Читать книгу Unbeugsam – ein außergewöhnliches Leben zwischen Ost und West - Dr. Werner Resch - Страница 6

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2. Kapitel

Torino – Ursprung der Katastrophe

Die Frage, wie konnte das alles überhaupt geschehen, Verhaftung an der Grenze, Ukraine – Rumänien, weiter durch die Gefängnisse in Italien und Deutschland, ist ja die Kernfrage des Dramas.

Wie häufig im Leben mit wachsendem Zusammentreffen von Menschen, der Ausgangspunkt von guten und oft sehr schlechten Entwicklungen, die sich auch unbeeinflussbar weiterhin ergeben.

In dem vorliegendem Fall war der Ausgangspunkt der „Torino–Katastrophe“ das Kennenlernen eines außergewöhnlichen Italieners, Dr. Giovanni Chiraso, im Jahr 2000.

Dr. Chiraso war ein italienischer Unternehmer mit einem sehr guten Betrieb für die Herstellung von Teilen und Komponenten für die Automobilindustrie.

SEFI hatte er selbst gegründet und aufgebaut, im Umland von Torino.

25 % des Kapitals war in der Hand des italienischen Staates.

Vom Business war die Abhängigkeit von einem einzigen Kunden, ausgerechnet VW in Wolfsburg, ein kleiner negativer Faktor.

Chiraso wollte den Kontakt zu mir aus 2 Gründen, einmal meine Jahrelange, weltweite Erfahrung in der Herstellung und dem Vertrieb von gepanzerten Autos, zum anderen wollte er, wie sich später herausstellte, einen Deutschen im Verwaltungsrat haben, da alles von VW abhängig war. Dr. Chiraso sprach übrigens perfekt Deutsch. Sein persönliches Schicksal war, dass er wegen eines schweren Verkehrsunfalls körperlich stark behindert war.


Dr. W. Resch und Dr. G. Chiraso bei einer internationalen Automobilshow. Der Beginn der „Torino Affäre“

Unsere Zusammenarbeit entwickelte sich sehr gut, es gab beidseitig keinerlei Enttäuschungen. Wir haben gemeinsam die Werke von VW in Mexico, Brasilien und China besucht. Seit 2001 war ich im Verwaltungsrat von SEFI gemeinsam mit Beamten der italienischen Regierung, die für den 25 %-Anteil an Kapital des Staates Italien im Verwaltungsrat waren. Für die Qualität der von SEFI hergestellten Autoteile sprach eindeutig die Jahrelange einwandfreie Belieferung von VW Wolfsburg. Bei einem Ausfall von SEFI hätten in Wolfsburg Bänder in der Produktion gestanden. Der Verwaltungsrat wurde im Jahr 2005 nicht informiert über Probleme mit italienischen Banken, die Kredite für die Technik der Herstellung der Autoteile auf höchstem internationalen Niveau waren sehr hoch.

SEFI ging in die Insolvenz und wurde sehr schnell von der Turiner Automobilzulieferer-Firma Magneta übernommen, im Hintergrund stand Fiat. Gegen Dr. Chiraso wurde ein Prozess in Torino durchgeführt, Urteil 5 Jahre. Das Verfahren gegen den Verwaltungsrat wurde eingestellt. Ohne einen Auftrag von mir hatte mich ein Rechtsanwalt Galasso aus Torino, der Anwalt von Dr. Chiraso, vertreten. Ich bekam das erst anhand einer Rechnung mit, die ich natürlich nicht bezahlt habe.

Dr. Chiraso war 6 Monate im Gefängnis und kam in einem Revisionsverfahren frei. In den 6 Monaten hat Chiraso im Gefängniskrankenhaus 2 Selbstmordversuche unternommen.

Nach diesen schlimmen Abläufen besuchte mich Dr. Chiraso im Sommer 2006 in Düsseldorf und hat mir seine persönliche Situation dargelegt. Er machte einen völlig zerstörten Eindruck, seine Frau und sein Sohn hatten ihn verlassen, wirtschaftlich war alles kaputt.

Für einen Neuanfang bat mich Dr. Chiraso um Hilfe, die ich aus der guten Zusammenarbeit der Vergangenheit sofort zugesagt habe.

Chiraso entwickelte ein Projekt der Übernahme einer Firma Gessaroli.

