Читать книгу Die Rückkehr - Dulce Maria Cardoso - Страница 5

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Aber im Mutterland gibt es Kirschen. Große und glänzende Kirschen, die Mädchen hängen sie sich als Schmuck an die Ohren. Hübsche Mädchen, wie es sie nur im Mutterland gibt. Die Mädchen von hier wissen nichts von Kirschen, sie glauben, dass sie wie Pitangas – Surinamkirschen – sind. Selbst wenn es so wäre, ich habe nie gesehen, dass sie sich Pitangas umhängen und einander zulachen wie die Mädchen im Mutterland auf den Fotografien.

Mutter besteht darauf, dass Vater vom Grillfleisch nimmt. Das Essen wird schlecht, sagt sie, diese Hitze verdirbt alles, ein paar Stunden nur und das Fleisch beginnt, grün zu werden. Wenn ich es in den Eisschrank stelle, wird es trocken wie eine Schuhsohle. Mutter spricht, als würden wir heute Abend nicht das Flugzeug ins Mutterland nehmen, als könnten wir morgen während der großen Pause in der Schule die Reste vom Grillfleisch auf Brot essen. Lass mich, Frau. Als Vater die Schüssel wegschiebt, wirft er den Brotkorb um. Mutter stellt ihn wieder hin und ordnet die Scheiben mit derselben Sorgfalt, mit der sie jeden Morgen ihre Tabletten zurechtlegt, bevor sie sie einnimmt. Vater war nicht so, bevor das alles begann. Das kommt von den Schüssen, die man aus dem Viertel weiter oben hört. Und von unseren vier Koffern im Wohnzimmer, die nur noch zugeklappt werden müssen.

Wir werden so feierlich still, dass das Surren des Ventilators ungewöhnlich laut klingt. Mutter nimmt die Fleischschüssel und bedient sich mit denselben zurückhaltenden Bewegungen, die sie sonst für Besucher reserviert hat. Als sie die Schüssel auf den Tisch zurückstellt, lässt sie ihre Hand eine Weile auf dem Tischtuch mit dem Dahlienmuster liegen. Jetzt gibt es niemanden mehr, der uns besuchen kommt, aber auch bevor das begann, waren die Besuche selten. Meine Schwester sagt, ich erinnere mich noch an den Tag, als dieser Hahn da, der Porzellanhahn, der auf der Marmorbank steht, auf den Boden fiel und sein Kamm abbrach. Wir halten uns an unbedeutenden Einzelheiten fest, weil wir bereits begonnen haben zu vergessen. Dabei sind wir noch nicht einmal aus dem Haus. Der Flieger geht kurz vor Mitternacht, aber wir müssen früher dort sein. Onkel Zé wird uns zum Flughafen bringen. Vater wird nachkommen. Nachdem er Piratin getötet und das Haus und die Lastwagen in Brand gesetzt hat. Ich glaube nicht, dass Vater Piratin töten wird. Auch nicht, dass er das Haus und die Lastwagen anzündet. Ich glaube, er sagt das, damit wir nicht denken, dass sie sich ins Fäustchen lachen. Sie – das sind die Pretos1. Allerdings hat Vater Benzinkanister gekauft, sie stehen im Anbau. Vielleicht ist es doch wahr, vielleicht gelingt es dem Vater, Piratin zu töten und alles zu verbrennen. Piratin könnte bei Onkel Zé bleiben, der nicht fortgeht, weil er den Pretos helfen will, eine Nation zu gründen. Vater lacht immer, wenn Onkel Zé von der großartigen Nation redet, die sich durch den Willen eines fünf Jahrhunderte lang unterdrückten Volkes erheben wird. Obwohl Onkel Zé versprochen hat, sich um Piratin zu kümmern, hat es nichts gebracht, Vater findet, das einzige, was Onkel Zé kann, ist, die Familie zu entehren. Vielleicht hat er recht.

Obwohl dies unser letzter Tag hier ist, scheint alles nicht so anders zu sein. Wir essen am Küchentisch, Mutters Essen schmeckt noch genau so fade, uns ist heiß, und die Feuchtigkeit des Cacimbo2 lässt uns schwitzen. Der einzige Unterschied besteht darin, dass wir stiller sind. Früher sprachen wir über Vaters Arbeit, über die Schule, die Nachbarn, den Staubsauger, den Mutter in den Zeitschriften bewunderte, von der Klimaanlage, die Vater versprochen hatte, von dem Frisier-Eisen der Marke Babyliss, das die Locken meiner Schwester glätten sollte, von einem neuen Fahrrad für mich. Vater versprach immer alles für das nächste Jahr und hielt es fast nie. Wir wussten das, doch Vaters Versprechen machten uns glücklich, ich glaube, uns genügte die Vorstellung, die Zukunft würde besser sein. Bevor die Schüsse begannen, war die Zukunft immer besser. Jetzt ist es nicht mehr so, und deshalb wissen wir nicht, worüber wir noch reden sollen. Und haben keine Pläne. Vater geht nicht mehr arbeiten, es gibt keine Schule mehr, und die Nachbarn sind bereits fort. Es wird keine Klimaanlage geben, keinen Staubsauger, kein Babyliss-Frisier-Eisen, kein neues Fahrrad. Nicht einmal das Haus. Die meiste Zeit sagen wir nichts. Unsere Abreise ins Mutterland ist fast noch komplizierter als Mutters Krankheit. Auch von Mutters Krankheit sprechen wir nie. Wir sprechen höchstens vom Medikamentenbeutel, der auf der Küchenbank liegt. Wenn einer von uns gleich daneben irgendetwas zubereitet, sagen wir, Vorsicht mit den Medikamenten. So ist es auch mit den Schüssen. Wenn einer von uns sich ans Fenster begibt, Vorsicht mit den Schüssen. Doch anschließend verstummen wir. Mutters Krankheit und dieser Krieg, der uns ins Mutterland führt, sind ähnliche Angelegenheiten durch das Schweigen, das sie verursachen.

Vater hustet, als er eine weitere Zigarette anzündet. Seine Zähne sind gelb, und das Haus riecht sogar dann nach Tabak, wenn er nicht da ist. Ich habe ihn immer AC rauchen sehen. Als Gegé aus den Ferien im Mutterland kam, sagte er, dort gebe es keine AC. Wenn das wahr ist, weiß ich nicht, wie Vater es anstellen wird. Das ist bestimmt Vaters letzte Sorge im Moment, und ich weiß nicht einmal, warum ich darüber nachdenke, denn ich verliere Zeit mit Sachen, die überhaupt nicht wichtig sind, wo ich doch so viele wichtige Dinge habe, an die ich denken müsste. Aber über das, woran ich denke, zu bestimmen, gelingt mir nicht. Vielleicht ist mein Kopf nicht so viel anders als der schwache Kopf von Mutter, die sich ständig in Gesprächen verliert. Ab und zu bittet sie Vater, weniger zu rauchen, doch er nimmt sie nicht ernst, er weiß, dass sie ihre Bitte nach einiger Zeit vergisst, wie sie fast alles vergisst. Die Nachbarinnen ärgerten sich über Mutters Vergesslichkeit, wenn Dona Glória nicht so wäre, wie sie ist, müssten wir ihr gewisse Dinge übelnehmen. Doch Mutter ist, wie sie ist, und die Nachbarinnen konnten ihr nichts übelnehmen, obwohl es ihnen nicht am Willen dazu fehlte. Es war aber nicht nur die Vergesslichkeit. Die Nachbarinnen fanden auch, dass Mutter für mich und meine Schwester nicht gut sorgte, wenn sie sahen, wie wir in den Regenpfützen spielten oder dem TIFA3-Wagen hinterherliefen, arme Kinder, wachsen so verwahrlost auf. Die Pretos liefen hinter dem Wagen her, rissen die Münder auf, um den Nebel einzuatmen, der das Sumpffieber abtötete, aber die Weißen nicht, die Nachbarinnen wussten, dass dieser Rauch nicht gut war und verboten es ihren Kindern, wie sie ihnen auch verboten, im Regenwasser zu planschen, wegen des Fadenwurms. Dona Glória, die Pretos haben eine andere Konstitution und nichts in dieser Hölle kann ihnen etwas anhaben, wir müssen auf die Unsrigen aufpassen, mahnten die Nachbarinnen.

Dass Mutter so ist, daran ist dieses Land schuld. Für sie hat es immer zwei Länder gegeben: dieses hier, das sie krank gemacht hat, und das Mutterland, wo alles anders ist und wo auch Mutter anders war. Vater spricht nie vom Mutterland, Mutter hat zwei Länder, Vater nicht. Ein Mann gehört an den Ort, der ihm zu essen gibt, es sei denn, er hat ein undankbares Herz, so antwortete Vater, wenn man ihn fragte, ob er Heimweh nach dem Mutterland habe. Ein Mann muss seiner Arbeit folgen, wie der Karren den Ochsen. Und ein dankbares Herz haben. Vater hat nur bis zum zweiten Schuljahr gelernt, doch es gibt nichts, was er nicht über das Buch des Lebens weiß, das, wie Vater sagt, am meisten lehrt. Lee und Gegé hatten ihren Spaß, wenn Vater begann, vom Buch des Lebens zu reden, und ich musste mich anstrengen, um mich nicht zu schämen. Es liegt den Eltern wohl im Blut, Dinge zu tun und zu sagen, die ihren Kindern peinlich sind. Oder im Blut der Kinder, dass die Eltern ihnen peinlich werden.

Alle sind schon fortgegangen. Meine Freunde, die Nachbarn, die Lehrer, die Ladenbesitzer, der Mechaniker, der Friseur, der Pfarrer, alle. Auch wir dürften nicht mehr hier sein. Meine Schwester beschuldigt Vater, sich nicht darum zu scheren, was uns zustoßen könnte, und wenn es nach Mutters Willen gegangen wäre, hätten wir das Land schon vor langem verlassen, sogar noch vor Senhor Manuel. Ich glaube nicht, dass Vater sich nicht um uns schert, auch wenn ich nicht verstehe, warum wir noch nicht weggegangen sind, wo uns doch jederzeit etwas Schlimmes zustoßen kann. Die portugiesischen Soldaten kommen hier kaum noch vorbei, und die wenigen, die wir sehen, tragen langes Haar und ungepflegte Uniformen, die Hemdknöpfe offen und die Schnürsenkel der Stiefel lose. Sie schlittern mit den Jeeps durch die Kurven und trinken Cucas4, als wären sie im Urlaub. Für Vater sind die portugiesischen Soldaten gemeine Verräter, aber für Onkel Zé sind sie antifaschistische und antikolonialistische Helden. Wenn Mutter und meine Schwester nicht dabei sind, sagt Vater zu Onkel Zé, anstatt antifaschistisch und antikolonialistisch wäre es gut, wenn die portugiesischen Soldaten antinutten, antibier und antihanf wären, und schon beginnt eine weitere Diskussion zwischen den beiden.

Nach dem, was ihm passiert ist, weiß ich nicht, wieso Onkel Zé immer noch die portugiesischen Soldaten verteidigt. Womöglich sind die Ereignisse in Onkel Zés Kopf anders verlaufen, Köpfe ändern sich schnell, das passiert sogar, wenn sie nicht schwach sind wie der von Mutter. Noch heute Morgen hat dieser Tag in meinem Kopf aufgehört, dieser Tag zu sein. Mutter war dabei, Milchreis zu kochen und für einige Augenblicke verwandelte sich dieser Tag in die Sonntage von früher, in einen der Sonntage, als es noch keine Schüsse gab. Der Geruch von kochendem Reis, das Rollo in der Küche halb hochgezogen, kleine Sonnenflecken auf den grünen Kacheln, das Summen der Fliegen am feinen Netz im Fenster, Piratin, die mit dem Schwanz wedelt und darauf wartet, dass sie den Topfdeckel ablecken darf, alles wie an einem dieser Sonntagmorgen. Dass Piratin die Topfdeckel ableckt, hält meine Schwester für eine Schweinerei, bah, wie eklig. Sie zieht dieselben Grimassen, wenn ich die Hände voller Fahrradöl habe, aber die Matsche aus Avocado und Öl, die sie sich ins Haar schmiert, um ihre Locken zu glätten, stört sie nicht, eine ekelerregende grüne Schmiere, mit der sie aussieht wie ein Marsmensch. Ich weiß nicht, ob es mir jemals gelingen wird, Mädchen zu verstehen.

Mutter goss den Milchreis in die rosafarbenen Glastassen und wollte unsere Namen mit Zimt darauf schreiben, aber ihre Hand zitterte. Sie schob die Schuld auf die Tabletten und versuchte es erneut — den Zimt zwischen Daumen und Zeigefinger, die Bögen unserer Initialen schlecht gezogen, und auch darin gab es keinen Unterschied. Unsere Initialen waren nie gut gezeichnet am Sonntagmorgen, wenn wir vom Strand kamen und uns neben dem Tank mit dem Schlauch abduschten. Piratin plantschte im Wasser, das in die Blumenbeete floss, die Strandtücher hingen an der Stachelannone, die Mutter rief aus der Küche, Vorsicht mit meinen Blumenbeeten, das Salz tötet die Rosen. Mutter mag weder Sonne noch Salz. Sie mag Rosen. Auf ihren Blumenbeeten stehen Rosen in allen Farben, Mutter schneidet sie nie ab, ich könnte keine Rose schneiden, die Nachbarinnen hörten nicht auf das, was Mutter sagte, sondern schüttelten den Kopf, Dona Glória hat wirklich Manien, was soll schlecht daran sein, Blumen zu schneiden, sie sind so schön in der Vase. Dass nur das Salz die Rosen nicht tötet, bat Mutter, doch so gründlich wir auch alles abwuschen, am Ende gab es immer kleine Pünktchen, die in den Beeten glänzten. Ein paar Rosen gingen jedes Mal durch das Salz ein.

