Читать книгу Die Rückkehr - Dulce Maria Cardoso - Страница 6

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Der Flughafen so anders als jener Flughafen an den Sonntagnachmittagen, wenn Vater uns herbrachte, damit wir die Flugzeuge sahen, es gibt Hunderte Menschen um uns, Hunderte oder Tausende, ich weiß nicht, noch nie habe ich so viele Menschen zusammen gesehen, noch nie habe ich ein so großes Durcheinander gesehen, so viele Koffer und Kisten, so viel Müll, Müll, Müll und noch mehr Müll, an jenen Sonntagen war der Flughafen still, der Boden so sauber, dass es einem fast leidtat, ihn zu betreten, es war gut, zum Flughafen zu fahren, es war sogar gut, das Geräusch der Flugzeuge zu hören, alle diese Leute waren nicht da, dieser Lärm, der nicht aufhört, es ist, als müsste mein Kopf explodieren. Der Jeep verschwindet hinter dem Haus von Editinha.

Ich bin müde, noch nie bin ich so müde gewesen, ich will mich nicht setzen, ich kann mich nicht setzen, das heißt, wenn ich wollte, könnte ich, ich kann mich auf den Boden setzen, Mutter würde es nicht stören, diesmal nicht, diesmal würde Mutter nicht sagen, das gehört sich nicht, du bist kein kleiner Junge mehr, sie würde nicht sagen, du machst dir deine Hose schmutzig, diese Flecken bekomme ich nie wieder raus, Mutter würde es nicht stören, so viele Menschen, die um uns herum auf dem Boden sitzen, die scheren sich nicht um Flecken in der Hose, die stört es nicht, mit Flecken im Mutterland anzukommen. Vaters Hände hinter dem Rücken gefesselt.

Mutter bemerkt nicht einmal, dass meine Schwester das hellblaue Kleid trägt, was für eine schlechte Idee, ein hellblaues Kleid anzuziehen, Mutter bemerkt nicht einmal, dass meine Schwester auf dem Boden sitzt, an die Wand gelehnt, die offenen blonden Locken an der Wand, ein Mädchen muss noch mehr achtgeben als ein Junge, sie muss sich anders benehmen, wenn über ein Mädchen geredet wird, will es niemand haben. Wi bringe di um mit deine Waffe und mit deine Kugel29.

Seit fast einem Tag sind wir hier, Mutter schaut immer hinüber zum Eingang des Flughafens, aber Vater kommt nicht, es gibt nichts anderes zu tun als zu warten, auf Vater zu warten und darauf, dass wir an der Reihe sind, das Flugzeug ins Mutterland zu besteigen.

Der Staub legt sich nur langsam.

Mir wäre es lieber, wenn Onkel Zé wegginge, doch Onkel Zé bleibt hier, er will sichergehen, dass wir einsteigen, bestimmt befürchtet er, dass wir nach Hause zurückfahren, bestimmt befürchtet er, dass die schwarzen Nachbarn sich an uns rächen wollen, weil sie denken, dass wir etwas über den Schlächter von Grafanil wissen, oder dass der Jeep mit den Soldaten zurückkommt, um uns zu holen, dass sie unseretwegen zurückkommen, Onkel Zé hat recht, ich will zurück nach Hause und dort auf Vater warten. Vaters weißes Hemd voller Blut.

Mutter klammert sich erneut an Onkel Zé, bring uns nach Hause, und Onkel Zé: Nein, das geht nicht, Schwesterchen, du musst das Flugzeug nehmen und mit deinen Kindern wegfliegen, Mutter will nicht begreifen, was Onkel Zé sagt, ständig wiederholt sie, bring uns nach Hause, oder, hol Mário her, du bist mit diesen Leuten befreundet, sprich mit ihnen und bring mir Mário. Das Feuerzeug Marke Ronson Varaflame, das neben das Blumenbeet gefallen ist.

Onkel Zé versucht, uns zu beruhigen, er versucht, Mutter zu beruhigen, er sagt, dass Nhé Nhé sich um alles kümmert, die Pretos werden merken, dass sie im Irrtum waren und dann werden sie Vater freilassen, die Pretos sind gerecht, manchmal irren sie sich, aber Irrtümer können korrigiert werden, Onkel Zé sagt, wir können unbesorgt sein. Mutter mit herunterhängenden Armen am Ende der Straße.

Auch Pretos gibt es hier, Pretos, die aus allen Ecken gekommen sind, barfüßig und schmutzig, Pretos, die aus Angst vor dem Krieg aus den Kimbos30 geflohen sind, sogar Pretos wollen ins Mutterland, ein Soldat ruft die Passagiere auf, die in das Flugzeug steigen dürfen, das gerade gelandet ist, es ist noch nicht unser Flug, aber Onkel Zé ermahnt uns, wenn ihr an der Reihe seid, müsst ihr gehen, mein Herz schlägt schneller und heftiger, als hätte Onkel Zé mich bedroht, wenn ihr an der Reihe seid, müsst ihr gehen. Vaters Blut auf dem Asphalt.