Die auf der einen Seite finanzielle Schwierigkeiten hatte, auf der anderen Seite die gleiche Technologie, gleiche Autoteile herstellte wie SEFI, aber nur an Fiat in Torino lieferte. Die Empfehlung hatte er von einem Mann, Heritier, im Knast in Italien bekommen.

Ich dachte natürlich, das kann nicht das beste Umfeld sein. Vater und Sohn Gessaroli waren gesprächsbereit, um aus den Schwierigkeiten herauszukommen. Ich machte sofort deutlich klar, dass ich persönlich an dem Projekt nicht interessiert bin. Aber wie soll ich dann helfen?

Es wurde sehr schnell klar, ohne die Zustimmung des Vorstandes von Fiat ist keine Übernahme möglich, durchaus verständlich, bei 100 % Zulieferabhängigkeit muss Fiat entscheidend mitwirken.

Ich fragte nach meiner Aufgabe, ich sollte Fiat von dem Deal überzeugen. Dr. Chiraso konnte nach dem Konkurs von SEFI in Torino nicht auftreten. Für mich hatte Chiraso ein tatsächlich interessantes „Lockangebot“ in der Tasche, für die Verhandlungen mit Fiat. Fiat hätte Interesse, in das Geschäft mit gepanzerten Fahrzeugen einzusteigen, besonders in Südamerika, und hätte großes Interesse an der Technologie. Da ich über alle Varianten der Technologie von gepanzerten Fahrzeugen der Sicherheitskategorie 1–7 verfügte, und selbst fünf Jahre Erfahrung in diesem Geschäft hatte, ein idealer Ansatz. Wie gesagt, Dr. Chiraso war ein wirklich ideenreicher und intelligenter Partner, ich sagte zu. Mit Fiat fanden drei Gespräche in großer Verhandlungsrunde statt. Auf der Seite von Fiat, jeweils 15–20 Personen, Vorstand, Techniker, Anwälte. Die Erfahrungen von MBB Security Cars AG und auch der Hintergrund, der Waffenherstellung und Erfahrungen der Firma Schmeisser, waren für Fiat hochinteressant und realistisch. Auf meine Frage, für welche Autotypen eine Panzerung überhaupt infrage kommt, keine klare Antwort. 2 Schwerpunkte, generell Südamerika, nur Panzerungen in der Stufe 1–3 und Alfa Romeo als Automarke. Nach 3 Verhandlungsrunden teilte Fiat mit, man wolle doch von diesem Projekt zurücktreten. Ich betone, alles ist sehr intensiv, korrekt und fair abgelaufen. Am Rande der Gespräche habe ich auch eine Übernahme der Firma Gessaroli durch neue Gesellschafter erwähnt. Antwort von Fiat: „Wenn Sie persönlich dabei sind, kein Problem, wir geben die Zustimmung.“

Ich war in dem Projekt Gessaroli angekommen, obwohl ich mit dieser Sache nichts zu tun haben wollte. Randbemerkung: Dr. Chiraso war nur bei der ersten Gesprächsrunde anwesend, man gab ihm dann zu verstehen, er sei unerwünscht, ich war 2-mal mit Dolmetscher allein in der großen Runde. Weiterhin empfahlen mir in einer Pause, also inoffiziell, wichtige Fiat-Manager persönlich, die Hände von Gessaroli zu lassen. Am 29.09.2006 gab Fiat offiziell der Familie Gessaroli die Zustimmung, das Unternehmen zu verkaufen. Die intelligente und große Rolle von Dr. Chiraso, sein Unternehmen wieder aufzubauen, konnte beginnen. Für Chiraso kam es darauf an, ohne irgendwie nach außen in Erscheinung zu treten, die alleinige Macht und Verfügungsgewalt über alle Abläufe der Firma Gessaroli zu haben. Chiraso gründete in England die CiLuPa Schmeisser Car Group, Name von Chiraso, Luciano Heritier, Patricia, die neue Freundin und ehemalige Sekretärin von Chiraso.

In einem Treuhandvertrag abgeschlossen bei Notar Bogatz in Gelsenkirchen, wurden die Geschäftsanteile wie folgt festgelegt:

Dr. Chiraso 42,5 %, Heritier 42,5 %, Schmeisser GmbH 15 %.