Mutter leckte sich den Zimt von den Fingern, als wäre er etwas Leckeres, und ging zum Koffer mit der Aussteuer, der im Nähzimmer stand, um eine Tischdecke zu holen. Der Morgen verlief genau wie jeder Sonntagmorgen. So genau, dass ich Lust bekam, in den Garten zu gehen und heimlich eine Zigarette zu rauchen. Bestimmt war auch dort alles wie früher und in den anderen Gärten grillten die Nachbarn und bestrichen währenddessen das Fleisch mit einem in Öl getunkten Kohlblatt und die Kinder der Nachbarn schaukelten auf den Reifen, die an Tauen von den Bäumen hingen und lutschten ihre großen selbst gemachten Eiskugeln. Aber Mutter kam mit dem Dahlientischtuch zurück und begann wieder zu weinen, ich werde meine Aussteuer nie wiedersehen, nie wieder werde ich dieses Tischtuch sehen. Und der Morgen wurde erneut zu unserem letzten Morgen hier, die Gärten blieben leer, in den Feuerstellen stand altes Regenwasser, die Reifen hingen bewegungslos von den Bäumen, als wären sie Augen, die in der Luft hingen und uns Fragen stellten. Unser letzter Morgen. So still trotz der Schüsse. Nicht einmal die Schüsse können das Schweigen unserer Abreise zunichtemachen, morgen werden wir nicht mehr hier sein. Auch wenn wir uns gern etwas vormachen und sagen, dass wir bald zurückkommen, wissen wir, wir werden hier niemals mehr sein. Angola ist vorbei. Unser Angola ist vorbei.

Piratin hebt den Kopf und legt ihn wieder auf meinen Fuß. Der schwarze Fleck an ihrem rechten Auge ist der einzige auf ihrem weißen, kurzen strubbeligen Fell. Piratin empfängt uns immer mit Sprüngen wie alle Hunde, sie hat Schlappohren, die aussehen, als hätte jemand sie mit Gewalt gefaltet. Vater legt das Feuerzeug auf die Dahlien des Tischtuchs, ein Ronson Varaflame, wir haben es im Juwelierladen von Senhor Maia gekauft, der bestimmt auch schon im Mutterland ist. Vater weiß, dass ich rauche, aber ich habe es noch nie in seiner Gegenwart getan, man muss den Respekt wahren, wenn du achtzehn Jahre alt wirst, sehen wir weiter. Das Rauchen gefällt mir gar nicht so gut, aber die Mädchen stehen auf Jungen, die rauchen. Die Mädchen stehen noch mehr auf Jungen mit Motorrädern, aber Vater wird mir nie eines geben, ich muss dir Vernunft in diesen Kopf stecken, sieh nur, das hat ein Motorrad aus meinem Bein gemacht. Die Narbe sieht hässlich aus, am Knochen ist die Haut ganz zerklüftet, doch das konnte mich nicht umstimmen, das erste, was ich mir kaufen werde, wenn ich Geld verdiene, ist ein Motorrad. Bestimmt stehen die Mädchen im Mutterland auch mehr auf Jungen mit Motorrädern, Mädchen sind überall ähnlich, zumindest in solchen Dingen.

Den Rest vom Fleisch gebe ich Piratin, sagt Mutter, als würde der Hund nicht jeden Tag unsere Reste fressen. Meine Schwester zieht das Gummiband, das ihren Pferdeschwanz zusammenhält, ab und streift es sich übers Handgelenk, wenigstens kann Piratin sich nicht beschweren, dass das Fleisch fade schmeckt, sagt sie, während sie ihr Haar mit geübten Bewegungen rafft und das Gummiband vom Handgelenk auf die offene Hand zieht, zweimal um das Haar gewunden, die kürzeren Locken entgehen ihr, blonde Locken dicht an der braunen Haut am Hals, eigentlich sehen sie schön aus, doch meine Schwester hasst sie, Afro-Haar, die Kinder im Viertel sagten ihr das, um sie zu ärgern, die Pretos haben kein blondes Haar, Mädchen nehmen alles ernst, als ob sie gerne beleidigt wären.

Maria de Lurdes, entschuldige dich bei deiner Mutter! Wenn Vater wütend wird, ist meine Schwester Maria de Lurdes, aber in der übrigen Zeit ist sie Milucha. Die Kleine hat wenigstens ein bisschen was gegessen, unsere Mutter verteidigt uns fast immer. Vater wird wütend, wie soll ich sie erziehen, wenn du immer zu ihnen hältst, er schlägt mit der Faust auf den Tisch, das Besteck klingelt auf den Tellern, kling kling, Mutter blinzelt, es könnte ein fröhliches Geräusch sein, wie bei einem Trinkspruch, die Partys im Mutterland haben bestimmt dieselben Geräusche, kling kling, Feste sind überall ähnlich, Mutter steht vom Tisch auf, kling kling, sie stolpert über ihre hohen Absätze, ihre dünnen Beine, die Tabletten nehmen ihr den Appetit, die Nachbarinnen sind nicht mehr da, um über Mutters Kleider zu lachen, kling kling, die Nachbarinnen in den richtigen Kleidern, die von der Schneiderin aus der Burda kopiert waren und die ihre dicken Oberschenkel und Knie frei ließen, jetzt essen wir den Milchreis, sagt Mutter und stellt die Tassen vor uns ab, kling kling, sie setzt sich wieder, ihre Lippen völlig verdeckt vom rosa Lippenstift, ihre Augen noch düsterer unter dem blauen Pulver, das sie sich auf die Lider schmiert, die Nachbarinnen kommentierten, wie sich Dona Glória nur wieder geschminkt hat, die Nachbarinnen mit ihren Gutmenschengesichtern und den Lackierungen, die sie sich im Salon von Dona Mercedes auftragen ließen und die ihre Stirnpartien so hoch machten, dass sie wie Außerirdische wirkten, die Nachbarinnen mit ihren giftigen Zungen, Dona Glória, Sie sind aus dem Alter raus, in dem man das Haar lang tragen kann, die Leute werden sich noch die Münder zerreißen, gewiss wollen Sie nicht wegen einer solchen Kleinigkeit ins Gerede kommen, kling kling. Vor mir steht die Tasse mit dem Milchreis, darauf ein schlecht gezeichnetes R aus Zimt, R für Rui, L für Lurdes, M für Mário und G für Glória. kling kling.

Vater zündet eine weitere Zigarette an, drückt sie aber sofort wieder im Aschenbecher aus, der das Logo von Cuca auf dem Boden trägt, er beklagt sich, nicht einmal die Zigaretten schmecken wie sonst. Dona Alzira hat ihm den Aschenbecher vermacht, ihr Mann war zwanzig Jahre lang Zusteller in der Bierbrauerei und bekam Aschenbecher geschenkt, obwohl er in seinem Leben nicht eine Zigarette geraucht hat, im Haus von Dona Alzira standen überall Aschenbecher für die Besucher, vielleicht haben Dona Alzira und ihr Mann sogar einen Koffer voller Aschenbecher ins Mutterland mitgenommen. Maria de Lurdes, wiederholt Vater wütend, meine Schwester weiß, dass sie sich bei Mutter entschuldigen muss, ich wette, ihr gehen Rachepläne durch den Kopf. Die Mädchen im Mutterland sind bestimmt auch rachsüchtig. Sie wären keine Mädchen, wenn sie es nicht wären.

Ich würde gern nach Brasilien oder nach Südafrika ziehen. Wenn wir nach Amerika zögen wie Senhor Luis, das wäre wunderbar. Das Leben in Amerika ist bestimmt gut. Der Flug nach Amerika würde noch länger dauern, ich habe Angst, dass mir im Flugzeug schlecht wird wie Gegé, als er in den Ferien ins Mutterland flog. Als wir klein waren, nahm Vater uns zum Flugzeuge-Schauen mit, wir saßen auf der Terrasse des Flughafens und tranken Limonade, näher sind wir dem Fliegen nie gekommen. Wir mochten sogar den Lärm der Flugzeuge. Auf dem Heimweg im Auto wollte meine Schwester spielen, dass wir im Flugzeug sitzen, man muss sich nur vorstellen, dass der Wagen durch die Luft fährt, niemand kann sich so gut dumme Spiele ausdenken wie Mädchen. Gegé hat im Flugzeug gekotzt, das ist so normal, dass es sogar extra Tüten dafür gibt, Gegé ist ein Lügner, aber ich glaube, da hat er die Wahrheit gesagt. Wenn mir schlecht wird, will ich Vater gar nicht anschauen, das wäre so peinlich, ein Mann kotzt nur, wenn er betrunken ist oder etwas Verdorbenes gegessen hat.

Die Sonne taucht unter den niedrigsten Ästen des Mangobaums auf und vertreibt die Schatten auf den Liegestühlen im Hof. Wir werden nie wieder unseren Mittagsschlaf auf den Liegestühlen halten, Vater wird sich nie wieder auf die Holzbank setzen, damit der Barbier ihm das Haar stutzt und ihn rasiert, ein weißer Barbier, nur ein Verrückter würde es zulassen, dass ihm ein Preto ein Messer an den Hals setzt. Mein Bart rechtfertigt noch keinen Barbier, in meinem Alter trug Vater schon den Bart, den er heute hat, wir wurden früher zu Männern, sagte der Barbier, es ist gerade so, als würde das Lernen sie langsamer machen. In der Stimme des Barbiers lag eine gewisse Verachtung, Lernen ist das beste Instrument, das wir ihnen geben können, sagte Vater wütend und beendete das Gespräch. Der Barbier ist schon fort, bestimmt ist er im Mutterland und erzählt den Zwergenwitz. Ein Betrunkener sieht, wie eine Gruppe von Zwergen aus einer Bar kommt, sieh nur, sieh nur, die Tischfußballer gehen heim, Vater musste bestimmt lachen, als der Barbier den Witz zum ersten Mal erzählte, und er erzählte ihn jedes Mal, wenn er zu uns kam, es gelang ihm, immer wieder über denselben Witz zu lachen, Passen Sie auf, dass Ihnen nicht die Hand ausrutscht und Sie mir die Kehle aufschlitzen, ermahnte Vater ihn. Der Barbier ist bestimmt im Mutterland, vielleicht sehen wir ihn dort wieder, Vater sagt, das Mutterland ist nicht groß, gut möglich, dass wir uns dort alle treffen, vielleicht sehe ich Paula wieder. Wenn ich es recht bedenke, will ich sie nicht wiedersehen, Paula ist nicht einmal so hübsch und überhaupt nicht lustig, das einzige, was sie für ihr Leben gern tut, ist, Schaufenster anzusehen, die vielen Stunden, die ich mit ihr vor dem Schaufenster von Sarita gestanden und Kleider angeschaut habe, sie sind so hübsch, nicht wahr, gefällt dir das blaue besser oder das grüne. Ich wusste es nicht, aber Paula, sag schon, sag schon. Das grüne. Und Paula, aber das blaue ist viel schöner, Jungs sind alle gleich, haben überhaupt keinen Geschmack. Ich muss die Mädchen aus dem Mutterland kennenlernen, wunderschöne Mädchen mit Kirschen an den Ohren und Tanzschuhen an den Füßen.

Mutter isst den Milchreis nicht, ihr fehlt Zitrone, während sie die gestickten Dahlien auf dem Tischtuch streichelt, sagt sie, Ich hätte nie gedacht, dass es eines Tages niemanden in diesem Viertel mehr gibt, den ich um eine Zitrone bitten kann. Ich glaube, der Milchreis hat zu lange gekocht, doch ich sage nichts und schlucke ihn hinunter wie Medizin. Mutter beginnt das Gespräch, das sie sonst mit den Besuchern führte, dies ist eine der Tischdecken aus meiner Aussteuer. Vielleicht ist es die angemessenste Unterhaltung, denn wir wirken selbst wie Besucher. Aber wir sitzen am Küchentisch, und in die Küche kamen die Besucher nie. Als ich hierherkam, um bei eurem Vater zu sein, brachte ich den gelben Koffer mit, er war voll mit meiner Aussteuer, alles hatte ich selbst gemacht, ich hatte es so eilig, hierher zu kommen, tagsüber arbeitete ich auf dem Feld und abends stickte ich, so eilig hatte ich es, dass ich kaum schlafen konnte, ich konnte nicht glauben, dass ich ein Haus mit Wasserhähnen haben würde, unmöglich! Weil ich es so eilig hatte, musste ich diese Dahlie dreimal wieder auftrennen, hier sieht man noch immer den zerstochenen Stoff, ein Haus mit Wasserhähnen bedeutete, dass ich nie wieder Wasser von der Quelle würde schleppen müssen, wie habe ich diese blauen Krüge gehasst, einen auf dem Kopf und einen in jeder Hand, vom Haus zur Quelle und von der Quelle zum Haus, der Weg nahm kein Ende mit so viel Gewicht, im Dorf gab es kein einziges Haus mit Wasserhähnen, ein Haus mit Wasserhähnen, aus denen Wasser käme, wann immer man wollte, das war nur weit weg von diesem Elend möglich, an einem so entfernten Ort, dass nicht einmal die Kälte dorthin gelangte, ich glaubte gar nicht, dass es hier keine Kälte gab, zwei gefütterte Decken stopfte ich in den Koffer mit der Aussteuer, an diesem Punkt lachte Mutter immer, aber heute nicht. Der Koffer mit der gelben Kunststoffschicht und den schwarzen Rhomben, in dem die Aussteuer herkam, steht neben der Nähmaschine und bleibt hier. Heute gelingt es Mutter nicht, darüber zu lachen, dass sie gefütterte Decken in diese Hitze mitbrachte. Von der Aussteuer wird Mutter nur die Leinendecke mitnehmen. Es ist nicht ihre Lieblingsdecke, doch es ist diejenige, die im Notfall das meiste Geld einbringt.

Ich selbst kann weder die Sammlung der Großen Abenteuer von Kit Carson, noch die von Captain America mitnehmen, aber die Poster von Brigitte Bardot und von Riquita mit dem Autogramm nehme ich mit. Ich habe beide sorgfältig zusammengerollt, damit sie dort gut ankommen. Als ich candengue5 war, küsste ich das Poster von Brigit Bardot, ich suchte ihren Mund und schloss die Augen, heiße Küsse waren das, erzählt habe ich das nie jemandem, es gibt Dinge, die selbst Freunde nicht wissen dürfen. Gegé hat gesagt, dass alle Mädchen im Mutterland Hosen und Stiefel bis zu den Knien tragen wie Riquita, Riquita tu és bonita, Riquita já és rainha e Angola te acredita6. Das Autogramm bekam ich von Riquita nach dem Festzug auf der Marginal7, leicht war das nicht, es war so voll, dass ich es beinahe nicht geschafft hätte, bis zu ihr vorzudringen. Riquita ist bestimmt auch schon fortgegangen.

