Читать книгу Die deutsch-deutsche Grenze 1945–1990 - Dr. Horst Gundlach - Страница 6

Das Jahr 1945

Оглавление

Der vom nazistischen Deutschland entfesselte Zweite Weltkrieg war trotz des Durchhaltewillens der deutschen Wehrmacht an der Front und in der Heimat nicht mehr zu gewinnen. Die alliierten Streitkräfte drangen vom Osten und Westen in das Kernland vor. Aus den Ostgebieten flohen Millionen Menschen vor der gefürchteten „Roten Armee“ und suchten in den ländlichen Gebieten des verbliebenen Reiches Zuflucht. Die Städte lagen nach den Bombenangriffen der Alliierten in Trümmern. Dort, wo der Luftkrieg nicht hingekommen war, mussten die Bewohner zusammenrücken, um den Flüchtlingen aus dem Osten und den Bombengeschädigten aus den zerstörten Städten die dringend benötigen Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Auf engstem Raum wohnten oftmals mehrere Familien unter einem Dach. Dazu kam neben der Sorge um die Männer an der Front und dem Verbleib von Familienangehörigen der Hunger. Die Versorgungslage war vielerorts prekär und von den zuständigen Behörden nur schwer zu bewältigen. Hotels, Schulen und wenig genutzte größere Gebäude waren zu Lazaretten umfunktioniert oder dienten Wehrwirtschaftsbetrieben als Ausweichquartiere.

Im Südharz ging in den ersten Apriltagen des Jahres 1945 der Krieg zu Ende. Amerikanische Einheiten der 104. Infanteriedivision eroberten, zum Teil ohne Feindberührung mit den Resten der deutschen Wehrmacht, nacheinander die Ortschaften südlich des Harzes, nachdem es in Bad Lauterberg noch zu schweren, für die Amerikaner verlustreichen Kämpfen gekommen war. Bad Sachsa wurde am 12. April von amerikanischen Einheiten kampflos besetzt.1

Die amerikanischen Einheiten stießen in schnellem Tempo weiter nach Osten vor und trafen am 25. April 1945 an der Elbe in der Nähe von Torgau auf die von Osten angerückte „Rote Armee“.


Das zerstörte Nordhausen (Foto: W. Steinmann, Nordhausen)

In den von den US-Truppen besetzten Ortschaften übernahmen amerikanische Offiziere die Verwaltung und setzten als Erstes NS-unbelastete Personen als Bürgermeister ein. Auf östlicher Seite gingen die Sowjets wesentlich radikaler vor. Aus den örtlichen Behörden, die dem jeweiligen Ortskommandanten unterstanden, wurden die früheren Mitarbeiter oft verhaftet und ihre Positionen vorwiegend mit Mitgliedern und Sympathisanten der ehemaligen kommunistischen Partei besetzt.

Anfang Juli räumten die amerikanischen Streitkräfte, den mit den Sowjets und den Briten getroffenen Vereinbarungen folgend, die von ihnen besetzten Gebiete in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Niedersachsen. Sowjetische, aber auch britische Einheiten nahmen die ihnen zugesprochenen Interessengebiete zügig in Besitz.

Britische Militäreinheiten quartierten sich in den grenznahen Orten ihres Interessengebietes überwiegend in beschlagnahmten Hotels ein; so in Walkenried im „Hotel Klosterschänke“ und in Bad Sachsa im „Hotel Schützenhaus“. In Tettenborn fand eine britische Einheit Unterkunft im Gebäude der ehemaligen Molkerei an der Straße nach Mackenrode. In Bad Sachsa wurde die „B“-companie des Ist. Bn. The Manchester Regiment stationiert. In allen Orten wurden britische Orts- bzw. Stadtkommandanten eingesetzt. Vom Kreiskommandanten in Osterode wurde für die deutsche Bevölkerung zunächst eine Ausgangssperre von 22.30 bis 4.00 Uhr angeordnet, die jedoch am 1. April 1946 wieder aufgehoben wurde. Nachtausweise für die Sperrzeit erhielten nur Ärzte und Krankenschwestern.

Auch auf östlicher Seite quartierten sich in den grenznahen Orten sowjetische Kommandos ein.

Durch den kommissarischen Landrat wurde für den Kreis Grafschaft Hohenstein in Nordhausen eine Ausgangssperre von 21.00 bis 5.00 Uhr festgesetzt.

Obwohl das besetzte Deutschland nach den Beschlüssen der Besatzungsmächte durch den Alliierten Kontrollrat regiert werden sollte, baute die Sowjetunion von Anfang an in ihrer Besatzungszone zielgerichtet ein eigenes politisches System nach ihrem Vorbild auf. Die Strukturen von staatlicher Administration und Gesellschaft wurden von Grund auf verändert. So wurden auf Weisung der SMAD („Sowjetische Militäradministration“) in der sowjetischen Zone im September 1945 die Bodenreform, im Oktober 1945 die Industriereform durchgeführt. 1946 folgte die Reform des Erziehungswesens. Bereits im Juni 1945 hatte die SMAD in ihrer Zone elf Zentralverwaltungen aufgebaut, die nach deren Weisungen arbeiteten und Keimzellen einer deutschen Zentralregierung werden sollten. Die entscheidenden Positionen wurden mit Angehörigen der kommunistischen Partei besetzt. Mit der Säuberung der staatlichen Institutionen und infolge der durchgeführten Reformen verloren viele Menschen ihre bisherige Existenzgrundlage. Zahlreiche Menschen verschwanden oft auf Jahre in den Lagern des sowjetischen Geheimdienstes in der Sowjetunion, aber auch in „Sonderlagern“ auf dem Gebiet der sowjetischen Besatzungszone. Jahrelang mussten die meisten ohne Kontakt zu ihren Familien dort ausharren. Viele kamen nie mehr zurück. Wer sich der Verhaftung rechtzeitig entziehen konnte, suchte in die Westzonen zu entkommen.

Die deutsch-deutsche Grenze 1945–1990

Подняться наверх