CiLuPa Schmeisser Car Group, kaufte von Vater und Sohn Gessaroli das Unternehmen. Diese 15 % in einem Treuhandvertrag für Firma Schmeisser GmbH waren meine einzige Verbindung zur Firma Gessaroli.

In dem Treuhandvertrag war ausdrücklich festgelegt, alle Entscheidungen werden ausschließlich durch Dr. Chiraso getroffen. Als Geschäftsführer der Firma Gessaroli wurde durch Chiraso ein G. Armivaslo eingesetzt. Der Mann hatte keinerlei Befugnisse, er gab die Unterschriften und bekam ein kleines Gehalt. Es war eine „One man show“ von Dr. Giovanni Chiraso. Ich persönlich hatte mit der Firma Gessaroli nach der Übernahme durch Chiraso nichts mehr zu tun und keine Kontakte. Keine Anweisungen, keine finanziellen Transaktionen, keine Gesellschafter-Beschlüsse, keinerlei Einfluss auf irgendwelche Abläufe. Ich war absolut raus. Im Übrigen spreche ich kein Italienisch, keiner der genannten Leute, außer Chiraso, spricht Deutsch oder Englisch, diese Leute interessierten mich nicht. Diese Feststellung ist wichtig für die juristischen Abläufe der folgenden Jahre in Torino.

Auf Wunsch von Fiat, musste ich im Juni 2007 noch einmal in Erscheinung treten. Gessaroli war in großen finanziellen Schwierigkeiten und es traten erhebliche Lieferprobleme an Fiat auf, die Situation wurde für die Produktion von Fiat gefährlich.

Keine Lieferung von Fahrzeugteilen, dann stehen die Bänder der Autoherstellung.

Ich sollte helfen, das Unternehmen an einen großen wichtigen Partner von Fiat, das Turiner Unternehmen Magneto Automotive, zu verkaufen.

Die Verhandlungen wurden bei Fiat geführt, mit dem Eigentümer von Magneto Automotive, Vincente Perris. Dr. Chiraso war anwesend.

Das Gespräch war gut, es ging nur noch um den Kaufpreis. Ich denke, hier hat Chiraso zu hoch gepokert, der ordnungsgemäße Verkauf von Gessaroli fand nicht statt. Am 25.06.2007 wurde die Liquidation von Gessaroli angeordnet und ein Staatskommissar wurde eingesetzt.

Am 31.07.2007 ging die Firma Gessaroli in die Insolvenz.

Vincente Perris hatte vorher bereits SEFI aus dem Konkurs übernommen und produzierte normal weiter. Die Übernahme von Gessaroli aus der Insolvenz war natürlich wesentlich günstiger als der normale Kaufpreis. Ob das alles von Fiat und Perris organisiert war, entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls war das Ende der unternehmerischen Tätigkeit von Dr. Chiraso endgültig gekommen. Auch für mich war erst einmal der Ausflug nach Italia beendet. Erst am 1. Februar 2010 kam Italien wieder zurück zu mir. In einem Telefax von einem Rechtsanwalt Galasso in Torino, wie ich wusste, der langjährige Anwalt und gute Freund von Dr. Chiraso. Inhalt Fax: Dr. Resch zu 3 Jahren und 6 Monaten mit einem Urteil des Gerichts der ersten Instanz in Torino verurteilt. Gerichtsbeschluss vom 16.10.2009! Das war eine große Überraschung, denn zu Dr. Chiraso hatte ich keinen Kontakt mehr, ich wusste nichts von einem Gerichtsverfahren in Torino, hatte keine Einladung und natürlich niemals an einem Gerichtsverfahren teilgenommen. Ich habe auch nicht den Anwalt Galasso mit meiner Vertretung in dem Verfahren beauftragt, die Unterschrift für eine Vertretung war gefälscht. Wichtig festzuhalten, ich wurde in dem Verfahren nicht ordnungsgemäß verteidigt, die Abläufe widersprachen den italienischen Gesetzen, es war ein Justizskandal.

Rechtsanwalt Galasso forderte von mir 10.000 €, die ich verständlicherweise nicht gezahlt habe. Dieser Herr Galasso hat leider in meinem Leben eine verhängnisvolle Rolle gespielt.

Beginnend mit diesem ersten Verfahren in Torino, gesteuert von seinem Freund Chiraso, oder die Strategie ging von dem Avvocato aus.

Das wird niemals mehr aufzuklären sein.

