Читать книгу Sicherheit für Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst - Dorothee Dienstbühl - Страница 22
4. Implementieren eines Risiko- oder Bedrohungsmanagements
ОглавлениеGrundgedanke eines Risiko- oder Bedrohungsmanagements (Threatmanagement) ist die Verhinderung von Gewalt am Arbeitsplatz. Untersuchungen haben gezeigt, dass vor allem schwere Gewalt in den seltensten Fällen völlig unerwartet passiert. Meistens entwickeln sich Eskalationen und Konflikte, die der schweren Gewalttat zugrunde liegen, im Vorfeld. Häufig gibt es Anzeichen, bei denen bereits interveniert werden kann, bevor es zu einer Gewalteskalation kommt. Und tatsächlich werden immer wieder Gewalthandlungen durch Aufmerksamkeit und umsichtiges Verhalten verhindert. Dieser doch sehr positive Aspekt sollte zum Ansporn genommen werden, darf gleichzeitig jedoch nicht zu einer unrealistischen Erwartungshaltung führen: Nicht immer lässt sich Gewalt verhindern, nicht immer erkennen Menschen die Warnzeichen in der konkreten Situation oder deuten sie richtig. Auch das Bedrohungsmanagement wird von Menschen geleistet und jede Situation, jede Gefährdung ist anders.
Deswegen ist in einem ersten Schritt bei der Implementierung eines Bedrohungsmanagements ein Fokus auf die Aufklärung und Sensibilisierung der Mitarbeiter zurichten: Den Blick zu schulen und Aufmerksamkeit in der Behörde für mögliche bedrohliche Verhaltensweisen zu schaffen, ist bereits ein wesentlicher Baustein. Denn der Grundgedanke des Bedrohungsmanagements ist es, kritische Dynamiken rechtzeitig zu erkennen und zu intervenieren. Ziel ist ein frühzeitig einsetzendes und individuelles Fallmanagement, um Gefährdungen begegnen zu können, bevor sie zu einer heftigen Eskalation anwachsen. Außerdem geht es darum, Maßnahmen zu entwickeln, die von den Beschäftigten übernommen werden können, und das Sicherheitsgefühl der Beschäftigten zu stärken: Es gibt eine Anlaufstelle, die man aufsuchen kann, wenn man sich unsicher oder bedroht fühlt und in der Raum zum vertraulichen Gespräch ist.
Insbesondere die Bezeichnung „Bedrohungsmanagement“ empfinden Beschäftigte mitunter zu negativ. Wir benutzen ihn vorliegend, da es aus unserer Sicht um Bedrohungslagen und individuelle bedrohliche Situationen geht. Was ein Mensch als bedrohlich empfindet, ist unterschiedlich. Ist das subjektive Sicherheitsempfinden berührt oder gar verletzt, bedarf es der Maßnahmen. Damit eine Bedrohung gar nicht erst in einem Schadensfall endet, bzw. damit die Lage schnell wieder unter Kontrolle gebracht werden kann, bedarf es der aktiven Steuerung.
Im Prinzip ist es irrelevant, wie man ein entsprechendes Team oder Beauftragte für diesen Bereich benennen möchte. Wichtig ist jedoch, dass jedem in der Behörde bekannt ist, dass es eine Zuständigkeit gibt und wie an diese herangetreten werden kann. Wichtig ist die Transparenz von Zuständigkeiten für alle Beschäftigten. Wenn beispielsweise das Risikomanagement (RM)/Bedrohungsmanagement (BM) von einem oder einer Beauftragten und einem Stellvertreter bestritten wird, dann sollten diese Personen sich für diese Stellen melden/bewerben und nicht einfach ernannt werden. Neben der Infrastruktur (Raum, Ausstattung), der Organisation (Sprechzeiten, Bekanntmachung, Netzwerk intern/extern, Berichtspflichten, etc.) ist zunächst der Fortbildungs- und Schulungsbedarf zu ermitteln.
Der Umgang mit Konfliktsituationen kann in sechs Phasen erfolgen:
• Phase 1 Realisieren:
Konflikte gehören zu zwischenmenschlichen Beziehungen dazu. Dies einzukalkulieren öffnet den Blick für die aktive Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Miteinanders.
• Phase 2 Verstehen:
Konflikte und ihre Ursachen und Dynamiken (Aktion/Reaktion) haben ihre eigene Logik. Diese sollte man verstehen lernen, durch Analyse vor und während eines Konfliktes.
• Phase 3 Intervention:
Wie man auf Konfliktsituationen reagiert, sollte man sich bereits im Vorfeld überlegen, um im Konfliktfall handlungsfähig zu sein. Im Konflikt geht es um die vorhandenen Möglichkeiten zur Intervention in der jeweiligen Situation.
• Phase 4 Aufarbeiten:
Ist der Konflikt vorüber, sollte eine Situationsanalyse im Anschluss durchgeführt werden. Leitfragen sind: Was hat funktioniert, was nicht? Warum hat etwas funktioniert/nicht funktioniert?
• Phase 5 Dokumentation:
Die Ergebnisse dieser Analyse müssen festgehalten werden. Zudem sollte man sie dann im Team oder zwischen Vorgesetzten und den Betroffenen besprechen.
• Phase 6 Verarbeitung:
Wichtig ist, nach einer Konfliktsituation miteinander zu reden und gegenseitig zu erfragen, was die Mitarbeiter jeweils zur Verarbeitung brauchen.
Um die Aufgaben gut bearbeiten und bewältigen zu können, müssen Menschen sich sicherfühlen können. Das individuelle Sicherheitsempfinden wird durch unterschiedliche Faktoren geprägt, die nicht nur auf objektiven Parametern basieren.