Meine Schwester kann sich nicht entscheiden, ob sie die beiden Sonderausgaben der Fotonovelas – Die Kameliendame und Romeo und Julia -, oder die Schallplatten von Percy Sledge und Sylvie Vartan mitnehmen soll. Ich müsste eigentlich La Décadanse mitnehmen, es gibt keine bessere Musik zum Tanzen als La Décadanse, das ist wie Hexerei, wenn La Décadanse spielt, können wir die Mädchen an uns drücken und am BH-Verschluss herumfummeln. Lee sagt, Mädchen seien leicht herumzukriegen, vorausgesetzt man legt die richtige Platte auf, und dass sie noch viel verrückter als wir danach sind, uns ihre Brüste zu zeigen, wenn es nicht so wäre, würden sie nicht so enge Shirts tragen und sich nicht so hochrecken. Ich vermisse es, mit Paula zu La Décadanse zu tanzen, mit Lee und Gegé auf dem Fahrrad in die anderen Viertel zu fahren, um Mädchen zu gucken, die Filme, die im Miramar laufen, beim Ganas auf der Terrasse mit Ferngläsern anzuschauen. Gegé sagt, im Mutterland gebe es keine Freiluftkinos, ich verstehe überhaupt nicht, wie es sein kann, dass im Mutterland alles besser ist als hier, wenn es dort keine Freiluftkinos gibt.

Vater nimmt das Fleischmesser und beginnt, mit der Spitze eine der Dahlien aufzuritzen, die Mutter gestickt hat. Ganz langsam, als gäbe es eine richtige Art und Weise, Dahlien aufzuritzen, und als hätte Vater sie genauso gut gelernt wie Mutter es gelernt hat, sie zu sticken. Sie streckt noch die Hand aus, um ihn daran zu hindern, doch mehr tut sie nicht. Nichts bleibt hier übrig, sagt Vater und schiebt die Messerspitze Richtung Mitte der Dahlie, wo die Mutter beim Sticken Dunkelbraun benutzt hat, nicht einmal den Staub an den Schuhen lasse ich hier, die verdienen nichts. Die – das sind die Pretos. Alle. Diejenigen, die wir nicht kennen und die keinen Namen haben, und diejenigen, die wir kennen und die Namen aus dem Mutterland haben, die sie nicht korrekt aussprechen können, Málátia, Ádárbeto, man muss schon sehr matumbo8 sein, um nicht einmal den eigenen Namen richtig sagen zu können.

Vater nennt sie wegen jeder Kleinigkeit matumbos, aber im Scherz. Er lagert die Benzinkanister im Anbau und hat geschworen, das Letzte, was er in diesem Land tut, wird sein, alles zu verbrennen, was er besitzt, aber ich glaube das nicht. Wir sollten alle gemeinsam zum Flughafen fahren. Wir sollten sofort fahren, nicht einmal auf Onkel Zé sollten wir warten. Vater sollte nicht hierbleiben und alles verbrennen, das ist viel zu gefährlich, die Güter der Kolonisten, die fortgehen, gehören automatisch der zukünftigen angolanischen Nation, kein Kolonist darf seinen Besitz zerstören, wenn sie Vater dabei erwischen, wie er das Haus und die Lastwagen in Brand steckt, töten sie ihn, dann töten sie uns, dann vierteilen sie uns mit Machetenhieben und werfen unsere Stücke in einen Graben, oder sie spießen uns auf Pfählen am Straßenrand auf, letzte Woche erst stand plötzlich der Kopf eines Weißen auf einen Pfahl gespießt an der Straße nach Catete9. Hier bleibt nichts zurück, sagt Vater und beginnt, die nächste Dahlie aufzuschlitzen.

Mutter schaut nach draußen, ihre Augen sind unruhig unter dem blauen Lidschatten, es macht ihr wohl nichts aus, dass Vater die Tischdecke zerschneidet, sie wird sie ohnehin nicht mitnehmen, sie ist wohl eher besorgt, weil Onkel Zé sich verspätet, es ist immer schwierig gewesen, zu erraten, was in ihrem Kopf vorgeht. Und seitdem das alles hier begonnen hat, ist es auch schwierig, zu erraten, was in Vaters Kopf vorgeht, im Kopf meiner Schwester. In meinem Kopf. Als wären wir alle Mutter ähnlich geworden. Vater trennt die Dahlien auf, und Piratin wälzt sich auf dem Rücken, sie träumt wohl, denn sie bewegt die Pfoten sehr schnell, als befände sie sich in einer Welt, die auf dem Kopf steht, und würde den Kindern in ihren Seifenkisten hinterherrennen. Es gibt keine Kinder in Seifenkisten mehr. Wir schweigen weiter, doch wir bleiben am Tisch sitzen. Das Messer, das lang und scharf ist, schiebt sich klein und harmlos in Vaters riesiger, wütender Hand voran. Vater ist fast zwei Meter groß und wiegt mehr als hundert Kilo, wo immer er sich aufhält, erscheint alles kleiner, die Sitzfläche seines Stuhls beult sich nach unten aus, wer wird sich dort hinsetzen, wer wird unsere Plätze einnehmen, wie lange wird es dauern, bis sie dieses Haus besetzen, aus welcher Richtung werden sie kommen, werden sie durch den Hauseingang oder durch die Garage herein-kommen, wie lange wird es dauern, bis sie den Trick mit dem Stoß herausfinden, damit der Ventilator aufhört zu quietschen, der Ventilator bleibt auch hier, im Mutterland benötigen wir keinen. Dort ist jetzt Sommer, doch Mutter sagt, es sei nicht lange heiß, und im Herbst werde es bereits kalt.

Mutter muss es wissen. Es war Herbst, als sie mit der Vera Cruz herkam, mit Schleifen in den Zopfspitzen – wie auf dem Porträt, das im Wohnzimmer an der Wand hängt. Mutter wird niemals mehr zum Porträt schauen und erzählen, wie es damals war, es regnete an dem Tag, als ich meine Heimat verließ, meine Eltern brachten mich in einem gemieteten Auto zum Bahnhof. Hier fährt man nicht mit dem Zug, das heißt, die Pretos fahren per Anhalter mit und klammern sich an die Türen der Waggons, aber das ist nicht Zugfahren. Ich sah meine Eltern zum letzten Mal am 30. November 1958, die Bahnhofsuhr zeigte sieben Uhr zehn an, meine Eltern verabschiedeten sich von mir ohne Umarmung, das tat man damals nicht, für die Reise gaben sie mir einen Beutel mit Schafskäse, Brot und geschälten Maronen mit, Gott hab sie selig. Wenn Vater nicht alles verbrennt – was wird dann aus dem Porträt ohne Mutter mit ihren Geschichten über den Tag, an dem sie aus dem Mutterland herkam, über die neun Tage mit dem Schiff, über die Ankunft, es war so windig, dass der Staub herumwirbelte, als würde der Teufel blasen, roter Staub, noch nie hatte ich etwas Derartiges gesehen.

Wir hätten mit dem Schiff fahren sollen, Senhor Manuel war schlau, würden wir mit dem Schiff fahren, könnte Mutters Aussteuer ins Mutterland zurückkehren. Es gibt keine Plätze mehr auf den Schiffen, es gibt gar nichts mehr. Zwei Stunden, bevor die Vera Cruz einlief, war Vater bereits am Kai, Mutter ging in einem grauen Rock und einer weißen Bluse, die ihr als Brautkleid dienten, von Bord. Es befanden sich zwei weitere Bräute auf dem Passagierdampfer, Bräute, wie sie zu sein hatten, mit einem Schleier auf dem Kopf. So windig war es, dass die Bräute ihre Schleier mit beiden Händen festhielten vor lauter Angst, dass sie ihnen ins Wasser flattern könnten. Als Mutter von Bord des Dampfers ging, suchte sie am Kai den Jungen, der viele Jahre zuvor die Flucht vor dem Elend im Dorf angetreten hatte, den Jungen, dessen Porträt sie an einer Goldkette auf der Brust trug. Stattdessen winkte ihr ein Mann diskret aus dem verstecktesten Winkel des Kais zu. Die neuen Schuhe setzten meinen Füßen so sehr zu, Mutter vergaß nie, den Besuchern den Teil mit den neuen Schuhen und den Wunden an den Füßen zu erzählen, und dass sie sie deshalb auszog, bevor sie zu ihm ging. Vielleicht war Mutter ja bereits so, wie sie ist, vielleicht tragen dieses Land, diese Hitze, diese Feuchtigkeit, gar keine Schuld daran, Mutter gelangte zum Vater mit den Schuhen in der Hand, und anstatt ihn zu begrüßen, sagte sie, du siehst dir gar nicht ähnlich. Vater ist bestimmt noch immer eifersüchtig auf den Jungen auf dem Porträt, das Mutter auch heute noch an der Goldkette auf der Brust trägt. Die Bräutigame umarmten ihre verschleierten Bräute so fest, dass sie sie beinahe erstickten, auch Vater war nicht wie die anderen Bräutigame, die sich mitten auf dem Kai auf Kisten gestellt hatten, um den Bräuten zuzuwinken, mit dunklen Polyester-Anzügen und Gel im nach hinten gekämmten Haar, euer Vater trug ein nagelneues weißes Hemd, der rote Staub setzte sich in den Stoff wie ins Fell eines Hundes.

Vielleicht wurde Vater traurig, weil Mutter keine Tiara mit falschen Brillanten mitgebracht hatte wie die anderen Bräute, sondern einen Strauß Orangenblüten. Mutter begrüßte Vater, ohne ihn zu umarmen, nicht einmal an die Stimme eures Vaters konnte ich mich erinnern, ich war noch ein kleines Mädchen, als euer Vater hierherkam, ich hätte niemals damit gerechnet, dass er schreiben und um meine Hand anhalten würde. Mutter mit dem Rücken zum Meer, ohne Vater wiederzuerkennen, ohne das Land vor ihr zu kennen, die Ladekräne erschienen mir höher als die Wolken, der Hafen war so groß, groß wie hundert Apfelbaumplantagen. Mutter fürchtete sich vor den Vögeln, die genauso kreischten wie die in Lissabon, euer Vater sagte mir, sie hießen Möwen. Vor den Pretos hatte ich keine Angst, an ihnen war nichts Besonderes, es waren nur Pretos. Der Hafen roch sauer, als wäre das Meer gegoren, in Lissabon hatte der Hafen nicht so schlecht gerochen.

Vater brachte Mutter in seinem grünen Dodge zum alten Haus, ich lernte noch, den Dodge zu fahren, bevor er ihn Malaquias gab, da fiel er schon fast auseinander, Malaquias gelang es nicht, den Dodge zu reparieren, ich würde mich sehr wundern, wenn da noch was zu machen wäre, sagte Vater, als Malaquias den Wagen mitnahm, aber Malaquias war so oder so zufrieden, Hauptsache ihm gehörte irgendetwas, das Problem ist, dass sie nichts im Kopf haben. Sie – das sind die Pretos, die, die wir kennen und die, die wir nicht kennen. Die Pretos. Es sei denn, man möchte erklären, was sie sind, dann ist es der Preto. Der Preto ist faul, am liebsten liegen sie in der Sonne wie die Eidechsen, der Preto ist arrogant, wenn sie mit gesenktem Kopf einhergehen, dann nur, um uns nicht anschauen zu müssen, der Preto ist dumm, sie verstehen einfach nicht, was man ihnen sagt, der Preto nutzt alles aus, man gibt ihnen die Hand und sie wollen sofort den ganzen Arm, der Preto ist undankbar, ganz gleich, wie viel wir für sie tun, nie sind sie zufrieden, man konnte stundenlang über den Preto reden, aber die Weißen hatten keine Lust, ihre Zeit damit zu vergeuden, es genügte zu sagen, er ist ein Preto, und schon wusste man, was Sache ist. Ein paar Monate nach dem Staatsstreich im Mutterland sagten die Brüder von Malaquias zu Vater, er solle sich zum Teufel scheren – vai à tugi10 –, auch sie arbeiteten für ihn, und an jenem Tag im Lager, nur weil Vater zu ihnen gesagt hatte, sie könnten während der Arbeitszeit kein Bier trinken: Scher dich zum Teufel, scheiß Weißer – vai à tugi, branco da tugi. Malaquias hätte sich bei Vater entschuldigt, aber er tauchte nie wieder zur Arbeit auf, seine Brüder waren Gauner, bestimmt ließen sie ihn nicht. Vai à tugi, branco da tugi, nicht einmal richtige Beleidigungen bekommen sie zustande, wenn ich euch hier wiedersehe, verpasse ich euch derart eine mit der Eisenkugel, dass euch die Hörner bersten, carumbas – ihr Nigger – , cabrões de merda – ihr scheiß Hurenböcke –, Vater weiß, wie man beleidigt. Vai a tugi, branco da tugi, das ist ja fast lachhaft.

Vater nahm Mutters Hand, als sie zum Dodge gingen, der am Eingang zum Hafen stand, die Sonne blendete sie, Mutter war darüber erschrocken, dass Vater Besitzer eines Lastwagens war, alles versetzte mir einen Schrecken, die Möwen, der Lastwagen, die Palmen, ich hatte noch nie solche Bäume gesehen, die roten Berge, hier nennt man sie Morros, korrigierte Vater sie, die Morros sind nicht die Berge des Mutterlandes, man sagt nicht ein Morro von Heu, auch nicht ein Morro von Kleidern zum Bügeln, es sind verschiedene Dinge. Die Hitze ließ Mutters nackte Füße weiter anschwellen, die Nachbarinnen kannten Mutter noch nicht, sonst hätten sie gesagt, eine barfüßige Braut? Nur Dona Glória ist dazu fähig. Die Nachbarinnen des alten Hauses erinnerten sich daran, wie Vater mit Mutter ankam und sie auf den Armen über die Straße trug, sie erinnerten sich an Mutter mit den Schuhen in der Hand, die Straße war nicht asphaltiert, es war ein Feldweg aus roter Erde, als läge zufällig genau dort der Höllengrund.