Im Laufe der weiteren Entwicklungen, durch 2 italienische Tribunale wurde Chiraso zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt, tauchte unter, wurde dann angeblich in der Schweiz verhaftet.

Wie ich später im Gefängnis Viterbo erfahren habe, soll er in einem Gefängniskrankenhaus in Italien gestorben sein. Ein tragisches Ende des Unternehmers der Firmen SEFI und Gessaroli.

Bei mir ging es weiter, dass ich nach den Informationen über das Urteil im Februar 2010 mit Hilfe von Rechtsanwalt Gerlinger aus Dortmund, einen Verteidiger in Italien gefunden hatte. Avvocato Fhilippo Cariglino erhielt am 24.02.2010 die Prozessvollmacht. Die Berufung war bis zum 13. März 2010 einzureichen.

Am 8.03.2010 kam ein hochinteressantes Schreiben von Avvocato Cariglino zur Vorbereitung des Schriftsatzes. Der Anwalt hatte 1300 Seiten der Prozessakte gelesen und an Rechtsanwalt Gerlinger den entscheidenden Satz geschickt: „Chiraso hat in seinen Schriftstücken ausgesagt, dass er immer nur das getan hat, was Dr. Resch ihm befohlen hat.“ (Zitat Ende)

Das ist der Schlüssel, wie ich überhaupt in diesen Prozess, in die Insolvenz der Firma Gessaroli, hineingezogen werden konnte.

Ich war also der vermeintliche Auftraggeber und der Chefstratege, der „Operation Gessaroli“. Wahrheit und Tatsache ist, ich wusste absolut nichts von den von Chiraso veranlassten Abläufen, er gab sämtliche Anweisungen und der Geschäftsführer hatte zu unterschreiben.

Weiterhin ist interessant, das Gericht hatte in dem Verfahren angeblich keine Adresse von mir. Für Informationen und Schriftverkehr war ausschließlich das Büro Studio Legale Avv. Ennio Galasso in Torino angegeben. Galasso hatte also gemeinsam mit Chiraso die Doppelstrategie entwickelt, keine einzige Information über den Prozess in Torino nach Deutschland liefern und auf der anderen Seite, Dr. Resch der Chefstratege, der den armen Italiener Chiraso in das große Unglück des Untergangs von Gessaroli und Dr. Chiraso persönlich gesteuert hat.

Das ist fast genial. Um den Mandanten Chiraso mindestens vor Gericht zu entlasten.

Wie weit die Aussagen vor Gericht gingen, konnte ich an den vielen Fragen des Avv. Cariglino feststellen, die er anhand der Prozessakten bei mir angefragt hat. Die Frage, ob ich über die Konten der Firma Gessaroli verfügen konnte, sagt alles. Ich kannte weder die Bankverbindungen, noch hatte ich eine Verfügungsgewalt über irgendwelche Konten in Italien.

Gut sind auch die Fragen von AVV. Cariglino: „Wurden Sie regelmäßig über den Stand der Gessaroli informiert?

Hatten Sie Zugriff zu Informationen zu Gessaroli oder wurde alles durch Chiraso an Sie weitergeleitet? Und wenn ja, hat Herr Chiraso Sachen verschwiegen?“ „Gute Frage, ich hatte keinerlei Informationen über Gessaroli, wie ich bereits festgestellt habe, hat mich das auch nicht interessiert.“ Seit der Übernahme durch Dr. Chiraso war ich raus aus diesem Thema.

Auch gut die Frage: „Haben Sie jemals gemerkt, dass die Führung der Firma Gessaroli nicht in Ordnung war?“

Sehr interessant auch die letzte Operation, die Dr. Chiraso durchführte, um mindestens Teile des Unternehmens vor dem Untergang zu retten. Die Operation Metal Plast. Am 17.05.2007 entstand eine Firma Metal Plast. Bereits am 19.05. wurden an einem Wochenende Maschinen von Gessaroli in die Halle von Metal Plast gebracht. Gessaroli stellte eine Rechnung aus über 60.000 € Verkaufspreis, das wurde niemals bezahlt. Die Staatsanwaltschaft schätzte ihrerseits den Wert der Maschinen auf 247.000 €.

Das ist der Hauptvorwurf des Gerichts, Ausplünderung von Gessaroli, die Firma in die Insolvenz geführt zu haben und damit die Gläubiger der Firma Gessaroli geschädigt zu haben. Tatsächlich wurde am 31.07.2007 die Insolvenz von Gessaroli erklärt.

