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Das Jahr 1946

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Entgegen dem Verbot des Alliierten Kontrollrates passierten nach wie vor täglich mehrere tausend Menschen illegal in beiden Richtungen die Demarkationslinie im Südharz. Einzeln oder in kleinen oder größeren Gruppen suchten die Menschen, die ihre wenig verbliebene Habe in Rucksäcken, Koffern und Kartons, auf Fahrrädern oder auf Kinder- und Handwagen mit sich führten, manchmal noch die Kinder an der Hand, einen sicheren Weg durch Wald und Feld zum nächsten Bahnhof auf der anderen Seite. Zu den Grenzgängern gehörten natürlich auch die Bewohner der Grenzregion, die vielfach auf der anderen Seite Verwandte, Freunde und oftmals Besitz hatten. Viele Menschen überwanden die Demarkationslinie, um bei der allgemein herrschenden schlechten Versorgung Lebensmittel jeglicher Art für ihre Familien auf der anderen Seite zu ergattern. Verwandte und Bekannte auf dem Land, aber auch die Fischer an der Küste waren das vorrangige Reiseziel. Zu den Grenzgängern kamen sehr bald Schmuggler und Schieber, die mit der Beschaffung von dringend benötigten Waren von der jeweils anderen Seite gute Geschäfte machten.


Verbotsschild der britischen Grenzstation in Walkenried (Grenzlandmuseum Bad Sachsa)


Demarkationslinie (Foto: Militärhistorisches Museum der Bundeswehr Dresden)

Das Überschreiten der Demarkationslinie ohne Genehmigungspapiere war nach wie vor verboten. Die militärischen Grenzposten beider Seiten nahmen die gefassten Grenzgänger fest und führten sie der deutschen Polizei zu. In den meisten Fällen wurden die Festgenommenen nur verwarnt und in ihre Zone zurückgeschickt. Mitgeführte Waren wurden, wenn sie den persönlichen Bedarf überschritten, beschlagnahmt. Von den sowjetischen Posten kam es weiterhin zu häufigen Ausschreitungen im britischen Interessengebiet, im Grenzgebiet gestellte Frauen wurden weiterhin oft vergewaltigt. Bei der Verfolgung von Verbrechen arbeiteten die Polizeibehörden beider Seiten damals noch zusammen.

Die Grenzwachen beider Zonen erlaubten zunächst den Landwirten, die Äcker auf der anderen Seite besaßen, den Grenzübertritt zu deren Bearbeitung. Auf östlicher Seite mussten sich die Bauern, die auf Feldern in Grenznähe arbeiten wollten, durch Feldscheine ausweisen. Westdeutsche Landwirte konnten mit entsprechenden Bescheinigungen die Grenze zur Bearbeitung ihrer Äcker in der SBZ überschreiten.


Landarbeiterinnen überqueren die Demarkationslinie zwischen Tettenborn und Klettenberg (Foto: Grenzlandmuseum Bad Sachsa)


Feldschein der Gemeinde Branderode (Grenzlandmuseum Bad Sachsa)

Auf dem Weg zum Bahnhof Walkenried passierten viele der Grenzgänger den unmittelbar an der Demarkationslinie liegenden und bereits zum britischem Gebiet gehörenden Eisenbahntunnel, sowie die ebenfalls bereits auf britischem Gebiet liegenden Ansiedlungen der Juliushütte in der Nähe von Ellrich und des Wiedigshofes in unmittelbarer Nähe von Obersachswerfen.


Eisenbahntunnel in Richtung Walkenried, 350 m lang (Foto: P. Schmelter)

Am 30. Juni 1946 wurde auf Drängen der Sowjetischen Militäradministration durch Kontrollratsbeschluß die Demarkationslinie zwischen der sowjetischen und den westlichen Besatzungszonen vollständig gesperrt. Entsprechend den Kontrollratsdirektiven benötigten Personen, die aus dringenden Gründen in eine andere Zone reisen wollten, vom 29. Oktober 1946 an einen bei den alliierten Behörden zu beantragenden Interzonenpaß, der 30 Tage gültig war.

Die deutsch-deutsche Grenze 1945–1990

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