Читать книгу Gefangen im Game - Angriff der Unsichtbaren - Dustin Brady - Страница 8
Elsa
Оглавление„Hör auf!“, zischte ich.
„AHHHHHH!“, schrie Eric weiter.
Ich legte ihm meine Hand über den Mund. Was nicht viel brachte, weil meine Hand, na, du weißt schon, unsichtbar war. Ich sah auf. Im ganzen Bus hatten Schüler angefangen, den Tumult zu filmen. Der Drittklässler auf der anderen Seite des Gangs rief allen zu, die es hören wollten, Go Wild zu starten. In nur wenigen Sekunden würde mich die halbe Schule entdecken. Da ich mich nirgends verstecken konnte, tat ich das Einzige, was mir gerade einfiel. Ich kletterte unter den Bus.
Ich hatte zwar immer noch nicht ganz raus, wie diese ganze Unsichtbarkeitsgeschichte funktionierte, hatte aber schon begriffen, dass ich mich durch feste Materie schieben konnte, wenn ich mit ausreichend Kraft dagegendrückte. Daher stieß ich den Kopf durch den Boden – woraufhin Eric noch lauter schrie …
„AHHHHHHHH!“
… und fand einen guten Sitzplatz unter dem Bus. Also, eigentlich war es kein „guter“ Sitzplatz. Denn da unten war es ohrenbetäubend laut, rostig und ziemlich heiß. Doch sobald ich den Rest meines Körpers durchgeschoben hatte, hatte ich genug Platz, um mich zusammenzukauern. Bevor ich ganz nach unten verschwand, steckte ich noch einmal den Kopf durch den Boden und versuchte, Eric die Situation zu erklären.
„Hey, mir geht es gut, aber du musst meine Eltern anrufen und ihnen sagen …“
„AHHHHHHH!“ Eric riss die Augen noch weiter auf und sein Gesicht lief noch röter an, während er den sprechenden Kopf im Boden durch sein Handy anstarrte.
„Weißt du was? Vergiss es.“ Ich verschwand wieder unter dem Bus, wo ich den Rest der Fahrt bis zur Schule blieb. Auch wenn ich niemandem empfehlen würde, jeden Tag unter dem Bus mitzufahren, stellte es sich – so als eine einmalige Geistersache – eigentlich als gar nicht mal so schlimm heraus.
Als wir schließlich bei der Schule ankamen, rollte ich von meinem Platz unter dem Bus hervor und ließ den Blick über die Menge schweifen, die in die Schule marschierte. Kein Eric. War er bereits reingegangen? Oh nein, da war er und drehte sich mit dem Handy vorm Gesicht im Kreis. Ich trat vor und winkte ihm zu. Er hörte auf, sich zu drehen, winkte zurück und joggte herüber.
„Jacob! Bist du‘s wirklich?!“
„Ja, ich muss …“
„Oh, cooooool!“ Eric musterte mich von oben bis unten mit seinem Handy. „Nachdem du unter den Bus gekrochen bist, hab ich mir schon gedacht, dass du wahrscheinlich in ein anderes Game gesaugt worden bist. Wie ist es? Ist es toll?“
„Es ist in Ordnung, ich muss nur …“
„Kann ich auch mitmachen? Wie komme ich rein?“
„Ich glaube nicht, dass das geht. Aber du kannst …“
„Hast du schon aufgerüstet?“
„Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet. Aber du musst für mich …“
„HEY! Hast du vielleicht einen Goldenen Habichtudel gesehen? Die sind super selten, aber ich hab gehört, dass hier irgendwo einer wäre! Wenn du …“
„ERIC!“
„Was?“
„Du musst meine Eltern anrufen und ihnen sagen, dass es mir gut geht.“
„Ja, klar. Warum hast du das nicht gleich gesagt?“
Ich ging mit Eric um die Hausecke der Schule, während er meine Mom anrief. „Hi, Mrs Rigsby … Oh ja, er steht direkt neben mir! Ja, er, ähm, er hat heute Morgen sehr früh bei mir vorbeigeschaut … Warum er Ihnen nicht gesagt hat, dass er zu mir kommt? Keine Ahnung, das ist echt verantwortungslos.“
Ich funkelte ihn böse an und warf die Hände in die Luft. Natürlich konnte er das nicht sehen.
