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Prof. Mang – ein Leben zwischen Falten, Facelift, Fettabsaugen

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Es war vor fast 40 Jahren, als mir Werner Mang das erste Mal begegnete. Als junger Reporter besuchte ich ihn, nachdem er Tatort-Star Götz George die gebrochene Nase repariert, Ingrid Steeger das Gesicht geliftet und andere Prominente behandelt hatte. Ich stand neben ihm im OP, als er TV-Star Anja Schüte die Oberlider straffte. Und ich war oft dabei, wenn er neue Methoden der Schönheitschirurgie einführte, die sich danach tatsächlich überall durchsetzten.

So wie zum Beispiel Mitte der 80er-Jahre die völlig neuen Injektionen mit Collagen. Sie ließen Falten verschwinden und revolutionierten die ästhetische Chirurgie. Ambulant und schnell, ohne Skalpell, ohne Narkose, ohne Eingriff. Werner Mang, damals noch Privatdozent und Oberarzt an der Münchner Uniklinik rechts der Isar, galt in Deutschland als Pionier dieser neuen Technik. Er wandte sie nicht nur als einer der Ersten an, sondern untersuchte ihre Wirkung auch wissenschaftlich und publizierte darüber in medizinischen Fachzeitschriften. Das verhalf der Methode zum Durchbruch.

Ich produzierte mit ihm darüber die ersten Presseartikel für Zeitungen und Illustrierte: »Schönheit aus der Spritze – ganz ohne OP«. Die Collagenspritze eroberte vor 35 Jahren die gesamte Schönheitschirurgie – und meine Berichte darüber die Medien. Inzwischen wurde Collagen von Hyaluron und Botox abgelöst. Aber Prof. Mang dominiert die Medien noch immer, wenn es um Schönheit und sein Fachgebiet geht. Seitdem beobachte ich sein Leben zwischen Falten, Facelift und Fettabsaugen.

Doch schon damals lernte ich sehr schnell: In der plastischen Chirurgie wird mit harten Bandagen gekämpft. Das wurde schon in Mangs früherer Klinik »rechts der Isar« besonders deutlich. Die Abteilung für Plastische Chirurgie der Chirurgischen Klinik konkurrierte in den 80er-Jahren lebhaft mit der von Mang neu geschaffenen Abteilung für Plastische Gesichtschirurgie der HNO-Klinik. Die Auseinandersetzung wurde dabei hauptsächlich auf Oberarztebene ausgetragen. Die Chefärzte hielten sich offiziell raus.

An ein kleines Beispiel damals erinnere ich mich noch gut: Wenn die HNO-Klinik zur Pressekonferenz über plastisch-chirurgische Themen lud, wurden die vorübergehend mit Tesafilm befestigten Hinweisschilder in den verzweigten Gängen, die in der verwinkelten großen Klinik den Weg zum Konferenzraum weisen sollten, von unbekannter Hand rasch wieder entfernt. Interessierte Journalisten sollten sich verlaufen. Ich hatte da so meine Vermutungen über die Urheber …

Das Konkurrenzdenken hält bis heute an. So hat der damalige Oberarzt der Plastischen Chirurgie auch danach noch jahrzehntelang kein gutes Haar an Prof. Mang gelassen.

Die schlimmen Gerüchte und Unterstellungen unter Schönheitschirurgen, die ich immer wieder aufschnappte, behielt ich allerdings aus gutem Grund für mich. Sonst hätte ich wahrscheinlich pausenlos als Zeuge vor Gericht erscheinen und in Verfahren wegen übler Nachrede und Verleumdung aussagen müssen. Speziell über Mang waren teilweise abenteuerliche Vorwürfe in Umlauf. Da ich ihn aber oft traf und miterlebte, wusste ich aus erster Hand, dass diese Gerüchte allesamt unzutreffend waren.