Diese „Rettungsaktion“ von Chiraso ist natürlich völlig gescheitert, das war das Ende von Gessaroli und von Chiraso persönlich.

Am 14.03.2010 wurde der Schriftsatz für das Gericht der 2. Instanz ausgeschrieben, in Torino hinterlegt. Der Termin für die Verhandlung wurde auf den 23.09.2010 festgelegt. Nach 2 Tagen Verhandlung, wurde das Urteil der ersten Instanz um 6 Monate gemindert. Dem Angeklagten Dr. Resch wurde weiterhin eine Mindestverantwortung zugerechnet.

Wie der Anwalt mitteilte, konnte die Strafe angeblich nicht niedriger festgelegt werden, weil für Bankrott im Strafgesetzbuch eine Mindeststrafe von 3 Jahren und eine Höchststrafe von 10 Jahren festgelegt ist. Die Strafe gegen Dr. Chiraso von 5 Jahren wurde bestätigt. Ich war nicht anwesend bei diesem Prozess und hatte den Avvocato beauftragt, den obersten Gerichtshof in Rom für eine Revision des Urteils anzurufen.

Der Corte di Cassazione kann entweder das Urteil des Corte di Appello di Torino im Ganzen bestätigen, wenn keine Verfahrens- oder Rechtsanwendungsfehler begangen wurden, oder ein erneutes Berufungsverfahren veranlassen, um Rechtsanwendungsfehler beseitigen zu können.

Der Termin für die Verhandlung vor dem obersten Gericht wurde für den 29.09.2011 festgesetzt, dann aber in Rom verlegt auf den 14.03.2012.

Am 18.06.2012 informierte mich Rechtsanwalt Cariglino, das Kassationsgericht hat die Haftstrafe von 3 Jahren bestätigt. Erst dreieinhalb Jahre später, im Januar 2016, wurde ein internationaler Haftbefehl gegen mich erlassen.

In Deutschland gab es darauf keinerlei Reaktion.

Den gesamten juristischen Wahnsinn bekam ich erst richtig vor Augen geführt, als ich die Dokumente für die Auslieferung von Rumänien nach Italien und von Italien nach Deutschland in die Hand bekam. Bei einer eventuellen Verhaftung in Deutschland, und guter Verteidigung vor einem deutschen Gericht, wäre ich niemals nach Italien ausgeliefert worden.

Am 5.05.2017 hat das Landgericht Düsseldorf meiner Auslieferung von Italien nach Deutschland zugestimmt.

Das deutsche Gericht konnte nur unter Anerkennung des Urteils von 3 Jahren aus Torino meine Auslieferung erreichen.

In diesem Zusammenhang bekam ich bei der Auslieferung nach Deutschland dann die Begründung der Straftaten und das Urteil übergeben. Ohne diese italienischen Phantastereien hier im Einzelnen darzulegen, einige krasse Beispiele. Es liegt keine Anklage im Einzelnen mit den angeblichen Straftaten gegen mich vor.

Dr. Resch hat gemeinschaftlich(!) mit den Verurteilten, Chiraso Giovanni, Armiraglio Giorgio, Bagalgio Maurizio Maria, Cutone Sandro, Fraternali Barbara, Heritier Luciano, gehandelt.

Ein Deutscher und 6 Italiener wurden verurteilt. Außer Chiraso hatte ich nur Heritier einmal gesehen, der Mann sprach weder Deutsch noch Englisch, war lange im Gefängnis, Typen, wie ich sie im Gefängnis Viterbo kennenlernen konnte.

Das heißt also 4 Italiener hatte ich noch niemals auch nur gesehen, einer war einmal kurz in meiner Nähe. Tatsächlich ein gutes Team für gemeinschaftliche kriminelle Handlungen.

Unter Verwendung von 7 namentlich aufgeführten Unternehmen wurden die Straftaten begangen.

Hier wird es schon witzig, wenn die Sache nicht so ernst wäre, die Namen von 5 Unternehmen hatte ich noch nie gehört.

In nur 8 Monaten, von der Übernahme bis zur Insolvenz im Juli 2007, haben also 7 Personen und 7 internationale Firmen das kleine Unternehmen Gessaroli ausgeplündert und kaputt gemacht.

