmer und fing an, den ersten auszupacken. Ich fand wirklich alles, was man für ein Büro brauchte. Angefangen vom Radiergummi, Schreibutensilien, Hefte, Blöcke, Locher, Klammermaschine usw. Im zweiten waren nur Ordner und im dritten Folien, andere Mappen und noch etliches. Ich holte mir die Ordner und Folien raus und fing an, die Papiere, die unordentlich in der Mappe waren, zu sortieren. Da fand ich heraus, dass beim Cabrio auch bald die Plakette fällig war. Und die von der Limo bis spätestens Ende des Jahres noch gemacht werden musste. Das notierte ich mir, damit ich es ihr morgen sagen konnte. Dann beschriftete ich alle Ordner. Aber wo sollte ich sie hinstellen? Das Wohnzimmer war dafür nicht der richtige Platz. Ich hatte mir noch nicht mal richtig Zeit genommen, das Haus genauer anzusehen. Nur Küche, Wohnzimmer, Bad und Schlafzimmer. Jetzt ging ich die anderen Räume mal durch. Es gab noch zwei Schlafzimmer und am Ende des Korridors einen Raum, der aussah, als wäre es ein Büro. Wenn ich Zeit habe, muss ich es diese Woche putzen. Sollte nur Herta fragen, ob ich mir Putzutensilien von ihr ausborgen kann oder ob es hier vielleicht so etwas gab. Ansonsten kaufe ich mir etwas. Ich räumte noch etwas auf und ging dann schlafen, denn um 6 Uhr klingelte wieder der Wecker.

Jhoseph und die Villeroy Lady

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