Wir müssen auf Mário warten, Mutter zu Onkel Zé, ich kann Mário nicht hierlassen, und zu uns gewandt, wir können Vater nicht hierlassen, Mutter, die die Augen nicht vom Flughafeneingang abwendet, sobald Vater hereinkommt, wird Mutter ihn bemerken, sogar in diesem Tumult hier wird sie ihn bemerken, sie entdeckte Vater auch damals, als sie mit der Vera Cruz ankam, trotz der vielen Leute auf dem Kai, trotz: Du siehst dir gar nicht ähnlich. Die Vasen auf der Treppe umgestürzt.

Nur ein Koffer pro Person ist erlaubt, wer mehr Gepäck mitgebracht hat, muss es hier zurücklassen, die Sachen liegen verstreut im Flughafen herum, überall Sachen, wir haben nicht zu viel dabei, wir verließen das Haus in aller Eile, die Koffer waren noch gar nicht voll, so vieles, das wir mitnehmen wollten, und am Ende mussten wir die Koffer rasch schließen und ließen fast alles dort. Der Vater, der mit Gewalt in den Jeep gesetzt wird.

Vaters Koffer blieb im Wohnzimmer stehen, wir hätten Vaters Koffer mitbringen müssen, unsere eigenen haben wir bereits abgegeben, jetzt haben wir nur noch die Säcke der TAP dabei, die Vater nach Hause gebracht hatte, einen Sack für jeden hatte er besorgt, gestern war das, ganz stolz kam er mit den Säcken heim, es war nicht leicht, sie zu kriegen, aber ich habe es geschafft. Die Hände des Preto an Vaters Arm.

Niemals hätte ich gedacht, dass es so sein würde, ich hatte mir vorgestellt, dass wir das Flugzeug genauso besteigen würden wie die anderen Familien es an den Sonntagen taten, wenn Vater uns zum Flughafen brachte, wir würden zwar nicht so lächeln wie die Leute, die zu Fuß über die Piste gingen und winkten, doch es gäbe nicht diese verschreckten Menschen um uns, und Vater wäre da. Meine Schwester, die kaum die Treppe heruntergehen kann.

Vater müsste längst hier sein, ich verstehe nicht, wenn Onkel Zé so sicher ist, dass Nhé Nhé die Pretos davon überzeugen wird, Vater freizulassen – warum mussten wir dann das Haus so schnell verlassen, warum musste Onkel Zé so mit dem Wagen rasen, warum sind wir hier und nicht bei Vater. Piratin, die aufheult, als der Preto ihr den Fußtritt verpasst.

Ein Kind beginnt zu schreien, der Lärm der Menschen, der Lärm der Flugzeugmotoren dort draußen, die Schreie des Kindes, meine Schwester hebt nicht einmal den Kopf von der Wand, doch Mutter schließt die Augen und zieht eine seltsame Grimasse, nicht wie bei unseren Fahrten zu den Versammlungen, eher so, als würden die Schreie des Kindes ihr wehtun, hier gibt es noch mehr Menschen als auf den Versammlungen, aber weder Senhor José noch Vater sind hier, ich habe Angst, doch es ist eine andere Angst als die, die ich auf den Versammlungen habe, wir sind an der Reihe. Vaters angsterfüllte Augen.

Wir sind an der Reihe, hat Onkel Zé gerade gesagt, ihr seid an der Reihe, wir schauen uns erschrocken an, Onkel Zé sagt nichts, als meine Schwester fragt, und Vater. Die lachenden Pretos, als der Jeep losfährt.

Kommt, Onkel Zé breitet die Arme aus, um uns in Bewegung zu bringen, Mutter pflanzt sich vor ihm auf, die Arme um ihren Körper geschlungen, Mário ist noch nicht gekommen, ich muss auf Mário warten. Vaters Waffe in den Händen des Preto.

Onkel Zé schubst uns vor sich her, Mário kommt nach, Schwesterchen, wenn ihr euren Flug verpasst, kommt ihr nie mehr hier raus, siehst du nicht, dass alle diese Leute hier auf einen Platz warten, ihr könnt euren Flug nicht verpassen, Onkel Zé achtet nicht auf das, was ich sage, wir können Vater nicht alleinlassen. Vaters Waffe auf seinen Kopf gerichtet.

Der Soldat mahnt uns, auf die Piste zu gehen, das Flugzeug steht vor uns, groß und glänzend, Leute und noch mehr Leute, die auf das Flugzeug zugehen, das uns mitnehmen wird, die Treppe des Flugzeugs ist heruntergelassen. Mutter, die im Staub herumrennt, der sich nicht legt.

29 Im Original: »Vámo matáti cum tuá arma e tuá bala«, anstatt: ›Vamos matar-te com a tua arma e a tua bala‹.

30 Traditionelle afrikanische Dörfer.

Die Rückkehr

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