Gleichwohl ist dieses Konkurrenzdenken bedauerlich. Denn wenn es um Schönheitsoperationen geht, haben sowohl die Fachbereiche der Chirurgie als auch der HNO-Heilkunde durchaus beide ihre Daseinsberechtigung. Ich persönlich würde mir allerdings meine Nase, wenn überhaupt, bevorzugt nur von einem erfahrenen und plastisch-chirurgisch tätigen Spezialisten mit HNO-Facharzt-Ausbildung korrigieren lassen. Denn hier geht es nicht nur um die Ästhetik und ein perfektes äußeres Aussehen, sondern auch um Funktion. Kann meine operierte Nase nach dem Eingriff noch die Atemluft richtig reinigen? Kann sie noch die Nebenhöhlen belüften und vor Mittelohrentzündungen schützen? Kann ich noch richtig riechen? Gerade das Erhalten dieser vielfältigen Funktionen macht den Eingriff so anspruchsvoll. Nicht ohne Grund ist hier die berühmte »Mang-Nase« zum Markenzeichen geworden.

Im Laufe der Zeit habe ich Werner Mang öfter bei seinen Eingriffen im OP über die Schulter schauen können. Und dabei gestaunt. Denn an der Nase operiert er sozusagen blind. Die wesentlichen OP-Schritte werden im Inneren der Nase ausgeführt. Da kann der Chirurg während des Eingriffs nicht reinschauen. Das muss er im Gefühl haben.

Für dieses Gefühl braucht er eine gute Ausbildung. Die hat Prof. Mang zweifelsohne. Er war lange an beiden Münchner Unikliniken tätig. Dort genoss er nicht nur eine fundierte Ausbildung als HNO-Arzt, sondern auch für plastische Operationen. Der Grund: Sein letzter Chef, Prof. Werner Schwab (1922–2004), den ich auch noch kennenlernen durfte, erkannte den Stellenwert der plastischen Operationen im HNO- und Gesichtsbereich und gründete mit seinem Oberarzt Mang eine entsprechende Abteilung. Ordinarius Schwab entdeckte früh Mangs operatives Talent. Dieses Talent hat man oder man hat es nicht. Es ist so ähnlich wie beim Tennis. Manche schlagen mit dem Schläger nur ein paar Bälle hin und her, andere gewinnen damit Wimbledon. Mang geht mit dem Skalpell um wie ein Wimbledonsieger mit seinem Schläger.

Das operative Talent ist jedenfalls die zweite Voraussetzung, die ein guter Schönheitschirurg neben seiner Facharztausbildung braucht. Schwab hatte gesehen: Mang modelliert fast so wie Michelangelo. Kein Wunder, dass seine neu geschaffene Abteilung im Klinikum rechts der Isar in den 80ern rund 1000 plastisch-chirurgische Eingriffe pro Jahr durchführte.

Durch seine vielen Kongresse und Fortbildungsbesuche im Ausland beherrscht Professor Mang nicht nur die Königsdisziplinen Nasen, Facelifts und Augenlider, sondern alle Schönheitsoperationen auf hohem Standard. Durch seine Hospitationen vor allem in Brasilien und den USA konnte er diese Eingriffe auf höchstem Niveau perfektionieren. Das spiegelt sich wiederum in seinem weltweit anerkannten Lehrbuch der ästhetischen Chirurgie wider.

Nach der von ihm begründeten Mang-Schule wird in der Bodenseeklinik seit über 30 Jahren das ganze Spektrum der ästhetischen Chirurgie erfolgreich durchgeführt. Wobei der Fokus auf wiederherstellenden Eingriffen liegt. Eine Klinik, die sowohl rekonstruktive als auch ästhetische Chirurgie in dieser Form anbietet, gibt es weltweit kaum ein zweites Mal. Ich zumindest kenne keine.

Das alles erfuhr ich sogar aus berufener Quelle. Als Reporter für die BUNTE besuchte ich in den 90er-Jahren unter anderem den berühmten Professor Ivo Pitanguy in Rio de Janeiro und die beiden führenden Schönheitschirurgen George Brennan und Steven Hoefflin in Los Angeles, die nahezu alle Hollywoodstars behandelt haben. Alle drei Koryphäen äußerten sich ähnlich: »Oh, you are from Germany? This ist the country of Professor Mang …«

Man kennt ihn also tatsächlich weltweit. Diese internationale Bekanntheit weckte allerdings den Neid der hiesigen Kollegen und rief viele Anfeindungen und Denunziationen hervor. Doch Mang ließ sich dadurch nicht ablenken und blieb seinem Motto unbeirrbar treu: unermüdlicher Fleiß, Freude an der täglichen Arbeit, Kollegialität und stetige Weiterbildung.