Piratin steht auf, um sich an die Wohnzimmerwand zu legen. Anfangs fürchtete sie sich vor dem Geräusch der Schüsse, doch jetzt nicht mehr, sie vertraut uns, sie vertraut darauf, dass wir alles Böse von ihr abwenden. Vater hat keine Lust mehr, Dahlien zu zerschneiden, wo treibt sich dein Bruder nur herum, er hätte vor zwei Stunden hier sein müssen, Mutter erhebt sich, ohne zu antworten. Onkel Zé verspätet sich, und Verspätungen können derzeit bedeuten, dass der vollständige Name in der Liste der Verschwundenen erscheint, die im Radio vor und nach Simplesmente Maria11 verlesen wird. Meine Schwester ist so begeistert von der Radionovela, dass sie vor ein paar Nächten geträumt hat, der Alberto aus Simplesmente Maria werde sie im Mutterland erwarten, wenn sie aus dem Flugzeug steigt. Ich weiß nicht, warum sie sich nicht geschämt hat, uns etwas so Kindisches zu erzählen. Meine Schwester überglücklich: ich habe geträumt, dass Alberto aus Simplesmente Maria mich am Flughafen abholt. Ich habe noch nie von den Mädchen mit den Kirschohrringen geträumt. Ich hebe die Fotos zwischen Matratze und Lattenrost auf, aber niemand hat sie je gefunden, nicht einmal Mutter, die jede Woche die Betten abrückt, um das Pulver gegen die Kakerlaken zu streuen.

Vater weiß Bescheid, das heißt, er weiß nicht, dass ich die Fotos der Mädchen aus dem Mutterland aufgehoben habe, aber er weiß, dass ich solche Dinge tue. Er hat nie mit mir darüber gesprochen, doch ich weiß, dass er Bescheid weiß, denn wenn Mutter am Sonntagnachmittag widerspenstig war, weil ich nach der Siesta in meinem Zimmer blieb und den Spaziergang zur Inselspitze verzögerte, zwinkerte Vater mir mit einem Auge zu und verteidigte mich, der Junge muss sein Gehirn vom Lernen ausruhen. Ich und Vater gehören zum selben Klub, wenn ich lange im Bad blieb und Mutter hinein wollte, um sich Locken zu machen und die Augen mit blauem Lidschatten anzumalen, sagte er, die Körperpflege braucht ihre Zeit, oder wenn ich mitten in der Nacht den Kühlschrank leer aß, weil ich hungrig geworden war, nachdem ich die eine Sache getan hatte, entschuldigte Vater mich am nächsten Morgen, der Körper wächst im Schlaf schneller, und ein wachsender Körper benötigt Nahrung. Ich sollte bei Vater bleiben und alles in Brand stecken, aber Mutter und meine Schwester können nicht allein bei Onkel Zé sein, Onkel Zé ist nicht wie wir, er gehört nicht zu dem Klub, zu dem Vater und ich gehören, vermutlich gibt es einen eigenen Klub für diejenigen, die wie Onkel Zé sind.

Aber im Mutterland gibt es wunderschöne Mädchen. Mädchen mit Kirschen an den Ohren, Satinschleifen im Haar und knielangen, fliegenden Röcken wie auf den Fotos der Zeitschriften, die ich im Tabakladen von Senhor Manuel kaufte. Der war der Schlaueste von allen, ging letztes Jahr am 31. Dezember mit seiner Familie an Bord der Príncipe Perfeito, da hörte man noch fast keine Schüsse und auch nicht das Hämmern auf den Containern, ich gebe euch kein Jahr, bis ihr alle dasselbe tut, so Gott will wird es dann noch immer Schiffe und genügend Holz geben, damit ihr alles in Kisten packen könnt, was ihr habt, so Gott will.

Inzwischen wissen wir, dass Gott nicht wollte. Doch an jenem späten Nachmittag, als wir auf dem Mäuerchen des Tabakladens saßen, hätte Gott noch Zeit gehabt, seine Meinung zu ändern, Vater lachte Senhor Manuel aus, wir geben Ihnen kein Jahr, bis Sie wieder hier sind, kein Jahr, bis Sie Ihre Bicuatas – Ihre Pakete – wieder hierher zurückbringen, doch Senhor Manuel beharrte, Hören Sie, die Revolutionäre haben uns an diese Pretalhada – dieses Negergesocks – verkauft, er sagte immer Pretalhada und Mulatagem – Mulattenhorde -, hören Sie, diese Pretalhada wird nicht eher ruhen, bis sie uns plattmacht, Senhor Manuel hasste die Revolution und die Revolutionäre so sehr, dass er sich verhaspelte und verschluckte, wenn er aufgebracht über sie herzog, sein birnenförmiger Kopf wurde dann rot vom Husten, und Vater lächelte, reden Sie keinen Unsinn, Mann, die Lage wird sich bessern, wir werden endlich aufhören, Portugiesen zweiter Klasse zu sein, die Nachbarn lächelten Vater zu, doch sie standen da mit verschränkten Armen und gerunzelter Stirn wie Leute, die ernste Probleme haben, trinken Sie ein Bier, Mann, dann werden Sie die Dinge mit anderen Augen sehen, Senhor Manuel lehnte ab, Sie lachen, aber die Kommunisten im Mutterland wollen uns hier raus haben und es wird ihnen gelingen, unsere Soldaten haben sie bereits entwaffnet, ein Weißer darf keine Waffe besitzen, aber ein Preto hat das Recht auf zwei, korruptes Verrätergesindel, und es sind nicht nur die Kommunisten, alle stecken unter einer Decke, ihr wollt gar nicht wissen, wie sie im Mutterland über uns reden, wie sie uns nennen, erinnert euch an das, was ich euch heute sage, hier wird es ein Blutbad geben, die Vorfälle von 1961 sind nichts im Vergleich zu dem, was hier noch passieren wird, es wird heißen rette sich wer kann, so Gott will, wird es an dem Tag, an dem ihr mir recht gebt, noch nicht zu spät sein.

Weg war er.

In derselben Nacht, als Senhor Manuel und seine Familie mit der Príncipe Perfeito in See stachen, gingen wir zur Silvesterfeier, meine Schwester trug einen Maxirock und schminkte sich zum ersten Mal richtig, sie sah so hübsch aus, wie ich sie noch nie gesehen hatte, Vater betrachtete die Menge, die auf dem Fest tanzte, mit einem vollen Glas Ye Monks in der Hand und fragte, wie soll es möglich sein, dass alle diese Leute einfach fortgehen, Mutter trank Limonade aus einem langstieligen Glas, sie sah aus wie ein Kinostar, nur weniger hübsch. Diese Leute konnten nicht alle fortgegangen sein. Die Band spielte schief, doch niemand hörte deshalb auf zu tanzen, ich tat nichts im Leben, meine Geliebte rief nach mir, um die Kapelle, die von der Liebe singt, vorbeiziehen zu sehen, meine leidgeplagten Leute verabschiedeten sich vom Schmerz, um die Kapelle, die von der Liebe singt, vorbeziehen zu sehen12, die Menschen fassten sich an den Schultern, die Polonaise-Schlangen wurden immer länger und die Runden, die sie drehten, immer kleiner, nichts hatte sich verändert, die Kapelle zog vorbei und sang Lieder von der Liebe und die leidgeplagten Leute verabschiedeten sich vom Schmerz, Vater begann, Ye Monks aus der Flasche zu trinken, Mutter trinkt wegen der Tabletten nie etwas, doch in jener Nacht trank sie und tanzte für Vater, so viele Leute umstanden sie und klatschten, während Mutter für Vater tanzte, die können nicht alle fortgegangen sein, die Glocken hatten noch nicht begonnen, die Mitternacht einzuläuten, und schon waren die armen Ritter auf den Tischen verdorben, die Maisbrote trocken wie Stroh, alle beschwerten sich über die verfluchte Hitze, die alles verdirbt. Als die langsamen Blues begannen, bat ich Paula zum Tanz, meine Hände an Paulas Hals, Paulas Haut so weich, 1975 würde ein gutes Jahr werden, vielleicht das Jahr unseres Lebens, wir würden aufhören, Portugiesen zweiter Klasse zu sein, die Zukunft war hier, trotz der Straßenblockaden und der Schüsse, die begonnen hatten, trotz der Pretos, die unablässig aus allen Winkeln nach Luanda strömten, in einem Land, das vierzehn Mal größer ist als das Mutterland, gibt es viele Pretos, als würden sie zwischen den Steinen sprießen, schlimmer als eine Plage sind sie, schlimmer als Unkraut, wenn er betrunkener war als gewöhnlich, sagte Vater manchmal solche Dinge, doch er sagte auch, im Mutterland gebe es nichts als Hunger und Läuse, oder dass die Nachbarinnen alle schlecht verheiratet seien, nicht, dass Vater wirklich so denken würde, der Ye Monks war schuld daran, die Stadt feierte, womöglich war es das letzte Mal, dass die Stadt feierte, doch das interessierte niemanden, Mutter sang zur schiefen Musik der Band, doch zu meiner Enttäuschung, endete, was lieblich war, alles rückte wieder an seinen Platz, nachdem die Kapelle vorbeigezogen war, und jeder in seiner Ecke, in jeder Ecke ein Schmerz, nachdem die Kapelle vorbeigezogen war und von der Liebe gesungen hatte13, tanzt, liebe Leute, als gäbe es kein Morgen, die Luftschlangen blieben an den nackten Rücken der verschwitzten Mädchen kleben, wo man hinging, regnete es unablässig Konfetti, die Brillengläser von Dona Magui w aren voller Konfetti, nutz das bloß nicht aus, um die hübschen Mädchen in ihren Miniröcken zu begaffen, lachte der Gatte von Dona Magui und zeigte dabei seinen goldenen Eckzahn, und dann wirbelte er Dona Magui in seinen Armen herum, als wären sie ein junges Paar, was gut ist, muss man anschauen, sagte er, während Dona Magui schwindelig wurde mit den Brillengläsern voller Konfetti, in jener Nacht wollten alle hierbleiben. Die Kapelle würde niemals aufhören, vorbeizuziehen und Lieder von der Liebe singen, die Zukunft würde sich ohne große Schrecken ereignen, wie es sich für Zukünfte gehört, auf meine Frage, ob sie mit mir gehen wolle, würde Paula Ja sagen und mir erlauben, ihren Büstenhalter zu öffnen, ich würde den Führerschein machen und sie ins Kino Miramar ausführen, Vater würde Geld von der Bank abheben, um den Scania zu kaufen, der bei Baixa ausgestellt war, Mutters Kopf würde sich erholen und sie würde keine Krisen mehr haben, meine Schwester würde das siebte Schuljahr beenden und einen besseren Jungen finden als Roberto, der in die Inderin Lena verliebt war, die Carlos mochte, Piratin würde alt sterben, genau wie Bardino Jahre zuvor Jane, die Nachbarinnen würden Mutter weiterhin alles übelnehmen, was sie einfach nicht anders nehmen konnten, nur dasjenige würde sich ändern, was notwendig wäre, damit unser Leben noch mehr dem Leben ähneln würde, das Vater sich vorgestellt hatte, als er sich auf der Pátria einschiffte.

In den ersten Stunden von 1975 mussten sich alle gegenseitig bestätigen, dass Senhor Manuel ein abergläubischer Prophet war, es würde kein Blutbad geben, 1961 war ebenso beerdigt wie die Toten, die es verursacht hatte. Meine Schwester machte sich davon, um mit Roberto eine Runde auf dem Motorrad zu drehen, Vater bemerkte es nicht, er hatte bereits viele Ye Monks getrunken und Mutter war barfuß und tanzte immer weiter. Ich führte Paula hinter die Palmenblätter, die die Mauern zierten, wir gaben uns fünf von den ganz langen Zungenküssen, die, bei denen man Atemnot und Schmerzen in der Kinnlade bekommt, ich hatte mir geschworen, sie nie wieder zu fragen, ob sie meine Freundin sein wolle, doch beim Küssen vergesse ich den Schwur immer, Paula sagte wieder einmal Nein, ich wurde so wütend, doch ich küsste sie wieder, Paulas Mund schmeckte nach Apfellimonade von Mission und nach Pitaia-Frucht. Zwischen den Küssen erzählte Paula mir von Nando, ihrem Ex-Freund, der in Rhodesien studierte, ein Jammerlappen, der in Schiffe und Flugzeuge vernarrt war, weswegen ich sie noch mehr hasste, ich weiß nicht, warum ich nicht aufhören konnte, sie zu küssen. Als wir wieder zu den anderen stießen, war das Fest fast zu Ende. Wir gingen nach Hause, und Vater öffnete noch eine Flasche Ye Monks, er wollte, dass wir noch einmal auf 1975 anstießen, meine Schwester tat es mit Wasser, Mutter war ganz beklommen, sie meinte, das bringe Unglück, Aberglaube, lass diesen Aberglauben, Frau, wir stießen auf 1975 an, es würde das beste Jahr unseres Lebens werden.

Aber die Kapelle zog nie mehr vorbei. Alles rückte wieder an seinen Platz, jeder von uns in seiner Ecke, und in jeder Ecke ein Schmerz. Eine Zeit lang glaubte Vater noch, 1975 würde das beste Jahr unseres Lebens werden, alles wird gut gehen, wir werden eine Nation begründen, Pretos, Mulatten, Weiße, gemeinsam werden wir die reichste Nation der Welt errichten, besser noch als Amerika, dies ist ein gesegnetes Land, wo jede Saat aufgeht, nirgends sonst gibt es einen solchen Boden. Vater kennt die Welt überhaupt nicht und kann gar nicht wissen, ob es ein anderes Land wie dieses gibt. Genau so wenig konnte er wissen, was passieren würde. Eine Zeit lang garantierte er jedem, der es hören wollte, dass alles gutgehen werde, und dass er alles, was er besaß, darauf wetten würde. Doch die Schüsse und die Mörser hörten nicht auf, die Pretos strömten weiter von überall her, und die Weißen verließen weiter das Land, die portugiesischen Truppen wollten nicht einmal mehr etwas mit der Flagge zu tun haben, und die Kommunisten aus dem Mutterland kamen hierher. So gern er auch immer noch gesagt hätte, dass alles gutgehen werde, Vater musste irgendwann den Mund halten und aufhören, Wetten anzunehmen, auch weil es nicht einmal mehr jemanden gab, mit dem er hätte wetten können. Vater schwieg zur Zukunft und man konnte ihm ansehen, wie sehr er sich schämte, weil er sich geirrt hatte, und wie sehr er sich sorgte, weil es zu spät war, den Fehler zu beheben. Die Pretos begannen nicht sofort damit, Weiße aufs Geratewohl zu töten, aber als sie einmal auf den Geschmack gekommen waren, wollten sie nichts anderes mehr tun, und die Weißen gingen noch schneller fort. Von Tag zu Tag wurde die Stadt leerer, hätte Vater die Weißen fesseln können, damit sie nicht fortgingen, er hätte es getan, manchmal geriet er ganz außer sich, sie können doch nicht einfach so gehen, sie sollten wenigstens kämpfen, doch die Weißen wollten nur möglichst schnell zum Flughafen und ins Mutterland, was für Feiglinge, Vater wusste nicht, wen er mehr verachten sollte, die Pretos, undankbare Mörder, oder die Weißen, feige Verräter.