Von den 7 Unternehmen kannte ich nur zwei, Cilupa Schmeisser Car Group, von Chiraso in Birmingham gegründet, und meine eigene Firma Schmeisser International GmbH, die mit der gesamten Sache absolut nichts zu tun hatte. Ein Unternehmen für die Herstellung der Waffen in der Ukraine. Wenn nicht alles so schrecklich ernst wäre, ist das die reine „Lachnummer“.

Vor deutschen Gerichten einfach unvorstellbar.

Bei Kenntnis der Abläufe, vor den Tribunalen in Italien gegen 6 Italiener und einen Deutschen typisch – „Mafia Prozess“.

Ich habe im Gefängnis Viterbo einige Gefangene gesprochen, die, als sogenannte Mafia in Gruppen verurteilt, wenig oder nichts miteinander zu tun hatten. Prozesse gegen die Mafia sind in Italien für die Politik und die Presse populär und wichtig.

Für den Aufstieg von Staatsanwälten und Richtern sind die sogenannten Mafia-Prozesse eine sehr gute Ausgangsposition.

Passend hierzu, eineinhalb Jahre später empfingen mich die Beamten der Berliner Polizei, bei der Übergabe von Rom nach Berlin, am Flughafen Tegel, als „Don Resch“.

Weiterhin in der Begründung des Urteils steht im Text, der Verurteilte Dr. Resch war Geschäftsführer von Anteilen der genannten ausländischen Gesellschaften.

Ich kannte noch nicht einmal die Namen von 5 Gesellschaften.

In seiner Eigenschaft als Geschäftsführer und Besitzer hat er Güter und Geldbeträge der Gesellschaft Gessaroli beiseitegeschafft.

Wie bereits festgestellt, hatte ich niemals Anweisungsbefugnis oder Unterschriftsgenehmigung bei Gessaroli.

Einen Dr. Resch gab es in diesem Unternehmen einfach nicht. Es werden in der Folge Schecks und Überweisungen in Italien und Spanien aufgeführt. Für 7 Personen wurden Flugreisen aufgeführt.

Für mich gibt es tatsächlich 5 Flüge, Düsseldorf – Turin, für die Gespräche mit Fiat.

Wie „gewissenhaft“ im Detail die italienische Staatsanwaltschaft gearbeitet hat, ein wörtliches Zitat aus dem Dokument für meine Auslieferung nach Deutschland: „Mindestens 1810 €, entspricht dem Gegenwert von 15 Breitling Armbanduhren, 7 Mont Blanc Kugelschreibern, 60 Faber Kugelschreibern, 200 Balestra Kugelschreibern und 1 Mobil-Telefon Samsung ZV 50, nahm Chiraso Giovanni der in Konkurs gegangenen Gesellschaft heimlich weg, und übergab es Erbetta Renzo, ohne Rechtsgrund. Hierzu fällt einem nichts mehr ein, das ist reine Show.

Was hat Dr. Resch mit diesen Kugelschreibern zu tun?

Die Verurteilten haben gemeinsam folgende buchhalterischen Kunstgriffe angewandt, um sich einen rechtswidrigen Vermögensanteil zu verschaffen.

Es gehört viel Fantasie dazu, Dr. Werner Resch als italienischer Buchhalter, ohne die italienische Finanz- und Steuergesetzgebung zu kennen, ohne ein Wort in italienischer Sprache. Das ist die Spitze des Irrsinns. Es folgen 14 Positionen von Fehlern, formuliert als Verschleierung in der Buchhaltung.

Am Schluss des Dokumentes zu meiner Überstellung nach Deutschland, der Text: In dem sie (die Verurteilten) ausschließlich Geschäfte tätigten, die schädlich für die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Gesellschaft waren, haben sie den Konkurs verursacht. Zur Erinnerung, das reale Geschäft, von Gessaroli, war die ordnungsgemäße Lieferung von Fiat mit Autoteilen, sonst hätten bei Fiat die Bänder gestanden.

Dieser Text, vom Gericht in Turino für die deutsche Justiz, sagt alles über die Jahrelangen Prozesse und 1.300 Seiten Prozessakten.

Auch über das absolute Versagen der Verteidigung in diesen Verfahren.

Interessant der Vergleich der Dokumente, die das Gericht von Torino nach Deutschland und nach Rumänien geschickt hat. Die Dokumente in Rumänien wurden mir im Gericht, am 10.06.2016, übergeben.