Natürlich hat sein Beruf nicht nur Sonnenseiten. Auch Mang ist kein Halbgott in Weiß und hat immer wieder mal unzufriedene Patienten, die gegen ihn klagen. Sie fordern Geld zurück, obwohl nichts Gravierendes oder Gesundheitsschädliches passiert ist. Subjektive Unzufriedenheit ist kein Behandlungsfehler. Aber selbst der beste Schönheitschirurg ist nicht vor gerichtlichen Auseinandersetzungen geschützt. Damit muss man in jedem Beruf leben. Die Menschen werden immer streitsüchtiger. Unterstützt von Anwälten, die auch was verdienen möchten.

Mang blieb seiner Erfolgsformel immer treu: »Natürliche Schönheit ja, Schönheitswahn nein.«

Als bekanntester Schönheitschirurg hat es Mang naturgemäß mit vielen Prominenten zu tun. An den gelben Wänden seines Sprechzimmers hängen über 400 Fotos. Sie zeigen bekannte Schauspieler, Sänger, Moderatoren, Sportler. Von Naomi Campbell über Niki Lauda bis Siegfried & Roy. Alle lächeln sorgsam gerahmt und hinter Glas. Sind das alles seine Patienten? Da lächelt auch Mang: »Nein. Das sind alles nur private Freunde und Bekannte.«

Doch viele der Fotos tragen eine persönliche Widmung für den Professor. Manche sogar den verräterischen Zusatz: »Vielen Dank …« Und ständig kommen neue Fotos dazu. In der Welt der Schönen, Reichen und Berühmten ist Mang längst zu Hause.

In diesem Buch weist er allerdings auch auf Prominente hin, die es übertrieben haben. Auf Fotos in Zeitungen und Zeitschriften erkennt man zum Beispiel den »Poptitan« Dieter Bohlen kaum wieder. Bei »DSDS« fiel auf: Der 67-Jährige hat keine einzige Falte im Gesicht oder auf der Stirn. Auch Anne Will ist erstaunlich faltenfrei. Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich: Wie geht das? Botox? Alloplastische Filler? Oder haben die einfach nur gute Gene?

Dieses Buch soll ein Warnsignal für die weitere Entwicklung der Schönheitschirurgie sein. Es beklagt Fehlinformationen im Internet und die Verzerrung der Schönheitsideale durch Influencer. Es stellt Neid und Missgunst und den gegenseitigen Umgang der »Schönheitsärzte« an den Pranger. Es fordert ein neues Zulassungsverfahren zum Medizinstudium und eine bessere Ausbildung der Ärzte auf dem Gebiet der ästhetischen Chirurgie. Es zeigt als abschreckendes Beispiel Horroreingriffe bis hin zu tragischen Todesfällen, die nicht vorkommen dürften. Dieses Buch warnt vor OP-Tourismus und Eingriffen im Ausland. Es gibt darüber hinaus tiefe Einblicke in Mangs 12-Stunden-Tag zwischen Sprechstunde, OP und Klinik. Ein außergewöhnlich erfolgreicher Zeitgenosse voller Tatendrang und Lebensfreude: Eben der Michelangelo vom Bodensee.

Michael Timm ist einer der bekanntesten Medizinjournalisten im Bereich der Printpublikumsmedien. Noch während seines Medizinstudiums (1978–1984) arbeitete er als Reporter für BILD. Seit 1985 war er jeweils langjährig für BUNTE, Focus, tz München, Berliner Kurier, Berliner Zeitung und zahlreiche Illustrierte der Burda-, Bauer- und Springer-Verlage tätig. Für deren Zeitschriften schrieb er als Autor neben unzähligen Medizinreportagen viel beachtete Arzt- und Klinikserien.

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