Die Worte von Senhor Manuel wurden nie mehr wiederholt, es lohnte sich nicht, 1961 war ein Bubenstreich gewesen, Vater schwieg, er verspürte nicht einmal Lust, Senhor Manuel anzuklagen, als herauskam, was er getan hatte, er hatte einen nagelneuen Audi 100 S ins Mutterland verfrachten lassen, obwohl er nur die erste Rate gezahlt hatte, woraufhin Onkel Zé begann, Senhor Manuel als imperialistischen Dieb zu bezeichnen. Später kam heraus, dass der imperialistische Dieb noch viel schlauer gewesen war, er hatte nämlich Diamanten gestohlen, die seine Frau in ihrem Rocksaum eingenäht mitgenommen hatte. Die Verachtung für Senhor Manuel war wohl das Einzige, was Vater und Onkel Zé gemeinsam hatten, obwohl Onkel Zé noch mehr Grund hatte, Senhor Manuel zu hassen, einem von denen traue ich nicht über den Weg, sagte Senhor Manuel, während er auf dem Mäuerchen des Tabakladens saß, das fehlte mir noch, einem von denen über den Weg zu trauen. Für alle Leute war Onkel Zé einer von denen, doch zu Beginn war er nur der kleine Bruder unserer Mutter gewesen, der eines Tages in Uniform aufgetaucht war, mit einer Tätowierung Angola 1971 und allem, was dazugehörte.

Mutter konnte nicht glauben, dass ihr kleiner Bruder in Uniform vor ihr stand, sie war so glücklich, dass sie Onkel Zé gar nicht durch das Gartentor ließ. Ich ging fort, als du ein Baby warst, und jetzt tauchst du als Soldat hier auf, komm herein, komm herein, und noch eine Umarmung und Onkel Zé machte mit, ohne das Paket, das er aus dem Mutterland mitgebracht hatte, abzulegen, meine Schwester und ich spähten vom oberen Treppenabsatz nach unten und konnten uns nicht entscheiden, ob wir herunterkommen sollten, niemals hätten wir gedacht, dass ein Verwandter aus dem Mutterland an unserer Tür erscheinen würde. Die Verwandtschaft im Mutterland – das waren die Briefe, die kamen und gingen, mit Namen, die noch komischer waren als die der Pretos, Ezequiel, Deolinda, Apolinário, nur dass sie im Mutterland wissen, wie man die Namen ausspricht, es sind schließlich keine matumbos, die Briefe der Verwandtschaft auf sehr dünnem Papier, vollgeschrieben mit schlecht gezogenen Buchstaben, die auf den Linien tanzten, eine Öllampe haben wir Santo Estêvão für den Schlaf von Manelinho gegeben, Cousine Zulmira hat sich mit Aníbal dos Goivos verlobt, die Schweine haben die Zigeunerkrankheit14, Zé Mateus wird während des Festes der Senhora da Graça konfirmiert werden, Onkel Zeferino ist an dem Knoten, den er im Kopf hatte, gestorben, der Frost hat uns den Weizen vernichtet, Briefe mit vielen Rechtschreibfehlern, man hatte den Eindruck, dass es im Mutterland weder das Lineal noch den Rohrstock von Dona Maria José, unserer Lehrerin, gab. Die ersten Zeilen der Briefe waren immer gleich und fast fehlerfrei, ich hoffe, dieser Brief trifft euch bei guter Gesundheit an, uns geht es Gott sei Dank gut.

Die Verwandtschaft im Mutterland wurde uns von Mutter wie ein Schulfach oder wie der Katechismus beigebracht, mütterlicherseits, väterlicherseits, Onkel, Vettern ersten und Vettern zweiten Grades, Blutsverwandte und Angeheiratete, Tote und Lebende. Manchmal enthielten die Briefe Fotos, in grobe Wolle gekleidete Babys, die an einem runden Tisch mit Häkeldecke saßen, vom Fotoblitz überraschte Verlobte neben demselben Tisch und auf dem Tisch dieselbe Decke, Mädchen bei der heiligen Kommunion mit Rosenkranz und Katechismus in Heiligenposen, derselbe Tisch und dieselbe Häkeldecke, es gab weder einen anderen Tisch noch eine andere Tischdecke im Mutterland. Das Foto, bei dem Mutter am meisten weinen musste, zeigte die Großeltern, zwei Alte in schwarzen Kleidern, eine Großmutter mit Bart und Schnäuzer, was haben wir darüber gelacht, meine Schwester und ich, Großvater groß und gerade wie ein Prinz, ohne Daumen an der Hand, die den Spazierstock hielt, den hatte er beim Holzhacken verloren, in Mutters Erinnerungen taucht oft Feuerholz auf, meine Schwester und ich erfanden die Geschichte, dass Großvater im Krieg verletzt worden war und Mutter korrigierte uns nie vor den anderen Kindern, unser Großvater war im Zweiten Weltkrieg verwundet worden und war deshalb wichtiger als jeder andere Großvater. Mutter kaufte einen Rahmen für das Foto der Großeltern und stellte es auf den Gläserschrank, das erste und letzte Foto von meinen Eltern, Gott behüte sie. Mutter bringt es nicht fertig, das Foto der Großeltern hierzulassen, dafür kann sie das Album mit den getauften Babys, den Brautpaaren und den heiligen Kommunionsmädchen nicht mitnehmen. Wenn Vater nicht alles in Brand steckt, wird die Verwandtschaft aus dem Mutterland den Pretos in die Hände fallen, das Album, auf dessen Cover chinesische Mädchen mit Sonnenschirmen geprägt sind, und ein Seil auf der Rückseite, wenn man daran zieht, spielt eine Musik. Außerdem das Bündel Briefe, das ganz hinten im Kleiderschrank liegt, Mutter hat es mit einer Satinschleife gebunden, die sie in der Kurzwarenhandlung von Dona Guilhermina gekauft hatte, eine Frau mit so großen Brüsten, so groß, dass es die größten Brüste der Welt sein müssen, unmöglich, dass es größere Brüste als diese gibt, selbst in Amerika, wo alles größer und besser ist, gibt es wohl keine Frau, die gewaltigere Brüste hat als Dona Guilhermina.

Endlich gelang es Onkel Zé, mit dem Paket aus dem Mutterland das Tor zu passieren, Mutter zeigte noch auf die Rosen im Garten, als Onkel Zé bereits die Treppe hinaufstieg, Mutter rief ihm aus dem Garten nach, Vorsicht, Vorsicht mit den Vasen, die Treppe war immer voller Vasen, die Vater oft herunterstieß, was für eine schlechte Idee, die Stufen mit Vasen vollzustellen, wer wird Mutters Rosen gießen, Mutter ließ die Rosen nie sterben, an den heißeren Tagen wurden die Rosen der Nachbarinnen so welk, dass sie einem fast leidtun konnten, doch Mutters Rosen nie, auf nichts ist Mutter so stolz wie auf den Garten. Onkel Zé gab uns die Hand, sein Arm so gerade ausgestreckt, als wollte er uns auf Distanz halten, er roch nach Schweiß, schlimmer als die Catinga – der Geruch der Pretos –, vor der Senhor Manuel sich so ekelte, wir streckten die Hände aus, und Mutter, gebt eurem Onkel eine Umarmung, ich spürte einen solchen Widerwillen, wir umarmten ihn und der Schweißgeruch der Uniform blieb an uns haften. Onkel Zé sagte, das Wohnzimmer sei groß und schön, er ließ sich in den grünen Nappaledersessel fallen, der für Besucher da war, Besucher setzten sich nicht auf diese Weise, sie achteten darauf, die Aschenbecher, die Mutter mit einem Zierdeckchen auf die Sessellehnen stellte, nicht umzustoßen, die Frauen setzten sich seitlich wie in den Zeitschriften, und die Ehemänner blieben sehr aufgerichtet sitzen, selbst wenn sie die Beine übereinanderschlugen und ein Glas Ye Monks annahmen, das Mutter zusammen mit dem weinroten Plastikeimer brachte, der das Eis enthielt, Mutters Händen gelang es nicht, das Eis mit dem Greifer festzuhalten, die Tabletten erschwerten alles, was Mutter tat.

Besuch zu haben war eine Heidenarbeit, aber Besuch zu sein war noch schlimmer, wir setzten uns vorsichtig hin und blieben steif wie Schaufensterpuppen sitzen, wir aßen mit betont langsamen Bewegungen, niemand sollte denken, wir hätten Hunger, wir baten nie um Nachschlag beim Nachtisch, auf keinen Fall sollte es so aussehen, als äßen wir zum ersten Mal eine Süßigkeit. Trotz unserer Bemühungen waren wir schlechte Besucher, Vater ließ seine Asche überall fallen und beschwerte sich, wenn der Whiskey nicht Ye Monks war, Mutter stellte unangebrachte Fragen und unterbrach die Gespräche wie ein ungeduldiges Kind, wenn ihre Laune umschlug, ganz zu schweigen vom Gelächter, Mutter fand Dinge lustig, die niemand lustig fand, die Nachbarinnen hatten recht, es gab so vieles, was man Mutter übelnehmen konnte. Meine Schwester machte den Mund nicht auf, außer man fragte sie etwas, und die Schule, Milucha? Meine Schwester lernt nicht gerne, ich auch nicht, Vater sagt, wir seien Faulpelze wie die Pretos, er hat schon ein paar Mal geschworen, er werde uns die Faulheit aus dem Körper treiben und sei es mit Gürtelschlägen, denn Lernen sei die beste Hacke, um das Leben zu beackern. Manchmal wurde Vater wütend, wehe euch, wenn ihr keine guten Noten nach Hause bringt, wir brachten nie gute Noten nach Hause, wir lernten das Nötigste, um durchzukommen, mehr nicht, wir standen nie auf der Ehrentafel und erhielten nie eine Auszeichnung. Editinha stand ständig auf der Ehrentafel, und Milu bekam drei Auszeichnungen. Aber Editinha war hässlich wie irgendwas und hatte Beine so dünn wie Spieße. Milu nicht, Milu war ein Täubchen und Gegé stieg ihr ständig nach.

Onkel Zé räkelte sich genauso gemütlich auf dem Sessel wie wir, wenn wir auf dem Liegestuhl lagen, ein Besuch, der sich nicht wie Besuch benahm. Die Neuigkeiten aus dem Mutterland klangen aus Onkel Zés Mund noch seltsamer, sein Zischen15 war viel stärker als das von Vater und Mutter. Die Soldatenstiefel von Onkel Té schlugen gegen das polierte Tischchen und ließen die Wasserschale wackeln, in der ein Drachenbäumchen prächtig gedieh, Mutter schimpfte erneut mit Onkel Zé, wenn du dich angekündigt hättest, hätten wir dich vom Schiff abgeholt. Wir bemerkten gleich, dass Onkel Zé nicht wie die anderen Soldaten war, er schloss die Augen, wenn er Limonade trank, manchmal klimperte er mit den Augenlidern, er beschwerte sich, weil die Feuchtigkeit sich schwer auf seine Lungen lege und seine Haut verfaulen lasse und weil die Hitze seine Sicht trübe. Die anderen Soldaten redeten nicht so, außerdem waren die Lippen von Onkel Zé wie ein Herz geformt, genau wie Mutters Lippen, was für ein schöner Mann du geworden bist, sagte Mutter zu ihm, Vater lässt es nie zu, dass Mutter mir sagt, ich sei hübsch, Männer wollen nicht hübsch sein, aber Onkel Zé lächelte dankbar und wurde sogar rot wie die Mädchen, Männer dürfen nicht rot werden.

Als die beiden das Paket aus dem Mutterland öffneten, sahen meine Schwester und ich zum ersten Mal Kirschen, sie lagen alt und vertrocknet in einer mit Stroh ausgelegten Schachtel. Mutter aß die Kirschen mit so viel Genuss, dass meine Schwester und ich glaubten, sie müssten die köstlichsten Früchte der Welt sein, es gibt nichts, was so gut ist wie Kirschen, sagte Mutter immer wieder, doch sie irrte sich, es gibt wohl nichts, das so unköstlich schmeckt wie Kirschen. Onkel Zés Soldatenstiefel hinterließen Streifen auf dem Nappaleder des Sessels, die Mutter am nächsten Tag mit flüssigem Paraffin entfernte. Als Vater von der Arbeit kam, fuhren wir zum Baleizão16, um die Ankunft von Onkel Zé zu feiern, Vater schaltete das Autoradio ein, wir drehten die Fensterscheiben herunter, denn die Pretos wagten es noch nicht, sich den Autos zu nähern, um uns auszurauben, der Himmel war so orange-farben, dass Onkel Zé meinte, er habe noch nie eine so große Glut gesehen, Ob-la-di, ob-la-da, Mutter mit einem weißen Turban auf dem Kopf, und Onkel Zé sagte zu ihr, sie sei genau so fein wie die Frauen in Lissabon, Ob-la-di, ob-la-da, das konnte nur eine Lüge sein, wie hätte Mutter einer Frau aus Lissabon ähnlich sehen können, wenn sogar die Nachbarinnen sich darüber lustig machten, wie sie sich kleidete.