„Klar, können Sie mit ihm reden!“ Eric hielt mir sein Handy hin. Ich starrte ihn ungläubig an. Nachdem er eine Sekunde lang sein Telefon in die Luft gehalten hatte, erkannte Eric seinen Fehler und zog es zurück. „Eigentlich kann er gerade nicht sprechen, sorry. Mhm. In Ordnung. Ich sag’s ihm.“
Er legte auf, öffnete wieder Go Wild und richtete das Handy auf mich. „Dein Mom meint, dass du in großen Schwierigkeiten steckst.“
„Danke.“
„Na ja, du hättest ihr sagen sollen, wohin du gehst.“
„Wenn ich das nächste Mal in ein Game gesaugt werde, denk ich dran.“
„Ein Mobile-Game.“
„Ein was?“
„Du bist in ein Mobile-Game gesaugt worden. Ein richtiges Game spielt man auf einem …“
„Schon gut, wir müssen das nicht noch mal durchgehen. Ich muss nur hier raus, bevor mich sonst noch jemand sieht.“
„Was hast du vor?“
„Mark retten.“
Eric schnappte nach Luft. „Echt?! Wie?“
„Ich habe keine Zeit für Erklärungen“, sagte ich. Vor allem, weil ich nicht wusste, wie ich es ihm erklären sollte.
„Na ja, solange du in dem Game steckst, solltest du herausfinden, was deine besondere Fähigkeit ist.“
„Ich glaube nicht, dass ich eine besondere Fähigkeit habe.“
„Natürlich hast du die! Jedes Wild-Wesen hat eine besondere Fähigkeit. Eins kann Blitze heraufbeschwören, ein anderes Gift rülpsen und noch ein anderes erschafft Wirbelstürme.“
„Ich glaube nicht, dass ich auch nur eins von diesen Dingen kann.“
„Na ja, irgendeine Sache kannst du bestimmt. Du solltest versuchen, es herauszufinden. Wenn du schon dabei bist, könntest du vielleicht auch in die Kantine schleichen und ausspionieren, was es heute zum Nachtisch gibt.“
„Das mach ich nicht.“
„Na schön, aber wenn du einen Goldenen Habichtudel siehst …“
„Geh einfach in den Unterricht.“
Eric machte das Daumen-hoch-Zeichen und steckte sein Handy in die Tasche. Dann blickte er wieder in meine Richtung und wedelte mit der Hand vor der Stelle herum, wo nach seiner Erinnerung mein Gesicht war. „Alter, das ist so cool!“, rief Eric, als er sich zum Gehen wandte.
Endlich wieder allein, holte ich tief Luft und sah mich um. Da Mr Gregory mich in den Bus hatte steigen sehen, würde er vermutlich bald bei der Schule auftauchen. Bis dahin musste ich lediglich jedem aus dem Weg gehen, der Go Wild spielte. In der Zwischenzeit … ich musterte meine Hände. Hatte ich wirklich besondere Kräfte? Ich kniff das Gesicht fest zusammen und versuchte, wie die Schlange Feuer aus den Augen zu schießen. Nichts passierte. Ich rülpste. Es roch übel, war aber nicht giftig. Ich drückte wie Spider-Man die Finger gegen meine Handfläche, drehte durch wie der Hulk und ballte die Fäuste wie Wolverine.
Nullkommanichts.
Das war so was von bescheuert. Nachdem ich die halbe Nacht auf gewesen war, brauchte ich ein Nickerchen und keine Superkräfte. Ich gähnte und streckte die Arme aus.
WUUUUUUUUUSCH!
Der Baum neben mir verwandelte sich in einen riesigen Eisblock.
Boaaaaah. Was war das denn? Ich versuchte, noch einmal zu gähnen. Nichts passierte. Ich streckte noch einmal die Arme aus. Wieder nichts. Doch als ich die Arme ausstreckte und meine Finger spreizte …
WUUUUUUUUUSCH!
Eis schoss aus meiner Hand. Nicht schlecht! Ich versuchte es noch einmal.
WUUUUUUUUUSCH!
Hm, ich war jetzt also praktisch Elsa aus Die Eiskönigin – Völlig unverfroren! Vielleicht könnte ich neben der Schule einen Eispalast bauen. Ich hob die Hand zum Himmel und eiste noch einmal.
WUUUUUUUUUSCH!
KRÄCHZ!
KNALL!
Was war das? Ich rannte hinüber und stellte fest, dass ich aus Versehen einen großen goldenen Vogel aus dem Himmel geschossen hatte. Er fiel in einem Eisbrocken auf den Boden.
„HEY! Was hast du mit dem Habichtudel angestellt?“
„Nichts! Ich dachte, dein Explosaurus hätte ihn erwischt!“
Zwei Mädchen tauchten um die Ecke auf. Sie hatten ihre Wild-Wesen dabei: ein stacheliges, T-Rex-ähnliches Monster und eine braune Version des Bigfoots, den ich vorhin in meiner Badewanne gesehen hatte. Sobald sie um die Ecke kamen, blieben sie abrupt stehen. Sie blickten durch ihre Handys erst auf den Goldenen Habichtudel vor meinen Füßen und dann auf mich.
„Jacob?“, fragte eins der Mädchen.
In dem Augenblick ging der T-Rex zum Angriff über.