Im Gegensatz zu dem Dokument Deutschland wurde die „geforderte Person“ für 2 Straftaten verurteilt. Im Dokument Deutschland machte man mich später für alle Straftaten verantwortlich.

Dr. Resch handelte als „Verwalter und Aktionär“ von externen Unternehmen und als Vertreter „der internationalen Gruppe“ (Mafia!).

Ich erinnere: 6 Italiener, ein Internationaler, meine Person.

Es gibt hier die berühmte internationale Gruppe, in nur einer Person.

Als 2. Position kommt wieder, das Zusammenwirken mit den 6 italienischen Personen. Beim Kauf von Gessaroli wurde dargestellt, dass der Kauf von einer „deutschen multinationalen Gruppe, erster Ordnung durchgeführt wurde, welche industrielle Systemsicherungs- und Umstrukturierungsaktivitäten, getätigt hätte, sogar durch die Erhöhung des Unternehmens-Kapitals.“

Diesen völlig erlogenen Unfug konnte man dem rumänischen Provinzgericht in Suecava für die Auslieferung nach Rom vorlegen, für Deutschland, 1 Jahr später, hat man sich dann das doch nicht getraut, ein ganzes Paket von Lügen mussten aufgetischt werden.

Für die Auslieferung nach Italien waren nach dem rumänischen Gesetz 2 Faktoren maßgeblich, an dem Prozess in Italien muss der Angeklagte teilgenommen haben. Zum zweiten muss er eine Adresse in Italien haben. Hier hat das Gericht die Adresse des Anwaltes Gallaso als Prozess als mein Domizil in Italien eingesetzt. Daraufhin Abschiebung nach Italien. Der Name „Gallaso“ wurde mein Schicksal in allen juristischen Abläufen in Italien.

Neben den völlig aus der Luft gegriffenen Anschuldigungen und Vorwürfen, in den drei Gerichtsverfahren durch alle Institutionen in Italien, wird auch die völlig unterschiedliche argumentative Darstellung gegenüber den rumänischen und deutschen Gerichten, Gegenstand der von mir angestrebten Neueröffnung des Verfahrens und, oder, ein Prozess vor dem Internationalen Gerichtshof in Straßburg.

Ich treffe die Vorbereitungen, so kann man mit einem Deutschen und europäischen Staatsbürger heute nicht mehr umgehen.

Wir sind zum Glück nicht mehr in der Sowjetunion oder in der DDR.

Interessant sind auch die zeitlichen Abläufe.

Am 14.03.2012 das endgültige Urteil, in dritter Instanz in Rom.

Warum kein internationaler Haftbefehl? Ich hätte mich in Deutschland eines Auslieferungsverfahrens stellen müssen, mit deutschen Anwälten und deutschen Richtern wäre hier bereits die Wahrheit auf den Tisch gekommen.

Nichts passierte, erst am 5. Januar 2016 ein internationaler Haftbefehl, vier Jahre später.

Auch das gilt es aufzuklären.

Erst am 26. Mai 2016, ausgerechnet an einem kleinen Ort an der Grenze, Ukraine – Rumänien erfolgte meine Verhaftung.

Es gibt Gerüchte, die ich nicht kommentieren werde.

Wir hatten in zwei Jahren intensiver Arbeit den Export von Holz aus den ukrainischen Karpaten nach Rumänien an die österreichische Firma Egger aufgebaut. Große Verträge waren vorbereitet und unterschrieben. Die bisherigen Herrscher des Exports von Holz aus der Ukraine nach Rumänien leben in Kiew und haben aber Aktiengesellschaften an der Börse in Bukarest.

Man vermutet in Kiew diese sogenannte „Holzmafia“ hinter meiner Verhaftung. Oder russische Einflüsse, hinsichtlich meiner sehr bekannten waffenherstellenden Firma Schmeisser in Kiew. Der Krieg in der Ostukraine war auf dem Höhepunkt.

Wie auch immer, ich bin in Freiheit und lebe.

Mich bewegt das gesamte Geschehen und das Drama der Haft in fünf Gefängnissen verständlicherweise noch immer sehr. Vielleicht bringt der Europäische Gerichtshof Licht in das Dunkel.

Unbeugsam – ein außergewöhnliches Leben zwischen Ost und West

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