Als es dunkel wurde, sagte Onkel Zé, die Nacht komme hier so schnell, dass es wirke, als hätte jemand das Licht am Himmel ausgeschaltet. Wir saßen an einem Tisch und unterhielten uns, Onkel Zé bestellte Bier, wie kann man nur diese Hitze abkühlen, die warmen Brötchen mit Schinken rührte er nicht an, auch nicht die Cassatas, die Vater für alle bestellt hatte. Es wurde spät, die Kleinen müssen morgen in die Schule, Vater bot Onkel Zé an, ihn mitzunehmen, doch der lehnte ab, er nahm sich ein Taxi, es war ein guter Tag gewesen, trotz des Geruchs, den Onkel Zés Uniform verströmte, und trotz seiner seltsamen Art. Er war schon fast im Taxi, als er noch einmal zurückkam und Mutter erneut umarmte, Sehnsucht, viele Jahre, das war verständlich. Nur, dass Onkel Zé zu weinen begann, ein Mann weint nicht, noch dazu ein Soldat, und noch dazu schluchzend wie ein kleines Kind, Vater versuchte, sie zu trennen, doch Onkel Zé ließ nicht los, er weinte mit dem Gesicht in Mutters Halsbeuge und der Tätowierung Angola 1971 uns zugewandt, bis der Taxifahrer es leid war zu warten und hupte.

Dann begann die Zeit der Briefe aus Quitexe17. Sobald einer eintraf, erzählte Mutter den Nachbarinnen davon, während sie Tischdecken oder Einsätze für Bettlaken häkelten. Schon bald machten die Buschabenteuer von Onkel Zé ihn zu einer Art Tarzan von Quitexe. Die Nachmittage im Viertel waren eintöniger als die Nachmittage irgendwo anders, einschließlich der Nachmittage in Krankenhäusern, Gefängnissen und sogar bei den Toten auf den Friedhöfen. Der Horizont der Nachbarinnen war so eng wie ihr eigenes Viertel, in allem suchten sie nach Ablenkung, in ungeschickten Fahrern, denen es nicht gelang, auf Anhieb richtig einzuparken, in Hausiererinnen, die ihre Frucht am lautesten anpriesen, alles Mögliche diente den Nachbarinnen dazu, die Nachmittage schneller verstreichen zu lassen, doch die Abenteuer des Tarzans von Quitexe zu hören war unvergleichlich, sofern sie nicht von Schlägereien oder aufgeschlitzten Weißen handelten.

Eines Tages traf wieder ein Brief ein. Nachdem Mutter ihn gelesen hatte, legte sie sich aufs Bett, nicht einmal die Spitzendecke hatte sie zuvor zurückgeschlagen. Sie weinte, während der Deckenventilator auf Maximum lief. Nach jenem Tag gab es nie wieder Abenteuer des Tarzans von Quitexe. In dieser Zeit war Tarzan ohnehin aus der Mode gekommen, sogar im Kino. Meine Schwester und die anderen Mädchen schwärmten für den müden Joe18. Ich und meine Freunde wollten wie der müde Joe sein, doch es war schwierig, in Luanda den Stil eines Cowboys zu imitieren. Es war die Zeit, in der ich es am meisten genoss, blaue Augen zu haben. Nicht, dass sie denen vom müden Joe ähnlich gewesen wären, doch sie hatten zumindest dieselbe Farbe. Sogar die verheirateten Frauen seufzten, wenn sie von den Augen des müden Joe sprachen, die blauer waren als die Lagune von São João du Sul, von welcher Mutter ein Foto mit Seerosen und Flamingos besaß.

Seit dem Nachmittag, als Mutter sich zum Weinen ins Schlafzimmer einschloss, verursachte jeder Brief, der aus Quitexe eintraf, dieselbe Reaktion bei ihr: Mutter auf dem Bett, während der Deckenventilator ihr die Tränen trocknete. Einmal holte Vater mich von der Schule ab und hielt auf dem Rückweg unter der Mulemba19, bevor wir das Haus erreichten. Er reichte mir einen Brief von Onkel Zé, kein Wort davon zu deiner Schwester, Mädchen verstehen die Dinge anders. Es wurde gerade dunkel, die Luft war voller Moskitos, du hast bestimmt schon mitbekommen, was los ist, keine Uniform der Welt kann das bemänteln, was dein unseliger Onkel ist. Der Brief war voller Anspielungen, doch es genügte, um zu verstehen, dass Onkel Zé wie die Jungen war, die im Schulklo dabei erwischt wurden, wie sie Schweinereien miteinander machten. Nur, dass Onkel Zé kein Junge mehr war und außerdem Mutters kleiner Soldatenbruder. Die Moskitos stachen mich, ich wollte nur, dass Vater aufhörte zu reden und mich nach Hause brachte, doch er war nervös und wollte viele Dinge sagen, ich will, dass du mir Bescheid sagst, falls Onkel Zé komische Sachen zu dir sagt oder dir ganz nah kommt. Die Sonne muss Vaters Haut so zäh gemacht haben, dass die Moskitos ihn nicht mehr beißen können, er zündete sich eine Zigarette an, ich verspürte einen solchen Drang, mich zu kratzen, doch Kratzen ist was für Mädchen, Männer müssen auf alles vorbereitet sein, und ein Moskito wird einen Mann nicht dazu bringen, sich wie ein Mädchen zu benehmen, deshalb ertrug ich es, ohne mich zu rühren.

Vater betrachtete die Blätter der Mulemba, als würde er dort eine Methode suchen, das zu richten, was Onkel Zé war, wenn ich dein Großvater wäre, hätte ich deinen Onkel schon zurechtgerückt, auch wenn ich ihm jeden Tag eine Tracht Prügel hätte verabreichen müssen, es gibt keinen Ton, der nicht geformt werden kann, solange er frisch ist, der Jammerlappen hört nicht auf, sich bei deiner Mutter zu beklagen, er nutzt ihre Güte aus, die Ärmste kommt aus dem Weinen nicht heraus, ausgerechnet deine Mutter, die, Vater brach ab, es gab keine Worte für Mutters Krankheit, der Jammerlappen beschwert sich, dass die anderen Soldaten ihn verprügelt haben, natürlich mussten sie ihn verprügeln, Vater warf die Zigarette auf die andere Straßenseite, seine Wut konnte man daran erkennen, wie schnell der Stummel flog, wenn es hier nicht so viele Pretas gäbe, könnte dein Onkel noch von Nutzen sein, ja, denn es gibt keinen Mann, der nicht seine Bedürfnisse hätte.

Ich bin nicht gut darin, solche Gespräche mit Vater zu führen, es ist mir immer peinlich, wenn er von diesen Angelegenheiten spricht. Mit Gegé und Lee ist das anders, wir verbringen Stunden damit, uns vorzustellen, wie es wäre, Ginga Ginga20 mit weißen Mädchen zu machen, wir wussten, dass es nicht das Gleiche war wie mit den Pretas, die nicht einmal Slips benutzen und es mit jedem machen, und wenn wir wollten, machten sie es sogar mit zwei oder drei hintereinander, Fortunata machte es einmal mit sieben, einer nach dem anderen, wir standen Schlange wie in der Schulkantine. Gegé ist der einzige, der schon mit einer Weißen Ginga Ginga gemacht hat, mit Anita. Sie ist keine Weiße wie die anderen, denn es macht ihr Spaß, sich nackt zu zeigen und sie hat genauso viel Lust, es zu machen, wie wir. Ich glaube, Anitas Mutter, Dona Natália, die in der Fleischerei von Senhor Cristóvão arbeitete, wusste gar nicht, was Anita trieb. Lee behauptete, sie wisse es, aber es störe sie nicht, denn Dona Natália war die einzige Geschiedene im Viertel, und die Nachbarinnen erzählten sich, sie und Senhor Cristóvão hätten ein Verhältnis. Vielleicht stimmte es. Dona Natália zerstückelte das Fleisch schneller als Senhor Cristóvão, und die Nachbarinnen wunderten sich, wie ist es möglich, dass eine so kleine Frau so viel Kraft hat, um ein Schwein zu zerstückeln, es sei denn, sie denkt, dass sie ihren Gatten filetiert, wenn sie das Messer in der Hand hat. Ihr Ehemann hatte sie gegen eine andere ausgetauscht und war nie wieder im Viertel gesehen worden, Lee behauptete, Dona Natália habe ihn mit dem Messer getötet und im Garten vergraben.

Wegen Anita konnte Gegé Weiße und Pretas miteinander vergleichen, und er versicherte, dass sie da unten verschieden waren, er fertigte sogar eine Zeichnung an, um es uns zu erklären, aber Gegé war nie gut im Zeichnen. Gegé ist bestimmt schon in Südafrika angekommen, vor mehr als einem Monat fuhr er mit seiner Familie in einer Kolonne weg. Ich habe nie einen Brief von ihm erhalten, doch ich bin sicher, dass er mir geschrieben hat, der Brief ging verloren, weil die weißen Briefträger fast alle fort sind und die Pretos nicht einmal die Adressen lesen können. Auch von Lee habe ich nie einen Brief aus Brasilien bekommen, wir haben uns gegenseitig aus den Augen verloren, und womöglich treffen wir uns erst am Sears Tower wieder. Die Idee stammt von Lee, er kannte alle Rekorde, das höchste Gebäude der Welt, das schnellste Auto, Lee hat das Poster der Concorde mitgenommen, das über dem Kopfende seines Bettes hing, es kommt mir vor, als wäre es so lange her, dass wir uns die Concorde anschauten, doch es sind nur zwei Jahre vergangen, Lee wollte einige Monate lang Concorde-Pilot sein, aber dann änderte er seine Meinung, es war besser, Kapitän eines großen Schiffes zu sein, um das Geheimnis des Bermuda-Dreiecks zu lösen, Gegé wollte Spion werden, ein Spion konnte herausfinden, wer Präsident Kennedy ermordete hatte und wie die Formel von Coca-Cola lautete. Ich wusste nie, was ich werden wollte, noch heute weiß ich es nicht, ich glaube, ich will nichts sein, abgesehen davon, dass Mutter der Meinung ist, ich müsse Staudamm-Ingenieur werden, und Vater aus mir einen Arzt oder Anwalt machen will. Ich vermisse Lee und Gegé. Das letzte Mal waren wir drei bei Ganas zusammen, um zum x-ten Mal Emmanuelle zu sehen, der im Miramar lief, der beste Film, den wir je gesehen haben. Von Ganas‘ Terrasse aus, ein jeder mit seinem Fernglas, sahen wir den Film fast so gut, als säßen wir im Kino, und wenn die Schauspielerinnen nackt waren, konnten wir die Stellen auswählen, die wir vergrößern mussten, um die Unterschiede zwischen den Weißen und den Pretas zu erkennen, von denen Gegé gesprochen hatte.

An jenem letzten Tag waren wir so traurig, dass wir nach dem Film nicht einmal darüber sprachen, was die Unterschiede beim Ginga Ginga mit Weißen und mit Pretas sind, oder ob die Mädchen, die wir kannten, die eine Sache auch miteinander machten wie im Film. Trotzdem diskutierten Gegé und Lee noch, weil Lee sagte, der Staatsstreich hätte sich auch dann schon gelohnt, wenn er nur dazu geführt hätte, dass sie Emmanuelle nackt sehen konnten. Lees Vater unterstützte die Revolution und brachte Lee bei, in allem die Vorteile der Revolution zu sehen. Nach Lees Vater würden die Arbeiter endlich frei sein und in Richtung Sozialismus schreiten, wie die Cowboys am Ende der Filme in den Sonnenuntergang reiten. Lees Vater hatte eine Fahne auf der Veranda, eine Fahne mit dem Schwarzen Hahn, Viva Savimbi, Viva Angola, kwacha21 Angola, kwacha UNITA. Gegés Vater versicherte, die Revolution werde scheitern und wie. Er sagte, die verwechseln Liberté mit Libertinage. Gegés Vater konnte die Gefahren der gefährlichen Verwechslung zwischen einer Sache und der anderen nicht erklären, doch Gegé hatte trotzdem Schwierigkeiten, einen einzigen Vorteil des Putsches im Mutterland anzuerkennen, und das obwohl er mindestens so viel Gefallen wie wir daran fand, Emmanuelle zu sehen, vielleicht sogar mehr als wir, vor allem den Teil, wo Emmanuelle die eine Sache mit Marie-Ange macht.

Vater spricht nie von der Revolution, es ist nur natürlich, dass das Buch des Lebens nichts über Revolutionen sagt, denn es gibt wenige Leben, die einer Revolution bewohnen. Der Portugiesischlehrer sagte, wir hätten Glück, weil wir die Revolution machten, der ruhmreiche Aprilmorgen sei nur der Anfang gewesen, achtundvierzig Jahre schändlichste Dunkelheit seien zu Ende und nun gelte es, den April einzulösen, und den April einzulösen bedeute zu dekolonisieren, zu demokratisieren und zu entwickeln. Der Portugiesischlehrer war neu, er trug sein Haar lang und roch nach Liamba22, er brachte seine Gitarre zum Unterricht mit und sang das Monangambé23 so gefühlvoll, als wäre er ein Preto, auf dieses große Feld geht kein Regen nieder, der Schweiß meines Angesichts bewässert die Plantagen, auf diesem großen Feld steht reifer Kaffee, und das Kirschrot dieser Früchte sind Tropfen meines Blutes24, er sang nicht gut, doch es war besser, ihm dabei zuzuhören, wie er das Monangambé oder Mon‘etu ua Kassule akutumissa ku San Tomé25 schief anstimmte, als den Gesang der Lusiaden zu lernen.

Ich sah Lee noch zwei oder drei Mal, nachdem Gegé fort war, doch es war nicht mehr dasselbe, sogar Gegés Lügen vermissten wir, die Kickerspiele im Klub, die großen Tage in der Schule, die klatschsüchtigen Nachbarinnen auf den Verandas, die Geschäfte, die wir sonst immer ansteuerten, alles war vorbei, und Lee würde auch bald abreisen. Wir sind sogar noch zu zweit auf dem Fahrrad durch die Gegend gefahren, trotz der Gefahr für zwei Weiße auf Fahrrädern. Die Mädchen wagten sich nicht mehr aus den Häusern, die wenigen, die noch da waren, zeigten sich nie, wenn schon ein Weißer eine Provokation ist, dann ist ein weißes Mädchen eine noch größere. Sogar der Preto, der fünf Jahre lang am Sonntagmorgen unsere Schuhe gewichst hatte, warnte meine Schwester bei einer unserer letzten Begegnungen, Vorsicht, Mädchen, sie werden mit dir noch das tun, was die Weißen mit unseren Frauen gemacht haben. Die Besetzer von Lees Haus zerrissen und verbrannten die Fahne des Schwarzen Hahns und brüllten währenddessen, der Sieg ist unser, und, Tod den Kolonialisten, der Schwarze Hahn ist ein Freund der weißen kolonialistischen Sklavenhändler und wird von den imperialistischen Kräften unterstützt, ein Lakai des Großkapitals. Manchmal machten Gegé und Lee sich über Onkel Zé lustig. Lee fand, es sei sehr großes Pech, einen solchen Onkel zu haben, denn wer mich nicht kannte, konnte denken, es liege in der Familie. Oft habe ich zu Gott gebetet, damit Onkel Zé verwundet würde und ins Mutterland zurückkehren müsste, doch abgesehen von den Prügeln, die er durch die anderen Soldaten bezog, ist ihm nie etwas Schlimmes zugestoßen. Als er die Armee hinter sich hatte, ließ Onkel Zé unter Angola 1971 die Tätowierung Schwesterliebe stechen, und Mama liebte ihn umso mehr. Anstatt ins Mutterland zurückzukehren, fand Onkel Zé Arbeit in einer Bar auf der Insel26, und dort lernte er Nhé Nhé kennen, seinen Preto-Freund, der Rauchringe bläst wie Mädchen mit Schnute und schrillem Gelächter, ich hab‘s geschafft, ich hab‘s geschafft. Nach dem Staatsstreich im Mutterland half Onkel Zé dem unterdrückten Volk, sich vom Joch der Kolonialisten zu befreien, er hat sogar einen Ausweis. Die Revolutionslieder kann er auswendig, und er lernt Kimbundu mit Nhé Nhé, während er ihn in seinem Chevrolet Camaro herumkutschiert. Der Wagen war von einem der kolonialistischen Ausbeuter, die fortgegangen sind, konfisziert worden.

Es läutet an der Tür. Wir warten auf das vereinbarte Zeichen, zwei kurze und ein längeres Klopfen. Es läutet kein zweites Mal. Mutter sagt, Onkel Zé hat vielleicht das Klopfzeichen vergessen, aber Piratin bellt, ein Fremder hat geläutet. Mutter und meine Schwester sperren sich im Zimmer ein, drehen den Schlüssel zweimal um und stellen den Stuhl gegen die Tür. Vater nimmt eine Waffe aus der kleinsten Schublade des Gläserschranks und versteckt sie im Hosenbund. Weiße dürfen nicht bewaffnet herumlaufen, aber Vaters Hemd ist weit genug, so dass niemand die Waffe, die Vater versteckt, bemerkt. Als Vater die Tür öffnet, rennt Piratin zum Tor. Auf der anderen Seite steht ein schwarzer Soldat, und Piratin hört nicht auf zu bellen. Hinter dem Soldaten steht ein Jeep mit weiteren schwarzen Soldaten. Der Soldat, der vor dem Tor steht, zielt mit der Waffe auf Piratin. Vater grüßt ihn und schreit Piratin an, still. Piratin setzt sich gehorsam und wedelt mit dem Schwanz. Wir müssen die Soldaten mit dem passenden Gruß zu der Bewegung, der sie angehören, begrüßen, die Pretos der einen Bewegung hassen die Pretos der anderen Bewegungen noch mehr als die Weißen, wir dürfen die Begrüßungen nicht verwechseln, man verliert sein Leben schon für weniger. Der Soldat senkt seine Waffe nicht, ein Weißer ist ein Sklaventreiber, ein Kolonialist, ein Imperialist, ein Ausbeuter, ein Vergewaltiger, ein Henker, ein Betrüger, jeder Weiße ist alles das gleichzeitig und muss gehasst werden. Im Jeep sitzen auch Kinder, einige von ihnen in Uniform und bewaffnet, Rotze hängt auf ihren Lippen und bei einigen auf den Wangen, einer der kleinsten hat Eiterbeulen am Kopf, die Gewehre sehen aus wie Spielzeuge, doch man weiß nie.

Bevor der Soldat sagt, weshalb er hier ist, wendet Vater sich an mich, geh und hol ein paar Bier, Junge, diese Männer sind durstig, und bring auch ein paar Zigaretten. Ich gehorche augenblicklich, doch Vater scherzt, gib Gas, Junge, diese Männer haben nicht den ganzen Tag Zeit. Einer der Soldaten, derjenige, der vorn im Jeep sitzt, viereckiges Gesicht und halb geschlossene Augen, kommt mir bekannt vor, ich habe ihn schon gesehen, doch ich kann mich nicht daran erinnern, wo, vielleicht ist er vor ein paar Tagen hier vorbeigefahren, überall sind Jeeps mit schwarzen Soldaten unterwegs. Ich komme mit dem Bierträger und einer Packung Zigaretten zurück, beides verteilt der Soldat rasch unter den anderen. Sie beachten uns nicht einmal. Der mit dem viereckigen Gesicht öffnet die Flasche mit der Spitze seines Messers, ohne sich anmerken zu lassen, ob er mich kennt. Das Bier trinkt er in einem Zug, er rülpst, zündet sich eine Zigarette an und öffnete eine weitere Flasche. Die Soldaten haben schlammfarbene Augen, wie die Hügel und die schweißgetränkten Uniformen.

Auf der Straße nur wir, die Soldaten und die frühe Nachmittagssonne. Ich erinnere mich an ein Fußballspiel auf dem Platz mit der festgetrampelten Erde neben der Schule. Während des Spiels nannte Lee einen der Schulkameraden Scheiß-Preto wegen eines üblen Tricks. Mein Herz schlägt schneller. Der Scheiß-Preto kann gut der Soldat mit dem viereckigen Gesicht und den halbgeschlossenen Augen sein, der gekommen ist, um sich zu rächen. Es war ein Missverständnis wie viele andere, Scheiß-Preto, das war keine Beleidigung, Lee nannten wir Brillenetui, und wenn wir böse auf ihn waren, wurde er zum Scheißbrillenetui, Gegé war die Bohnenstange, aber auch die Scheißbohnenstange, wenn es Ärger gab, Scheiß-Preto war keine Beleidigung, und wirklich nur ein Preto konnte deshalb so beleidigt sein, dass er drauf und dran war, Lee zu schlagen. Ich und Gegé hielten den Preto fest und Lee gab ihm einen guten Schlag in die Magengegend. Der Preto wankte vom Spielfeld, ich hoffe, er hat die Lektion gelernt, sagte Lee, und rief Garrincha, der stattdessen spielen sollte. Der Preto spielte nie wieder mit uns, und ich erinnere mich nicht einmal, ob er die Versetzung in die nächste Stufe geschafft hat. Nein, der ist es nicht. Es gibt viele Pretos mit viereckigem Kopf und halb geschlossenen Augen, als hätten sie Mühe, sie zu öffnen. Der ist es nicht, der kann es nicht sein.

Durch den Schweiß beginnt der dünne Stoff von Vaters Hemd, am Rücken zu kleben. Ich habe Angst, dass man die Waffe bemerken kann, ein bewaffneter Weißer bettelt geradezu um Schlamassel. Ich strecke mich und schlucke trocken, ein Weißer mit einer Waffe ist ein Rassist, der nicht auf seine Rechte verzichtet, ein unterentwickeltes Element, das befürchtet, seine Privilegien zu verlieren, ein Imperialist, der verbittert ist, weil er nicht mehr in einer Welt lebt, die es nie hätte geben dürfen. Der Soldat, der vor uns steht, schleudert die Flasche gegen die Mauer unseres Hauses, wo sie zersplittert, und Piratin beginnt erneut zu bellen. Wir versuchen, die Scherben nicht zu beachten, damit es nicht wie eine Kritik wirkt, doch das Glas glänzt in der Sonne und es ist schwierig, den Blick abzuwenden. Der Soldat fragt, gibt es ein Problem, ich und Vater antworten gleichzeitig mit Nein, bestimmt haben sie bemerkt, dass wir verängstigt sind. Vaters Furcht bemerkt man auch an seinen zusammengepressten und angespannten Lippen, sogar wenn er lächelt, doch vielleicht haben die Soldaten das nicht bemerkt. Der Soldat mit dem viereckigen Gesicht scheint seinen Spaß damit zu haben, mich anzuschauen. Womöglich ist es wirklich der Preto vom Fußballspiel. Womöglich hat er sich inzwischen an das Spiel erinnert. Oder er hat es nie vergessen und ist deshalb hier. Gekommen, um Rechnungen zu begleichen.

Die Soldaten sprechen, doch wir verstehen sie nicht. Wir haben nie die Sprache der Pretos gelernt, die Sprachen besser gesagt, denn die Pretos sprechen mehrere, und womöglich verstehen sie einander deshalb nicht, es gelingt ihnen nicht, sich gegenseitig verständlich zu machen. In diesem Fall brauchen wir nicht zu verstehen, was die Pretos sagen, obwohl wir versuchen, nicht allzu sehr darauf zu achten, wissen wir, was die Waffen sagen wollen, die auf uns gerichtet sind. Die Geschäfte des Platzes, in dessen Richtung wir schauen, sind alle geschlossen, und sogar die Häuser, die bereits besetzt wurden, haben die Sonnenblenden heruntergelassen. Bei einigen Geschäften sind die Bretterzäune, mit denen die Besitzer sie verrammelt haben, noch intakt, doch die meisten wurden bereits gestürmt, die Schaufenster eingeschlagen und die Türen herausgerissen. Die Furcht lässt uns stärker schwitzen als die Feuchtigkeit des Cacimbo.

Zwei Schüsse, einer der Soldaten im Jeep gibt zwei Schüsse in die Luft ab. Piratin bellt erneut und Vater gibt ihr einen Fußtritt, der sie aufheulen lässt, anschließend ist sie still und setzt sich neben ihn. Selbst wenn wir sie schlagen, geht Piratin nie weg, sie liebt uns, ganz egal, was wir ihr antun. Ich schicke sie ins Haus, doch Piratin bleibt da, sie beschützt uns vor den Fremden, wie sie es immer getan hat. Alarmiert durch die Schüsse, kommen die Besetzer des Hauses von Dona Gilda an die Fenster und auf die Veranda und winken den Soldaten im Jeep zu. Auch die Besetzer der weiter entfernten Häuser kommen an die Fenster. Eine Gruppe von Pretokindern hängt sich an die schmiedeeiserne Schaukel von Dona Gilda. Einer der braunen Samtsessel aus dem Wohnzimmer von Dona Gilda ist in den Hof gezogen worden und steht völlig deformiert da. Wenn Dona Gilda sehen könnte, was sie mit dem Haus angestellt haben, wenn sie den braunen Samtsessel so sähe, könnte sie glatt einen Herzinfarkt bekommen. Vielleicht sitzt Dona Gilda ja in einem besseren Sessel im Mutterland. An die Hauswände haben sie geschrieben, Kwacha UNITA, darüber mit schwarzer Farbe, Der Kampf geht weiter, darüber, Oyé Oyé Angola Liberté, Angola Populé. In fetteren Großbuchstaben steht da auch, Weiße raus, Weiße verschwindet von hier, Weiße zurück in ihr Land und Tod den Weißen.

Der Soldat spuckt auf den Boden, der Speichel klatscht auf den heißen Asphalt und hinterlässt einen Fleck, der mich ekelt, doch das lenkt mich von der Angst ab. Ich versuche, die Augen des Soldaten mit dem viereckigen Gesicht zu meiden, bestimmt ist er hier, um sich zu rächen und niemand kann ihn daran hindern, nicht einmal Vater, nicht einmal Vaters Waffe. Ich habe so viel Angst, dass ich verschwinden will, wenn ich losliefe, wenn ich quer über den Platz rennen würde, wenn ich mich hinter den Fensterläden der Drogerie verstecken würde, tausend Gedanken schießen mir durch den Kopf, doch ich bleibe, wo ich bin, sogar das Atmen fällt mir schwer. Noch nie in meinem Leben ist mein Mund so trocken gewesen, die Zunge klebt am Gaumen, ein bitterer Geschmack steigt bis in die Kehle auf, noch nie hatte ich einen so schlechten Geschmack im Mund. Vater sagt zu mir, diese Männer brauchen mehr zu trinken, geh und hol noch einen Träger, der Soldat, der vor uns steht, tritt die Kippe mit dem Stiefel aus, und mehr Zigaretten, ruft Vater mir nach, die Soldaten im Jeep sehen nicht interessiert aus, der Soldat, der vor uns steht, sagt, gib Gas, Junge, und ahmt damit nach, was Vater eben zu mir gesagt hat, die anderen Soldaten lachen, Vater auch, es wirkt, als sei alles in Ordnung, als wären sie nur Männer, die ihren Spaß haben, doch nein, hätte Vater die Wahl gehabt, hätte er entscheiden können zu lachen oder nicht zu lachen, wäre es anders gewesen, doch Vater muss lachen. Früher war Vater derjenige gewesen, der entschied, ob gelacht wurde, wie heißt du, Málátia, Chef, was für ein Matumbo, nicht einmal deinen Namen kannst du sagen, Malaquias hatte auch lachen müssen, wenn Vater lachte, jetzt ist die Reihe an Vater, als Letzter zu lachen, und es ist nicht wahr, dass derjenige am besten lacht, der zuletzt lacht, fast nichts von dem, was man früher sagte, ist wahr, Angola ist nicht mehr unser, am Morgen des vierten Februar haben die Helden die Fesseln durchschnitten, um den Kolonialismus zu besiegen und ein neues Angola zu errichten.

Ich bringe mehr Bier und Zigaretten. Eigentlich wollte ich Wasser trinken, doch es gelang mir nicht, auch nur einen Tropfen hinunterzuschlucken. Ich versuche, nicht zu rennen, um nicht zu zeigen, dass ich Angst habe, doch ich weiß, dass ich hastig und ungelenk gehe, und dass Vater sich bestimmt für mich schämt. Das Bier und die Zigaretten werden erneut unter den Soldaten verteilt. Und da sagt Vater, meine Herren, er verabschiedet sich mit einem Kopfnicken und dreht den Soldaten den Rücken zu. Er legt mir die Hand auf die Schulter, damit ich dasselbe tue, ich habe Angst, dass wir beide den Waffen der Soldaten den Rücken zukehren, meine Beine machen nicht mit. Mutter und meine Schwester beobachten uns bestimmt durch die Sonnenblende des Zimmerfensters, ich weiß, dass ich mich umdrehen und anfangen muss zu gehen, ich darf mich nicht davor fürchten, den Waffen der Soldaten den Rücken zuzukehren, der Soldat mit dem viereckigen Gesicht ist gekommen, sich zu rächen, ich darf kein Feigling sein, ich muss nur Piratin folgen, sei alles im Leben, nur kein Feigling, Junge, ein Feigling verrät Vater und Mutter, enttäuscht die Freunde, tanzt nach der Pfeife seiner Feinde, ein Feigling ist schlimmer als ein Mörder, schlimmer als ein Dieb, ein Feigling hat keinen Herrn außer der Angst, hör mir aufmerksam zu, Junge, ein Feigling ist weniger wert als ein Toter, es gibt Geschichten über Tote, die wiederauferstehen, doch ein Feigling hätte sogar davor Angst, mein ganzes Leben lang habe ich den Ekel gehört, den mein Vater vor Feiglingen empfindet, ich darf kein Feigling sein.

He, du, der, der raucht, die Stimme gehört nicht dem Soldaten, der vor uns steht, he, du, der, der raucht, es war ein anderer Soldat, vielleicht der mit dem viereckigen Gesicht. Bevor das alles begann, konnte ein Preto eine Tracht Prügel einstecken, wenn er einen Weißen duzte, ganz zu schweigen von, he, du, der, der raucht. Die Soldaten lachen und Vater lacht erneut mit. Auf dem Jeep hat der Soldat mit dem viereckigen Gesicht immer mehr Spaß, jetzt ist der Moment gekommen, sich für den Fausthieb zu rächen, den Lee ihm gab, seine Augen sind nicht mehr halb geschlossen, ich bete zu Gott, dass die Soldaten weggehen, ich verspreche ihm, eine ganze Litanei herunterzubeten, eine von denen aus dem katholischen Radiosender, ich bete zu Gott, dass Onkel Zé kommt, Onkel Zé hilft dem unterdrückten Volk, er hat einen Ausweis und alles, was dazugehört, vielleicht hören sie auf ihn und lassen uns in Frieden, ich bete, dass der Soldat sich weder an das Fußballspiel noch an mich erinnert, ich bitte Gott um so vieles, doch Gott, wie immer, tauber als eine Tür, die Soldaten sind weiter da und sehr zufrieden mit der Angst, die sie uns einflößen. Der Soldat mit dem viereckigen Gesicht tut, als wäre seine Hand eine Waffe und zielt mit dem Zeigefinger auf mich. Er schießt, indem er den Knall des Schusses mit dem Mund imitiert, und lacht. Er hält weiter mit dem Zeigefinger auf mich, als würde er erneut schießen. Ich hasse Lee und Gegé, wo immer sie sich auch befinden, ich hasse die Nachbarn, die fortgegangen sind und uns hier zurückgelassen haben. Der Soldat, der vor uns steht, wendet sich an Vater, wir müssen dir ein paar Fragen stellen, die Augen des Soldaten werden noch schlammfarbener. Vater rührt sich nicht, sein großer Körper ist ganz aufgerichtet, die Hände geballt, ich fürchte mich vor dem, was Vater womöglich tut, in letzter Zeit war er nicht klar im Kopf, erst vorhin hat er die Dahlien der Tischdecke aufgeschlitzt, er legt mir den linken Arm auf die Schulter, leise sagt er, geh ins Haus und schließ die Tür ab.

Ich kann Vater nicht allein lassen, wir gehören zum selben Klub, ich bin kein Feigling, selbst wenn es mir nicht gelingt, das Zittern meiner Beine zu unterdrücken, geh hinein, beharrt Vater, er spricht zwischen den geschlossenen Zähnen hindurch, Piratin bellt, geh hinein. Der Soldat sagt, man hat uns darüber informiert, dass der Schlächter von Grafanil27 hier gewesen ist. Vater runzelt die Stirn und wendet sich um, hier?, fragt er überrascht. Der Preto mit dem viereckigen Gesicht zielt mit seinem Zeigefinger auf Vater, lässt seine Zunge erneut schnalzen, jetzt hat er uns beide mit seiner Fingerwaffe getötet, Vater beginnt leise zu lachen, dann lauter, er lacht, der Schlächter von Grafanil, hier, immer lauter lacht er. Vater kann nicht der Schlächter von Grafanil sein, und er weiß auch gar nichts über den Schlächter von Grafanil, Vater ist nicht herumgelaufen und hat Pretos getötet oder Hinterhalte gelegt. Noch nie habe ich Vater so lachen gesehen, sein Gelächter ist so stark, dass es sich nach vorn beugt, Ihr macht euch wohl über mich lustig, die Soldaten wissen nicht, wie sie auf das Gelächter reagieren sollen, Vater hätte nicht anfangen dürfen, so zu lachen, die anderen Pretos warten auf Befehle, Vater und ich, Seite an Seite, Piratin vor uns, um uns zu beschützen, ich schaue mich um, fast alle Besetzer der Häuser haben das Interesse verloren und sind wieder hineingegangen, die wenigen, die geblieben sind, schenken uns kaum Aufmerksamkeit, Vater setzt sich in Bewegung, er nähert sich dem Jeep, schaut mich gut an, er spricht laut wie zu einer Menschenmenge, sagt mir, was ihr seht, ich sage euch, was ihr seht, ihr seht einen Mann der sich in diesem Land zu Tode geschuftet hat, ich habe Kaffeesäcke abgeladen, mit dir, mit dir, er zeigt auf jeden einzelnen der Soldaten, mit deinem Vater, mit deinem Onkel, mit deinem Bruder, mit deinem Sohn, niemand hat in diesem Land mehr Kaffeesäcke abgeladen als ich, ich habe Tag und Nacht gearbeitet und jetzt, Vater hält inne, und als er weiterspricht, ist seine Stimme leiser, als falle ihm das Reden schwer, wird alles, was ich besitze, hier bleiben, schaut euch meine Hände an, es ist kein Platz für noch mehr Hornhaut an meinen Händen, und trotzdem bluten sie noch immer von den Jutesäcken, Vater streckt den Soldaten seine riesigen Hände entgegen, so viel Arbeit, damit jetzt alles hier bleibt, Vater zeigt auf das Haus, auf einen der Lastwagen, der weiter vorn steht, die Soldaten schweigen immer noch, es sieht aus, als wäre Vater dabei zu gewinnen, erinnert euch jedes Mal, wenn ihr euch an meinen Tisch setzt, an mein Gesicht, jedes Mal, wenn ihr durch das Tor zu meinem Haus geht, Vater wird lauter, das Gesicht des Mannes, dem alles weggenommen wurde, darf nicht vergessen werden, erinnert euch gut, wäre ich nicht so alt, könnte ich der Schlächter von Grafanil gewesen sein, wenn ich nicht Frau und Kinder hätte, wenn ich nicht so müde wäre, Vater greift nach der Waffe, die einzige Waffe, die ich besitze, habe ich hier, und ich habe sie nie benutzt, die Soldaten geraten in Bewegung, jetzt werden wir sterben, die Soldaten richten ihre Waffen auf uns, jetzt wird es geschehen, ich habe diese Waffe, um meine Familie zu beschützen, ich bin nicht der Schlächter von Grafanil, Vater flüstert jetzt fast, die Besetzer, die auf den Veranden geblieben waren, rufen andere herbei, alle warten jetzt darauf, uns sterben zu sehen, Vater erhebt die Stimme noch mehr, ich habe euch immer auf den Tag und auf die Stunde pünktlich bezahlt, ich habe Cachaça mit euch getrunken und Funge28 mit euch gegessen, ich habe nie eure Frauen oder eure Töchter missbraucht, ich habe euch Geld für Medikamente für eure Kinder gegeben, macht, was ihr wollt.

Vater legt erneut seinen Arm auf meine Schultern, komm, Junge, hab keine Angst, ihnen den Rücken zuzuwenden, doch ich habe Angst, es gelingt mir nicht, den Waffen der Soldaten den Rücken zuzukehren, Piratin springt erfreut um uns herum, mir gelingt es nicht, zu gehen, Vater gibt mir einen Schubs, die Soldaten werden schießen, die weißen Wände des Hauses verwirren mich noch mehr, jetzt begreife ich, warum die Vögel morgens im Cacimbo gegen die Wände prallen und sterben, Vater schubst mich erneut, ich kann nicht gehen, ich bin kein Feigling, ich kann nicht gehen, aber ich bin kein Feigling, sie werden schießen, wenn wir zu gehen beginnen, ich will nicht, dass Vater sich dafür schämen muss, dass er einen feigen Sohn hat, ich bin benommen, ich werde ohnmächtig werden wie damals, als ich das Wechselfieber hatte, ich muss gehen, komm, Junge, es gelingt mir nicht, Vater anzuschauen, Mutters Rosenkranz, die Waffen, der Soldaten, die auf unsere Rücken zielen, ich muss mich wie ein Mann benehmen, Piratin, die an der Treppe auf uns wartet, entschuldige, Vater, die Hauswände, die sich im Kreis drehen, das Haus, der Platz, wenn wir einen Schritt tun, werden sie uns töten, komm, Junge, Vater schubst mich, wir gehen nach Hause, ich kann nicht gehen, Vater, die Hauswände verschwinden, geh, Junge, plötzlich wird alles schwarz, die Beine knicken weg, ohne dass ich es verhindern kann, bestimmt haben sie geschossen, vielleicht bemerkt man es nicht, wenn man getroffen wird, vielleicht sterben wir und bemerken es nicht, komm nach Hause, Junge, wir gehen heim.

1 Pejorative Bezeichnung für Schwarzafrikaner. Die neutrale Bezeichnung wäre ›Negro‹, von dem auch das deutsche ›Neger‹ abgeleitet ist, das hierzulande am ehesten den offenen, unbewussten Rassismus widerspiegelt, für den »Preto« in den 70er und 80er Jahren in Portugal und seinen Kolonien stand. Beide Wörter – »Preto« und ›Neger‹ – gelten heute gleichermaßen als diskriminierend. (Diese wie alle weiteren Anmerkungen im Text vom Übersetzer.)

2 Die trockene und kühlere Jahreszeit in Angola, sie dauert von Mai bis September.

3 Abkürzung für ›Todd Insecticidal Fog Applicator‹, eine auf einem Fahrzeug installierte Sprühmaschine für Pestizide. In Angola fuhr der »carro da TIFA« einmal im Jahr durch die Straßen der Hauptstadt und versprühte DDT.

4 Cuca ist eine angolanische Biermarke.

5 ›klein‹ im angolanischen Portugiesisch.

6 ›Riquita du bist schön, Riquita du bist bereits eine Königin, und Angola glaubt an dich.‹

7 Strandpromenade von Luanda.

8 ›dumm‹, ›unwissend‹, von ›mato‹ (›Busch‹) – ›der aus dem Busch kommt‹.

9 Kleinstadt im Südosten von Luanda.

10 Angolanisches Portugiesisch für ›merda‹ – ›Scheiße‹.

11 Erfolgreiche portugiesische Radionovela, die seit 1973 von Rádio Renascença ausgestrahlt wurde.

12 »estava à toa na vida, o meu amor me chamou, pra ver a banda passar cantando coisas de amor, a minha gente sofrida, despediu-se da dor, pra ver a banda passar cantando coisas de amor.« Aus: Chico Buarque de Hollanda: A Banda.

13 »mas para meu desencanto, o que era doce acabou, tudo tomou o seu lugar, depois que a banda passou, e cada qual no seu canto, em cada canto uma dor, depois de a bandar passar, cantando coisas de amor.« Aus: Chico Buarque de Hollanda: A Banda.

14 »maleita dos ciganos«.

15 Anspielung auf die europäische Aussprache des Portugiesischen.

16 eigtl. Largo Infante Dom Henrique, einer der zentralen Plätze der Altstadt von Luanda.

17 Ortschaft nordöstlich von Luanda.

18 Im Original »Trinitá«, Terence Hills Name in seinen Western-Komödien mit Bud Spencer. ›Der müde Joe‹ ist sein populärer Spitzname in der deutschen Synchronisation.

19 Afrikanische Feigenart: Ficus thonningii.

20 Von ›gingar‹ – ›sich hin und her bewegen‹, ›die Hüften schwingen beim Gehen‹, hier: Geschlechtsverkehr.

21 Umbundu für pg. ›aurora‹ (dt. ›Morgenröte‹).

22 ›Marihuana‹.

23 Titel eines populären Liedes des angolanischen Sängers und Diplomaten Ruy Mingas. »Monangambé« bedeutet ›Lastenträger‹, im übertragenen Sinn derjenige, auf dem die größte Last liegt; auch ›arme, in Lumpen gekleidete Person‹.

24 »naquela roça grande, não tem chuva, é o suor do meu rosto que rega as plantações, naquela roça grande tem café maduro, e aquele vermelho-cereja são gotas do meu sangue feitas seiva«.

25 Refrain eines Protestliedes des angolanischen Sängers Bonga Kuenda aus dem Jahr 1972. Die Sprache ist Kimbundu, zu dt.: ›Unseren jüngsten Sohn haben sie nach São Tomé geschickt‹. Das Lied beschreibt die Zwangsarbeit des Jungen, der nicht mehr zurückkehrt, weil er unter den Bedingungen in São Tomé stirbt. Der komplette Liedtext in Kimbundu und Portugiesisch findet sich auf https://lyricstranslate.com/pt-br/muimbo-ua-sabalu-canção-de-sabalu.html.

26 Gemeint ist die Ilha do Cabo oder Ilha de Luanda, ein Stadtteil von Luanda.

27 Grafanil war eine portugiesische Militärgarnison bei Luanda.

28 Kimbundu: angolanische Spezialität aus Mehl, siehe auch ›pirão‹. Anm.d. Ü.

Die Rückkehr

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